WARDRUNA - Yggdrasil
Mehr über Wardruna
- Genre:
- Folk / Ambient / Ritual
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Indie Recordings
- Release:
- 22.03.2013
- Rotlaust tre fell
- Fehu
- NaudiR
- EhwaR
- AnsuR
- IwaR
- IngwaR
- Gibu
- Solringen
- Sowelu
- Helvegen
Zweite Reise ins Reich der Runen
Lange war es still um die neue Band (oder sollten wir eher von "Projekt" sprechen?) des ex-GORGOROTH-Drummers Einar "Kviftravn" Selvik, welches 2009 mit dem Debüt "Gap Var Ginnunga" auf sich aufmerksam machen konnte. Nun ist der Mann zurück, zusammen mit Gaahl (ex-GORGOROTH, GOD SEED, TRELLDOM), der einen Teil des männlichen Gesangs übernimmt und Lindy-Fay Hella, welche sich des weiblichen Sanges-Parts annimmt. Natürlich treten WARDRUNA auch 2013 trotz des minimalistischen Ansatzes nicht a-cappella an, sondern Kviftravn singt und spielt alle anderen Instrumente, sei es nun eine Rahmentrommel, die Kraviklyra oder einfach die gern benutzte Maultrommel und zeichnet sich daneben für die Kompositionen als solche und das Mixen und Mastering der Aufnahmen von "Yggdrasil" verantwortlich. Unterstützt werden WARDRUNA dabei von dem bekannten isländischen Komponisten Hilmar Örn Hilmarsson, sowie Islands bekanntesten Rímur-Sänger Steindor Andersen.
WARDRUNA sind ja eigentlich so ein "love it or hate it"-Ding – was will man dazu schreiben? Einmal mehr wird hier archaisch anmutender Musik irgendwo zwischen rituellem Folk und "naturbelassenem" Ambient geboten. Mit "Yggdrasil" führt Kviftravn die Trilogie um die Runen des altnordischen "Futhark" fort. Das "Futhark" war das von vielen germanischen Stämmen benutzte Runenalphabet, benannt nach den ersten Buchstaben, welches lokal und temporär relativ große Unterschiede aufweisen konnte. Das Besondere ist nun, dass diesen Buchstaben über ihre normale Funktion ein höherer Symbolwert zugeschrieben wird, der sie gegebenenfalls heiligt und in Verbindung mit den Zusammenhängen des Kosmos selbst setzt. Es ist umstritten, inwiefern die ursprünglichen Nutzer dieser Zeichen das selbst so sahen, aber dies ist nicht der Platz um über Authentizität im Sinne der Historie zu diskutieren. Doch verdeutlicht dies den Rahmen, in dem sich die Musik bewegt und den Zweck, auf den sie ausgelegt ist: Sie soll nicht Unterhaltung sein, selbst wenn sie sich in Richtung etwas sanfteren Folks bewegt. Auf ihre Art haben Stücke wie 'Ingwar' oder 'Naudir' all das Raue, was auch bei DARKTHRONE mitschwingt. Nur fehlt hier der Faustfaktor. Das monotone, tranceartige, unzugängliche des Black Metal wird auf eigene Weise vielfach transzendiert. Dabei erinnert man gerne mal an das rumänische Triple NEGURA BUNGET/ DORDEDUH (auf die akustische Besetzung reduziert), sowie natürlich DIN BRADH.
Und doch weißt "Yggdrasil" in meinen Augen einige signifikante Unterscheide zum Vorgänger auf und das schon deutlich hörbar beim ersten Stück, 'Rotlaust Tre Fell'. Nach einigen stimmungsvollen Sekunden eines dahinströmenden Wildbaches, ertönt ein Hornstoß und es ein rauer Männerchor setzt ein, getragen von treibenden, dominanten Trommeln. Generell sind das zwei in ihrer Ausprägung für WARDRUNA recht neue Merkmale, die ungefähr da ansetzen, wo zuvor Stücke wie 'Kauna' oder die beiden 'Algir'-Teile vom letzten Album aufgehört haben. Die Trommeln ertönen lauter, viel häufiger und werden generell dominanter eingesetzt und gerne mal wesentlich schneller bearbeitet als noch auf dem ersten Album. Hinzu kommen die lauteren und vielstimmigeren Chöre. Manchmal rückt diese Kombination aus "rhythmischer" eingesetzten Trommeln, Gesängen und Begleitung der Geige die Stücke etwas in die Richtung (urtümlichen) aber trotzdem etwas "normaleren" Folk à la FEJD, was dem Album eine leichter zugängliche Note verschafft. Ziemlich aus dem Rahmen fällt dann 'Sowelu', welches, streckenweise begleitet von irgendeinem Saiteninstrument, dort schon fast an FAUN auf nordischen Pfaden erinnert. Gleichzeitig bewahrt sich "Yggdrasil" stets das archaische, unwegsame, geheimnisvolle und verhüllte von "Gap Var Ginnunga", nur das eben noch eine Ebene davor geschaltet wurde.
Die, die das letzte Album schon mochten, können hier wieder bedenkenlos zugreifen und sich einmal mehr in den nordischen Weiten dieser Klanglandschaften verlieren. Allen anderen, die etwas mit nordisch-germanischer Mythologie und/ oder ambientigem Folk anfangen können, sei "Yggdrasil" ans Herz gelegt, wobei Probehören dringendstens empfohlen wird. Das ist definitiv nicht Musik für jedermann.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Christian Schwarzer