Black Heaven (DVD)
- Regie:
- Marchand, Gilles
- Jahr:
- 2010
- Genre:
- Drama
- Land:
- Frankreich
- Originaltitel:
- L'autre monde
1 Review(s)
31.07.2011 | 10:52Die trügerische Liebe der Avatare
Gaspard und Marion genießen frisch verliebt den Sommer in Südfrankreich. Als sie ein fremdes Handy finden, beschließt das junge Paar es dem rechtmäßigen Inhaber zurückzubringen. Doch der junge Mann ist tot - er scheint in einer mysteriösen Zeremonie Selbstmord begangen zu haben. Neben ihm liegt ein halb bewusstloses Mädchen. Die rätselhafte Schöne lockt Gaspard in ein gefährliches Videospiel: "Black Hole". Schon bald vermischen sich die Grenzen der Realität und der virtuellen Identität und aus dem Spiel wird ein tödlicher Alptraum. Wem kann er noch trauen? Und welche Rolle spielt dabei die mysteriöse Fremde? (Verleihinfo)
Handlung
Gaspard und Marion waren mit ihrem Bruder Yann im Mittelmeer schwimmen. Als sich die beiden umziehen, finden sie in der Kabine ein vergessenes Handy. Es trillert. Ein Dragon will eine oder einen Sam sprechen. Sie nehmen den Anruf natürlich nicht an. Gaspard behält es, um es Sam zurückzugeben. Er bringt Marion heim, wo schon ihr Vater auf sie wartet, der sie hütet wie seinen Augapfel.
Auf dem Handy sind Fotos von einer schönen Frau. Gerade bekommt sie eine neue Nachricht: Treff am 16.7. um eine bestimmte Uhrzeit in einer Kapelle. Auch von einem "Black Hole" ist die Rede - eine neue Disco? Nein, ein interaktives Spiel im Internet, bei dem jeder Spieler mit seinem individuellen Avatar teilnehmen kann, also einer Spielfigur.
Verfolgung
Marion und Gaspard warten in der Kapelle auf Sam und Dragon. Eine junge Frau setzt sich in die erste Reihe, ein junger Mann folgt, zusammen gehen sie weg, und Marion und Gaspard ihnen hinterher. Sie folgen ihnen per Moped bis in einen Steinbruch. Keine Spur der Verfolgten, also Zeit für Zärtlichkeiten: Gaspard sagt Marion, dass er sie liebe. Das sei keine Lüge, beteuert er. Da hören sie ein Geräusch und folgen ihm. Es ist ein Hund, der vor einem Auto winselt.
Entdeckung
Da ist der Wagen, dem sie folgten. Inzwischen hat Dragon, der Junge, den Auspuff per Schlauch mit dem Wageninneren verbunden: Sie wollen sich mit Abgasen umbringen! Schnell befreien sie die beiden Körper aus dem Vehikel. Doch für den Jungen kommt jede Hilfe zu spät. Das Mädchen hingegen ist nur bewusstlos. Klammheimlich nimmt Gaspard eine Digitalvideokamera an sich. Ein weiteres geräusch. "Ist da jemand?", rufen sie. Keine Antwort. Sie rufen Polizei und Ambulanz. Es wird spät, bis alle nach Hause kommen.
Das Spiel
Auf der Kamera ist ein Video, das die beiden Selbstmörder von sich aufgenommen haben. Sam und Dragon neben Pillen, trinken Wasser, küssen einander. "Fort, zum schwarzen Strand." Selbstmord auf Verabredung, na fein.
Gaspard fragt sich, was Sam, die im Krankenhaus liegt, mit Black Hole zu tun hat. Als er mit seinen Freunden Yann und Ludo einen Rauschgiftdealer namens Vincent besuchen, entdeckt er Sam wieder. Sie nennt sich Audrey und ist die Schwester von Vincent. Sie gibt ihm wundervolle Musik zu hören. Gaspard kann den Blick nicht von ihr abwenden, und so bemerkt er das Tattoo über ihrem Po: "Heaven" in Spiegelschrift. Was mag es bedeuten? Sie fragt ihn, ob er Black Hole kenne, doch Vincent schickt ihn weg. Ist er eifersüchtig?
Heaven
Gaspard will Sam in Black Hole suchen. Dazu muss er erst ein Avatar kreieren. Er nennt sich Gordon und erkundet die virtuelle Welt. Seltsam, dass hier immerzu Schnee fällt und es keinerlei Farben gibt. Ein Kerl spricht ihn an, er soll kleine putzige Kreaturen verkaufen. Auf der Erkundung erfährt er, wofür HEAVEN steht: Die so tätowierten Frauen sind Sklavinnen. Und der HEAVEN ist ein Penthouse-Klub, der nur Mitgliedern offensteht.
