Champagner Mörder
- Regie:
- Claude Chabrol
- Jahr:
- 1967
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Frankreich
- Originaltitel:
- Le Scandale
1 Review(s)
29.11.2008 | 15:03Inhalt
Der Champagner-Krösus Paul Wagner genießt in höheren Gesellschaftskreisen keinen guten Ruf. Sein freizügiges Leben und vor allem seine provokant offenherzige Art stoßen beim reichen Bürgertum zumeist auf Ablehnung und Unverständnis, so dass Wagner ganz alleine für seine klugen Geschäftsideen, nicht aber für seine Menschlichkeit bewundert wird. Doch auch seine Champagner-Dynastie steht vor einem entscheidenden Wendepunkt, als Paul in Verdacht gerät, an einer Serie von Frauenmorden in der nahen Umgebung beteiligt gewesen zu sein. Seine französische Cousine Christine nutzt die Gunst der Stunde und buhlt heftiger denn je um die Namensrechte von Wagners Firma, die bereits von ihr geleitet wird. Christine ist bereit, dem unter alkoholbedingter Amnesie leidenden Paul ein Alibi im Tausch gegen die Rechte zu verschaffen. Gestützt von ihrem amerikanischen Ehemann Christopher, insgeheim Pauls bester Freund, setzt sie ihren Cousin mächtig unter Druck und nutzt dessen wachsende Wankemütigkeit schamlos aus…
Persönlicher Eindruck
Aus heutiger Sicht hätten die Vorzeichen zu Claude Chabrols 67er-Produktion “Champagner Mörder“ kaum besser sein können. Mit dem aufstrebenden Regisseur schien endlich ein probates Mittel gegen die Hitchcock-Genialität gefunden zu sein, Schauspieler wie Anthony Perkins, der seinerzeit in “Psycho“ einen legendären Volltreffer landete, war zudem ein Hauptakteur gefunden, dessen Charisma alleine für einen Welterfolg hätte ausreichen sollen, und letzten Endes zeigte auch die Story reichlich viel versprechende Züge, wenngleich die Nähe zur Krimi-Ikone Hitchcock an dieser Stelle sicher nicht zu leugnen war und ist.
Umso enttäuschender ist daher auch die mäßige, zumeist spannungsarme Umsetzung der Story, die sich gerade in der ersten Hälfte in zahllose Ungereimtheiten und Langatmigkeiten verrennt. Die Charaktere werden nur unzureichend und unbefriedigend eingeführt, die Personenkonstellationen sind unfreiwillige Garanten für stete Verwirrung, aber auch das Thriller-Thema, die Frauenmorde als solche, gewinnen im Rahmen der Handlung nur kaum an Bedeutung und verbauen der Spannung alle anfänglichen Möglichkeiten, sich gegen das betont künstlerische Treiben in irgendeiner Form durchzusetzen. Hinzu kommt, dass auch das Star-Ensemble in den Hauptrollen keine wirklich gute Figur abgibt. Maurice Ronet in der Rolle des Champagner-Millionärs Paul Wagner spielt seinen Part noch mit der meisten Überzeugungskraft und gibt sich vor allem in den Szenen, in denen man ihm schon fast Wahnsinn attestieren muss, leidenschaftlich und ambitioniert – eben genau so, wie sein Sidekick Perkins es in den entscheidenden Passagen vermissen lässt.
Das Problem von “Champagner Mörder“ ist ferner die ziemlich lose Intention des Steifens. Chabrol eifert ganz klar besagtem Großmeister nach und bemüht sich gerade im Hinblick auf die Atmosphäre des Streifens um einen guten Mix aus Kriminalhandlung, Psycho-Thriller und einigen eigenwilligen Elementen im klassischen Noir-Stil. Diesem Vorhaben ist grundsätzlich nichts entgegenzusetzen, hätte der Regisseur das Ganze in eine erkennbare Struktur verpackt. Doch in Wirklichkeit sind viele Inhalte nur sporadisch miteinander verknüpft und genießen innerhalb der Story zu viel Unabhängigkeit, weshalb der Plot auch nie wirklich Schwung aufnehmen kann. Chabrol schafft es zwar, seiner Kritik gegen das Bürgertum in den einzelnen Charakterprofilen Ausdruck zu verleihen – schließlich avanciert auch keiner der beteiligten Protagonisten zu einem echten Sympathieträger – allerdings kann die Geschichte hiervon nicht profitieren. Stattdessen erfüllt sie manches Mal lediglich die Funktion als Mittel zum Zweck und wird von den Hintergrundgedanken des Regisseurs stellenweise sogar untergraben. Und das kann auf lange Sicht einfach nicht gut gehen!
Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass “Champagner Mörder“ entgegen der Ankündigungen nicht in der ungeschnittenen Originalfassung auf DVD gebracht wurden. Die brisanten Szenen wurden herausgekürzt, und nur teilweise wurden Passagen, die dem deutschen Markt bisher nicht zugänglich waren, mit Untertiteln ergänzt und eingeschoben. Nun, es ist das DVD-Debüt dieses Streifens, daher kann man mit derlei Mängeln sicher noch leben. Aber vor dem Hintergrund dessen, dass die Zensurbehörde hier definitiv keine Schwierigkeiten mehr machen würde, ist dieser Cut dennoch unverständlich.
DVD-Aufarbeitung
Die Aufarbeitung des Silberlings ist im Hinblick auf das Produktionsalter von “Champagner Mörder“ sicher in Ordnung. Das Bild wurde ordentlich restauriert, wenngleich einige Rauscheffekte sich nicht verleugnen lassen. Störend ist lediglich der hektische Schnitt, der manche Szenen aus dem Zusammenhang reißt. Beim Ton fällt hingegen eine leichte Diskrepanz zwischen den recht laut abgemischten Musikeinlagen und der relativ leisen Monospur auf. Gelegentlich muss man hier manuell nachhelfen, um die Balance wieder herzustellen. Bonusmaterial ist schließlich kaum zu finden. Abgesehen von der handelsüblichen Bildergalerie gehen Interessenten leer aus.
Fazit
Claude Chabrol mag zwar mittlerweile einen wohlklingenden Namen haben, hatte aber mit dieser Produktion aus dem Jahre 1967 sicherlich keine Sternstunde. “Champagner Mörder“ ist ein durchschnittlicher, ziemlich chaotischer Thriller mit mäßig aufspielenden Darstellern, einer kruden Story und wenig Eleganz. Ganz klar ist der Regisseur hier am großen Vorbild Hitchcock gescheitert!
- Redakteur:
- Björn Backes