Apocalypse 2024 - A Boy and his Dog
- Regie:
- L.Q. Jones
- Jahr:
- 1975
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- A Boy and his Dog
1 Review(s)
28.05.2008 | 12:35Kultfilm: Endzeitvision und bissige Spießbürger-Satire
Nach dem Vierten Weltkrieg leben nur wenige Überlebende im postapokalyptischen Amerika. So wie der junge Vic (Don Johnson), der mit seinem mutierten, sprechenden Hund Blood umherzieht, immer auf der Suche nach Nahrung und Sex. Als sie der freizügigen Quilla June (Susanne Benton) begegnen, folgt Vic ihr in eine unterirdische Stadt, deren faschistoider Anführer Lou Craddock (Jason Robards) seine eigenen Pläne mit Vic hat ...
Filminfos
O-Titel: A Boy and his Dog (USA 1975)
Dt. Vertrieb: epix (17. April 2008)
FSK: ab 16
Länge: ca. 87 Minuten
Regisseur: L.Q. Jones
Drehbuch: Harlan Ellison, L.Q. Jones nach der Novelle von Harlan Ellison
Musik: Tim McIntire
Darsteller: Don Johnson ("Miami Vice"), Alvy Moore, Don Carter, Hal Baylor, Helene Winston, Jason Robards ("Staatsfeind Nr. 1", "Philadelphia", "Die Unbestechlichen", "Spiel mir das Lied vom Tod"), Mez Smith, Michael Hershman, Ron Feinberg, Susanne Benton ("Catch-22"), Charles McGraw ("Hängt ihn höher", "Die Vögel", "Spartacus") u. a.
Handlung
Der Atomkrieg dauerte nur vier Minuten, hat aber die Erdrotation für einen Sekundenbruchteil zum Stillstand gebracht. Dieser minimaler Effekt hatte eine gigantische Wirkung, denn natürlich lassen sich die Wassermassen der Ozean nicht ebenfalls für einen Sekundenbruchteil stoppen. Folglich wurden die Küsten der Kontinente massiv mit Wasser und Schlamm überschwemmt. Immer wieder stoßen daher die Bewohner auf im getrockneten Schlamm versunkene Autowracks und unterirdische Gebäude. Allzu oft hausen dort unten jedoch die Jauler, radioaktiv verseuchte Unwesen, denen man lieber aus dem Weg geht.
Es gibt durchaus Überlebende, allerdings sind sie so zerlumpt und heruntergekommen, dass nur noch die elementarsten Bedürfnisse wie Nahrung, Sex und Gewalt befriedigt werden können. So etwas wie eine Schule hat man hier schon lange nicht mehr gesehen. Aber und zu zieht mal ein zerlumpter Herrscher auf seinem von Menschen gezogenen Throngefährt durch die Schlammwüste, auf der Suche nach Konserven, die zur einzigen Währung geworden sind. Er wird von seinem Hofnarren und seinen Huren begleitet.
Ein junger Mann (Don Johnson) und sein Hund ziehen durch die Wüste und gehen den Gewaltakten aus dem Weg. Der Junge Vic ist mit einem Karabiner bewaffnet, der noch funktionstüchtig aussieht. Seltsamerweise redet er dauernd vor sich hin, so als spräche er mit seinem Hund Blood. So verlangt er unter anderem von Blood, dass dieser für ihn "Miezen" aufspüren soll, denn er habe schon sechs Wochen lang keine mehr flachgelegt. Eine Art Sonargeräusch erklingt, sobald Blood seinen Spürsinn aussendet. Da, eine Frau!
Doch sie kommen zu spät. Sie wurde bereits von den Barbaren massakriert. Was für eine Verschwendung. Sie ziehen weiter, rauben einem der Wanderkönige die Konserven und ziehen zu einem Lager, in dem uralte Pornos gezeigt werden, darunter "Fistful of Rawhide" aus dem Jahr 1970. Doch Vic wurde beobachtet, von Männern in Hausschuhen. Einer dieser Männer befiehlt, den "Speck in die Falle zu tun".
Im Pornokino spürt Blood eine Frau auf. Vic hat Mühe, sie in ihrer Verkleidung auszumachen, doch dann folgt er ihr in das Labyrinth von Kammern unter der Erdoberfläche. Mit ihrer Nacktheit ist sie der ideale Köder für den ausgehungerten Jungen. Er verteidigt sie gegen den Spott des Hundes, dann gegen den Angriff der Banditen aus dem Lager. Als Blood den Jauler mimt, lassen die Banditen von ihnen ab. Doch das Mädchen, das sich Quilla June Holmes nennt und vom Untergrund schwärmt, ist fort.
Mit ihrer zurückgelassenen Zutrittskarte gelingt es Vic, den einzigen oberirdischen Zugang zum Reich der Unterirdischen zu öffnen. Kaum dort unten, in Topeka, angelangt, wird er gefangen genommen, abgeschrubbt, in Farmerkleidung gesteckt und dem "Komitee" vorgeführt. Dieses Triumvirat herrscht ebenso tyrannisch wie jeder Wanderkönig über die wie Clowns weißgeschminkte Bevölkerung. Diese ergeht sich in den Zeremonien, die für die US-Kleinstädte der fünfziger Jahre kennzeichnend waren: Paraden, A-capella-Chöre, Kirchengesang, Bibelunterricht, Bürgerwettbewerbe usw. Das Komitee verurteilt Vic nicht zum Tod "auf der Farm", sondern zum Samenspenden. Lichtmangel hat die Männer unfruchtbar werden lassen. Vic bringt "frisches Blut" in den Genpool.
Diesen Job als Deckhengst hatte er sich eigentlich lustiger vorgestellt. Stattdessen zapft ihm eine Maschine das Sperma direkt an der Quelle ab, während daneben ein junges Mädchen nach dem anderen von einem Pastor mit einem Spermienquantum nach dem anderen - nicht etwa mit Vic selbst! - verheiratet wird. Zum Glück befreit ihn Quilla June von seinem Martyrium. Allerdings hat auch sie ihre Pläne mit ihm, will sie doch die Tyrannei des Komitees durch ihre eigene Herrschaft ersetzen.
Die Rebellion Quillas, Vics und anderer Jungen droht das alte Regime hinwegzufegen. Doch die Dinge entwickeln sich nicht ganz so, wie Quilla es erwartet.
Mein Eindruck
L. Q. Jones' Verfilmung der mehrfach u. a. mit dem Nebula Award ausgezeichneten Kurzgeschichte von Harlan Ellison ist einer der großen Klassiker des Science-Fiction-Films. Auch 25 Jahre nach Entstehen wird "A Boy and His Dog" regelmäßig von den Fans unter die besten zehn Science-Fiction-Filme aller Zeiten gewählt. Er gewann 1976 einen der wichtigsten Preise des Genres, den Hugo Gernsback Award.
Dringende Warnung: Wer dem Eintrag im "Lexikon des Science Fiction Films", geschrieben von Volker Hansen & Ronald M. Hahn für den Heyne-Verlag, vertraut, wird schwer getäuscht. Die Autoren können den Film nicht gesehen haben, denn in ihrer Beschreibung wimmelt es von sachlichen Fehlern, und folglich vertraue ich auch ihrem Urteil nicht.
Zugleich war der Film der Start von Don Johnsons ("Miami Vice") langer und wechselhafter Star-Karriere und bietet mit dem mehrfachen Oscar-Preisträger Jason Robards ("Spiel mir das Lied vom Tod", "Der Tag danach") einen der besten und beliebtesten Charakterdarsteller des amerikanischen Kinos auf. Susan Benton, die von Don Johnson ausgewählt wurde, war schon 1979, drei Jahren vor den Dreharbeiten für "A Boy and his Dog", in "Catch-22" als Krankenschwester zu sehen, die sich um den Antihelden Yossarian kümmert.
Der Film schildert eine Endzeitvision, wie sie in den Siebzigerjahren, am Ende des Vietnamkrieges, in Mode kamen. Er lieferte die Inspiration für George Millers Mad-Max-Filme, aber auch für die Cyberpunk-SF der achtziger Jahre. Ist es ein Horrorfilm oder eine schwarze Komödie? Für mich ist der Streifen beides, aber auch eine bissige Satire auf die amerikanische Mittelklasse.
