Birthday Girl
- Regie:
- Jez Butterworth
- Jahr:
- 2001
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Großbritannien
1 Review(s)
14.01.2005 | 07:47Der von Sydney Pollack mitproduzierte Genremix aus Räuberpistole und Brautromanze weiß durch etliche nette Einfälle und unerwartete Überraschungen zu fesseln - und das buchstäblich: Bondage-Freunde kommen voll auf ihre Kosten. Denn ständig ist irgendwo irgendwer gefesselt. "Birthday Girl" ist eine verschmitzte Ganovenkomödie mit einer ungewöhnlichen Love Story.
Filminfos
O-Titel: Birthday Girl (GB 2001); deutsche DVD-Fassung seit 4. Juni 2003
FSK: ab 12
Länge: ca. 90 Minuten
Regisseur: Jez Butterworth
Drehbuch: Tom & Jez Butterworth
Musik: Stephen Warbeck
Darsteller: Nicole Kidman, Ben Chaplin, Vincent Cassel, Mathieu Kassovitz u. a.
Handlung
John wohnt draußen auf dem Lande nördlich von London. Den braven, etwas verhuschten Bankangestellten mit dem Uraltauto stört nur eines: die Ameisen auf dem Frühstückstisch. Doch John hat auch das Alleinsein satt. Statt sich der Kollegin zuzuwenden, die sich für ihn interessiert, bestellt er sich eine Russin per Internetpartneragentur. Die Agentur heißt sinnigerweise "From Russia with Love".
Zwar landet am Airport die bestellte Russin namens Nadia, aber sie scheint kein Wort Englisch zu verstehen. Dafür raucht sie wie ein Schlot, wie so viele Russen. Die beiden werden keineswegs getraut, denn John will Nadia gleich wieder zurückgeben: Verständigungsprobleme. Erst als sie seine Sammlung von Pornoheften entdeckt hat, kommt Leben in die Bude: Sie spielen Fessel- und Peitschenspiele. Auch hier hat Nadia bald die Oberhand.
Als Nadias "gute Freunde" Juri (Kassovitz) und Alexei (Cassel) bei John auftauchen, um Nadias "Geburtstag" zu feiern, wird es John doch ein wenig mulmig. Nadias zwei Cousins sind zwar freundlich, aber keineswegs höflich. Eines Morgens wacht er auf und findet Nadia gefesselt in seiner Küche. Er hat die Wahl: Entweder wird Nadia verbrüht und gefoltert - oder er besorgt Geld.
Zum Glück sitzt John direkt an der Quelle: Er hat ja Zugang zum Tresorraum seiner Bank. Das Geld allerdings löst alle seine Probleme noch lange nicht. Es wird Zeit für ihn, erwachsen zu werden.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1.85:1; 16:9 anamorph
Tonformate: Deutsch in DD 2.0, 5.1 und DTS; Englisch in DD 2.0 und 5.1 (mit nicht ausblendbaren deutschen Untertiteln)
Sprachen: Dt., Engl.
Untertitel: Dt., Engl.
Extras:
drei Trailer
Cast & Crew; Featurette
Musikvideo "Somethin' Stupid"
Produktionsnotizen; Fotogalerie
Mein Eindruck
Welcher einsame Junggeselle hätte sie nicht gerne in seinem kalten Bettchen: die Traumfrau aus dem Katalog? Doch die Lady, die sich John anlacht, ist von einem ganz besonderen Kaliber: Zusammen mit ihren zwei "Cousins" zockt sie quer durch Europa ebensolche Junggesellen ab und ihr "Geburtstag" ist eben der D-Day, an dem es ein böses Erwachen gibt: Geld oder Leben, heißt es dann. Die meisten Opfer zahlen, denn die Cousins sind nicht zimperlich.
Doch diesmal gelingt John etwas Besonderes: Er hat auf seine stille sympathische beziehungsweise passiv-aggressive Art Pluspunkte bei "Nadia" gesammelt. Sie ist ja auch nur ein Opfer, das von den beiden "Cousins" lediglich als Lockvogel missbraucht wird. Schließlich wird auch sie gefesselt "über Bord geworfen". Das Einzige, was ihr und John jetzt hilft, sond die gleichen Methoden, die die beiden Russen anwenden. Und natürlich kann sie ausgezeichnet Englisch.
Unbestritten ist Nicole Kidman die Hauptattraktion dieses kleinen Films, der eine Gratwanderung aus Ganovenaction und Junggesellenromanze wagt. Wie sie nacheinander sowohl souverän, bodenständig, schüchtern und gebrochen aussehen kann, ohne unglaubwürdig zu wirken, ist beeindruckend.
Ben Chaplin, der in "Lost Souls" bereits die Hauptfigur glaubwürdig spielte, muss in "Birthday Girl" seine Figur extrem zurücknehmen, um den hilflosen Junggesellen in seiner Entwicklung glaubhaft machen zu können. Er dürfte im ganzen Film kaum zwanzig Worte rausbringen, hat man den Eindruck. (Natürlich sind es wesentlich mehr.) Aber bei einem Schalterangestellten in einer Bank sind wohl keine großen rhetorischen Fähigkeiten gefragt, oder? Die Auseinandersetzungen mit Nadia und ihren Kumpanen zwingen ihn dazu, sich rasch weiterzuentwickeln, will er seine Zukunft retten. Er lernt sogar, in Kyrillisch zu schreiben.
Vincent Cassel, der Ko-Star aus "Die purpurnen Flüsse", und Mathieu Kassovitz, der Regisseur jenes Films, bilden ein ungleiches Gauner-Duo, wobei sie das alte Spiel "guter Bulle, böser Bulle" spielen. Kassovitz ist der vermittelnde, sanfte und verständige Typ, Cassel der eiskalte Brutalo. Die beiden Franzosen, die so verblüffend in einem englischen Film zwei Russen mimen, machen ihre Sache überraschend gut. Allerdings sind ihre Parts wesentlich einfacher und kleiner als die von Chaplin und Kidman. Obwohl sie als Dick-&-Doof-Variante fungieren, bewahren sie den Film vor dem Abrutschen in den Slapstick.
Ob dieser seltsame Streifen Spaß macht, hängt ganz davon ab, wie ernst man die Figur des Junggesellen nimmt. Erscheint er lächerlich, kann man den Rest den Films nicht ernstnehmen. Kidman hingegen nimmt man durchaus ihre Figur ab: die zwielichtige Gaunerin, die zunächst auf dumme Unschuld macht, sich dann aber zusehends zu einem guten Kumpel entwickelt.
Unterm Strich
Wer schon immer mal die Wandlungsfähigkeit von Nicole Kidman bewundern wollte, kommt in diesem Streifen voll auf seine Kosten. Die eigentliche Story dreht sich um die Figur von Ben Chaplin; durch seine Weiterentwicklung wird die Geschichte erst richtig interessant. Für Actionfreunde ist zwar zu wenig Kost dabei, und auch Romantiker kommen zu kurz. Aber wer für beides offen ist und Sinn für Humor und leise Ironie mitbringt, ist hier genau richtig. Schade, dass die DVD selbst rein gar nichts bietet.
- Redakteur:
- Michael Matzer