Wie sich zeigt, muss "Gordon" erst ein Mord an einem solchen Mitglied begehen, um in den Klub mit der geraubten Mitgliederkarte betreten zu können. Und da ist sie: Sam. Und sie singt "Save the last dance for me". Wie könnte er ihr widerstehen? Marion hat er bereits vergessen. Der schwarze Strand wartet schon auf ihn - und Sam alias Audrey…
Mein Eindruck
Welcher junge Mann könnte schon der Verlockung einer geheimnisvollen Schönen widerstehen? Gaspard jedenfalls nicht. Und so folgt er ihr in die Scheinwelt namens Black Hole, die so aufregend und wunderbar ist, dass er bei seiner Rückkehr seine reale Freundin Marion nur noch "langweilig und naiv" findet. Marion geht es daraufhin "beschissen", wie sich ihr Bruder Yann bei Gaspard beschwert. Und das gerade, nachdem sie sich Gaspard das erste Mal hingegeben hatte! Dafür hatte sie sogar ihren Vater belogen. Gaspard fühlt sich in einem Morast aus Lügen und Schein versinken. Die Dreieckstragödie ist fast perfekt.
Der Sog der Faszination mit Sam und Black Hole hält jedoch auch nicht ewig. Das Baden am schwarzen Strand des Suizids ist zwar ganz nett, aber dies stellt sich als Betrug heraus. Nicht mit Audrey unterhält sich Gaspard via Black Hole, sondern mit Vincent, der ihm eine Falle stellt. Vincent ist ein Spanner, der Videos von Audreys Black-Hole-Lovern macht - und sie vielleicht sogar erpresst, um seine Rauschgift-Deals zu finanzieren. (Diese Seite von Vincent bleibt im Dunkeln.)
Klar ist nur, dass er Audrey wie eine Heaven-Sklavin hält und zu Lustspielen mit den Black-Hole-Klienten animiert. Sie lockt Gaspard und seine zwei Freunde in eine leerstehende Villa. Während sie Ludo bevorzugt, zieht sich Gaspard eine Pfeife Crack oder Meth rein. In seinem Drogenrausch hat er eine Horrorvision von aufgeschnittenen Handgelenken - aber wessen?
Im Finale müssen die Konflikte gelöst werden. Audrey muss sich zwischen der Zuneigung zu Gaspard und der Dominanz durch Vincent entscheiden. Sie nimmt den dritten Weg - nach ganz unten ... Auch der Konflikt mit Marion ist noch zu kitten, wenn es nicht schon zu spät ist. Wird sie Gaspard jemals vergeben können? Hier entscheidet sich, ob der Film ein Ende mit Schrecken hat oder ein "glückliches" Ende findet.
Realfilm und Animation
Die Kombination aus Realfilm und Animation ist ja seit einigen Jahren in Mode. Diesmal sind nicht Comicfiguren wie Roger Rabbit oder Brösels Werner in die Realität eingebrochen, sondern umgekehrt eine "reale" Figur (sofern man von einer Leinwandfiktion als "real" sprechen will) ins virtuelle Spiel-Leben. Die Welt von Black Hole ist aller Merkmale von Realität entkleidet, dass man schon ahnt, sich in einer Zwischenwelt, einem Limbus, zu befinden. Die nächste Station ist schon das Nicht-Leben, und die Grenze davor der mehrfach zitierte Schwarze Strand.
Der Schwarze Strand als Schauplatz des Selbstmordes ist recht idyllisch, ruhig gelegen, von wunderbarer Musik (Audrey gab sie Gaspard zu hören) erfüllt, geradezu schon metaphysisch. Das Abtauchen ins Meer wirkt hier schon recht verlockend - genau wie für die zwei Suizidkandidaten in Dragons und Sams Auto. Ich finde diese Verlockung, die der Regisseur hier zeigt, wirklich bedenklich. Aber sie verdeutlicht auch den Reiz für die Leute, die sich zum gemeinsamen Suizid verabreden.
Mein Eindruck: die DVD
Die Qualität des Bildes ist, wie zu erwarten, sehr hoch. Aber das ist ja bei den Animationszeichnungen kein Wunder, denn sie wurden alle im Rechner erzeugt (nach einem Motion-Capture-Verfahren). Herausforderungen bieten eher schon die Realfilmszenen, von denen doch etliche nachts stattfinden. Auch diese sind gut ausgeleuchtet.
Der DTS-Ton lässt die Sphärenmusik, die Audrey Gaspard vorspielt und die auch am Schwarzen Strand erklingt, in satter Lautstärke erklingen. Stereo-Effekte konnte ich jedoch nur sehr wenige ausmachen. Die Untertitel verdeutlichen, welche Namen gerade zu welcher Figur gehören. Ich hatte sie eingeschaltet.
EXTRAS
1) Behind the Scenes (B-Roll, 5:50 min)
Die aneinandergereihten Videos zeigen die Dreharbeiten am Strand, die Motion-Capture-Sessions für "Black Hole", die Aufnahme des Songs "Save the last dance for me" und das Erschaffen der Avatare für die Animationssequenzen.
2) Interviews mit dem Regisseur und Darstellern (11:30 min)
Regisseur Gilles Marchand erzählt, wie ihm die Idee zu "Black Heaven" kam und das Konzept entwickelte, die Kombination aus Real- und Animationsffilm. Die Konzeption von Black Hole beruhte auf dem expressiven, aber sehr einfachen Stil eines Animationsfilmers. Die Figuren sind so weit wie möglich abstrahiert, so als ob sie allesamt Avatare wären (was sie ja sind). Das castete er die Hauptdarsteller.
