VISION BLEAK, THE - Carpathia
Mehr über Vision Bleak, The
- Genre:
- Gothic Metal
- Label:
- Prophecy
- Release:
- 29.08.2005
- The Drama Of The Wicked
- Secrecies In Darkness
- Carpathia
- Dreams In The Witch-House
- Sister Najade (The Tarn By The Fears)
- The Curse Of Arabia
- Kutulu!
- The Charm Is Done
"The Deathship Has A New Captain" war und ist für mich eine der besten Debütscheiben aller Zeiten. Nicht, weil die Idee neu war, horrorinspirierte Rockmusik zu kreieren, sondern weil die Intensität der Umsetzung der beiden Hauptverantwortlichen Allen B. Konstanz und Ulf Theodor Schwadorf, die anno 2004 fast allerorts abgefeiert wurde, stimmungsgeladener nicht hätte sein können. Bis jetzt!
Brillierte die Scheibe mit erstklassigen Heavy-Rockern, die wohltuend ängstigend und dezent Death-Metal-like die knarzende Klampfensäge direkt zwischen den Augen hindurchschoben und klassische Horrorthemen metallisch aufbereiteten, hält das neue Album "Carpathia" einige faustdicke Überraschungen bereit. Zunächst aber zu den altbekannten Faktoren:
Der "Carpathia"-Sound drückt einem wie schon beim Debüt die Eingeweide direkt aus dem Arsch. Die Klampfen wachsen bis zum Himmel hoch und zerquetschen einen fast mit ihrer malmenden Gewalt. Desweiteren sind die typischen Melodiebögen, die immer mit visuell verstörenden Streifen in Verbindung gebracht werden können, selbstredend geblieben. Das war es aber auch schon mit den Parallelen, denn ab jetzt erhebt sich "Carpathia" um Längen über seinen Vorgänger. War das Debüt songwriterisch sehr straight und schlicht strukturiert, was eine treibende und powervolle Wirkung erzielte, ist "Carpathia" ein sowohl schreiberisch als auch arrangementtechnisch erstklassiger Gourmethappen für alle Leute, die der Gänsehaut einflößenden Musik des Filmemachers John Carpenter etwas abgewinnen können. Viele Elemente THE VISION BLEAKs erinnern an seinen Stil, erreichen allerdings durch ihre brachiale Soundgewalt Dimensionen, von denen der begnadete Horrorfilmer nur träumen kann. Hinzu kommt eine sehr dominante orientalische Grundausrichtung des Albums, die die Spannungsbögen des Öfteren bis ins Unendliche schraubt. Passend dazu das lyrische Konzept, das die Reise eines jungen Mannes in seine neue Heimat, die Karpaten, beschreibt. Nach und nach verfällt er dem Wahnsinn und muss entdecken, dass er der dunklen Seite in ihm nicht gewachsen ist. Diese Dunkelheit entweicht auf "Carpathia" jeder einzelnen Note.
Dabei schleicht sich auch das eine oder andere Experiment ein, wie zum Beispiel 'The Curse Of Arabia', das eigentlich sehr untypisch für die zwei Deutschen ist. Die Musik stampft wie eine massive Dinosaurierstampede durch die Bude, während sich orientalische Instrumentierungen und Melodiebögen an die Gehörgänge schmiegen, sie verführerisch verkleistern, um im Anschluss in einem unbarmherzigen Widerhakenrefrain in den Hirnwindungen zu explodieren. Der Track ist monumental, mächtig, majestätisch und erhaben wie die Karpaten selbst.
Auf der anderen Seite stehen altbewährte Klänge, wie der kompromisslose Quasiopener 'Secrecies In Darkness', der als urbaner Terror im tonalen Format durchgeht und Myriaden von Gänsehäuten auf die matschige Kollaboration aus Knochen, Sehnen und Muskulatur jagt. Drückende Äxte und donnernde Drums bestimmen das gesanglich pathetisch gestaltete Bild, bevor die Orchestrierung mit kreischenden Hörnern, hämmernden Fanfaren und flirrenden Violinen die Nervenstränge zersäbelt. Der Titeltrack ist ein Grower, der sich im slowen Kettenfahrzeugtempo rollend gen Firmament aufbäumt. Die Brillanz des Songs erschließt sich von Mal zu Mal mehr, und sobald das ultrabrutale Chorusthema zum tödlichen Schlag ausholt, ist jedwede Hoffnung auf einen ungestörten Verlauf der Scheibe verflogen, da man erst einmal die Repeattaste drücken muss.
Sowohl 'Dreams In The Witch-House' als auch 'Sister Najade (The Tarn By The Firs)' sind für THE VISION BLEAK-Verhältnisse stark tief schürfende und unglaublich emotionsschwangere Hymnen, die mit seicht horriblen Pianostrukturen subkutanes Zittern entfachen. Gerade zweiterer Song geht schon nach dem ersten Hören nicht mehr aus der Rübe. Dafür nimmt die einzigartige Melodieführung viel zu sehr gefangen. Doch eigentlich ist es 'Dreams In The Witch-House', das sich nach mehrmaligem Genuss (das braucht man, da der Song sehr vielschichtig ist und anfangs etwas sperrig wirkt) zum Highlight des Albums entwickelt und regelrecht hypnotisch Einzug in die Seele findet. Nach all den Midtemponummern sei aber auch noch der breaklastige Abschlusshammer 'The Charm Is Done' erwähnt, der sich in allen Geschwindigkeitsregionen beheimatet fühlt und bei dem THE VISION BLEAK all ihre tonale Kraft aufbieten. Die Shadow Philharmonics kreieren dabei einen musikalischen Schauer, der einem ein ums andere Mal seinen eiskalten Griff um den Hals legt. Resultierend ist 'The Charm Is Done' ein wahres Wechselbad der Emotionen, ein Woge der Finsternis, die dich in die Arme nimmt, um dich in einem gierigen Sturm endlosen Hungers kalt lächelnd zu vertilgen.
THE VISION BLEAK ist mit "Carpathia" eine einhundertprozentige Steigerung zum Erstling gelungen. Nicht, weil die neue Scheibe großartig anders wäre, sondern weil sie die Vorgaben des Vorgängers bis in alle Untiefen auslotet. Für mich sind die zwei Kreativköpfe Konstanz und Schwadorf ab sofort eine der ganz großen Hoffnungen am deutschen Metalhimmel. Mit "Carpathia" haben sie diese Ambition mit dem rotesten Rot aller Zeiten unterstrichen. Ladies and gentlemen, please welcome THE VISION BLEAK ...
Anspieltipps: Secrecies In Darkness, Carpathia, Dreams In The Witch-House, The Curse Of Arabia
- Redakteur:
- Alex Straka