Geister der Titanic, Die
- Regie:
- Cameron, James
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Ghosts of the Abyss
1 Review(s)
08.11.2009 | 14:51Kaum eine Katastrophe berührt auch heute noch die Menschen so stark, wir der tragische Untergang der "RMS Titanic" im Jahre 1912. Nach seinem Auffinden 1985 wurde das Wrack des Luxusliners trotz der recht großen Tiefe von satt 3800 Metern fast schon eine Pilgerstätte für allerlei abenteuerliche Expeditionen. Star-Regisseur James Cameron zum Beispiel, welcher dort unten gleich authentische Bilder für die Verwendung in seinem gleichnamigen Hollywood-Filmdrama von 1997 einfing. Vier Jahre später - im September 2001 - besuchte er mit einem russischen Team die alte Dame erneut - Diesmal mit noch besserem Equipment, einigen Wissenschaftlern und Schauspieler Bill Paxton im Schlepptau.
Heraus kam dabei "Ghosts of the Abyss" (wörtlich: Geister des Abgrunds - in der deutschen Ausgabe jedoch nicht ungeschickt in "Geister der Titanic" umgewandelt), der daraufhin ab 2003 als 3D-Film in entsprechend ausgestatteten IMAX-Kinos lief. Dort schon immer in der vollen Länge von gut 90 Minuten. Die US-TV Fassung hingegen wurde um eine halbe Stunde gekürzt und musste - wie auch die jüngste "Special Edition" - auf die 3D-Features verzichten. Der Hauptbeitrag der SE ist dafür nun aber auch endlich ungeschnitten. Universum setzt noch einen drauf und legt eine Bonusdisk bei, die rund 100 Minuten Zusatzmaterial verspricht.
Zum Inhalt
Zum Schiff und seiner Geschichte muss man eigenlich nicht mehr viel sagen. Meint wohl auch James Cameron und verzichtet auf ellenlange Einleitungen bezüglich Bauphase und die längst über jede Gebühr breit getretenen Mythen über die Menschen an Bord. Es geht ziemlich schnell in die Vollen, will heißen: Mit den Tauchbooten MIR 1 und MIR 2 (übrigens weder verwandt noch verschwägert mit der ehemaligen Raumstation) in die bedrückende Tiefe. Bill Paxton, welcher im Übrigen auch eine Rolle in Titanic innehatte, begleitet seinen Freund Cameron nicht nur auf dem Forschungsschiff, er darf auch bei jedem der vielen Tauchgänge das Wrack vor Ort aktiv mit untersuchen. Dabei fungiert er quasi als Moderator der Dokumentation.
Der Maestro daselbst gibt sich eher zurückhaltend, steuert aber wie selbstverständlich und eigenhändig - sowie mit beachtlichem Geschick - einen der beiden kleinen ROV-Tauchroboter (Remote Operated Vehicles - genannt "Jake" und "Elwood") auf riskanten Exkursionen ins Innere des gestrauchelten Ozeanriesen. Etwas in der Art hat Titanic-Entdecker Dr. Robert D. Ballard auch schon unternommen, als er sein ROV "Jason" die große Freitreppe hinunterschickte. Damals eine Sensation. Die zwei "Neuen" sind technisch weiter entwickelt, kleiner, wendiger und mit wesentlich besseren Kameras ausgestattet. Sie gelangen auch in vergleichsweise abgelegene Bereiche des Schiffes und liefern dementsprechend spektakuläres Bildmaterial.
Auch für den Außenbereich der Fundstelle hat sich Cameron etwas einfallen lassen, um die Sache buchstäblich etwas zu erhellen. Bislang sah man immer nur einen kleinen Ausschnitt des Wracks, nämlich genau den Teil, welcher im Scheinwerferkegel beleuchtet wurde. Nun hängte man über den Leviathan eine kronleuchterartige, lichtstarke Scheinwerferbatterie, die das ansonsten stockfinstere Szenario recht weiträumig ausleuchtet und Orientierung sowie das Filmen erleichtert. Nebenher entsteht dadurch ein recht gespenstisches Ambiente. Das nutzt Cameron, um das Mittel einzusetzen, woher der Film seinen Namen bezieht: Geister. Dazu werden über die Wrackbilder gelegentlich halbtransparente Live-Acting Szenen der Unglücksnacht geblendet.
