WOLVES IN THE THRONE ROOM - Primordial Arcana
Auch im Soundcheck: Soundcheck 08/2021
Mehr über Wolves In The Throne Room
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Century Media / Sony
- Release:
- 20.08.2021
- Mountain Magick
- Spirit Of Lightning
- Through Eternal Fields
- Primal Cham (Gift of Fire)
- Underworld Aurora
- Masters of Rain and Storm
- Eostre
- Skyclad Passage
Eine Band, die mit ihrem eigenwilligen künstlerischen Ansatz den Black Metal des dritten Jahrtausends exponiert prägt.
Wie ihr unseren Archiven entnehmen könnt, und am Ende wohl auch dieser Rezension, ist diese Band, die seit bald zwanzig Jahren zur prägenden Größe des US-amerikanischen Black Metals avanciert ist, nahezu vollständig unter meinem, unter unserem Radar durchgefolgen. Um mich dafür zu erklären, könnte ich nun diverse Ausreden auftischen, angefangen damit, dass die Band über all die Jahre nie einen stabilen und zuverlässigen europäischen Vertrieb hatte, und man daher die Alben oft nur als sehr teure Import-CDs beschaffen konnte, doch am Ende wollen wir ehrlich sein: Es war dann wohl doch der zu einseitige Fokus auf skandinavisches Werkeln, der mich nun in die Bredouille bringt, euch etwas über die neue WOLVES IN THE THRONE ROOM erzählen zu müssen, ohne sinnvolle Vergleiche zur bisherigen Diskographie ziehen zu können.
Andererseits ist es dann eben eine Rezension, die primär jene angeht, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, und die Vorreiter des kaskadischen Black Metals erst sehr spät für sich entdecken, während der Thronwolfkenner halt ein wenig über die Unbeholfenheit des Rezensenten schmunzeln darf. Damit dann aber auch in medias res, und tief hinein in die Urwälder der Kaskadenkette, in atmosphärische, nebelverhangene Klanglandschaften, hinein in eine Welt, in welche wir natürlich all die Klischees der Naturverbundenheit, der Öko-Misanthropie, der Wälderromantik hinein interpretieren können, welche der von WOLVES IN THE THRONE ROOM mitbegründeten Szene von außen angeheftet werden, in welchen sich aber auch Bands und Szenegänger nicht ganz unwohl zu fühlen scheinen.
Wer wie ich das Genre nur vom Weghören und von ein paar Alben von AGALLOCH, FEN und DRUDKH her kennt, der tut wohl gut daran, sich der Band und dem Werk mittels Kopfhörer zu nähern, und sich erst einmal tief in den Sound zu versenken. Dafür ist der Opener 'Mountain Magick' sicherlich ein guter Anfang, den die anfänglich hörspielartige Lo-Fi-Klanglandschaft lässt erst einmal eine gewisse Blair-Witch-Project-Stimmung entstehen, bevor das Rauschen und Knistern des Intros einem flächigen, dynamischen Breitband-Sound weicht, dessen prägende Charakteristika ein unglablich wuchtiges, hallendes, rhythmisch bestechendes Schlagwerk, flirrende, rasende, fast anschlaglos klingende Gitarren, sphärische Keyboardteppiche und Nathan Weavers raubvogelartiger bis geisterhafter Gesang sind.
Bei 'Spirit Of Lightning' tritt eine melodische wie instrumentale mediävistische Schlagseite hinzu, während Nathans Gesang sich hier melodischer und flüsternder präsentiert, was dem Oeuvre zusätzlichen Tiefgang und zusätzliche Mystik verleiht, wobei auch dieser Song rasende und infernalische Momente kennt und dramaturgisch großartig umsetzt, vor allem wenn diese anschließend direkt wieder von maximal atmosphärischen Keyboardeinsätzen gekontert werden. Auch wenn man über nur wenig Erfahrung mit W.I.T.T.R. verfügt, so erkennt man doch sofort, dass die Gebrüder Weaver und ihr(e) Mitstreiter absolute Meister der atmosphärischen Dichte sind, was auch 'Through Eternal Fields' mit seinen Tribal-Chören und mystischen Hörspielelementen, der verschleppten Rhythmik und seinen verhallten Geisterstimmen eindrucksvoll unterstreicht, während es immer wieder in triumphale Epik umschlägt, die in fast sakraler Weise den Wald zur Kathedrale zu stilisieren scheint, nur um an anderen Stelle mit grollender Stimme und dräuender Wucht im moosigen Waldboden zu graben.
Genug der Bilder, genug der Stimmungsmalerei. Der Wölfe Ansatz, ihren Black Metal zu interpretieren, ist für jemanden, der seit dreißig Jahren primär skandinavische Ausprägungen des Genre verfolgt und verinnerlicht hat, auf jeden Fall sehr spannend und auf Anhieb überzeugend, auch wenn es natürlich seine Zeit brauchen wird, bis sich neben der Bewunderung und der Faszination für Klangbild und der Atmosphäre das Werk der Band auch auf der Ebene der Kompositionen voll entfalten kann, denn sicherlich gibt es bei WOLVES IN THE THRONE ROOM keinen Black Metal für Freunde des Easy Listenings, keine eingängigen Hasshymnen, keine Hooklines, die sofort zünden, sondern ein hintergründiges Spiel mit Stimmungen und Atmosphäre. Tut mir aber einen Gefallen und werft, wenn ihr aus einer Ecke kommt wie ich, bitte eure etwaigen Vorurteile dem Genre gegenüber über Bord. Was die Band hier abzieht, ist wirklich kein Post Rock für esotherische Schwammerlklauber und mistanthropische Schuhbewunderer, sondern sie prägt mit ihrem eigenwilligen künstlerischen Ansatz den Black Metal des dritten Jahrtausends in ganz exponierter Weise, weshalb ich mir fest vorgenommen habe, von dieser Stelle aus mit den Wölfen rückwärts in der Zeit zu ziehen, auch wenn das ob der nach wie vor prekären Vertriebssituation ein recht langwieriges und/oder kostenintensives Unterfangen werden dürfte. Daher meine Bitte an Band und Label: Wie wäre es mit diversen Neuauflagen mit stabilem europäischen Vertrieb? Einstweilen: Freut euch alle an "Primordial Arcana"!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle