Friedrich - Ein deutscher König (DVD)
- Regie:
- Peter, Jan / Winterberg, Yury
- Jahr:
- 2011
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- D
- Originaltitel:
- Friedrich - Ein deutscher König
1 Review(s)
22.12.2011 | 13:25Das frankophile Flötenmonster: mal ganz menschlich
Er wird verehrt und verteufelt, geliebt und gehasst: Friedrich II., König von Preußen. Der "Alte Fritz" ist eine der monumentalen Erscheinungen der Geschichte - und eine der Umstrittensten.
Unter den bedeutenden deutschen Herrschern vereinte kein anderer so unterschiedliche Rollen und Eigenschaften in sich wie Friedrich der Große. Er war ehrgeizig und sensibel, skrupellos und kultiviert, eigensinnig und hochbegabt, autoritär und tolerant. Er war ein Philosoph auf dem Thron und ein unbarmherziger Feldherr in der Schlacht. Er war Literat und Soldat, Feingeist und Aggressor, Reformer und Eroberer. Den meisten seiner Zeitgenossen erschien er schon zu Lebzeiten als "ein Rätsel".
Friedrich II. von Preußen, genannt "der Große" - ein "König der Widersprüche" (Theodor Schieder). In markanten Schlüsselszenen beschreibt der Film die wesentlichen Lebens-stationen des Preußenherrschers. Katharina Thalbach spielt den "Alten Fritz", Anna Thalbach den Kronprinzen und jungen König. (Verleihinfo)
Geplante Ausstrahlungen der Sendung:
7.1. ARTE (20:15)
16.1. DAS ERSTE (22:45)
Mehr Info: www.daserste.de/friedrich (ohne Gewähr)
Inhalte
Der Film besteht aus drei Elementen: eine Spielhandlung, in deren Mittelpunkt Anna und Katharina Thalbach stehen; ein Erzählerkommentar für den großen geschichtlichen Überblick, inklusive eingeblendeter Landkarten; und schließlich Kommentare von drei Historikern, einem deutschen, einem englischen und einer österreichischen. Diese bewerten gewisse Aspekte von Friedrich und Preußen aus Sicht der Geschichtsschreibung und der ausländischen Meinung. Wir haben es also mehr mit einer Reportage zu tun.
Das unterhaltsame Element ist natürlich die Spielhandlung. Friedrich II, inzwischen bereits 51 Jahre alt, fährt 1763 vom Schlachtfeld bei Kunersdorf zurück nach Berlin. Er hat einen glänzenden Sieg über die Österreicher errungen. Das sah aber vier Jahre zuvor ganz anders aus: Damals erlitt seine Elitetruppe eine vernichtende Niederlage gegen eine haushohe Übermacht aus Österreichern, Russen und Franzosen. Und er selbst, der mit seinen Soldaten zu kämpfen pflegt, entging dem Tod nur um Haaresbreite - eine Schnupftabaksdose fing die Musketenkugel ab. Und diese Dose hatte ihm der liebe Voltaire geschenkt.
Friedrichs Sekretär und Vertrauter de Catt begleitet ihn auf der hundert Kilometer langen Kutschfahrt von der Oder nach Berlin. Er avisiert bereits jubelnde Mengen in Berlins Straßen, die nun wirklich hoffen dürfen, dass die sieben langen Jahre Krieg endgültig vorüber sind: Schlesien ist preußisch und bleibt es.
Doch Friedrich ist melancholisch wie eh und je. Er fragt sich, was Bestand haben wird und denkt mit Schrecken an seinen Vater und die Ereignisse in seiner Jugend, besonders an seinen Fluchtversuch von 1729, einen Hochverrat, der für seinen Jugendfreund Katte, der ihn begleitete, so verhängnisvolle Folgen hatte ...
Mein Eindruck
Die zahlreichen Rückblenden folgen einer chronologischen Reihenfolge, wie sich das gehört. So erfahren wir schritt- und häppchenweise von Friedrichs ereignisreichem Leben. Es ist aber keine Heldenbiografie, denn unser Blick auf die Hauptfigur wird vielfach gebrochen. Erstens durch die Kürze der Szenen, die keinen Zusammenhang zulassen. Zweitens durch die Kommentare des Erzählers und die der drei Historiker. So wird der zentrale Gegenstand, nämlich Friedrich, vielfältig reflektiert und relativiert. Von Heldenverehrung also keine Spur. Das ist schon mal beruhigend, denn mit Helden hatten die Deutschen bekanntlich so manches Problem.
