Ghosts Of Cité Soleil - Der gefährlichste Ort der Welt
- Regie:
- Asger Leth
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- Dänemark/USA
- Originaltitel:
- Ghosts Of Cité Soleil
1 Review(s)
30.05.2008 | 14:28Filminfos
Label: Nordisk Film, Sak Pasé Films, Sunset Productions, Independent Pictures
Dt. Vertrieb: Ascot Elite Home Entertainment
Erscheinungsdatum: 13.03.2008
Länge: 88 Minuten
FSK: 16
Schnitt: Adam Nielsen
Musik: Wyclef Jean, Jerry "Wonda" Duplessis
Darsteller: Winson "2Pac" Jean, James Bily Petit Frère, Éleonore Lele Senlis, Wyclef Jean u.a.
Hintergrundinformationen
"The Ghosts Of Cité Soleil" ist ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm, der das Leben zweier Gang-Chefs in einem Slum in der haiitianischen Hauptstadt Port-au-Prince auf Zelluloid festhält. Das Slum-Viertel, in dem etwa 300.000 Menschen leben sollen, heißt Cité Soleil. Nach Aussage der Vereinten Nationen sei die Cité Soleil seinerzeit als der gefährlichste Ort der Welt einzustufen gewesen, wie im Vorspann dieses Films zu lesen ist. Die Aufnahmen zu "The Ghosts Of Cité Soleil" entstanden Anfang/Mitte 2004.
Die beiden Hauptpersonen der Dokumentation, die Brüder 2Pac und Bily, leiten jeweils bewaffnete Gruppen, die gegen die Opposition in Haiti kämpfen. Unterstützt werden diese Kämpfer, die auch als "Chimären" bezeichnet werden, vom haiitianischen Präsident Jean-Bertrand Aristide, der schließlich am 29.02.2004 aus Haiti ins Exil flieht. Viele der Menschen in diesen Armutsvierteln betrachten den ehemaligen Priester Aristide als Hoffnungsträger für eine günstigere wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Haiti. Präsident Aristide nutzt die Perspektivloskeit und Armut der Menschen in den Slums der Cité Soleil aus, um seine eigene Macht über das Land so lange wie möglich zu erhalten. Nach der Flucht von Aristide ins Ausland kommen Friedenstruppen der Vereinten Nationen aber auch Militärkräfte aus den USA und aus Frankreich nach Haiti, um die politische Lage in dem zerrütteten Land zu stabilisieren. Doch heute noch sind Plünderungen, Ausschreitungen und Morde an der Tagesordnung. Die politische Lage in Haiti ist noch immer ausgesprochen instabil. Haiti zählt noch immer zu den 50 "least developed countries" der Welt. Dieser Begriff wurde durch die Vereinten Nationen geprägt und er benennt die 50 sozioökonomisch am schwächsten entwickelten Länder der Erde.
Handlung:
Wer von "Ghosts Of Cité Soleil" annimmt, dass es sich hierbei um einen langweiligen, nüchtern erzählten Dokumentarfilm handelt, wird schnell eines besseren belehrt. Regisseur Asger Leth begleitet die beiden Kämpfer 2Pac und Bily in ihrem täglichen Leben in den Slums der Cité Soleil. Sie sind jeweils Anführer von bewaffneten Gruppen, die für Präsident Aristide kämpfen. In der Cité Soleil herrscht Armut, Perspektivlosigkeit und Hunger. Es gibt kein fließendes Wasser und Gewalt ist an der Tagesordnung. Viele der Gangmitglieder tragen Schusswaffen und ein Menschenleben ist nicht viel wert. Trotz hoher Arbeitslosigkeit und großer Armut bekämpfen sich die bewaffneten Gruppen in der Cité Soleil sogar untereinander. Unter anderem begleitet durch die Hip-Hop-Musik von Wyclef Jean, der bekanntlich aus Haiti stammt, gibt Regisseur Asger Leth in beeindruckenden Aufnahmen einen Einblick in das dortige Leben. Er filmt Menschen bei ihrem Gang durch die Slums. Er zeigt unterernährte Kinder, bewaffnete Gangmitglieder, und normale Bürger, die in der Cité Soleil ihr stets von Gewalt geprägtes Leben fristen. Der Alltag in der Cité Soleil ist bitter: es gibt fast keine medizinische Versorgung und auch kaum Nahrungsmittel. So wird der Zuschauer Zeuge einer Nahrungsmittelausgabe von einem Versorgungs-LKW aus. Plötzlich kommt es zu einem Schusswechsel, bei dem ein Mann erheblich verletzt wird.
