El Alamein 1942 - Die Hölle des Wüstenkrieges (Blu-ray)
- Regie:
- Monteleone, Enzo
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- Italien
- Originaltitel:
- El Alamein 1942 - La linea del fuoco
1 Review(s)
15.07.2011 | 14:18Das Stalingrad der Italiener
Ägypten 1942: Bei El Alamein kämpfen 104.000 Deutsche und Italiener unter der Führung Rommels gegen 195.000 alliierte Soldaten in der Entscheidungsschlacht um Afrika.
Der junge Soldat Serra hat sich freiwillig zum Einsatz gemeldet und wird zur Pavia-Division geschickt, die an der südlichen Flanke stationiert ist. Zusammen mit seinen Vorgesetzten Leutnant Fiore und Sergente Rizzo erlebt er seine persönliche Hölle: gnadenlose Hitze, Durst, Krankheit, kein Nachschub und der ständige Artillerie-Beschuss durch die Engländer. Nach einem verheerenden nächtlichen Panzerangriff erhält seine Division den Befehl zum Rückzug. Zu Fuß müssen sie einen langen Marsch durch die Wüste antreten ...
Für die eindringliche Darstellung wurde der Film mit drei Italian Cinema Academy Awards ausgezeichnet. (Verleihinfo)
Handlung
Infanterist Serra aus Palermo, Student der Philosophie und begeisterter Freiwilliger im Kriegsdienst, ist gerade erst im Truppenstützpunkt nahe El Alamein angekommen, da landet er auch schon im Granathagel der Briten. Da er im Unterschied zu einem Constabler der Granate entgeht, hat er auch schon sein erstes von insgesamt drei Wundern, die jedem Soldat laut Legende zustehen, verbraucht.
Im Lager ist das Trinkwasser knapp, jeder hat Dünnpfiff, und man wird einmal am Tag von den Briten bombardiert. Skorpionkämpfe vertreiben die Zeit des Wartens auf die Offensive der Briten. Dass bald ein Angriff kommt, steht fest. Schon schleichen sich Scharfschützen durch die Minenfelder, die die Feinde trennen.
Als ein britischer LKW nachts auf eine Mine fährt, befiehlt Lt. Fiore, der sich wie ein Vater um seine Soldaten kümmert, eine "Einkaufstour". Dabei tritt Serra auf eine Panzermine. Da diese erst ab 300 kg Belastung explodiert, hat er Schwein gehabt. Aber er hat auch sein zweites Wunder braucht, wie ihm Sgt. Rizzo verklickert, der auf ihn aufpasst. Die von der Mine getöteten Engländer haben wunderbare Sachen: Ananas in Dosen und Mädchenmagazine - himmlisch!
Zwei LKW verirren sich zu ihnen. Im einen befindet sich kartonweise Schuhcreme, im anderen ein Rappe, der Mussolini gehört. Es sind Bestandteile der Parade, die der Duce für seine Parade in Alexandria vorausgeschickt hat - so sicher ist man sich in Rom des baldigen Einzugs im Niltal. Und die Briten schicken ein Dromedar voraus, um den freigeräumten Minengürtel zu testen. Nur Lt. Fiore checkt, was dahintersteckt ...
Am 23. Oktober sind Rizzo und Serra gerade auf der Suche nach einer vermissten Patrouille (alle wurden getötet), als die Briten ihre zwölftägige Offensive bei El Alamein starten. Das Dauerfeuer im Norden sieht aus wie ein wütendes Gewitter, als die Blitze die Nacht erhellen. Die Einheit wird verlegt, um eine Lücke zu füllen. Schon bald folgt der erste Panzerangriff, doch dahinter folgt die britische Infanterie. Und ausgerechnet jetzt spielt Soldat Da Vita verrückt ...
Mein Eindruck
Die realistische Darstellung der Ereignisse an der Front von El-Alamein, die 1942/43 zur Kapitulation der Achsenmächte in Nordafrika führten, beruht nach Angaben des Abspanns (Credits) auf den Aufzeichnungen von italienischen Soldaten. In der Tat wird hier in keinster Weise Heldentum glorifiziert, sondern vielmehr ungeschminkt dargestellt (vielleicht zum ersten Mal im italiensichen Kino), wie sehr die militärische Führung, allen voran Mussolini, ihre Soldaten verheizte. Es mangelte den Fronttruppen an praktisch allem außer Munition, sodass man sich nur wundern kann, dass sie nicht gleich beim ersten Mal von den Briten überrollt wurden.
El Alamein ist für die Italiener, was Stalingrad für die Deutschen geworden ist: die verlustreichste Schlacht des 2. Weltkrieges und dessen Wendepunkt. Wenige Wochen später kapitulierte die 6. Armee unter General Paulus in Stalingrad, wobei mehrere zehntausend Soldaten in Gefangenschaft gingen. Bei El-Alamein erging es den Italienern genauso: 34.000 Kämpfer inklusiver Verletzten wurde gefangen genommen. Nachdem die ganze 10. Division vernichtet worden war. Ist dieser Kriegsfilm also eine Anklage, ein politischer Film?
