Bullfighter - Irgendwo in Mexiko
- Regie:
- Rune Bendixen
- Jahr:
- 2000
- Genre:
- Action
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Bull Fighter
1 Review(s)
11.06.2006 | 10:19Genremix: Maria und Joseph auf der Flucht
Ein nächtlicher Stierkampf auf einer entlegenen Farm in Mexiko verändert das Leben von Jacques Hansen (Olivier Martinez) nachhaltig. Als Jacques Stierkampf übt, trampelt der wilde Bulle, den Laila (Domenica Cameron-Scorese), die Tochter des Ranch-Besitzers, in die Arena gelassen hat, um seine Liebe zu testen, sie selbst zu Tode.
Cordobes (Michael Parks), Lailas Vater, gibt Jacques die Schuld daran und setzt Jones (Jared Harris) darauf an, Jacques zu ihm zu bringen, damit er sich rechtfertigt. Für Jacques beginnt ein Leben auf der Flucht. In dem VW-Bus der Predigerin Mary (Forbes) hat er eine Erscheinung, die ihm aufzeigt, dass es seine Bestimmung ist, gegen die bösen Kräfte zu kämpfen - der Anfang von "Bull Fighter", der visionären Geschichte eines Kampfes des Guten gegen das Böse. (stark korrigierter Klappentext)
Filminfos
O-Titel: Bull Fighter (USA 2000)
Dt. Vertrieb: Koch Media, DVD-Erscheinungsdatum: 26.05.2006
FSK: ab 16
Länge: ca. 90 Min.
Regisseur/Story: Rune Bendixen
Musik: Vince Clarke
Darsteller: Willem Dafoe ("Irgendwann in Mexico"), Olivier Martinez ("S.W.A.T."), Michelle Forbes ("Kalifornia"), Michael Parks (Huston "Die Bibel" 1966, "Kill Bill 1+2"), Jared Harris ("Der letzte Mohikaner" von Mann), Assumpta Serna (Engelsfrau), Domenica Cameron-Scorsese (Laila), Robert Rodriguez ("Desperado"), Donnie Wahlberg ("The Sixth Sense") u. a.
Handlung
Bevor’s losgeht, streiten sich ein Mann und eine Frau darüber, wie die folgende Geschichte zu erzählen ist und vor allem: Wer soll sie erzählen? Sie oder er? Denn es geht, behauptet er, darum, dass ein Franzose Stierkämpfer werden wollte. Na ja, das ist weniger als ein Zehntel der Wahrheit. Aber alles begann damit …
~ Der Anfang ~
Der Franzose Jacques (Martinez) übt in einer leeren mexikanischen Arena an einem Stahlgestell gerade, wie man einen Stier absticht, als ein echter Stier auftaucht. Es ist El Diavolo. (Warum ein mexikanischer Stier einen italienischen Namen trägt, weiß wohl nur der Drehbuchautor.) Jacques’ Geliebte Laila hat das Biest reingelassen, um die Liebe ihres Lovers zu testen. Dieser Schuss geht jedoch nach hinten los. Kaum fällt Jacques auf die Nase und gerät unter die Hörner, eilt Laila (Cameron-Scorsese) herzu, wird aber sogleich selbst angegriffen – und tödlich verletzt. Jacques ist fassungslos.
Aber Lailas Vater Cordobes (Parks) ist nicht nur fassungslos, sondern auch stinksauer. Mordgedanken erfüllen ihn, und er ruft seinen Killer Jones an. Unterdessen sucht Jacques Land zu gewinnen, denn dass man ihm den Tod Lailas in die Schuhe schieben wird, ist ihm völlig klar. Ihr Vater Cordobes, ein verbitterter Witwer, ist Großgrundbesitzer und verfügt über große Macht. Wenn er wüsste, dass Cordobes in einem früheren Leben mal Bankräuber war, würde Jacques noch viel schneller laufen.
In einem nahen Dorf findet eine kleine Fiesta statt. Es sind nur noch vier Tage bis Weihnachten 2000, und Mary the Blaster (Forbes) hat ihren Kleinlaster mit einer Musikanlage ausgerüstet, um die Dörfler festmäßig zu unterhalten. Gleichzeitig nutzt sie die Gelegenheit, um das Wort Gottes zu verbreiten. Oder etwas Ähnliches. Als sie auch Feuerwerk anzündet, ist das für Jacques wie ein Willkommensgruß. Kaum tauchen Cordobes’ Leute auf, versteckt er sich unter Marys Wagen, und sie deckt ihn. Denn sie kennt sowohl Cordobes als auch Jacques, den sie einfach Jack nennt. Zusammen hauen sie ab.
