Andere, Der (Blu-ray)
- Regie:
- Eyre, Richard
- Jahr:
- 2008
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Other Man, The
1 Review(s)
12.01.2011 | 16:13Story:
Erst gerade haben Peter und Lisa zum Ende einer Modegala ihr Liebesbekenntnis bekräftigt - nach 25 Jahren Ehe. Doch Lisas Ankündigung, sie würde jederzeit verschwinden, wenn ihre Gefühle keine Zweisamkeit mehr zulassen, macht Peter stutzig. Als die Designerin kurz darauf tatsächlich nicht mehr aufzufinden ist, läuten bei Peter alle emotionalen Alarmglocken. Der erfolgreiche Geschäftsmann schaut in Handy und den privaten PC seiner Ehefrau und entdeckt dort weniger überraschend Fotos von ihr und einem offenkundigen Liebhaber. Bei der Spurensuche in Mailand trifft er schließlich Ralph, seinen Nebenbuhler, und versucht inkognito mehr herauszufinden. Das Geheimnis der Affäre ist schnell gelüftet - aber wo ist Lisa?
Persönlicher Eindruck:
Ein komplexes Drama mit einer Spielzeit von gerade einmal 84 Minuten - kann dies alleine im Hinblick auf den dringend ersuchten Tiefgang überhaupt gutgehen? Die Antwort hierauf gibt die Verfilmung von Bernhard Schlinks Kurzgeschichte "Der Andere" eigentlich schon relativ schnell: Es funktioniert nur sehr eingeschränkt! Nach dem großen Erfolg von Schlinks Werk "Der Vorleser", schien Gleiches nämlich zunächst vorprogrammiert, zumal mit Liam Neeson und Antonio Banderas zwei Darsteller vom besten Format für den Streifen gecastet wurden.
Aber es mag vielleicht gerade jener Umstand sein, der Regisseur Richard Eyre am Ende einen Strich durch die Rechnung macht. Denn letzten Endes scheint die gesamte Inszenierung viel zu stark auf die beiden namhaften Mimen abgestimmt zu sein, als dass überhaupt Raum für den Plot als solchen bleiben könnte. Man muss Neeson und Banderas zwar zugestehen, ihren Part erwartungsgemäß anständig auszufüllen, denn die Identifikation mit den jeweiligen Rollen scheint vom ersten Moment an gegeben. Aber in der Gesamtbilanz sind es ausschließlich die beiden, denen man das Gewicht der Handlung auf die Schultern legt - und auch wenn es dort gut aufgehoben scheint, ist es in sehr vielen Fragmenten des Films einfach zu schwer!
Die Geschichte beginnt bereits mit einer sehr sperrigen Charaktervorstellung. Neeson und seine Partnerin Laura Linney wirken unnahbar und distanziert, ebenso wie die Story, in die man sie integriert hat. Die Dialoge sind derweil ein wenig unbeholfen, was einerseits an der nicht ganz so starken Synchronisation festzumachen ist, andererseits aber auch darauf zurückgeführt werden kann, dass man zu rasch in die Handlung einsteigt. Viele Details werden bereits als bekannt vorausgesetzt, in ihrer Ausprägung aber erst später vervollständigt, was hinsichtlich der Entwicklung des Plots nur bedingt Sinn macht.
So erfährt man von der Beziehung zwischen der gemeinsamen Tochter Abigail und ihrem merkwürdigen Freund George, bekommt einen verspäteten Eindruck über die eigentliche private Situation des Pärchens und kann die sehr verzwickten Beziehungen untereinander - was angesichts des Spannungsaufbaus sicherlich auch ein Gutes hat - erst nachher richtig einsortieren. "Der Andere" hat dementsprechend eine große Holschuld, fordert eine logische Arbeitsbereitschaft, gibt aber in der Kürze der Zeit nur vergleichsweise wenig zurück - und genau das ist das Dilemma von Eyres aktueller Produktion.
Als die Geschichte schließlich nach wenigen Minuten eine schwer einzuschätzende Dramaturgie entwickelt, gilt es daher auch direkt, alles auf eine Karte zu setzen. Neeson ist in seiner Rolle besonders gefragt, hat aber wenige Entfaltungsmöglichkeiten bei der Suche nach seiner Frau. Banderas hingegen, der den typisch südländischen Aufreißer mit besonderem Temperament spielt, ist diesbezüglich ein wenig freier, funktioniert als Akteur aber auch nur in Wechselwirkung mit seinem Sidekick, was einige nennenswerte Probleme mit sich bringt. Zudem offenbaren sich viele Einheiten des Strangs als unglaubwürdig.
Lisas plötzliches Verschwinden ist ein Faktum, das schwer verdaulich ist, die komischen Begegnungen zwischen Ralph und Peter ein weiterer Punkt, der in dieser Form eher unrealistisch anmutet. Und dementsprechend zäh entwickelt sich die Erzählung, steigert sich in einige emotionale Unzulänglichkeiten und kommt trotz der relativ kurzen Spielzeit nie so richtig auf den Punkt. Das Rush Hour-Finale setzt dieser Tatsache noch das unerwünschte i-Pünktchen obendrauf und bestätigt leider auch die bedauernswerte Gegebenheit, dass "Der Andere" sich als durchweg unambitionierter Streifen offenbart, der weder den Ansprüchen der Schauspielern, noch denen des Drama-Publikums genügen sollte. Sehr schade.
Technische Aufbereitung:
Die Blu-ray-Disc zum Film hingegen glänzt mit einer starken digitalen Aufarbeitung und einem sehr guten Kontrastverhältnis bei Bild und Ton. Obschon "Der Andere" sehr stark auf die Dialoge fokussiert ist, setzt sich der Soundtrack immer wieder durch und bringt Akzente, die innerhalb der Handlung konsequent ausgeblendet werden. Nicht ganz so stark ist indes das Bonusmaterial, welches zwar einen quantitativen Aufschub bringt, der fast die Länge des Films erreicht, an sich aber nur bedingt aussagekräftig ist.
Das halbstündige Making Of beispielsweise bringt nur einen Wust von unbearbeiteten Aufnahmen, während die Interview-Sequenzen im zweiten Hauptabschnitt auch nicht das erzielen, was man sich als Entschädigung erhofft. Dies bringt lediglich der Audiokommentar des Regisseurs, der in der Nachbetrachtung aufschlussreicher erscheint als viele spezifische Augenblicke im Plot. Obendrein gibt es noch die obligatorischen Trailer, die aber nicht wirklich Lust auf mehr machen - und immerhin keine Blender sind!
Fazit:
"Der Andere" verspricht starkes Gefühlskino mit Top-Besetzunmg, ist letzten Endes aber eher ein ziemlich träges Drama, welches sowohl die gefühlsmäßigen Einheiten als auch die spannungsfördernden Elemente ziemlich lieblos verarbeitet und sich selbst in den unschlüssigen Dialogen erstickt. Durfte man von Liam Neeson und Antonio Banderas ein brillantes Zusammenspiel erwarten, wird man nach knapp anderthalb Stunden Laufzeit herbe enttäuscht!
- Redakteur:
- Björn Backes