Dead End - Sackgasse
- Regie:
- William Wyler
- Jahr:
- 1937
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Dead End
1 Review(s)
11.11.2007 | 16:23Mit ehemals berühmten Hollywood-Klassikern aus den frühen glorreichen Jahren der Filmstadt ist das so eine Sache. Sendeplätze in den dritten Programmen - mitten in der Nacht - sorgen leider für einen niedrigen Bekanntheitsgrad. Aus diesem Grund scheuen sich leider viele Releasefirmen, solche Klassiker zu veröffentlichen, was den Bekanntheitsgrad nochmals fallen lässt. So kam es dann auch, dass ich wohl eher aus Zufall über so einen vergessenen Film gestolpert bin, der zu seiner Zeit für einiges Aufsehen gesorgt hat und dadurch einen festen Platz in der Geschichte der wichtigsten Filme aller Zeiten verdient hat. 1937 wurde der Film für 4 Oscars nominiert (Bester Film, Beste Nebendarstellerin, Beste Kamera, Beste Ausstattung). Die Rede ist von "Dead End - Sackgasse" - ein gesellschaftskritisches Drama, welches sich die Zustände im Hafenviertel New Yorks in den späten 30-er Jahren zum Thema gemacht hat.
Zur Geschichte:
Die Geschichte spielt Ende der 30-er Jahre in New Yorks Lower East Side. Die Armenviertel werden langsam von den Hochhäusern verdrängt - die sehr armen Slumbewohner wohnen plötzlich neben den Hochhäusern mit all ihren reichen Menschen. Man beobachtet sich gegenseitig ein wenig angewidert und die Menschen sehen all ihre Vorurteile gegenüber der anderen Gesellschaftsschicht voll bestätigt.
In diesem Armenviertel regiert das Verbrechen. Die regelmäßigen Rundgänge der Polizei ändern daran nur wenig. In diesem Viertel wohnen aber auch ehrliche Leute, wie z.B. die junge hübsche, aber arme Drina (Sylvia Sidney). Sie ist für ihren jüngeren Bruder Tommy verantwortlich, der zu ihrem Leidwesen mit einer Jugendgang kleinere Verbrechen begeht. Drina setzt all ihre Kraft ein, damit Thommy nicht noch weiter in die Spirale der Gewalt und des Verbrechens abrutscht.
Doch eines Tages kommt eine zwielichtige Gestalt in Person des berühmten Gangsters "Baby Face" (Humphrey Bogart) in das Viertel. In diesem Viertel aufgewachsen, will dieser eigentlich nur seine Mutter und die ehemalige Geliebte besuchen, doch sein Weg kreuzt sich mit dem ehemaligen Jugendfreund Dave (Joel McCrea), welcher in ihm sofort den gesuchten Gangster erkennt. Er erkennt ebenfalls die Gefahr für die Jungen in diesem Viertel, denn "Baby Face" versorgt diese auch schon mit kleinen Jobs und "guten" Ratschlägen. Weil Dave auch der Freund von Tommys Schwester Drina ist, kann er natürlich nicht tatenlos zusehen. Kann Dave den Jungen von der so verlockenden Verbrecherkarriere abhalten, oder muss der arme, aber ehrliche Dave ebenso zu kriminellen Mitteln greifen, um Tommy aus den Fängen von "Baby Face" zu entreißen?
Kritik:
Was Regisseur William Wyler ("Ben Hur") mit "Dead End" geschaffen hat, ist auf viele Arten für den Filmfreund interessant und hätte heutzutage mehr Beachtung verdient. Die Handlung basiert auf einem Bühnenstück von Sidney Kingsley, für das er auch den begehrten Pulitzerpreis erhalten hat. Wyler gelang damit ein echter Glücksgriff.
Zum einen gibt es da die zwar nur angedeutete Liebesgeschichte zwischen Drina und Dave, zum anderen aber als Haupthandlung eine fast dokumentarische Darstellung und Analyse der Gesellschaftsverhältnisse im New York der späten 30-er Jahre. Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte die allgemeine Meinung, dass ein Verbrecher als Verbrecher geboren wird - es also in seinen Genen verwurzelt liegt, eine kriminelle "Karriere" zu verfolgen. Wyler wiederlegt das - er widerspricht dieser Meinung und sagt, dass ein Mensch das Produkt seiner sozialen Umgebung ist, aber nicht zwangsläufig zum Verbrecher wird, selbst wenn die Lebensumstände sehr schlecht und ungünstig sind. Sprich: Man hat immer eine Wahl. Das war für diese Zeit etwas völlig Neues. Ganz nebenbei stellt er Fragen wie "Kann eine Liebe aus verschiedenen Gesellschaftsschichten funktionieren?". Eben damals wie heute top-aktuelle Themen der Gesellschaftspolitik. Diese Themen lassen sich mühelos auch in die heutige Zeit übertragen - so ist "Dead End" auch heute noch thematisch ein aktueller Film.
Diese gesellschaftskritischen Fragen wurden von Regisseur William Wyler perfekt und spannend in eine Film-Noir Handlung verpackt. Humphrey Bogart hatte zu dieser Zeit noch nicht ganz seinen Durchbruch geschafft, spielt aber den Gangster wirklich charismatisch. Klar, dass dem Zuschauer bei einem Film aus dem Jahr 1937 die Technik etwas "angestaubt" vorkommt, doch auch in diesem Bereich gibt es für den Filmfreund Interessantes zu entdecken. So spielt der gesamte Film in extra dafür gebauten Kulissen und nicht etwa an Originalschauplätzen. Der Regisseur hatte zwar Bedenken, dass die Authentizität darunter leiden könnte, doch die Arbeit von Produktionsdesigner Richard Day hat ihn dann eines Besseren belehrt, sodass er schließlich zustimmte. So wurde dann fast ein ganzes Viertel auf dem Gelände des Studios nachgebaut.
Alles in allem ist "Dead End" für den geneigten Filmfreund ein in allen Aspekten interessanter Film. Zusätzlich zu den behandelten Themen ist er außerdem noch sehr spannend und unterhaltsam. Wer also keine Abneigung gegen ältere schwarz/weiß Filme hat, kann hier bedenkenlos zugreifen. Als kleines Schmankerl gibt der Film auch einen interessanten Einblick in das New York der 30-er Jahre...
Meine Empfehlung für einen echten Klassiker!
Meine Version des Films:
Ich habe die DVD von 20th Century Fox aus der "Grosse Film-Klassiker" Reihe gesehen. Das Bild ist für das Alter des Films sehr ordentlich, scharf und mit nur wenigen Verschmutzungen oder Kratzern behaftet. Nur die hellen Bildteile neigen zum Überstrahlen und in den dunklen Bildteilen sind öfters keine Details mehr zu erkennen. Wie gesagt - für das Alter des Films eine wirklich gute Bildqualität.
Den Ton gibt es gleich in vier Sprachen in 2.0 Mono auf die Ohren: Deutsch, Englisch, Italienisch und Spanisch.
Ein kleiner Wehmutstropfen zum Schluss: Es gibt keine Extras, außer einem 3-seitigen Faltblatt mit den wichtigsten Daten und ein paar Erklärungen.
- Redakteur:
- Detlev Ross