Zunächst erlebt Infanterist Serra den Stellungskrieg, wie er für den Ersten Weltkrieg typisch war. Das ist extrem zermürbend, doch Sera entwickelt sich zu einem Erwachsenen. Nach der Offensive befindet sich die italienische Armee auf dem Rückzug - zu Fuß, im Unterschied zu Rommels Wüstenfüchsen, die motorisiert durchs Bild brausen. Man ist nicht gut zu sprechen auf die Deutschen. Aber die eigene Führung ist auch nicht viel besser.
Die "Führung"
Das Pferd von Mussolini wurde bereits erwähnt. Auf dem langen Rückzug entlang der Küste stoßen Serra und seine Kompanie auf das Versteck italienischer Offiziere, genau in dem Moment, als ein britisches Kampfflugzeug MG-Garben durch den Sand jagt. Doch der Zutritt zur sicheren Zuflucht wird verwehrt. Erst brachiale Gewalt verschafft ihnen Zugang. Es fällt kein einziges Wort zwischen Offizieren und Mannschaften - zu tief ist die Kluft.
Da wundert es nicht, wenn der Oberst sich unter dem Ausstoßen von Durchhalteparolen aus dem Staub macht, um das letzte Schiff in die Heimat zu erwischen. Nur ein einziger General zieht die Konsequenzen. Als sein Adjutant getötet worden ist, begräbt er ihn und erschießt sich anschließend selbst - er weiß, was Sache ist.
Das Stalingrad der Italiener
Genau wie Joseph Vilsmaiers "Stalingrad"-Film wird hier das Hohelied der Kameradschaft gesungen, denn einzig die Menschlichkeit der Gemeinschaft erlaubt dem Einzelnen das Überleben. Nur so gelingt es Serra aber auch, bei Verstand zu bleiben. Spagna, Da Vita und andere sind nicht so glücklich.
Mitten in der Offensive der Briten macht sich Da Vita im Kugelhagel aus dem Staub, wie durch ein Wunder unverletzt. Er steht für den unbekannten Soldaten, von dem jede Spur verwischt ist. Im Abspann zeigt uns der Regisseur das weiße Grabmal, in dem die Urnen für die gefallenen Italiener stehen. Viele der Nischen weisen nur ein Wort auf: "Ignoto" - "namenlos / unbekannt".
Unpolitisch?
Enzo Monteleone wollte also einen unpolitischen Film machen, wie er im Making-of sagt. Doch er kommt nicht um eine Anklage der politischen und militärischen Führung unter Mussolini herum. Die Armee wurde im Stich gelassen, da beißt die Maus keinen Faden ab. Hier mit dem Duce abgerechnet - und mit dessen noch heute aktiven Nachfolgern.
Glorifiziert wird nicht Patriotismus oder Heldentod, sondern - falls dies Glorifizierung ist - das menschliche Opfer eines Kameraden für seinen Nächsten. Nur weil Rizzo und Fiore zurückbleiben, gelingt Serra das Überleben auf einem Motorrad, das ihn in (relative) Sicherheit bringt. Serra ist inzwischen soweit erwachsen geworden, dass er dieses Opfer annehmen kann und zu schätzen weiß.
Die Wüste
Wie Monteleone ebenfalls sagt, ist die Wüste einer der Hauptdarsteller. Die Gluthitze der Sahara ist fast mit Händen zu greifen, und als Rizzo und Serra in die Qattara-Senke hinunter müssen, um die verschwundene Patrouille zu suchen, steigt die Temperatur sichtlich auf 50 Grad. Im Schatten. Aber es gibt nirgendwo Schatten.
In dieser Szene dachte ich, wie hirnverbrannt die beiden sind: Sie haben weder Kopfbedeckung wie ein Kheffiye noch leichte Kleidung wie eine Dschellaba. Und man kann nicht sehen, dass sie viel Wasser dabei hätten. Es ist die einzige völlig unrealistische Szene dieses Streifens, und vielleicht hätte sich der Regisseur ein paar kenntnisreiche Berater dafür besorgen sollen. Am Schluss des Abspanns hört man den Wüstenwind als Sieger heulen und pfeifen ...
Die Musik
In einem so actionarmen Film wie diesem ist die Stimmung das Wichtigste, das der Regisseur zu beachten hat. Die Stimmung wird in der Regel von Musik evoziert. Und so kann es nicht verwundern, wenn wir arabischen Gesang hören, als die Kompanie durch die leere Wüste marschiert. Doch im Abspann macht das Pathos wirklich ernst: Ein Frauenchor singt, begleitet von Posaunen und Glocken ein Lacrimosa, einen Klagegesang.
Mein Eindruck: die Blu-ray
Sowohl die deutsche als auch die italienische Tonspur liegen im DTS HD Master Audio vor, also in optimaler Bild- und Audio-Qualität. Auf diese Weise kann der Zuschauer Explosionen, Schüsse und dergleichen in bester Qualität hören. Etwas merkwürdig finde ich, dass die Untertitel der italienischen Tonspur nur in Deutsch vorliegen, so als würden die italienischen Zuschauer weniger wert sein als die deutschen. Fehler im HD-Bild konnte ich keine entdecken.