An Lailas Totenbett rezitiert der Priester fromme Verse, während Cordobes vor Schmerz erstarrt ist. Da taucht endlich Jones in der Kapelle auf, mit dem Cordobes vor über einem Dutzend Jahren Raubüberfälle beging. Auch jetzt noch ist Jones (Harris), sein Schüler, schnell mit der Kanone bei der Hand. Der Elvis-Fan nimmt seinen Auftrag in Empfang: Jack finden und zu Cordobes bringen. Leider nimmt er die Mission nicht allzu wörtlich. Kaum ist er verschwunden, beginnt Lailas Geist zu ihrem Vater zu sprechen …
~ On the road ~
Auf der Straße nach El Paso, zur Grenze, hat der steuernde Jacques eine Vision, die seine Fahrtüchtigkeit erheblich beeinträchtigt. Eine Engelsfrau, umgeben von einem Lichtermeer, verkündigt ihm, dass in 72 Stunden der Messias auf die Erde kommen werde und er, Jacques, dazu ausersehen sei, das Gute zu beschützen und das Böse, das sich diesem Ereignis in schlimmer Absicht nahe, zu bekämpfen. Alles klar?
Jacques erwacht gerade noch rechtzeitig aus seiner Trance, um einem riesigen SWATCH-Laster auszuweichen. Mary wundert sich, dass sie plötzlich dreihundert Meilen weiter gekommen sind als gedacht. Und Jacks Armwunde ist ebenfalls auf wundersame Weise verheilt. Klar, dass er ihr da berichten muss, was ihm widerfahren ist. Obwohl sie an Gott glaubt, heißt das noch lange nicht, dass sie Jack glaubt. Sie ahnt nicht, was auf sie zukommt. Es geht weiter.
In dem Kaff San Miguel findet der erste Showdown statt. Mary the Blaster kennt Pater Ramirez (Dafoe) schon lange und weiß auch, dass er halb blind ist und ein wenig plemplem. Als sie und Jacques die Musikanlage für eine Fiesta aufbauen, wissen sie nicht, dass Jones sie bereits entdeckt hat (wie, bleibt ein Geheimnis) und den Angriff vorbereitet. High Noon!
Doch als Jones’ Schergen losballern, erleben sie ihr blaues Wunder. Pater Ramirez scheint eine Ritterrüstung der Templer zu tragen und mit seinem Schwert Kugeln abwehren zu können! Unterdessen greift Mary mit einem Raketenwerfer an ...
~ In die zweite Runde ~
Jacques entkommt mit einer alten Chronik, die Ramirez ihm anvertraut hat und die offensichtlich über wundersame Kräfte verfügt, denn schon bald darauf machen Mary und Jack einen zweiten Zeitsprung - Cordobes verfolgt sie. Und ausgerechnet jetzt setzen bei Mary die Wehen ein …
Mein Eindruck
Der Titel "Bullfighter" ist ebenso wie der Untertitel "Irgendwo in Mexiko" lediglich ein Trick des Verleih-Marketings, um die Bekanntheit von Vorbildern auszunutzen. Zu diesen Vorbildern zählt natürlich Robert Rodriguez’ dritter Teil der Desperado-Trilogie "Irgendwann in Mexiko". Und daher kann es nicht ausbleiben, dass der Name dieses bekannten Regisseurs auch auf dem Titelbild auftaucht. Und da auch Dafoe weitaus bekannter ist als der Schönling Olivier Martinez ("Der Husar auf dem Dach"), springt uns auch Dafoes grinsende Visage auf dem Titelbild entgegen. Es ist völlig unwichtig, dass er im Film nur eine Nebenrolle spielt und Rodriguez einen noch kleineren Part.
~ Ganz was anderes ~
So verwundert es nicht, dass es überhaupt nicht um Stierkämpfe geht, sondern dass sich der Streifen als die klassische Weihnachtsgeschichte entpuppt, die mit Zutaten aus Road Movies, Spaghetti-Western, Gangsterfilmen, "Königreich der Himmel" (Templer) und diversen Gespensterfilmen angereichert wurde. Mary ist dabei Maria, die Frau von Joseph, und wie es sich gehört, hat sie eine unbefleckte Empfängnis – von dem weiblichen Engel wohl. Jedenfalls trägt sie wohl den Messias aus. Und zwar in der Überlichtgeschwindigkeits-Schwangerschaftsdauer von nur 72 Stunden. Dreimal darf man raten, welches Geschlecht der Messias hat: weiblich natürlich.
~ Good vs. Evil ~
Zwei Finsterlinge machen sich auf den Weg, um dieses Mega-Ereignis (das nur zufällig in einer Tiefgarage statt eines Stalls stattfindet) zu verhindern: Jones und sein Mentor Cordobes. Cordobes wiederum wird angestachelt von seiner ins Dämonische verwandelten Tochter Laila. Diese lässt nun jede Liebe zu ihrem Ex Jacques vermissen und hetzt ihren Vater quasi als Banquos Geist gegen ihn und diese Schlampe Mary auf. Man muss nicht Einstein heißen, um sie als Satan zu erkennen. (Man denke auch an den Stier, der El Diavolo hieß.)
