(0) - SkamHan
Mehr über (0)
- Genre:
- Black Metal/ Post Metal/ Post Rock/ Sludge/ Doom
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 24.04.2020
- Tyndere End Hud
- Sjælstjæler
- Skarntyder
- Rød Glorie
- Sortfugl
- SkamHan
- Alle Renses
Mange tak for det!
Das unbekannte Wesen aus Dänemark. Ich kann nur erkennen, dass da fünf Musikusse am Werke sein müssen und sie alle samt und sonders die dunklere Metalszene des nördlichen Nachbarn nachhaltig beeinflussen. Woher ich das weiß? Ich habe mir jetzt die Stücke auf "SkamHan" ungefähr oder genau siebenunddreißig Mal angehört und finde immer noch Feinheiten, Ausreißer, Details zum Staunen und lasse mich hineinreißen in einen Strom aufregender Musikwellen zwischen Angepißtheit und Berschwörung, zwischen Post Metal, Black Metal und Sludge der rostigen Sorte. Es geht hier nicht um personelle Hervorhebungen oder personelle Verheerungen, sondern um das Wirken das Ganzen, ganz ohne Gesichter und Geschichten. Sehr sympathischer Ansatz. Wobei Sympathie sucht das dänische Schlechte Laune-kombinat nicht, glaube ich. Dafür sind die Themen zu real und zu liebevoll selbstzerstörerisch aufbereitet.
Was erwartet uns? Von einer Band ohne Namen, ohne Gesichter und Gerüche, aus drei Zeichen bestehend, die überall am Anfang und als Grenze stehen? Das Riffrollen im Eröffner 'Tyndere End Hud' ist fantastisch und das Grollen des Herren Vokalisten passt dazu wie die saure Gurke auf den Skipperlabskovs. Ich habe mich nach der Besehung der Aufmachung des Albums, des gesamten Drumherums, der Geheimnisbauerei und Symbolisierung des Gesamtkunstwerkes, in dem die Musik und nicht der Einzelne eine wichtige Rolle spielt, auf einen schweren Brocken aus dem sonnigen Skandinavien eingestellt. Enttäuscht bin ich darum auch nicht, denn es stellt sich der Effekt ein, den ich bei Werk und Wirken von Bands wie BREACH, AMENRA oder TODAY IS THE DAY, auch bei CELESTE oder PLANKS erfahre: trotz der schwermütigen gebirgsschweren Grundidee der Musik wimmert immer auch ein wenig Zerbrechlichkeit mit. Diesen Weg deuten die Dänen mit zwei drei Stücken an, in denen sie sozusagen "laufen" lassen. Dem Grundstrudel extremer Metalmusik wird eine große Portion Weite beigemengt, um dem Einzelnen Gedanken Platz und Zeit gewähren zu können. Aber gerade als man es sich bequem gemacht hat in seiner wohligfilzigen Schublade der Stile, zieht die Band wieder die menschenschweren Ketten straff und verfolgt ihre Mission, es anders kommen zu lassen.
Einige Stücke dürfen sich entwickeln, streicheln sich und schmeicheln uns, 'Skarntyder' oder 'Sortfugl' hingegen plätten von Anfang ein und nehmen den umgekehrten Weg. Sie lassen sich erst gegen Ende zähmen. Dass die Stücke sich zudem zumeist viel Zeit lassen, passt in das Konzept der Aussage. Und wie wundervoll sich die Gitarren hineinhängen, immer wieder neue Wege finden, Spannungen auf- und abzubauen! Das ist hohe gemeinsame Kunst, durchdacht und aufeinander abgestimmt. Und ich vermute, das ist auch der Grund, warum ich so langsam darauf zusteuere, das Album bald vierzig Male gehört und aufgenommen zu haben. Mit Extremmusiken und regelmäßigeme Konsum ist das ja aso eine Sache: Schnell fällt einem der Wiederholungseffekt bei vielen dieser Entwürfe auf – mal nervt es einen, mal ist diese punkigcorige Attitüde das, was genau man am Tage braucht.
Zudem ist zu sagen und zu hören, dass die dänische Sprache nicht umsonst so populär ist bei den Musikern dort oben – sie ist geheimnisvoll, drohend, hart und läßt sich wunderbar krächzen. Das Ganze in einem Double-Bass-Gewitter wie in 'SortFugl' – Hurra, kann ich da nur mitkrächzen! Das Titelstück kommt doomend daher und hat gar keine Lust, seine zehn Minuten lang dieses Tempo zu verlassen. Trotzdem dort im Hintergrund richtig die Post abgeht. Letzlich thront die gesamte Band auf einem gigantisch aufgebauten Ende. Zusammen, das ist diesen Dänen wichtig, denn nur die Gesamtheit und das Kunstwerk zählen. 'Alle Renses' trägt den Hörer schlussendlich heraus aus diesem Höhlensystem, dessen beeindruckende Wucht noch lange nachhallt. Aber ohne die vielen kleinen Nischen und Nebengänge hätte man sich dort nicht wohlgefühlt.
"SkamHan" ist hohe, höchste dänische Metalkunst. Mange tak for det!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben