Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein
- Regie:
- Fleischmann, Peter
- Jahr:
- 1990
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- Deutschland / Frankreich / UdSSR / China
1 Review(s)
10.07.2008 | 15:58In den späten Achtzigern und Anfang der Neunziger des letzten Jahrhunderts erwachte der deutsche Film auch auf internationaler Bühne zum Leben. Und während zwei Hollywood-Exportschlager Made in Germany Wolfgang Petersen und Roland Emmerich heißen, kennt kaum jemand Peter Fleischmann. Der ist ein bescheidener TV-Macher, dessen filmische Umsetzung des SciFi-Romans der Strugatzki-Brüder seinen einzigen Ausflug auf die Großleinwand darstellt - mit dem nicht nur damals beachtlichen Budget von 30 Millionen Mark. Trotzdem wird die multinationale Produktion seit ihrem Erscheinen 1990 eher als schwer erhältlicher Geheimtipp gehandelt. Erst 2006 sollte der Film in der Director's-Cut-Version von KINOWELT endlich auf DVD wiederveröffentlicht werden. Bescheiden und fast unbemerkt. Fast.
Zur Story
In einer fernen Zukunft hat die Menschheit es satt, sich gegenseitig die Rübe einzuschlagen, und erklärt starke Emotionen für unschicklich. Auf diese Weise bringt es der Homo sapiens immerhin zur friedlichen, interstellar raumfahrenden Rasse, statt sich selbst auszulöschen. Man hat seine eigene brutale Vergangenheit so weit verdrängt, dass man sie schon fast vollkommen vergessen hat. Geschichte wiederholt sich bisweilen jedoch, was man plötzlich merkt, als man den erdähnlichen Planeten Arkana entdeckt, dessen Bevölkerung sich auf der vergleichbaren Entwicklungsstufe des irdischen Mittelalters befindet. Neugierig beäugen die Wissenschaftler das primitive Treiben hauptsächlich aus der relativen Sicherheit ihres im Orbit befindlichen Raumschiffs heraus. Doch man hat in einer Landeaktion auch Forscher auf Arkana abgesetzt.
Die Historiker schlüpfen in die Identität Toter; in der Regel sind dies angesehene Kaufleute oder Adlige. Sie sind mit dem Mutterschiff per Sensoren verbunden und quasi die Augen und Ohren der Wissenschaftler im Raumer. Es herrscht striktes Eingreif-Verbot in die Entwicklung des Volkes. Insbesondere das Töten - und sei es auch zu Selbstverteidigungszwecken - ist strengstens untersagt. Allerdings läuft seit einiger Zeit einiges schief, denn so mancher Kundschafter beschränkt sich mittlerweile nicht mehr nur aufs Beobachten. Angewidert durch die Brutalität des grausamen Herrscher-Regimes, solidarisiert sich so mancher der Außenweltler mit dem geschundenen Volk, um ihm kraft seines Wissens unter die Arme zu greifen. Einer davon landete wegen der Unterstützung des Gelehrten Budach dafür im Kerker.
Anton - alias Rumata von Estorien - wird entsandt, um ihn dort herauszuholen und mehr über dessen Beweggründe zu erfahren, denn der ausgeflippte Kamerad hat seinen Sender willentlich zerstört. Auf dem Raumschiff ist man verwirrt und entsprechend ahnungslos. Die Aktion misslingt, der zu Befreiende wird auf Betreiben des intriganten Premierministers Reba getötet. Kurzerhand wird entschieden, dass Anton/Rumata seinen Posten übernehmen und in Erfahrung bringen soll, was an diesem Budach so Besonderes ist. Widerwillig aber dennoch neugierig macht sich Rumata auf die Suche nach dem Gelehrten und findet dabei Erstaunliches heraus: Die Existenz des Raumers blieb ebenso wenig unbemerkt wie seine jetzige Umlaufbahn - die damalige Landung hat sogar unfreiwillig und indirekt für die vielleicht bald anstehende Entdeckung des Schiffes durch die Planetenbewohner gesorgt.
Eindrücke
Das internationale Team um Regisseur Peter Fleischmann hatte seinerzeit ein vergleichsweise gigantisches Budget zur Verfügung. Das hatte man auch bitter nötig, denn für eine Produktion aus dieser Ära ist "Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein" von der Requisite her üppig ausgestattet und in der tiefsten mongolischen Provinz gedreht worden. Gespart hat man dafür beim Cast, der aus wenig bis gar nicht bekannten Mimen bestand. Zumeist machten diese - wenn überhaupt - im nationalen Fernsehen Karriere. Auf die große Leinwand hat es davon niemand wirklich geschafft. Schade, denn die Schauspieler liefern hier eine recht überzeugende Vorstellung ab; allen voran natürlich der Pole Edward Zentara, der die Hauptrolle bekleidet. Wobei bei der Figurenzeichnung nicht ganz klar ist, warum ein Historiker, welcher einer Gewalt ablehnenden Gesellschaft entspringt, ein so geschickter Schwertkämpfer ist.
Ungereimtheiten trifft man viele. Das lässt sich zu einem guten Teil damit erklären, dass man damals nicht ganz so viel Wert auf Realismus legte. Immerhin konnte man ruhigen Gewissens behaupten, es sei ja Science-Fiction, und da ist bekanntlich vieles möglich. Heute lächelt man vielleicht darüber, wie sich diese Generation die Zukunft und allem voran die vorherrschende Technik vorstellten, wobei man Peter Fleischmann zugute halten muss, dass er sich bemühte, diesen Aspekt nicht über zu bewerten. Die SciFi-Elemente sind in der Tat eher dezent schmückendes Beiwerk zu dieser gelungenen Parabel auf gesellschaftlich-politische Themen. Man hätte die Handlung auch gut und gerne an einen anderen Ort zu einer anderen Zeit transportieren können. Religiös verbrämte Unterdrückung und die möglichen Folgen sind ja ein ständig aktuelles Thema in der Menschheitsgeschichte.
DVD und Bonusmaterial
Die Unterschiede der bereits vor gut 20 Jahren veröffentlichten VHS-Version und diesem Director's Cut lassen sich mit der Lupe suchen. Hauptsächlich sind dies ein paar mehr oder weniger blutige Einstellungen, die heute keinem Kindergartenknirps mehr Albträume verschaffen dürften - kKaum der Rede wert und handlungstechnisch vollkommen ohne Belang. Die - für einen deutschen Film damals sehr gewagte - Nackt-/Sex-Szene war übrigens schon immer drin. Das 45 minütige Making-of ist ein öffentlich-rechtlicher TV-Beitrag zum Kinostart des Films. Diese etwas anachronistisch anmutende Dokumentation ist aber ein dennoch sehenswertes Zeitdokument der Ära und hat mehr Seele als das, was dem Zuschauer heute teilweise als Making-of verkauft wird.
Fazit
Ein internationaler Film unter deutscher Leitung, dem das Prädikat "Kult" geschweige denn "Klassiker" irgendwie nie zuteil wurde und der seinen Geheimtipp-Status wohl auf ewig behalten wird. Dabei hat man sich bei der Wahl der Locations sowie bei der Kostümierung und Requisite nicht grade lumpen lassen. Aus heutiger Sicht sind Umsetzung und Tricks sicherlich nicht mehr State-of-the-Art, ebenso wenig die etwas nervige Elektropop-Musik, welche sich irgendwo zwischen Vangelis und Jean-Michel Jarre bewegt, dennoch ist der Film grade durch seine kleinen Ecken und Kanten charmant. Die DVD-Ausstattung fällt nicht sonderlich üppig aus, übertrifft aber dank vorhandenem Making-of sowie überarbeitetem Bild die Ansprüche, welche man an das Unter-10-Euro-Segment stellt.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT: "Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein"
Nach dem Roman von Arkadi und Boris Strugatzki
Deutschland / Frankreich / UdSSR / China 1990
Genre: Science-Fiction
DVD 2006, Kinowelt
Version: Single-Disk, Director's Cut - FSK 16
Laufzeit: 128 Minuten
Bildformat: 16:9 (1,66:1)
Soundformat: DD 2.0 (Deutsch)
Bonusmaterial: Making-of (ca. 45 Minuten)
Produktion: Peter Fleischmann
Drehbuch: Peter Fleischmann und Jean Claude Cariére
Musik: Jürgen Fritz
Kamera: Pawel Lebeschew
Regie: Peter Fleischmann
Darsteller u. a.: Edward Zentara (Anton/Rumata von Estorien), Anne Gautier (Kira), Hugues Quester (Suren), Alexander Filipenko (Premierminister Reba), Christine Kaufmann (Okana), El Gudscha Burduli (Baron Pampa), Pierre Clementi (König), Birgit Doll (Anka), Andrej Boltnev (Budach)
Romanbesprechungen zu Strugatzki-Werken auf Buchwurm.info:
"Das Experiment"
"Die Suche nach der Vorherbestimmung"
- Redakteur:
- Jürgen Pern