Der Erde so nah
- Regie:
- Cuadri, Antonio
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Drama
- Land:
- Großbritannien / Spanien
- Originaltitel:
- The Heart Of The Earth
1 Review(s)
29.11.2008 | 14:58Story
Spanien im Jahre 1888: Im andalusischen Huelva kontrollieren die Briten eine Kupfermine, in der die einheimischen Arbeiter unter teils unmenschlichen Bedingungen die Rohstoffe bergen sollen. Die verpestete Luft fordert ständig ihren Tribut und kostet zahlreiche Angestellte ihre Gesundheit. Als der deportierte Anarchist Maximiliano Tornet eine Rebellion gegen den Minenbetreiber anzettelt und das Volk zur Entschlossenheit aufordert, wird der Aufstand von der spanischen Armee blutig niedergeschlagen. Zahlreiche Menschen sterben, und erstmals erfährt auch Katherine, die Nichte des grausamen Besitzers, welche Ambitionen hinter den Idealen ihres Onkels stehen.
15 Jahre später verschreiben Katherine und ihre spanische Freundin Blanca der erneuten Revolution. Immer noch gezeichnet von den damaligen Ereignissen widmen sie sich dem Kampf gegen die Ungleichheiten in der Mine, jedoch mit unterschiedlichem Enthusiasmus. Als der neuen Minenbetreiber Baxter das Regime übernimmt, schwindet jedoch jegliche Hoffnung auf Verbesserung. Mit strenger Hand zerschlägt er jede kleine Aufrührerei. Inzwischen haben jedoch Blanca und auch Katherine ein Auge auf seinen jungen Assistenten geworfen. Doch als sie erfahren, dass der smarte Robert insgeheim dieselben schmutzigen Ideale verfolgt, wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt. Eine neue Revolution droht, doch dieses Mal unter ganz anderen Voraussetzungen.
Persönlicher Eindruck
Filme, die auf einer wahren Geschichte beruhen, sind in ihrer Bewertung stets eine knifflige Sache. Einerseits stellt sich die Frage, inwieweit die Historie angemessen in den Kontext der Story eingebunden wird. Andererseits ist es für jeden Streifen von oberster Wichtigkeit, eine gewisse Portion Unabhängigkeit zu erlangen, damit der dokumentarische Wert nicht die Emotionen oder die Spannung überrennt. In “Der Erde so nah“, einer spanisch-britischen Co-Produktion aus dem letzten Jahr, muss man sich um derlei Belange allerdings keine Sorgen machen. Regisseur Antonio Cuadri bemüht sich, um die Tragik der Ereignisse aus dem Jahre 1888 ein schicksalsträchtiges, jedoch auch eigenwilliges Drama zu konzipieren, für welches die bedrückenden Momente in der Kupfermine eigentlich nur der Aufhänger sind. Zwar wird die Hinrichtung der Zivilbevölkerung zu Beginn des Films auf äußerst erschreckende Art und Weise in den Mittelpunkt gestellt und somit auch als Auslöser für die Persönlichkeitsentwicklungen der Protagonisten angeführt, doch insgeheim geht es vermehrt um Zwischenmenschliches, eigenartige Liebschaften und düstere Emotionen wie Hass und Rachsucht, die hier gekonnt unterdrückt, letzten Endes aber dennoch effizient in Szene gesetzt werden.
Trotzdem weist der Film eine merkwürdige Dynamik auf, was nicht nur im mittleren Teil, sondern auch in den Endsequenzen zu einigen Längen führt. Nach den rasanten Entwicklungen und der folgenschweren Niederschlagung der Arbeiter-Proteste, wendet sich die Geschichte mit einem Mal zur Beziehung der beiden Damen, die ständig durch neue Tragödien belastet wird, den Plot an sich aber nicht so recht weiterbringt. Erst als die Brisanz der Dinge wieder Überhand nimmt, kommt auch die Handlung wieder in Schwung. Allerdings fehlt es ein wenig an Ordnung, da die Fronten nicht klar abgesteckt sind, bevor dann der erwartete, entscheidende Aufstand in Kraft tritt. Und diese leichten Ungereimtheiten stehlen der Erzählung bisweilen ein Stück vom eigentlichen Potenzial, welches grundsätzlich enorm groß ist.
Andererseits überzeugt “Der Erde so nah“ besonders im Hinblick auf die schauspielerischen Leistungen. Die teils bekannten Namen (Bernard Hill aus “Der Herr der Ringe“, Sienna Guillory aus “Resident Evil: Apocalypse“, Joaquim de Almeida aus “Im Fadenkreuz“ u.v.a.) gewährleisten leidenschaftliche Darbietungen und eine absolute Identifikation mit ihrer Rolle, was man in den prekären Interaktionen am deutlichsten spürt. Gerade die emotionalen Passagen sind stellenweise wirklich herausragend und gehören zu den stärksten Momenten des Films. Und eben deshalb ist es schade, dass die Handlung so manches Mal im Ungleichgewicht ist, da man den Anspruch hat, die historischen Inhalte immer zeitnah einzubringen. Das Resultat ist eine leichte Sprunghaftigkeit, die insgesamt zwar nicht permanent störend, aber dennoch immer präsent ist.
Nichtsdestotrotz ist diese Produktion für Liebhaber historisch angehauchter Dramen definitiv ein kleiner Leckerbissen, der mit einer anständigen Geschichte und größtenteils herausragenden Akteuren garniert wurde. Außerdem ist es der Beweis, dass solch opulente Streifen auch außerhalb der kalifornischen Traumfabrik gedreht werden können.
Die DVD-Aufarbeitung bestätigt ferner die guten Eindrücke. Blendende Kontraste, scharfe Konturen und ein kraftvolles Bild stehen auf der Haben-Seite. Beim Ton gibt es lediglich kleine Diskrepanzen bei der unausgewogenen Lautstärke von Dialogen auf der einen und Soundtrack auf der anderen Seite. Aber auch dies darf nicht zu sehr in die Waagschale gelegt werden. Der Mangel an Bonusmaterial ist hingegen eine Enttäuschung. Aber bis auf den Originaltrailer und eine Bildergalerie gibt’s keine Extras zu sehen.
Fazit
“Der Erde so nah“ ist ein weitestgehend sehr schönes Historiendrama, welches in einer modernen Aufmachung erstrahlt und abgesehen von einigen Längen im mittleren Teil durchweg überzeugen kann. Die fantastisch aufgelegten Schauspieler tun ihr übriges dazu, dass Spartenfans hier nahezu voll und ganz auf ihre Kosten kommen.
- Redakteur:
- Björn Backes