Die Rettung vor einem trockenen Geschichtsdiskurs bildet die Spielhandlung. Die beiden Thalbachs machen ihre Sache gut; Anna spielt den jungen Fritz, Katharina den alten. Der junge Fritz ist ein Faulpelz, wie er im Buch steht, und spielt lieber Flöte für seine Schwester Wilhelmine, statt auf dem Kasernenhof zu exerzieren. Er weigert sich sogar, mit den Händen zu essen wie sein Vater und Bier zu saufen, wie es jedem preußischen Manne (sprich: Barbaren) zukommt. Sogar das Tabakskollegium seines Vaters verachtet er und rührt nie eine Pfeife an: Er schnupft lieber. Was ihm ja später das Leben rettete (s. o.).
Doch diese fröhlichen, wenn auch mitunter frustrierenden Jugendtage enden 1729, als Friedrich versucht, aus dem Gefängnis Preußen auszubrechen. Landesflucht jedoch wird mit dem Tod bestraft, weil der König dies als Hochverrat ansieht. Zum Glück weigert sich das Kriegsgericht, dem Vater den Willen zu tun und Friedrich zum Tod zu verurteilen. Kerker und Hiebe müssen als Strafe genügen. Doch Friedrich Wilhelm hat sich eine besondere Folter ausgedacht: Katte soll vor Friedrichs Augen enthauptet werden ...
Weil auch die Gattin vom Vater ausgesucht worden ist, kann man Fritz eigentlich nicht verdenken, dass er sie zeit ihres Lebens missachtet. Sie darf Schloss Sanssouci, erbaut um 1743, ebenso wenig wie die Mutter betreten. Und nach dem Tod des Alten krempelt Fritz das Land um, schafft Folter und andere Strafen ab, führt Toleranz als Prinzip ein und macht den Oderbruch urbar. Doch dann fängt er aus lauter Übermut den ersten der drei Schlesischen Kriege an - mit dem bekannten glücklichen Ausgang.
Man sieht also, dass die Spielhandlung für einige Abwechslung gegenüber der Reportage sorgt. Alleine kann sie jedoch nicht bestehen, eben weil sie so bruchstückhaft präsentiert wird. Den großen Zusammenhang muss der Erzähler aufzeigen. Was wir davon halten können bzw. sollen, tragen die Historiker bei.
Was Fritz ein Frauenfeind? Ziemlich eindeutig ja. War er aber auch schwul? Darin sind sich die Experten nicht einig. Vermutlich also nicht. Am ehesten käme als Liebhaber de Catt infrage, und dessen kodiert geführtes Tagebuch müsste eigentlich Aufschluss darüber liefern. Leider erfahren wir nicht, was Brisantes darin steht. Das fand ich wenig konstruktiv.
Mein Eindruck: die DVD
Die Bildqualität des Breitbildformats ist sehr akzeptabel. Die Auflösung des 2010/11 produzierten Films befindet sich auf dem neuesten Stand. Hinsichtlich des Klangs kann der Zuschauer zwischen zwei Standards wählen: DD 2.0 (stereo) und DD 5.1. Ich wählte natürlich Letzteres. Und bekam daher ein recht annehmbares, angenehmes Klangerlebnis im Surround-Sound. Da donnern einem die Kanonen dann direkt ins Wohnzimmer, und zwar ringsum. Wers nicht so heftig will, der wähle DD 2.0. Untertitel bekommt man aber trotzdem nicht.
Extras
Der Trailer ist etwa 2,5 Minuten lang und bietet nur wenig mehr als der Prolog des Films selbst, nämlich ein Kaleidoskop von Schlüsselszenen und -sätzen, die alle um Friedrich und seine wichtigsten Bezugspersonen kreisen: seinen Vater, den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm, seine Mutter, seine bedauernswerte Gattin und diverse Freunde wie etwa Voltaire.
Unterm Strich
Bislang hatte ich vom "frankophilen Flötenmonster" (Christof Stählin, glaube ich) keine allzu gute Meinung, bin ich doch kein Freund von Monarchen, Präsidenten und anderen "Großkopfeten". Angesichts einer halben Million Toter aus den drei Schlesischen Kriegen fällt es durchaus schwer, den ollen Fritz positiv zu beurteilen. Der vorliegende Film versucht eine Ehrenrettung, die halbwegs unparteiisch ist.