Die beiden Hauptdarsteller sind Gregoire Leprince-Ringuet, der den Gaspard spielt, und Louise Bourgoin, die die Audrey / Sam spielt. Gregoire weist auf den Gegensatz zwischen Real- und Spielwelt hin sowie auf den Kontrast zwischen hell und dunkel. In Black Hole ist es immer Nacht. Auch gibt es hier keine Farben. Louise findet das thema besonders aktuell, wo doch immer mehr jugendliche Gamer sind.
Melvil Poupaud, der den Vincent spielt, findet die Psychologie von Audrey und ihrem Bruder recht glaubwürdig. Er versuche sie zu schützen, aber auch zu kontrollieren. Und so komme er an den eigentlichen Kick heran: die Besucher, die ursprüngliche Avatare in Black Hole waren, so etwa Dragon. Und jetzt Gaspard alias "Gordon" ...
3) Deutscher Trailer & Originaltrailer (je 1:35 min)
Die beiden Trailer sind bis auf die Sprache identisch und liefern die Höhepunkte der Story.
4) Trailershow
a) "Mr. Nice" (die britische Version von "Blow")
b) "Bedways"
c) "UV - Tödliche Verführung" (Thriller)
Unterm Strich
Die Botschaft des Films ist ziemlich klar: Es kann nichts Gutes für die Realität bedeuten, wenn sich junge Leute in einer virtuellen Welt verlieren. Der Plot dafür ist ein junger Mann zwischen einer realen und einer virtuellen Liebschaft - welche wird er vorziehen? Die Gefahr ist jedoch real: Denn das Spiel der virtuellen Welt Black Hole dient der Verabredung zum gemeinsamen Selbstmord. Wird er dieser Verlockung erliegen? Wie sich herausstellt, würde noch jemand direkt davon profitieren.
Der Weg, auf den sich Gaspard begibt, ist gut nachzuvollziehen, und die Drogen liefern eine plausible Erklärung, warum er sich auf Black Hole und seine Geheimnisse einlässt - er liebt den Rausch und das Abheben. Marion, seine reale Liebe hingegen, ist alles andere als ein Rausch, selbst wenn sie sehr wohlgeformt ist (was in einer erotischen Szene deutlich zu erkennen ist).
Marions Vater verkörpert jedoch eine Bedrohung durch die moralische Verpflichtung, Marion nicht zu enttäuschen. Audrey im Black Hole ist das genaue Gegenteil: die Abwesenheit von Verpflichtung (außer einer finanziellen) und die Freiheit, die der virtuelle Raum gewährt. Auch die Freiheit zum Selbstmord. Leider verhält es sich mit der Wahrheit genau umgekehrt zur Freiheit: Die Virtualität ist eben auch nur eine Lüge, die dem Betrug des Nutzers dient.
Mir hat der Film gut gefallen, denn Spannung, Entdeckungen, visuelle Einfälle und eine Menge Erotik tragen viel zur Unterhaltung des vornehmlich jungen Zielpublikums. Allerdings war mir die Botschaft dann doch ein wenig zu platt und offensichtlich, um dem Film mehr als eine durchschnittliche Note zu vergeben. Und die lediglich bescheidenen Schauspielerleistungen rangen mir alles andere als Bewunderung ab.
Die DVD
Das Bonusmaterial entpuppt sich bei näherem Hinsehen doch eher als Feigenblatt denn als eine professionelle Arbeit. Die Trailer - geschenkt. Behind-the-scenes - meist ohne Kommentar. Lediglich die Interviews tragen einiges zur Interpretation der Geschichte bei. Allerdings fiel mir die Abwesenheit der zweiten weiblichen Hauptrolle - "Marion" - unangenehm auf. Also verdient auch die Ausstattung nur eine mittelgute Note.
Filminfos
O-Titel: L'autre monde (F 2010)
Dt. Vertrieb: Koch Media
EAN-Nummer: 4020628950422
VÖ: 5. August 2011
FSK: ab 16
Länge: ca. 106 Min.
Regisseur: Gilles Marchand
Drehbuch: Gilles Marchand, Dominik Moll
Musik: Anthony Gonzalez, Emmanuel D'Orlando
Darsteller: Grégoire Leprince-Ringuet (Gaspard), Louise Bourgoin (Audrey), Melvil Poupaud (Vincent), Pauline Etienne (Marion), Pierre Niney, Ali Marhyar, Patrick Descamps, Pierre Vittet, Swann Arlaud, Francesco Merenda u. a.
Technische Infos der DVD:
Bildformat: Widescreen (2.35:1 - anamoprh)
Tonformate: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (DTS 5.1), Französisch (Dolby Digital 5.1), Französisch (DTS 5.1)
Untertitel: Deutsch
Extras:
1. Behind the Scenes (B-Roll)
2. Interviews mit dem Regisseur und Darstellern
3. Deutscher Trailer & Originaltrailer
4. Trailershow
- Redakteur:
- Michael Matzer