Am Anfang sehen und vor allem hören wir die Konversation der zwei Hauptdarsteller Don Johnson und des Hundes Tiger, der mit großer Intelligenz den Hund Blood spielt. Tatsächlich ist Blood der väterliche Mentor und Freund für den aggressiven Jäger Vic, dem er ein wenig Bildung einbläut, so etwa die Namen aller Präsidenten bis Gerald Ford (1973-1976), dem Nachfolger Nixons. In Umkehrung "normaler" Verhältnisse ist der Hund der Intellektuelle und der Mensch das Tier geworden. Während Blood auf der ganzen Welt der einzige Lehrer zu sein scheint, interessiert sich Vic nur für Mädchen und Nahrung. Mit einer Art Radarsinn verschafft Blood ihm beides. Die nutzenorientierte Beziehung dieser beiden Überlebenskünstler ist die Grundlage nicht nur für ihr Leben, sondern auch für die Story des Films.
Als Quilla auftaucht, droht sie diese Beziehung gründlich zu zerstören. Von ihren Vorgesetzten ausgeschickt, lockt sie mit ihrer sexy Honigfalle den jungen Jäger und künftigen Samenspender in die Welt der Unterirdischen. Doch als sie um ihren Lohn, die Aufnahme ins Komitee, betrogen wird, verrät sie ihre Bosse und befreit Vic, um mit ihm zu rebellieren.
Das ehemalige Topeka versteht sich als Hort der früheren, untergegangenen Zivilisation. Alles hier ist auf faschistoide Weise geordnet und indoktriniert. Lautsprecherdurchsagen informieren sowohl über die verschwundenen Wunder der Welt wie auch über Kochrezepte. Die Menschen, seien es junge Mädchen, seien es ältere Farmer, laufen weißgeschminkt wie Clowns umher - ein theatralischer Effekt zur Überzeichnung ihrer kränklichen Blässe. Nur Außenstehenden fällt die Schminke als ungewöhnlich auf: Wenn alle so herumlaufen, gehört dies zur Norm.
Die überzeichnende Darstellung ist Element der bissigen Satire, deren Ziel schon bei Ellison, dem Autor der literarischen Vorlage, das kleinstädtische Mittelklasse-Spießbürgertum der Fünfzigerjahre war. Genau die gleichen Rituale wie Paraden usw. werden hier vorgeführt. Bezeichnenderweise tagt das Komitee in der Kirche der Gemeinde. Es hat de facto Gott abgelöst und kann nach Belieben Todesurteile verhängen: "Auf die Farm" bedeutet das Arbeiten in einem hochgefährlichen Trakt der unterirdischen Bezirke. Es kann jeden erwischen. Ad-hoc-Todesurteile vollstreckt ein als Farmer verkleideter Roboter mit dem Namen des Erzengels Michael.
In diesem Zerrbild einer faschistischen Tyrannei, die sich von der oberen Welt nur im Aussehen unterscheidet, kommt also Vic an, um der Fortpflanzung zu dienen. Jedes Lebewesen hat hier unten nur einen Zweck zu erfüllen, ist also Objekt (Samenspender, Samenempfängerin usw.) und somit kein vollgültiger Mensch. Wenn es je eine Hölle gab, so kann sie durchaus so aussehen.
~ SPOILER ~
Doch nicht dies ist der Stein des Anstoßes, sondern die allerletzte Szene. Quilla ist Vic an die Erdoberfläche gefolgt. Doch dort ist von Blood erst keine Spur zu entdecken. Das macht Vic traurig. Als er Blood hinter dem Ausstieg entdeckt, liegt dieser in den letzten Zügen: Er hatte keine Nahrung. Nun muss sich Vic zwischen Quilla, die eine Familie usw. gründen will, und seinem besten Freund entscheiden. Vic schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe und benutzt Quilla, um sich und seinen Hund damit zu füttern. Sie sagte ja, sie würde ihn lieben. Die letzte Dialogzeile ist die umstrittenste des Filmes. Blood sagt: "Sie [Quilla] besaß zwar ein brillantes Urteilsvermögen [indem ihre Wahl auf Vic fiel], aber einen schlechten Geschmack [zumindest ihr Fleisch]."
~ SPOILER ENDE ~
Diese Zeile stammt jedoch keineswegs von Harlan Ellison, sondern vom Drehbuchautor und Regisseur L. Q. Jones. Jones hatte Ellisons preisgekrönte Novelle völlig umgeschrieben, ihr andere Charakterisierungen, einen anderen Anfang und ein anderes Ende verpasst. Erstaunlicherweise lobte der pingelige und prozessfreudige Autor das Endergebnis, aber nicht die letzte Zeile. Als Jones wiederholt von streitbaren Frauen dafür kritisiert wurde, verteidigte er sich nicht etwa, sondern bedankte sich für die kostenlose Werbung.
Der Streifen wurde nämlich nicht von einem großen Studio produziert, sondern von Jones' kleiner Firma. Folglich gab es kaum Werbung, und bei einem unscheinbaren Titel wie "A Boy and his Dog", der eher an Walt Disney denken lässt, bekommt das Publikum keinen Hinweis auf die Schrecken, die der Film bereithält. Eine moralische Einteilung in Träger von weißen (= die Guten) und schwarzen Hüten (= die Bösen) gibt es nicht. Der Zuschauer muss selbst entscheiden, was in einer Welt, in der alle Werte verloren gingen, gut oder böse ist. Vielleicht sind Freundschaft und Bildung, die sich Vic und Blood teilen, das höchste an Werten, die es hier geben kann. Sie steht sogar über Quillas egoistischer Liebe, die dafür geopfert wird.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: D in DD 1.0, Englisch in DD 1.0 (mono)
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine (außer Trivia Track)
Extras:
- Trivia Track (Kommentar als Untertitel)
- Galerie
- Kinotrailer
- Biografien
- 2 Interviews mit dem Regisseur als PDFs
- Trailershow
Mein Eindruck: die DVD
Es handelt sich nicht um eine digital überarbeitete Version. Zunächst mutet die Qualität des Bildes daher ziemlich übel an, denn wiederholt finden sich Artefakte im grobkörnigen Bild. Doch im letzten Drittel stellte ich wiederholt fest, wie gut die Bildqualität trotz allem ist. Besonders in großflächigen Motiven, die im Breitwandformat (1:2,35) präsentiert werden, ist die Bildqualität entscheidend. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass äußerst selten solche Artefakte den guten Eindruck störten. Ein Digital Remastering, an dem der Regisseur angeblich arbeitet, dürfte dieser Qualität eine dringend nötige Aktualisierung folgen lassen.
Der Ton der deutschen Tonspur liegt ebenso wie die englische nur in Monoqualität vor. Das ist wirklich schade, denn so wirkt die Szenerie so flach wie eine TV-Serie. Hintergrundgeräusche wie Insekten, Wind, Sand etc. entfallen völlig, was die Szene steril wirken lässt. Das Digital Remastering würde hinsichtlich der Tonqualität den größten positiven Effekt erzielen.
~ 1) Trivia Track (Kommentar als Untertitel) ~
Unter "Extras" ist als erste Wahlmöglichkeit "Trivia Track" angeboten. Dabei handelt es sich um interessante, sachdienliche Kommentare, die als Untertitel eingeblendet werden. Ihr Verfasser ist ein gewisser Morris Nowka, und er erweist sich als auf dem neuesten Stand, das heißt er greift Projekte des Jahres 2008 auf. Wer kann, sollte sich diese Kommentare zu Gemüte führen, denn sie enthalten zahlreiche interessante Hintergrundinformationen, die eine Diskussion des als "frauenfeindlich" kritisierten Streifens in Gang setzen können. Außerdem ergänzt der Kommentar die biografischen Angaben aus der separaten Sektion (siehe Punkt 4).
~ 2) Galerie ~
Die Bildergalerie enthält drei Poster, ca. 25 Standbilder und schließlich sogar ein Poster des im Film gezeigten Pornos "Fistful of Rawhide" von 1970 (schwarzweiß).
~ 3) Kinotrailer ~
Der amerikanische Kinotrailer ist rund drei Minuten lang und zeigt die interessantesten Stellen des Films.
