WINGS OF STEEL - Gates Of Twilight
Mehr über Wings Of Steel
- Genre:
- Heavy Metal / US Metal / Hard Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Independent
- Release:
- 19.05.2023
- Liar In Love
- Fall In Line
- Garden Of Eden
- Cry Of The Damned
- She Cries
- Lady Of The Lost
- Leather And Lace
- Slave Of Sorrows
- Gates Of Twilight
- Into The Sun
Auf Flügeln aus Stahl durch die Tore des Zwielichts!
Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber Heavy Metal mit hoher Gesangslage, der zuweilen an frühe QUEENSRYCHE, LETHAL, CRIMSON GLORY oder SCREAMER (US) erinnert, ist für mich so etwas wie die Königsdisziplin unserer Lieblingsmusik. Die Anforderungen an Songwriting, Melodieführung und Technik sind bekanntermaßen so hoch, dass nur ganz wenige Formationen die Klasse der genannten Acts erreicht haben. Umso erfreulicher ist es, wenn sich Debütanten dieser Herausforderung stellen und auch noch Großartiges vorweisen können. Eben dies ist WINGS OF STEEL aus Los Angeles gelungen. Dass ich nicht allein bin mit meiner Begeisterung, könnt ihr daran sehen, dass die Band kürzlich für das "Keep It True"-Festival 2024 bestätigt wurde.
Die Combo wurde 2019 von Sänger Leo Unnermark und Gitarrist Parker Halub gegründet. 2022 konnten die beiden mit der EP "Wings Of Steel" ein erstes Ausrufungszeichen setzen. Inzwischen wurde das Lineup komplettiert durch Rhythmusgitarrist Stefan John-Bailet, Drummer Mike Mayhem und Bassist Johnny Shankel. Für das Songwriting sind aber weiterhin nur die beiden Gründungsmitglieder verantwortlich. Das Debüt "Gates Of Twilight" schlägt in eine ähnliche Kerbe wie die EP, kann aber in puncto Qualität noch einmal ordentlich einen draufsetzen. Schon der Eröffnungstrack 'Liar In Love' lässt mit seinen ausgreifenden Melodiebögen und erstklassigen Riffs keinen Zweifel daran, dass die Stahlgeflügelten echte Meister ihres Fachs sind. 'Fall In Line' ist der beste US-Metal-Song, den ich in den letzten 30 Jahren gehört habe: strahlende Vocals, wunderbare Gitarrenmelodien, treibende Drums und ein göttlicher Chorus.
Ganz anders tönt da 'Garden Of Eden': deutlich langsamer und sehr bluesig, aber dennoch toll gesungen. Nun, zur musikalischen DNA von WINGS OF STEEL gehören nicht unbedingt Größen des US Metals, sondern BLUE MURDER, WHITESNAKE, DIO, BLACK SABBATH, RAINBOW, DIAMOND HEAD, DEMON, SAXON, KINGDOM COME u.a. Dies teilt mir die Band dankenswerterweise auf Nachfrage mit. KINGDOM COME und LED ZEPPELIN kommen einem tatsächlich bei 'Garden Of Eden' in den Sinn. Auch bei 'Cry Of The Damned' ist eine Menge Hard Rock im Spiel, während beim genialen 'Lady Of The Lost' Erinnerungen an BLACK SABBATH zu "Heaven And Hell"-Zeiten wach werden.
'She Cries' beginnt wie eine der großen SCORPIONS-Balladen der frühen 80er, was nicht nur an den Gitarren liegt. Auch der Chorus verweist andeutungsweise auf die Glanzzeiten der Hannoveraner. Die grandiose Tempoverschärfung im Mittelteil begeistert durch großartigen Gesang und vorzügliches Shredding. Natürlich ist da jede Menge Pathos eingeflossen, aber hey!, wer Musik ohne Pathos bevorzugt, soll eben KRAFTWERK hören.
Ich entlasse euch nicht, bevor ich euch nicht die letzten beiden Songs ans Herz gelegt habe, denn die haben es in sich. Wenn das Titelstück eines Albums nicht zu den Highlights gehört, stimmt etwas nicht. Aber keine Angst, hier hat WINGS OF STEEL ganze Arbeit geleistet, denn 'Gates Of Twilight' ist nicht nur wegen der Entwicklung in der zweiten Hälfte ganz famos. Tja, und dann kommt da noch 'Into The Sun', der episch anmutende Schlusstrack, welcher wegen der ganzen Atmosphäre und durch den Adlerschrei an weite Landschaften denken lässt. Die Dramaturgie ist einfach perfekt: Sehnsuchtsvoller Gesang, Glockenläuten und gefühlvolle Soli bereiten einen auf die Reise zur Sonne vor, die lyrisch so richtig mit "we rise" beginnt. Langsam steigt beim Hören eine Art Feuer die Wirbelsäule hinauf, etwa wie die Schlangenkraft im Kundalini-Yoga.
"Gates Of Twilight" ist ein exzellentes Debüt mit vielen Finessen, das unbedingt über einen größeren Vertrieb bekannt gemacht werden sollte. Die 9,0 Punkte sind da mehr als verdient. Für noch höhere Weihen hätte es für meinen Geschmack noch ein oder zwei Stücke im Stil sortenreinen US Metals und etwas weniger bluesigen Hard Rock gebraucht. Ach ja, eine Sache noch: Beim Bandnamen musste ich an den Song 'Painkiller' von JUDAS PRIEST denken, und tatsächlich könnte der diamantene Gitarrensound vom legendären Chris Tsangarides (R.I.P.) stammen. Gratulation an WINGS OF STEEL zu diesem gelungenen Einstand; eure Musik macht glücklich!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Jens Wilkens