Einen Kommentator der Ereignisse gibt es nicht zu hören. Stattdessen lässt Regisseur Asger Leth die eindrucksvollen Bilder - die zumeist von Hip-Hop-und Rap-Musik untermalt werden - für sich sprechen und wirken. Statt eines Beobachters von außen kommen die beiden Kämpfer 2Pac und Bily in diesem Film zu Wort und bekräftigen dabei ihre Entschlossenheit, zu kämpfen und ihre "Brüder", die Gangmitglieder, verteidigen und schützen zu wollen. Sie schildern aber auch ihre Gedanken über den Kampf und das Überleben in den Slums. Ein Ventil beziehungsweise eine Artikulationsmöglichkeit für ihre Gefühle bietet der Hip Hop. So telefoniert 2Pac in diesem Dokumentarfilm mit Wyclef Jean, um ihm ein neues Stück vorzurappen. Obwohl die beiden Gang-Führer nach außen die stets coolen "Gangsta-Rapper" mimen und vorgeben, vor nichts Angst zu haben, wird gegen Ende des Films deutlich, dass beide sehr wohl um ihr Leben fürchten. 2Pac flüchtet schließlich gemeinsam mit seiner franzöisischen Freundin aus Haiti. Außer den beiden Hauptpersonen des Film kommen immer wieder Einwohner der Cité Soleil, Kämpfer, aber auch Oppositionsführer, die gegen die Regierung Aristide kämpfen - wie Butteur Metayer - in zumeist kurz gehaltenen Statements zu Wort.
Die Kameraführung ist abwechslungsreich und die Vielzahl der unterschiedlichen Szenen und Bilder sorgt für eine erdrückende Stimmung. Der Regisseur bedient sich sehr oft einfacher Handkameras und verzichtet darauf, Menschen vor der Linse stets professionell auszuleuchten. Dadurch wirken die Aufnahmen aus der Cité Soleil umso authentischer und erschütternder. Man hat den Eindruck, dass hier nichts, aber auch gar nichts gestellt oder inszeniert wurde. Außer den Aufnahmen des Regisseurs werden auch Fernsehaufnahmen von Ausschreitungen in den Slums sowie Nachrichtenmeldungen von US-Medien eingeflochten, die das politische Geschehen im Jahr 2004 illustrieren.
Der Ton der deutschen Sprachfassung ist klar und sehr gut verständlich. Er überlagert die Statements in der Originalsprache, die im Hintergrund zu hören sind (Voice Over). Gelegentlich werden auch deutsche Untertitel eingesetzt. Die musikalische Untermalung der eindrucksvollen Bilder aus der Cité Soleil ist recht breit gefächert und reicht von Hip-Hip-Klängen bis hin zu sanften Gitarrenmelodien. Im Abspann des Films ist das Lied "The Ghosts Of Cité Soleil" zu hören, das Wyclef Jean den Menschen in der Cité Soleil widmet.
Technische Daten
Bildformat: 1.85:1 (anamorph)
Ton/Sprache: Deutsch in Dolby Digital 5.1, Deutsch in Stereo 2.0 (Voice Over)
Untertitel: Deutsch
Extras:
- Filmtrailer
- weitere Filmvorschauen
Fazit:
"Ghost Of Cité Soleil" ist eine Dokumentation der anderen Art, die unter die Haut geht. Die Art und Weise der Inszenierung dieses Einblicks in den "gefährlichsten Ort der Welt" ist ungewöhnlich und zugleich erschütternd. "Ghosts Of Cité Soleil" ist insgesamt betrachtet ein außergewöhnliches Dokument der jüngsten Zeitgeschichte, das geschichts- und gesellschaftsinteressierte Menschen auf keinen Fall verpassen sollten. Als Einstieg lohnt es sich, einen Blick auf die offizielle Internetseite zum Film zu werfen.
- Redakteur:
- Martin Loga