WISENT - The Acceptance. The Sorrow.
Mehr über Wisent
- Genre:
- Post Hardcore
- ∅-Note:
- 7.25
- Label:
- DevilDuck Records
- Release:
- 01.12.2023
- Lullaby To The Lost
- Invincible
- Scars That Remain
- Martyr
- A Sea to Scream
- Withered Away
- Burden
- Alone In Nothingness
- The Last Scavenger
- Over The Horizon
Instrumental spannend, gesanglich irritierend.
"The Acceptance. The Sorrow." ist eines jener Alben, dessen Bewertung für mich durch eine einzelne Auffälligkeit erschwert wird: In diesem Fall ist es die Vokalarbeit von Sänger Stephen Lyons, die mich durch die Bank weg irritiert. WISENT liefert auf dem vorliegenden Debütalbum knackigen und abwechslungsreichen Post Hardcore, der Fans von Truppen wie LASTING TRACES oder TOUCHÉ AMORÉ sicherlich Freude bereiten wird – wenn sie sich denn mit Lyons' Gesang anfreunden können. Als Alleinstellungsmerkmal gingen die Vocals sicherlich durch, denn während die meisten Genrevertreter sich entweder mit gellenden Screams oder weinerlichem Gesang präsentieren, wird "The Acceptance. The Sorrow." geprägt von einer Art heiserem Rufen, dessen Tonhöhe gelegentlich Harmonien ignorierend variiert, aber in meinen Ohren zu eintönig und gewöhnungsbedürftig klingt.
Gelingt es, den Gesangsstil wahlweise anzunehmen oder auszublenden, sollte einem schnell das abwechslungsreiche Songwriting auffallen. Das Album ist, wie der Titel schon vermuten lässt, in zwei Hälften geteilt; wer die Vinylvariante erwirbt, wird entsprechend die Seiten "The Acceptance" und "The Sorrow" in Händen halten. Ich vermute, dass die ersten fünf Songs zu "The Acceptance" gehören – passen würde diese Aufteilung, denn die erste Albumhälfte transportiert vom Opener 'Lullaby To The Lost' bis zur Albummitte mit 'A Sea To Scream' vor allem sehnsuchts- und hoffnungsvolle Stimmungen, während der zweite Teil der LP düsterer und fragender ausfällt. Und bei genauer Betrachtung fällt kaum ein Song aus wie die anderen: 'Lullaby To The Lost' ist eine getragene, schwermütige Eröffnung, 'Invincible' eine punkig-melodische Tanzeinlage mit vorübergehender Einladung zum Moshen, 'Scars That Remain' bietet crustige Riffs, einen knalligen Bass und noch mehr Tempo, ehe 'Martyr' und 'A Sea To Scream' den Spannungsbogen zwischen Nachdenklichkeit und packenden Rock ziehen.
Richtig spannend wird es mit dem Übergang zu "The Sorrow": Bei 'Withered Away' wird plötzlich düster gefärbter Postcore ausgepackt und das klassische Post-Hardcore-Schema durch Tempowechsel und weniger schematisches Schlagzeugspiel aufgebrochen. Ziemlich aufgekratzt geht es mit 'Burden' weiter, das mit einem durch ergreifende Gitarrenmelodien dramatisierten Refrain glänzt. 'Alone In Nothingness' schlägt noch etwas stärker in die Post-Schiene und erinnert mich an die brachiale Arbeit von SCARRED BY BEAUTY. Gänsehaut dann beim post-rockigen 'The Last Scavenger', bei dem lange Zeit auf verzerrte Gitarren verzichtet wird und in dem mir die röhrenden Vocals mit der Zeile "You're not alone!" erstmals unter die Haut gehen. Die Spoken-Words-Einlage zu Beginn von 'Over The Horizon' beweist schließlich, das etwas Abwechslung in Sachen Vokalarbeit die WISENT-Kompositionen deutlich aufwerten kann. Der über fünfminütige Abschluss kommt zunächst verschleppt daher, ehe dissonante Riffs und harsches Gedresche für ein unerwartet deftiges Finish sorgen.
Mir gelingt es auch nach mehreren Durchläufen nicht, mich an Stephen Lyons' Darbietung am Mikrofon zu gewöhnen, weswegen es mir schwer fällt, mich vollständig auf WISENTs Full-Length-Debüt einzulassen und ich folglich bei den Punkten nicht so großzügig bewerten kann wie mein Kollege Tobias Dahs. Die Leidenschaft sowie Abwechslungsreichtum und Songwriting auf "The Acceptance. The Sorrow" beeindrucken nichtsdestotrotz und es steht außer Frage: Wen der Gesang auf diesem Zehntracker nicht stört oder wer ihm gar etwas abgewinnen kann, hält womöglich sein Post-Hardcore-Highlight des Jahres 2023 in den Händen.
Anspieltipps: Lullaby To The Lost, Withered Away, Alone In Nothingness
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Timon Krause