Hiermit wird höchst anschaulich illustriert, was an der betreffenden Stelle geschah. Man muss positiv anmerken, dass zwar einige wenige Einstellungen und CGI-Versatzstücke aus seinem Film Verwendung finden, es aber dankenswerterweise keine Promoschlacht für ihn ist. Die Darsteller der "Geister" sind ausnahmslos Laien oder gar aus dem Forscherteam, die man in zeitgenössische Kostüme verfrachtete. Ken Marschall (als Reeder Bruce Ismay) oder John Broadwater (als Captain E.J. Smith) etwa. Keine Spur von Winslet, DiCaprio, Hill, Zane oder Paxton. Selbst bei der Musik bemüht man sich um eine gewisse Distanz zum Hollywoodwerk. Zwar klingt die hier oft eingespielte irische Weise sehr nah an "My Heart will go on", ist es aber doch nicht.
DVDs und Bonusmaterial
Grundsätzlich sind Bild- und Tonqualität nicht zu beanstanden, speziell das Bild hat die Umwandlung auf schnödes Zeidimensional gut verdaut. Der Ton ist gut, die deutsche Synchro zumindest ordentlich, wobei Fünfpunkteins Sound sich natürlich immer sehr gut und wichtig im Aufdruck macht, für diese Sparte jedoch als vollkommen overdressed gelten darf. Mit anderen Worten: unnötig. Stereo tut's bei einer Dokumentation dieser Art auch - was will man bei einer Tauchfahrt auch groß über die Effektlautsprecher hören - Hustende Tintenfische vielleicht?
Das mitgegebene Bonusmaterial ist für das einmalige Anschauen durchaus geeignet, reißt aber auch keinen gestandenen Seebären aus dem Krähennest. Zumal allein 60 der versprochenen 100 Minuten für die US-Fernsehfassung drauf gehen, da bleibt nicht mehr viel für Behind-the-Scenes und Interview mit Cameron und Paxton. Die virtuelle Multi-Angle-Fahrt mit dem ROV verliert auch rasch an Witz. Mehr Hintergrundmaterial zum Schiff und/oder zur Wrack- Location wäre angesichts der Fülle verfügbarer Informationen sicher drin und ein echter Knüller gewesen.
Fazit
Ein gelungener Infotainment-Beitrag zum Wrack, welcher allerdings die Geschichte der Titanic nicht annähernd erschöpfend aufgreift. Die mithin typisch amerikanische Art der Präsentation mit einem Schauspieler als Narrator, viel (Computer-)Trickserei und manch dramaturgisch überflüssiger Einlage, kann man verschmerzen. Auch wenn das für die Heim-DVD auf 2D umformatierte Bild leider nicht mehr voll zum Tragen kommen kann, wie einst in der ursprünglichen, atemberaubenden IMAX-Version in 3D. Die Special Edition Doublette bietet keinen wirklich unverzichtbaren Mehrwert, sodass der Preisverfall von ehemals gut 20 Euro in die Unter-Zehn-Kategorie, verständlich und längst überfällig erscheint. Dennoch: Nicht nur für Titanic-Maniacs interessant.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT: "Ghosts of the Abyss"
USA 2003
Genre: (IMAX-)Dokumentation
Universum / Sony Music Entertainment 2009, 2 DVD Special Edition - FSK 0
Spieldauer: ca. 90 Minuten Hauptfeature / 100 Minuten Bonus
Bildformat: 16 : 9 Widescreen (1,78 : 1 anamorph)
Ton: DD 5.1 und 2.0 (Deutsch/Englisch)
EAN: 828766199895
Bonus (Disk 2): 60 Minuten amerikanische Ur-Fassung,
diverse Hinter den Kulissen Kurzbeiträge,
Tauchroboter Multi-Angle Feature
Produktion: Cameron, Bruno, Comisky, Tashijan, Wight
Regie: James Cameron
Kamera: Vince Pace
Musik: Joel McNeely, Lisa Torban
Mitwirkende u.a.: Bill Paxton, James Cameron, Ken Marschall, John Broadwater, Lori Johnston, Charles Pellegrino
- Redakteur:
- Jürgen Pern