VICE - The First Chapter
Mehr über Vice
- Genre:
- Alternative Metal / Modern Metal / Metalcore
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Eigenprodukion
- Release:
- 06.05.2017
- Wrath
- Gluttony
- Pride
- Sloth
- Lust
- Greed
- Envy
- Web Of Iniquity
Interessantes Modern-Metal-Gebräu, dem noch der letzte Schliff fehlt
Moderne Metalklänge stehen aktuell ganz hoch im Kurs auf den britischen Inseln. Vorbei sind die Zeiten von Brit-Poppern wie THE VERVE oder OASIS, stattdessen setzen Newcomer aus dem Vereinigten Königreich inzwischen auf djentige Gitarren und knallharte Breakdowns, wie sie beispielsweise ARCHITECTS, TESSERACT oder MONUMENTS bereits seit Jahren zelebrieren. Da ist es kein Wunder, dass sich auch vier Jungs aus der englischen Fußball-Hochburg Manchester diese Vertreter des modernen Prog-Metals zum Vorbild nahmen und gemeinsam die Band VICE gründeten, die aktuell mit dem passend betitelten Langspieler "The First Chapter" ihr erstes Lebenszeichen von sich gibt.
Aus rein musikalischer Sicht hat sich der Vierer dabei durchaus einiges bei den oben genannten Bands und im ähnlich gelagerten Metalcore-Sektor abgeschaut, doch wer jetzt mit einem simplen MONUMENTS-Klon rechnet, der wird spätestens beim gefälligen Opener 'Wrath' eines besseren belehrt. Klar sind hier die Djent-Wurzeln noch herauszuhören, aber sie bilden eben nur das Fundament für den VICE-Sound und werden mit weiteren Anleihen aus den verschiedensten Metal-Subgenres gewürzt, was insgesamt dafür sorgt, dass der Silberling durchaus eigenständig daherkommt. So scheint beim rasanten 'Gluttony' beispielsweise ein latenter Hang zur Göteborger Schule durch, der ganz klar vor allem von den schwedischen Titanen AT THE GATES beinflusst ist, während 'Greed' ganz ungeniert bei den Modern-Thrashern MACHINE HEAD wildert. Doch damit nicht genug, denn das Quartett macht auch vor alternativen Klängen nicht halt und zitiert im gefälligen 'Envy' die Amerikaner STONE SOUR, wobei vor allem Fronter Tom Atkinson hier stimmlich recht auffällig an Corey Taylor erinnert.
Eigentlich sollten die Jungs damit in der aktuellen Musiklandschaft einen Volltreffer landen und doch will sich bei mir auch bei mehrmaligem Genuss der Platte keine restlose Begeisterung einstellen. An der technischen Performance liegt das sicher nicht, denn hier agiert die Truppe auf einem unheimlich hohen Niveau, weshalb ich mir auch ganz problemlos erklären kann, wie die Engländer ohne Veröffentlichung in der Hinterhand einen Slot auf dem Bloodstock Open Air 2016 ergattern konnten. Viel mehr ist es wahrscheinlich das etwas zu gleichförmige Songwriting, das mich spätesten beim dritten Durchlauf doch häufiger zur Skip-Taste greifen lässt. Der erste Kandidat für das Überspringen eines Songs ist dabei das übertrieben lange Instrumental 'Lust', das zwar durchaus interessante Passagen zu bieten hat, doch als knapp elfminütiger Song ohne Gesang funktioniert das Ganze einfach nicht.
Von dieser Kritik sollte sich der Vierer aber trotzdem nicht aus der Bahn werfen lassen, denn für ein Debüt ist "The First Chapter" noch immer eine ordentliche Hausnummer. Mit ihrem recht eigenwilligen Mix der modernen Metal-Spielarten und einer technischen Glanzleistung haben die Briten dabei schon einmal das Zeug dazu, sich auch auf lange Sicht in der Szene zu etablieren, auch wenn in Sachen Songwriting aktuell noch der letzte Schliff fehlt.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs