Apocalypto
- Regie:
- Mel Gibson
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Historienfilm
- Land:
- USA
1 Review(s)
25.05.2008 | 15:12Wenn es nach mir ginge, würde es nur noch Filme geben, wie Mel Gibson sie in letzter Zeit auf den Markt haut. Das Fehlen jedweder Synchronisation und die Anstrengung, sich an längst vergangene Sprachen heranzupirschen, machen meiner Meinung seine beiden Werke "Die Passion Christi" und nun auch "Apocalypto" zu ganz besonderen Filmerlebnissen.
Filmpuristen werden natürlich einwerfen, dass sie sich, aus welchem Grund auch immer, Filme sowieso im Original anschauen und dass unsynchronisierte Filme nie die Popularität erreichen wie Filme, die mit deutschen Übertexten weichgespült wurden. Natürlich ist es so, dass "Die Passion Christi" eben so erfolgreich in den Kinos war, weil der Film eben die Passion Christi behandelte, doch die Zahlen, die "Apocalypto" hervorgebracht hat, sprechen eigentlich für sich: Filme müssen nicht synchronisiert sein, um ein Publikum ansprechen zu können, das kein Diplom in Fremdsprachen in der Tasche hat. "Apocalypto" ist sowieso ein Fall für sich. Nicht nur, dass die Sprache der alten mittelamerikanischen Indianerstämme rekonstruiert (bzw. der Versuch unternommen) wurde, auch filmisch hat der Streifen einiges zu bieten.
Zur Story: Der Indianer 'Pranke des Jaguars' lebt mit seinem Stamm und seiner Familie friedlich im mittelamerikanischen Urwald. Die anfängliche Idylle wird jäh gestört, als das Dorf von Maya überfallen wird, welche erst einmal die Hälfte des Dorfes recht brachial umlegen und die andere Hälfte mit in ihre Stadt nehmen. Dort werden die Indianer mit der Dekadenz der ausklingenden Mayakultur konfrontiert und machen auf ziemlich blutige Art und Weise die Bekanntschaft mit dem Götterkult und der Upper-Class-Gesellschaft. In einem barbarischen Spiel um Leben und Tod gelingt 'Pranke des Jaguars' schließlich schwer verletzt die Flucht, und als er sich in den Busch schlägt, sind die Häscher nicht sein einziges Problem dabei, um zu seiner geliebten und vor allem noch lebenden Frau zurückzukehren.
Drei Schlagwörter fassen den Film relativ umfassend zusammen: Bildgewalt, Blut, Kultur.
Ich hatte das seltene Vergnügen, mir den Film zusammen mit zwei Lateinamerikanistinnen anzusehen, und von gelegentlichem Hohn über die ungewollte Verballhornung der Sprache der Maya abgesehen, waren sie doch recht angetan von dem Film. Gibson hat wohl genug Zeit und Geld investiert, um den Film über das Terra-X-Niveau zu heben. Allerdings hat er dabei nie aus den Augen gelassen, was er mit dem Film eigentlich erreichen wollte: unterhalten.
Die Riege der präsentierten Schauspieler kommt ohne bekannte Gesichter aus, und doch gelingt es dem Ensemble, eine Stimmung durch ihr Spiel zu kreieren, die keinen Zweifel an ihrem Können lässt: Authentisch ist das allemal, wenn auch nicht immer historisch korrekt. Allerdings darf man 'historisch korrekt' in Zeiten von "Alexander" und "Gladiator" sowieso nicht zu ernst nehmen, sonst kommt man in Teufels Küche, denn die Argumentationsspirale dreht sich unaufhaltsam weiter zu Ungunsten der erwähnten Filmprojekte.
"Apocalypto" zumindest gibt sich redlich Mühe und weiß vor allem durch die Detailverliebtheit, mit der die Welt der Indios und der Maya dargestellt wird, zu überzeugen. Die Geschichte an sich ist so simpel wie einfach zu verfolgen; die Familie als Kern der Menschheit wurde von Gibson schon früher dargestellt, und so verwundert es nicht, dass man sich hier mal wieder mit einem um seine Familie kämpfenden Mann konfrontiert sieht. Dieses Schema wird einfach nie ausgelutscht sein, weil sich quasi jeder damit identifizieren kann, der von Menschen geboren wurde.
Die Kameraführung ist teilweise etwas abrupt, folgt allerdings schön flüssig dem Geschehen und schwenkt im richtigen Moment um, so dass man hier beobachten kann, wie die richtige Kameraführung zu einem Teil der Erzählung wird. Spezialeffekte kann man sich eigentlich schenken, oder anders: Man sieht sie nicht, was umso besser für den Film ist, denn Spezialeffekte leben dadurch, dass sie eine Szene aufwerten, ohne aufzufallen.
Im Endeffekt dreht sich alles um den kämpfenden Indio, und man kaut sich die Fingernägel dabei ab, ihm dabei zuzusehen, wie er sich verzweifelt zurück in sein altes, von den Maya zerstörtes Leben rennt. Wobei hier anzumerken ist, dass der Film so gestrickt wurde, dass er ohne großen Text, also auch ohne großartigen Einsatz von Untertiteln auskommt, weil das Spiel der Darsteller und die visuelle Geschichtserzählung in sich schlüssig gestrickt ist, so dass Geschichte und Film sich von alleine erklären.
Alles in allem wahrscheinlich wie "Die Passion Christi" ein Film für Historienfreaks, aber auch für Freunde des blutigen Gibson durchaus zu empfehlen. Auf jeden Fall mal etwas anderes im mainstreamüberschwemmten Filmangebot dieser Tage.
- Redakteur:
- Michael Kulueke