Ali Baba und die vierzig Räuber
- Regie:
- Arthur Lubin
- Jahr:
- 1944
- Genre:
- Märchen
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Ali Baba and the Forty Thieves
1 Review(s)
15.01.2009 | 15:32Singende Räuberbanden
Das Jahr 1528: Nachdem die Soldaten von Hulagu Khan den Kalifen von Bagdad ermordet haben, wird dessen Sohn Ali Baba von einer Bande von vierzig Räubern aufgenommen. Im Laufe der Jahre wird er zu deren Anführer und gemeinsam kämpfen sie gegen den finsteren Khan und für die Freiheit ihres Landes. (Verleihinfo)
Digital restaurierte Fassung. Das "Lexikon des internationalen Films" empfiehlt "Ali Baba" ab zehn Jahren.
Filminfos
O-Titel: Ali Baba and the Forty Thieves (USA 1944)
Vertrieb: Koch Media Home Entertainment
Veröffentlichung: 25.07.2008 [Kauf-DVD]
FSK: ab 12
Länge: ca. 84 Minuten
Regisseur: Arthur Lubin
Drehbuch: Edmund L. Hartmann
Musik: Edward Ward
Darsteller: Jon Hall (Ali Baba), Maria Montez (Amara), Frank Puglia (Cassim), Yvette Duguay, Ramsay Ames, Chris-Pin Martin, Scotty Beckett (Ali als Kind), Moroni Olsen (Kalif Hassan), Fortunio Bonanova, Turhan Bey (Jamil), Andy Devine (Abdullah), Kurt Katch (Hulagu Khan) u. a.
Handlung
Im Jahr 1528 fällt der Mongolenherrscher Hulagu Khan in Mesopotamien ein und brennt Bagdad nieder. Doch wo ist Kalif Hassan? Der versteckt sich außerhalb der Stadt und will von Basra aus eine neue Armee aufstellen. Prinz Cassim, sein "Freund", zieht es jedoch vor, in der Nähe der Stadt zu bleiben. In Cassims Gärten findet der Kalif seinen Sohn Ali mit Amara, der Tochter Cassims, spielen. Die beiden schwören sich gerade Blutbrüderschaft. Hassan nimmt Ali gerade auf sein Boot mit, um abzulegen, als Cassim auftaucht und das Boot zurückruft. Es ist eine Falle, denn Cassim hat den Kalifen an die Mongolen verraten.
Der etwa zehn Jahre alte Ali entkommt als einziger Überlebender in die Wüste und findet seinen Weg ins Massiv des Berges Sesam. Auf einmal rumpelt es in einer Schlucht, und er versteckt sich. Ein Tor öffnet sich im Berg, eine Menge Reiter preschen hervor und in die Schlucht davon. Der letzte befiehlt dem Berg, sich zu schließen, und das Tor geht wieder zu. Als alle weg sind, gelingt es Ali, das Tor zu öffnen - und findet eine Höhle voller geraubter Schätze vor.
Als die Räuber zurückkehren, finden sie einen schlafenden Jungen vor. Nach dem Wecken sagt der Junge aber, er sei der Sohn des Kalifen. Als Beweis zeigt er ihnen das königliche Siegel seines ermordeten Vaters. Sie nehmen Ali auf und geben ihn in Abdullahs Obhut, scherzhaft "Kindermädchen" genannt. Den Jungen jedoch nennen sie fortan nur Ali Baba.
Zehn Jahre Mongolenherrschaft vergehen.
Als Einzige leisten die Räuber aus Alis Bande dem Khan Widerstand, und so setzt er schließlich ein hohes Kopfgeld aus. Als eine große Mongolenkarawane gemeldet wird, wittert Ali eine Falle und kundschaftet mit Abdullah, seinem inzwischen väterlichen Freund. Sie stoßen auf die scheinbar unbewachte Karawane, in der Prinzessin Amara, Kassims Tochter, ihrem Brätigam Hulagu Khan zugeführt werden soll. Ali überrascht Amara beim Baden im Teich, erkennt sie aber nicht. Sie gibt sich als Dienerin aus, er sich als Reisender. Doch Soldaten nehmen ihn gefangen, und er fühlt sich von ihr verraten. Der gewarnte Abdullah entkommt seinen Verfolgern und warnt Alis Bande.