Auch Frauen werden ihn allerdings sogleich auf ihre Liste der hundert größten "Unsympathen" setzen, denn so wie Fritz seine Angetraute behandelt, lässt sich keine Frau gerne behandeln. Sein letzter - und einziger - Satz, den er an Christine in der Spielhandlung richtet, lautet: "Madame sind korpulent geworden." Was überhaupt nicht zutrifft. Und schickt sie weg.
Das ist auch für den Zuschauer etwas frustrierend, denn die erwartete Ankunft des großen, siegreichen Königs nicht nur von den Berlinern aufgeregt, sondern auch von Christine. Wir sind natürlich ebenfalls schon ganz gespannt. Doch was wäre ein Souverän wie Fritz, wenn er nicht seinen eigenen Kopf durchsetzen würde? Die vielen Pausen, die er auf dem Weg mit Erzählungen füllt, dienen dazu, die Berliner so lange warten zu lassen, bis sie wieder zu Bett gehen. Und dass Fritz sich nicht gerade auf ein Wiedersehn mit der Gattin freut, kann man sich selbst ausrechnen.
Der unterhaltsamste Teil ist mit Abstand das erste Drittel, in dem Fritzchen gegen seinen Vater, den Soldatenkönig, aufmuckt. Das grenzt schon an Komödie - Anna Thalbach steckt sich symbolisch den Finger in den Mund, um ihren Abscheu vor dem fettigen Fleisch anzudeuten, dass Daddy denn auch ins frühe Grab bringt. Mit 28 Lenzen hüpft Fritzchen aufs Thrönchen und dekretiert, seine Untertanen seien gefälligst "froh und glücklich" zu machen. So weit kams denn doch nicht, denn womöglich wäre sogar der Weltfrieden ausgebrochen ...
Fein herausgearbeitet sind die wissenschaftlichen Beiträge. In der Pressinfo steht, dass der "Generaldirektor der Stiftung Preussischer Schlösser und Garten mit seinem Team in der Drehvorbereitung" als Beirat diente. Potztausend! Daher sehen wir nicht nur in allerlei Palastgemächer, sondern erfahren auch, dass die Nachricht von Fritzchens Fluchtversuch 1729 europaweit Schlagzeilen machte. Woher weiß man das? Wir bekommen nur eine Zeitung zu sehen. Aber das Echo signalisiert, dass man Preußen genauestens beobachtete. Und dass dies die Preußen nicht im geringsten scherte.
Die DVD
In modernster Optik und Akustik bekommen wir auf der Silberscheibe eine Reportage cum Drama geboten, garniert mit sparsamen Zutaten. Genauer: ein mickriger Trailer, dazu ein biografischer Text zu Friedrich II (von Johannes Unger) sowie Statements von Anna Thalbach und Katharina Thalbach.
Interessantes Statement von Anna: "... dass es das Schönste ist, was ich jemals spielen durfte". Katharina: "Immer wieder bin ich nach Sanssouci rausgefahren und kenne dort jede Ecke. Meine Großmutter hat ihn (Friedrich II) gerne vorgespielt ( ...) und dann fürchterlich finster geguckt. Diesen Gesichtsausdruck habe ich von ihr gelernt, und der ließ sich im Leben immer wieder gut anwenden."
Zu gerne hätte ich diese schönen Zitate gerne in kleinen Features und Interviews wiedergefunden, aber die ARD muss eben sparen.
Technische Infos:
O-Titel: Friedrich - ein deutscher König (D 2011)
Dt. Vertrieb: Edel
VÖ: 06.01.2012
EAN: 4029759074564
Preis: 12,99 EUR
FSK: ab 12
Länge: ca. 90 Min.
Regisseur: Jan Peter und Yury Winterberg
Darsteller: Anna und Katharina Thalbach, Oliver Nägele, Christina Grosse, Johannes Suhm, Walter Sprungala u. a.
Bildformate: 1,78:1 (16:9, anamorph)
Tonformate: D in DD 2.0 und DD 5.1
Sprachen: D
Untertitel: keine
Extras:
- Trailer
- Texte
- Redakteur:
- Michael Matzer