~ 4) Biografien ~
Hier finden sich biografisch-filmografische Texttafeln zu folgenden Mitwirkenden:
Don Johnson (Schauspieler, Sänger)
Jason Robards (Schauspieler)
L. Q. Jones (Regisseur, Schauspieler, Drehbuchautor)
Harlan Ellison (Autor der Vorlage)
~ 5) Zwei Interviews mit dem Regisseur als PDFs ~
a) Das erste Interview wurde von Rusty White geführt und von Morris Nowka übersetzt und gekürzt. Es ist zwölf PDF-Seiten lang. Das vollständige Interview in englischer Sprache wurde 2003 auf der Webseite www.einsiders.com veröffentlicht. Regisseur Jones spricht über seinen Film, aber auch sehr viel über seine Zusammenarbeit mit dem großen Regisseur Sam Peckinpah ("The wild Bunch").
b) Das zweite Interview erschien in "SF Dimensions". Dieses Interview wurde von John C. Snider anlässlich der DVD-Veröffentlichung 2003 geführt und von Morris Nowka übersetzt. Es erschien 2003 in englischer Sprache auf der Webseite www.scifidimensions.com. Hier konzentriert man sich eher auf das Filmprojekt und alles, was dazu gehört. Zitate daraus hat Nowka in den Trivia Track eingeflochten.
~ 6) Trailershow ~
Dieser Abschnitt enthält Trailer zu folgenden DVDs: "UFO"; "The Thunderbirds"; "Ich, Claudius"; "The Big Empty"; "The Roost"; "The Unknown"; "Invisible"; "The Intruder"; "Murderball". Allesamt B- oder C-Filme, mit der Ausnahme von "Ich, Claudius".
Unterm Strich
Es ist erstaunlich, aber den postapokalyptischen Streifen "A Boy and his Dog" kann man sich heute, nach 33 Jahren, immer noch antun, ohne dem Film sein Alter anzusehen. Wenig Gimmicks der Mad-Max-Serie sind zu sehen, und ein solches Pornokino dürfte man lange suchen müssen. Interessant sind die erotischen und Kampfszenen. Erotik wurde sehr dezent inszeniert, so dass die Zensurbehörde den Film ab 12 Jahren (PG) freigeben wollte. Der Regisseur bestand auf einem R-Rating (ab 17). Die Kampfszenen wirken immer noch frisch, wenn auch in einem schicken Postholocaust-Trümmerfeld inszeniert.
Etwas völlig anderes und ziemlich unerwartet ist dann die Darstellung der unterirdischen Stadt Topeka (deren Vorbild in Kansas liegt), die dem Film den deutschen Videotitel "In der Gewalt der Unterirdischen" eintrug. (Der Film kam nie in deutsche Kinos.) Dieses Zerrbild einer US-Kleinstadt der fünfziger Jahre macht den Film zur Satire auf den American Way of Life, zu einer Kritik an dem Verlust der bürgerlichen Grundwerte, den die lethargische amerikanische Mittelklasse zugelassen hatte. Ellison marschierte 1965 mit Martin Luther King in Alabama, um gegen die Rassentrennung zu protestieren. Seine Kritik setzt sich im Film fort, wenn auch stark abgeschwächt.
Der Film ist meiner Ansicht nach nicht frauenfeindlich (und die Vorlage erst recht nicht), weil Quilla June selbst nur eine der vielen egoistischen Figuren im Film ist. Jeder ist entweder auf Nahrung und Sex (Vic und Blood) oder auf Macht und somit auf beste Nahrung und besten Sex (Quilla, das Komitee) bedacht. Ist es daher ein Wunder, wenn Quilla Vic und Blood, den beiden Unzertrennlichen, zum Opfer fällt? Sie wollte Vic durch emotionale Erpressung zwingen, Blood sterben zu lassen. Vic muss sich entscheiden - und wählt Blood, seinen väterlichen Lehrer, Mentor, Freund, Kampfgenossen. Den Einzigen, mit dem er sich ohne Worte verständigen kann. Vielleicht ist Überleben also eine Frage der richtigen Sprache. Aber sicherlich auch eine der Treue.
~ Die DVD ~
Nach fünf Jahren findet die Silberscheibe endlich auch ihren Weg zu uns. Die Ausstattung ist doch recht beträchtlich, entgegen der Beschreibung auf der Webseite der Verleihfirma, die "keine Extras" angibt. Ganz im Gegenteil strotzt die DVD vor Bonusmaterial. Man sollte unbedingt auch die zwei Interviews mit dem Regisseur lesen, um den Film und seine Mitwirkenden noch besser verstehen zu können. Es lohnt sich.
- Redakteur:
- Michael Matzer