EXTRAS
1) Making of (10:04 min)
Der Werkstattbericht versucht zu erklären, um was im Film geht und worum es dem Regisseur zu tun war. Dieser sowie die drei Hauptdarsteller des Serra, Fiore und Rizzo (plus "Spagna") geben Statements ab, wie sie über die Aussage des Films denken, aber nichts über den Regisseur oder die Dreharbeiten, die ziemlich anstrengend gewesen sein müssen. Sie fanden 2002 in Marokko und vor Ort statt, wenn man dem Abspann glauben darf.
Etwas verblüfft nimmt man zur Kenntnis, dass Monteleone einen Kampf David gegen Goliath erzählen wollte. Dies wird eigentlich im Film selbst nur selten belegt, so etwa beim Panzer- und beim Fliegerangriff, aber alle Siege des kleinen italienischen Davids werden nur behauptet.
2) Trailershow
Zusehen sind Trailer zu folgenden DVDs:
- "Buffalo Soldiers 44 - Das Wunder von Santa Anna" (von Spike Lee)
- "Mulan - Die Legende einer Kriegerin"
- "Tage des Ruhms" (Kriegsfilm ü. d. Invasion 1944 in Südfrankreich)
- "Das Massaker von Katyn" (von A. Wajda)
- "Ritterfürst Jaroslaw"
- "Das Feld der Ehre" (Paschendaele, ca. 1917)
- "Ambush 1941 - Spähtrupp in die Hölle" (Kriegsfilm)
- "Große Tricks und kleine Fische" (Australien-Krimi, siehe meinen Bericht)
Unterm Strich
Spannende Action sieht anders aus. Dieser Kriegsfilm setzt mehr auf Realismus und Wahrheitstreue als auf glorifizierende Heldendarstellungen. Angeblich sind die Italiener der David, der gegen den Goliath auf der anderen Seite der Minenfelder kämpft. Aber dass sie Italiener mal ein Gefecht gewonnen hätten, ist im Film nicht zu sehen, sondern wird nur behauptet. Bei der Offensive überrollen die Panzer die MG-Nester der Italiener einfach.
Nein, die eigentliche Absicht des Films liegt wohl eher darin, die Entwicklung der Menschlichkeit in einer Gemeinschaft von Soldaten zu zeigen, die auf verlorenem Posten aushalten sollen - genau wie die Deutschen in Stalingrad. So wird aus einem Kriegsfilm eher ein menschliches Drama, das vor allem durch die Darsteller getragen wird, allen voran von Paolo Briguglia (Serra) und seinem Mentor Pierfrancesco Favino (Rizzo).
Es sind mehr die Gesichter als die belanglosen Sätze, die den Zuschauer anrühren könnten. Am menschlichsten sind die Figuren, wenn sie ans Meer gelangen - kein Schwein zu sehen, also ziehen sie sich aus und hüpfen in die kühlen Fluten. Denn ansonsten müssen sie sich und ihre Klamotten immer nur mit Sand waschen. Wer den Anblick männlicher Nacktheit scheut, sollte diese Szene meiden. Aber es ist der einzige Moment von Entspanntheit im ganzen Film.
Die Blu-ray
Die Blu-ray bietet neben optimaler Bild- und Tonqualität nur ein Making-of als Bonus an, den Rest bilden DVD-Trailer. Das ist etwas mager, erhellt aber wenigstens die Intention des Regisseurs und Drehbuchautors Enzo Monteleone. Sowohl die deutsche als auch die englische Tonspur liegen im DTS HD Master Audio vor, also in optimaler Bild- und Audio-Qualität.
Wer spannende und temporeiche Action sucht, ist hier eher falsch. Wer eine realistische Darstellung einer der wichtigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs sehen will, ist hier an der richtigen Adresse. Wer weder das eine noch das andere goutiert, sollte woanders suchen.
Ach ja: Im ganzen Film tritt kein einziges weibliches Wesen auf (das Pferd und die Skorpione mal nicht gerechnet). Ob das was zu bedeuten hat?
Technische Infos:
Studio: Pandastorm Pictures
Vertrieb: Ascot Elite
EAN 4048317475032
FSK 16
Länge: 114 Minuten
Bildformate: 2,35:1 (anamorph 16:9)
Tonformate: Deutsch (DTS-HD MA 5.1), Italienisch (DTS-HD MA 5.1)
Sprachen: D, Italienisch
Untertitel: D
Regisseur / Drehbuch: Enzo Monteleone
Musik: Aldo de Scalzi, Pivio
Darsteller: Paolo Briguglia (Serra), Pierfrancesco Favino (Rizzo), Luciano Scarpa (Spagna), Emilio Solfrizzi u. a.
Extras:
- Trailershow
- Making-of (10:04 Min.)
- Redakteur:
- Michael Matzer