WINTERHORDE - Maestro
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2016
Mehr über Winterhorde
- Genre:
- Progressive Metal / Extreme Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Sound Pollution / Vicisolum Productions
- Release:
- 20.05.2016
- That Night In Prague
- Antipath
- Worms Of Soul
- They Came With Eyes Of Fire
- Chronic Death
- The Heart Of Coryphee
- A Dying Swan
- Maestro
- Through The Broken Mirror
- Cold
- Dancing In Flames
Wahrhaft meisterlich!
Tja, Genrebezeichnungen sind manchmal tückisch, und Vorurteile werden hin und wieder doch widerlegt. Ich habe also den neuen Output von WINTERHORDE vor mir, das Infoschreiben der Plattenfirma gibt als Genre Black Metal an. Der Name passt und ich habe schon das Bild einer skandinavischen BM-Truppe im Kopf, die mit viel Keyboardbombast und leichten Folk-Einflüssen über Wikinger und Odin singt. Doch weit gefehlt, denn WINTERHORDE kommt aus dem sonnigen Israel, und der Black Metal der Band ist doch stark durch Prog verschiedener Zeitalter durchsetzt und nur mit viel gutem Willen als solcher erkennbar.
Was auf "Maestro" allerdings in jedem Fall zutrifft, ist eines: Es handelt sich um verdammt gute Musik. Denn was die Band aus Naharya hier abliefert, ist ganz großes musikalisches Kino, irgendwo zwischen epischen BORKNAGAR, proggigen OPETH und ihrem ganz eigenen Sound. Es gibt Black-Metal-Elemente, spannende Orchestrierungen, Solo-Violinen, Klargesang, sogar ein Saxophon und vor allem eine ganze Menge extrem spannender Kompositionen zu bestaunen. Nach dem kurzen Intro geht es direkt mit 'Antipath' in die Vollen, harsches Grunzen wechselt sich mit klarem Gesang ab, melodische Leads und variables Bassspiel werden von hektischerem Geriffe abgewechselt und die Orchestrierung ist gleichermaßen packend wie dezent ausgefallen.
In diesem Stile geht es weiter; 'The Heart Of Coryphee' ist das nächste echte Highlight auf einem Album, das nicht gerade arm an solchen ist. Hier kommt auch toller Chor- und Frauengesang hinzu, ebenso wie packende Akustikpassagen. Der Titelsong beginnt dann zunächst ruhig und erinnert vor allem an OPETH, bevor sich auch dieser Song wieder in eine emotionale Achterbahnfahrt steigert. Ja, hier ist auch Black Metal vorhanden, aber völlig losgelöst von dumpfen Klischees oder dem Versuch, einem norwegischen Ideal von klirrender, dünner Produktion oder stumpfer Simplizität nachzueifern, das heutzutage wohl unerreichbar ist. Stattdessen werden Melancholie, Pathos und eine stets unter der Oberfläche schlummernde Aggression mit musikalischem Ernst und Anspruch verwoben, zu einem der spannendsten extremen Metal-Alben des bisherigen Jahres. Seinen Höhepunkt erfährt dieser Prozess in 'Cold', einem Lied, das mit seinem Bombast, dem lässigen Saxophon-Einsatz, den wunderschönen Gesangslinien und der gelungenen Orchestrierung alles in den Schatten stellt, was sonst auf diesem sehr guten Album geboten wird. Dass das abschließende 'Dancing In Flames' danach qualitativ kaum abfällt und das Album zu einem guten Ende führt, beweist dann nur nochmals, wie unglaublich "Maestro" musikalisch ausgefallen ist.
WINTERHORDE macht auf diesem Album eine exzellente Figur und liefert ein Album ab, das sowohl für Fans des anspruchsvolleren Black Metals ein absolutes Muss ist, wie auch für Freunde von Prog aller Schattierungen, die nicht sofort schreiend wegrennen, wenn ein Sänger mal die harscheren Register zieht. Ein Album, auf dem es immer und immer wieder etwas neues zu entdecken gibt und das man unbedingt gehört haben sollte. Ich bin mir sicher, "Maestro" wird auch am Jahresende noch hoch in meiner Gunst stehen, und hoffentlich nicht nur dort.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Raphael Päbst