In Bagdad ist Kassim inzwischen zum Wesir des Khans aufgestiegen. Er redet seiner Tochter gut zu, sich für die Zukunft des Landes zu opfern und so weiter, und sie gibt klein bei. Das ändert sich ein wenig, als ihr Diener Jamil sie zu der Stelle führt, wo Ali gefesselt und öffentlich zur Schau gestellt wird. Zuvor hat Kassim Ali anhand des Siegels erkannt, aber nichts zu seinem Khan gesagt. Nun werden Amara und Jamil Zeuge, wie die Räuberbande Alis auf den Platz prescht und die Wachen angreift. Jamil, ein Sympathisant der Rebellen, schneidet Ali los, der daraufhin auf ein Pferd springt, sich Amara schnappt und aus der Stadt reitet. Jamil schließt sich den Rebellen an.
Aber ist Amara wirklich ein so wirksames Faustpfand, wie Ali hofft, oder wird Cassim auch seine Tochter opfern?
Mein Eindruck
Diese Verfilmung des Märchens aus "Tausendundeiner Nacht" bildete die Vorlage für das weitaus gelungenere und beliebtere Orientabenteuer "Die Diebe von Maschan" mit Tony Curtis und Piper Laurie aus dem Jahr 1951, also nur sieben Jahre später. "Ali Baba" bettet das Märchen vom Goldschatz in der Räuberhöhle und dem Zauberspruch "Sesam, öffne dich!" nicht in amouröse Abenteuer eines kleinen Diebes ein, sondern baut eine Handlung, die weitaus besser an den Zweiten Weltkrieg angepasst ist. Die freien Rebellen des enterbten Thronfolgers bilden eine - fröhlich singende! - Widerstandsgruppe, die blitzartige Überfälle mit sagenhaftem Reichtum vereint - der Wunschtraum eines jeden abenteuerlustigen Jungen von 1944. Die Wirklichkeit sah, wie jeder weiß, wesentlich düsterer und blutiger aus. Haken wir das unter Kriegspropaganda ab.
Aber den Khan gab es wirklich und folglich auch einen vertriebenen oder getöteten Kalifen, eine verwüstete Stadt und folglich auch jede Menge Tote. Davon kriegt man nur ganz am Anfang ein paar geschwärzte Ruinen vorgeführt, auf denen hier und da Leichen spielende Statisten liegen. Die Welt der Mächtigen scheint noch unversehrt und sicher zu sein, denn sie haben ja ihre Wachen. Dort entspinnt sich das Liebes- und Schicksalsdrama von Ali, dem Königssohn, und der "Prinzessin" Amara.
Die beiden Kinderdarsteller sehen noch recht knuddelig aus, doch das kann man von den erwachsenen Darstellern nicht behaupten. Jon Halls Aussehen und Kostümierung orientiert sich noch völlig an den Vorbildern Errol Flynn, Clark Gable (bleistiftdünner Oberlippenbart) und Rudolf Valentino, dem Sohn des Wüstenscheichs. Manchmal sieht sein grellroter Kopfumhang allerdings wie ein umgebundenes Handtuch aus. Maria Montez hingegen ist ein Traum in Seide und Gaze. Allerdings sieht der schulterfreie Pyjama, den sie zum Baden in Teichen anhat, mehr als lächerlich aus. Wahrscheinlich war ein entblößter Knöchel damals hocherotisch.
Das größte Problem der beiden ist jedoch nicht ihr Aussehen, sondern ihr Alter. Als Kinder sind Ali und Amara höchstens neun Jahre alt, zehn Jahre später somit maximal zwanzig. Doch die Montez und ihr Film-Galan sehen selbst zehn Jahre älter aus, nämlich wie dreißig! Dazu fällt es der Montez sichtlich schwer, ihren Mund zu einem Lächeln zu verziehen, sondern sie zieht es vor, meist unwirsch dreinzuschauen, als hätte sie etwas Besseres zu tun, als vor einer Kamera zu posieren und frage sich gerade, was ihre "siebenköpfige Kinderschar" (Otto Waalkes) gerade treibe.
