Guru - Bhagwan, His Secretary & His Bodyguard
- Regie:
- Gisiger, Sabine; Häner, Beat
- Jahr:
- 2010
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- Schweiz
1 Review(s)
14.02.2011 | 12:27Die 1960er und 1970er Jahre waren eine Zeit des Auf- und Umbruchs. Eine ganze Generation wollte ein Ende machen mit den alten Konventionen, wollte sich befreien von den Zwängen einer angestaubten Gesellschaft, wollte neue Wege suchen um sich selbst zu finden. Neue Ideen wurden entwickelt, alte Ideen ausgegraben, wieder andere orientierten sich an der Anschauung anderer Kulturen und Religionen. Vor allem östliche Lehren und Ideen übten eine große Anziehungskraft auf viele Suchende im Westen aus, wie eben auch die von Bhagwan Shree Rajneesh initiierte Neo-Sannyas-Bewegung, die sich binnen weniger Jahre zu einen globalen Phänomen ausbreitete und bei aller Umstrittenheit auch heute noch auf viele eine magische Anziehungskraft ausübt.
Einer der Hauptgründe, das die Lehren des 1990 verstorbenen Shree Rajneesh auch heute noch durchaus regen Anklang finden, ist sicherlich vor allem in der charismatischen Person des Bhagwans zu finden. Mit dieser gelang es den als Inbegriff eines Gurus gewordenen Professor für Philosophie schließlich auch vor über vierzig Jahren Menschen aus aller Welt nach Indien kommen zu lassen um dort die Lehren des Bhagwans zu studieren und mit ihm gemeinsam in einer Kommune zu leben. Doch mit der Zeit lief die gesamte Bewegung aus dem Ruder. Was folgte war ein bald von Drogen geblendeter Bhagwan, der zunehmend paranoid wurde, einen Überwachungsapparat in seiner Kommune errichten ließ, unter seiner Gefolgschaft Paramilitärs rekrutierte und sich lieber um seine unzähligen Rolls Royces als um die Bewegung kümmerte und diese nach und nach zunehmend kommerzialisierte.
Der Dokumentarfilm „Guru - Bhagwan, His Secretary & His Bodyguard“ von Sabine Gisiger („Gambit - 30 Jahre nach Seveso“) und Beat Häner („Fernweh – Zug um Zug“) erzählt von den Anfängen und dem Zerfall der Bewegung, die sich ursprünglich vorgenommen hatte, den entzweiten Mensch wieder ganz zu machen, aber ihr Ende in Zerwürfnis und Oberflächlichkeiten fand. Die Regisseure greifen auf sehr viel Archivmaterial aus der Zeit in Bombay und Poona und in Oregon (wo Bhagwan Shree Rajneesh nach seiner Ausreise aus Indien ebenfalls eine Kommune gründete) zurück und ergänzen diese durch intensiv geführte Interviews mit Hugh Milne, der mehrere Jahre der Leibwächter von Shree Rajneesh war, und Sheela Birnstiel, die bis in die 1980er Jahre als Sekräterin für den Bhagwan arbeitete und vor allem in den letzten Jahren vor ihrem persönlichen Bruch mit Shree Rajneesh die Fäden der Bewegung im Griff hatte.
In den Gesprächen kommen zwei sehr unterschiedlich über ihre Zeit mit dem Bhagwan sinnierende Menschen zu Wort, die sehr viel Zeit für ihre Sicht der Dinge zugestanden bekommen. Vor allem Sheela Birnstiel ebnet dem Zuschauer einen sehr genauen Blick in die Strukturen hinter der ganzen Bewegung und deutet an, wie das gesamte Projekt schließlich aus der Bahn lief.
Nun hat „Guru - Bhagwan, His Secretary & His Bodyguard“ jedoch zwei gravierende Probleme: zum einen setzt er voraus, das sich der Zuschauer schon im Vorfeld mit der Person Bhagwan Shree Rajneesh, seinen Ideen und seiner Bewegung auseinandergesetzt hat, denn der vorliegende Film selbst geht nur sehr wage bis gar nicht auf den Guru selbst ein und handelt ihn und sein Denken, seine Beweggründe und Inspirationen allenfalls oberflächlich ab.
Sowieso lässt sich allerhöchstens durch die eingeschnittenen Aufnahmen von Reden des Bhagwans erahnen warum er eine solch große Anziehungskraft ausgeübt hat, die dazu führte das ihm so viele Menschen folgten und noch immer folgen. Zum anderen ergründet die Dokumentation für eine Dokumentation gerade im Punkt der Zerrüttung der Neo-Sannyas-Bewegung nicht genau genug, wie es schließlich dazu kommen konnte. Zwar wird ersichtlich, dass Bhagwan und seine engen Vertrauten immer mehr ihren eigenen Machtfantasien verfielen, doch viele Puzzlestücke muss sich der Zuschauer selbst zusammensetzen, um das große Bild letztlich zu sehen und nachvollziehen zu können.
Insofern ist „Guru - Bhagwan, His Secretary & His Bodyguard“ keine Dokumentation die sich sonderlich gut anbietet um einen wirklichen Eindruck von Bhagwan Shree Rajneesh zu bekommen. Nichtsdestotrotz sind die Gespräche mit Sheela Birnstiel und Hugh Milne sehr interessant, da sie einen seltenen Blick hinter die Kulissen dieser Bewegung gestatten und zeigen, wie sich die Ideen von Shree Rajneesh und die Zeit mit ihm auf ihre eigenen Biografien ausgewirkt hat.
Daten zum Film:
Originaltitel: Guru: Bhagwan, His Secretary & His Bodyguard (Schweiz, 2010)
Laufzeit: ca. 98 Minuten
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Regie: Sabine Gisiger & Beat Häner
Darsteller: Hugh Milne, Sheela Birnstiel, Shree Rajneesh, Laxmi, Marc Silverman...
6/10
Anmerkung zur DVD:
Die bei Pandora Film veröffentlichte DVD ist nicht synchronisiert, daher nur mit deutschen Untertiteln ausgestattet. Die englische Tonspur ist in Dolby Digital 2.0 und Dolby Digital 5.1 verfügbar. Die Qualität von Bild und Ton ist einwandfrei, selbst die älteren, im Film verwendeten Archivaufnahmen weisen einen zufriedenstellenden Zustand auf. Extras, bis auf diverse Trailer der Vertriebs, sind nicht enthalten.
- Redakteur:
- Adrian Trachte