Cordobes kommt dieser teuflische Verdacht in der Tat, doch er kann der schönen Verführerin kein Paroli bieten. Auf einer symbolischen Ebene mag er vielleicht einem alttestamentarischen Gott entsprechen, aber das funktioniert nicht lange. Er ist einfach nur ein rachsüchtiger Vater, der selbst mal von Jones betrogen wurde. Laila zögert nicht, dies als Rachemotiv einzusetzen.
Die Logik spielt keine Rolle, denn in Märchen hat sie wenig zu suchen. Auch das Tempo ist recht uneben. Der Handlungsverlauf verblüfft durch etliche Wendungen, die gänzlich unerwartet kommen, ganz einfach deshalb, weil sie aus unterschiedlichsten Genres stammen – siehe oben. Leider erfahren wir aus dem Bonusmaterial rein gar nichts, wer sich hinter Regisseur und Autor Rune Bendixen verbirgt. Sein erfrischender Genremix hält den Zuschauer jedenfalls bei der Stange und sorgt für kurzweilige Unterhaltung. Diese mündet in den obligatorischen Shootout mit Cordobes. Ob es ein Happy-End gibt, habe ich schon verraten.
(Mehr zu Musik und Bonusmaterial weiter unten.)
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: D in DTS und DD 5.1, Englisch in DD 2.0 und 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D (nicht bei Film-Clips)
Extras:
- Originaltrailer
- Interviews: Forbes, Harris, Parks, Cameron-Scorsese, Assumpta Serna (Engelsfrau), Martinez, Dafoe (14:15)
- Diaschau (1:35)
- Film Clips (8:46)
- Bio- und Filmografien: Forbes, Martinez, Harris, Parks, Dafoe
- Trailershow: Narco; Tamara; New Police Story; Ab-normal Beauty; The Drone Virus; The Deal; Mortuary; Lost (Film, nicht TV-Serie).
Mein Eindruck: die DVD
Die DVD überrascht positiv mit einem sehr guten Bild und einem schönen basslastigen Sound, der vom DTS-Standard ausgezeichnet wiedergegeben wird. Die fetzige Musik, die auch ungewöhnliche Formen wie etwa mexikanischen Reggae annimmt, macht richtig Laune. Auch die Abspannmusik ist nicht ohne Reiz: eine akustische Gitarre mit einem Cello darüber und einem darunter gelegten Drum Bass. Nur ein- oder zweimal wird die Musik kitschig, z. B. beim Einsatz eines elektrisch verfremdeten Glockenspiels (das ist ein Instrument, okay?) und einem Lied, das einer Arie verdächtig nahe kommt. Die Sängerin klingt wie eine klassisch ausgebildete Shakira, falls das möglich ist.
~ Bonusmaterial ~
Das wichtigste Bonusmaterial sind die sieben Interviews. Die Qualität ist sehr unterschiedlich. Forbes ("Kalifornia") bringt die Sache sofort auf den Punkt: Der Film sei ein Märchen, in dem Maria und Joseph von einem modernen Paar gespielt werden. Für Harris handelt es sich um ein Musical ohne Musik, was nicht weit daneben liegt. (Er erzählt zudem einen schmutzigen Witz.) Dafoe betont den schrägen Humor, den er für seine Figur gewählt hat: Es ist die Komik von "Daffy Duck", der schwarzen Ente, die immer Pech hat. Auch Assumpta Serna betont den schrägen Humor, beansprucht für ihre Engelsfrau aber auch, mal sauer auf ihren "Diener" Jacques sein zu dürfen. Jacques’ Darsteller Martinez meint, Jack sei nur dann smart und stark, wenn er an sich selber glaube, was er nur allzu selten tut. Parks hält die Fragen für Kinderkram und gibt sich sehr launig.
~ Der Rest vom Fest ~
Außer diesen Beiträgen beschränken sich die Extras auf Recycling in Form von Film-Clips und Diaschau sowie auf Werbung in Form von Trailern. Wer Lust und Zeit hat, kann sich also selbst sein Making-of daraus zusammenstellen. Die Frage ist nur: Warum haben die Filmproduzenten nicht diesen Job für uns erledigt?
Unterm Strich
"Bullfighter" ist etwas ganz anderes, als das, was uns das Marketing weismachen will. Es eine Actionkomödienversion der allseits bekannten Weihnachtsgeschichte von Maria und Joseph, die das ungeborene Jesuskind ins Sicherheit bringen müssen – natürlich ohne etwas davon zu ahnen. Man kann die symbolischen Figuren interpretieren, wenn man dazu Lust verspürt, dürfte aber nicht allzu weit damit kommen. Man sollte sich einfach zurücklehnen, den erfrischenden Genremix mindestens zweimal genießen und sich darüber freuen, dass es noch Märchen gibt. Und zu Weihnachten kann man die DVD gleich weiterverschenken.
- Redakteur:
- Michael Matzer