Dass ein Darsteller wie Jon Hall immer noch Selbstgespräche à la Hamlet, schwermütiger Prinz von Dänemark, sprechen muss, sollte unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. So etwas Theatralisches durften Tony Curtis und Piper Laurie schon sieben Jahre später nicht mehr praktizieren.
Man kann nicht einmal etwas Gutes über die Schurken sagen. Lediglich Kurt Katch als autoritärer Mongolenherrscher vermag so etwas wie Glaubwürdigkeit zu vermitteln, obwohl seine Barttracht - sie ist garantiert authentisch - reichlich gewöhnungsbedürftig ist. Leider haben Hulagu und Cassim, sein schleimiger Wesir, das Privileg, Amara zweimal zu sagen, es stehe ihr nicht an, Fragen zu stellen. Amara hält denn auch die Klappe. 30 Jahre später wäre ein Drehbuchschreiber für solche Zeilen am nächsten Laternenmast aufgeknüpft worden.
Einziger Lichtblick in diesem drögen Rebellenabenteuer mit Liebesschmonzette ist das actionreiche Finale. Hier haben die Produzenten offensichtlich heftig investiert, wie es sich in Hollywood gehört und Sitte ist. Die Kulissen werden ordentlich ramponiert, und eigentlich fehlt nur noch die obligatorische Explosion. Stattdessen bekommen wir eine wehende grüne Fahne und einen Filmkuss. Prost!
Die DVD
Technische Infos:
Bildformate: Vollbild (1.33:1)
Tonformate:
Dolby Digital 2.0 (Stereo) in Deutsch
Dolby Digital 2.0 (Stereo) in Englisch
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Mein Eindruck: die DVD
~ Bild und Ton ~
Trotz aller Vorbehalte gegenüber der überholten Art der Inszenierung kann der Filmfreund die prächtige und farbenfrohe Ausstattung nicht übersehen, zumal die DVD mit der digital restaurierte Fassung des Films das Bild neu erstrahlen lässt. Besonders die Innenaufnahmen profitieren davon. Lediglich die "weißen" Gebäudespitzen Bagdads - offenbar ein Matte-Painting - wirken grünstichig und unecht. Der Ton ist auf den Standard von Dolby Digital 2.0 angehoben worden, doch die DVD bietet keine deutschen Untertitel.
Unter den Extras findet sich diesmal kein Trailer. Vielleicht gab es kein verwertbares Material oder überhaupt keinen Trailer - was allerdings schwer vorstellbar ist, denn Vorschauen gehörten seit jeher zur Werbung der Kinos.
Stattdessen bietet die DVD eine umfangreiche Bildergalerie. Neben deutschen und amerikanischen Filmplakaten findet Filmfreund auch eine Galerie deutscher Aushangbilder in Farbe und Schwarzweiß. Ein Heft der "Illustrierten Filmbühne" muss wohl aus der Nachkriegszeit stammen, während ein Werbeheft der Universal-Studios die umfangreiche Liste der "Besonderen Werbemaßnahmen" aufzählt.
Unterm Strich
Obwohl diese Verfilmung des bekannten Märchens aus "Tausendundeiner Nacht" vom Verleih als "atemberaubend", "exotisch" und "detailverliebt" angepriesen wird, hat sie mir weder optisch gefallen noch irgendwelchen Spaß gemacht. Die Inszenierung ist deutlich antiquiert, die Hauptdarsteller sind zu alt, sowohl für die Chronologie der Handlung wie auch für die Zielgruppe, und eine singende Räubertruppe sieht man heute nur noch in Bollywood-Machwerken.
Das einzig Lohnende ist der turbulente Showdown, allerdings hat auch da die Regie einen Fehler gemacht: Statt sich auf das Fechtduell zwischen Ali Baba und dem Khan zu konzentrieren, versucht die Kamera das ganze Geschehen in Momentaufnahmen einzufangen. Die Wirkung besteht in heilloser Verwirrung. Schluss und Kuss - und basta.
- Redakteur:
- Michael Matzer