A Single Man (Blu-ray)
- Regie:
- Ford, Tom
- Jahr:
- 2009
- Genre:
- Melodrama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- A Single Man
1 Review(s)
10.02.2011 | 21:07Tom Ford ist als Modedesigner eine der Top-Adressen im gesamten Business. Unvergessen ist auch das "Vanity Fair"-Cover, in dem er mit den nackten Schönheiten Keira Knightley und Scarlett Johansson posiert. Doch wer hätte gedacht, dass der renommierte Ford eines Tages auch in die Filmbranche einsteigen und hier sogar selbst Regie führen würde? In "A Single Man" hatte der junge Zar Gelegenheit, seine Kreativität auf ganz andere Art und Weise auszuleben - und dabei ein Melodram geschaffen, das in der gesamten Branche seinesgleichen sucht.
Story:
Es ist der 30. November 1962, und für den Universitäts-Professor George Falconer wird es womöglich der letzte Tag in seinem bislang sehr intensiven Leben sein. Am Vorabend erfährt der homosexuelle Eigenbrötler vom Unfalltod seines langjährigen Partners Jim. Von Traurigkeit erschüttert, beschließt er, die Eindrücke eines typischen Arbeitstages ein letztes Mal zu durchleben und zu verarbeiten. Er genießt die Momente mit seiner Freundin Charley, die immer noch nicht begreifen kann, warum George sich seinerzeit gegen sie entschieden hat. Er hält einen sonderbaren Vortrag in seiner letzten Lesung, trifft einen spanischen Liebhaber und verbringt den Abend schließlich mit einem viel jüngeren College-Studenten, der von Falconers Autorität und Aura fasziniert ist. Doch all diese intensiven Erlebnisse helfen ihm nur schwerlich über den Tod seines Geliebten hinweg - und somit scheint das eigene Ende unvermeidlich...
Persönlicher Eindruck:
"A Single Man" gehört zu den cineastischen Kandidaten, denen man eine gewisse Eintönigkeit und Langatmigkeit vorwerfen könnte, sofern man nicht bereit ist, sich auf das perfide und sehr subtil inszenierte Figurenkino des Tom Ford einzulassen. In der Tat macht der Regisseur seinem Publikum den Einstieg in die Story alles andere als leicht; Ford gestaltet seine Charaktere größtenteils unnahbar, lässt zwar immer mal wieder kurze Momente des intensiveren Begutachtens zu, präsentiert aber vor allem den Protagonisten, gespielt von einem überragenden Colin Firth, als egozentrischen Distanzmenschen, der jede Emotion von sich weist, obschon er gerade die finsteren Erlebnisse in nahezu jeder Sekunde des Streifens in seinem Handeln reflektiert. Kunstfertig ist das, was der Regisseur auf Dauer inszeniert, schwere Kost mag man auch sagen, aber letzten Endes vor allem auch sehenswert, da die Stille der Aufnahmen so viel Grundaussage zulässt, dass man immer wieder staunen muss, wie viel sich aus einzelnen Filmfiguren doch tatsächlich herausholen lässt.
Derweil ist die Person des George Falconer mit allen erdenklichen Eigenschaften belegt, die man an einem Menschen eigentlich verachtet. Sein grundlegender Zynismus ist alles andere als angenehm, sein größtenteils ablehnendes Verhalten gegenüber seinem persönlichen Umfeld macht ihn des Weiteren ebenfalls nicht zu einem Sympatikus, aber auch die eigentliche Unnahbarkeit, die Ford als elementares Stilmittel bemüht, führt zu einer mangelnden Identifikation mit dem Hauptcharakter, die dieser sich schließlich wieder durch sein intelligentes Auftreten und seine offenkundige Souveränität zurückerobert. Als wirklich gelungen bezeichnen muss man nämlich den kunstvoll performten Zwiespalt zwischen Genie und innerlich völlig zerwühltem Trauerkloß, den Falconer an seinem vermeintlich letzten Lebenstag darstellt.
Von Alkohol und neu gewonner Liebe zu Lucky Strikes angetrieben, lebt er ein letztes Mal destruktiv und wild, zehrt gedanklich von den jungen Tagen mit Jim, wahrt aber gleichzeitig den Schein des autoritäten Professors und gesellschaftlichen Vorbilds, welches sein eigenwilliges Privatleben immerzu hinter verschlossenen Gardinen hält. Es ist ein permanenter Balanceakt, den Firth alias Falconer beschreitet - und er beschreitet ihn gekonnt, selbstsicher und ohne jegliche Hektik. Und eben jenes Bild des zerrissenen, oberflächlich aber weiterhin völlig agilen Menschen beschreibt die gehobene Qualität in der Performance dieses außerordentlich faszinierenden, wenn auch sehr behäbig fortschreitenden Streifens.
Nichtsdestotrotz ist "A Single Man" definitiv kein Kino für jedermann; die Story ist schwer greifbar, die Figuren nicht minder schwierig und der Background durch seine durchgängige Melancholie womöglich eine große Last. Special Interest trifft es daher wohl am besten - doch für genau dieses Publikum ist Fords Regiedebüt auf jeden Fall mehr als nur ein Geheimtipp!
Aufarbeitung:
"A Single Man" ist ein sehr bildgewaltiger Film, in dem es um vkiele kleine Nuancen geht, die durch die Kemaratechnik, aber auch durch die dezente Farbgebung bestimmt werden. Dies hervorzuheben ist rein visuell prima gelungen, wobei das gestochen scharfe Bild der Blu-ray-Disc hier einen großen Anteil hat. Wenn Falconer beispielsweise die bunten Farben des Kleides des Nachbarmädchens wahrnimmt oder generell einen intensiven Augenblick hat, wird dies wunderbar eingefangen. Beim Sound hingegen ist nicht wirklich viel gefordert; "A Single Man" ist ein sehr ruhiger, bedächtiger Film, der in den minimalistischen Eruptionen aber ebenfalls prima in Szene gesetzt wird. Der Verzicht auf jedwedes Bonusmaterial ist allerdings enttäuschend - selbst wenn offensichtlicher Minimalismus zum Grundschema des Streifens gehört!
Fazit:
"A Single Man" ist ein berauschendes Sinneserlebnis, das jedoch absolut voraussetzt, dass man sich auf die bedrückende Stimmung und das traurige Screenplay einlassen kann. Für diesen Fall gehört Tom Ford Regiedebüt aber zweifelsohne zu den großen Nummern des vergangenen Jahres!
- Redakteur:
- Björn Backes