Hautnah - Die Methode Hill (Staffel 4) (DVD)
- Regie:
- diverse
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- Wire in the blood, Season 4
1 Review(s)
28.11.2011 | 12:15Bitte kommen, Dr. Hill: Neue Kommissarin, neues Glück?
In TV-Krimis agieren ja oftmals ziemlich schräge Typen/Protagonisten - einer der ungewöhnlichsten dürfte wohl der forensische Psychologe und Fallanalytiker Dr. Tony Hill (Robson Green) sein. Was ihn so außergewöhnlich macht, ist seine recht unorthodoxe Arbeitsweise: Er lässt sich erschreckend intensiv auf die Motive und die Gedankenwelt seiner Patienten ein.
Selbst zu Serienmördern, die im Gefängnis oder in der Psychiatrie einsitzen, entwickelt er eine tiefe empathische Beziehung, um ein Täter-/Opferprofil zu erstellen, die Schritte des Mörders nachzuvollziehen und vor allem, diese vorauszusehen. Anfänglich argwöhnisch vom zuständigen Polizeiteam beäugt, entwickelt sich Tony Hill durch seine hohe Trefferquote zum unentbehrlichen Mitarbeiter, ohne den die Fälle nicht zu lösen gewesen wären. (Verleihinfo)
Die Krimiserie "Hautnah - Die Methode Hill" basiert auf Motiven der schottischen Autorin Val McDermid. Mittelpunkt der Krimi-Reihe ist die fiktive Stadt Bradfield und die Umgebung von West Yorkshire. Tatsächlich werden die Episoden aber in und um Newcastle upon Tyne sowie Northumberland gedreht. In dieser Staffel wird Hermione Norris durch Simone Lahbib abgelöst.
Schon in der ersten Folge werden die Zuschauer vor ein nahezu unlösbares Rätsel gestellt. Aber nicht nur die Fälle, auch die neue Kommissarin Alex Fielding macht Dr. Hill zu schaffen. Während zu Beginn der vierten Staffel Carol Jordan überraschend Bradfield verlässt, verweigert ihre Nachfolgerin Hill zunächst die Zusammenarbeit. (Verleihinfo)
DVD 1: "Tödliche Falle" (Skript: Harbinson; Regie: Goddard)
Ein Sexualstraftäter, der vor Jahren aufgrund von Tonys psychologischem Profil verurteilt wurde, wird in einem Berufungsverfahren freigesprochen. Nachdem die Polizei eine Leiche in einer auf einem Feld vergrabenen Tonne gefunden hat, möchte Dr. Hill Carol Jordan bei ihrer Arbeit unterstützen. Aber diese reagiert nicht auf seine telefonischen Hilfsangebote. Kein Wunder: Sie wurde durch Detective Inspector Alex Fielding abgelöst und weilt in Südafrika. Unterdessen begibt sich ein weiteres Opfer in höchste Gefahr… (erweiterte Verleihinfo)
Mein Eindruck
Der oder die Täter finden ihre Opfer in einem Chatroom im Internet, auf einer Website, die sich der Phantasie verschrieben hat, dass die Frau sich dem Manne zu unterwerfen habe, um ihre natürliche Bestimmung und Erfüllung zu finden. Diese Phantasiewelt heißt nicht zufällig "Vor" und ihre Priester heißen keineswegs zufällig "Zaddar". Das Vorbild dafür findet sich nämlich unschwer in der Romanwelt Gor, die der amerikanische Autor John Lange unter dem Pseudonym "John Norman" in bislang 30 Romanen beschrieben hat. "Zaddar" kommt dort natürlich nicht vor, wohl aber das Wort "Sardar", das mehrere Bedeutungen hat.
Wie auch immer: Der Knackpunkt bei dieser Episode besteht darin, dass das weibliche sich freiwillig in eine unterwürfige Existenzform begibt und dies auch durch einen Vertrag dokumentieren muss. Der Haken dabei: Der Gebieter steht auf gewalttätigen Sex, was dann schnell zur Desillusionierung führt. Sie versucht sich zu befreien. Rechtzeitig, bevor er sie bestraft?
Der besondere Pfiff bei diesem Plot: Die britische Polizei hob in England einen realen Ring von "Goreanern" aus, die sich als Gebieter und Sklavinnen dem S&M-Spiel hingaben. Dieser Club muss eine Reihe von Anhängern gefunden haben, sonst wäre er den Cops nicht aufgefallen. Diesmal fand der Drehbuchautor also seine Vorlage, so bizarr sie dem Zuschauer auch anmuten mag, tatsächlich im echten Leben.
Ich fand die Episode extrem spannend und wirkungsvoll inszeniert. Dr. Hill kennt das Profil des Täters, doch Alex Fielding will ums Verrecken nichts davon wissen! Unterdessen begibt sich ein weiteres Opfer in die selbstgewählte Sklaverei, mit möglicherweise fatalen Folgen. Werden Hill und Fielding sich endlich zusammenraufen und das Versteck des jüngsten Opfers rechtzeitig finden, bevor es stirbt?
DVD 2: "Tödliche Worte" (Skript: Guy Burt; Regie: O'Dwyer)
Auf einer blutgetränkten Matratze wird die Leiche einer Prostituierten gefunden. Die Szene erinnert Tony Hill an seinen früheren Klienten Derek Tyler. Aber dieser sitzt in einer psychiatrischen Haftanstalt. Seine Erfahrung als Psychologe sagt Tony Hill, dass es nur Tyler gewesen sein kann. An dieser verblüffenden Theorie hat die Kriminalinspektorin Alex Fielding große Zweifel. (Verleihinfo)
Mein Eindruck
Der Fall der zwei blutig ermordeten Prostituierten ist natürlich zuerst vom Sittendezernat der Polizei von Bradfield behandelt worden. Dafür ist Det. Inspector Shields zuständig. Da es nun um eine Mordserie geht, wird Alex Fielding hinzugezogen, und diese fragt Dr. Hill, was er davon hält. Da es keine Anzeichen für sexuelles Interesse gibt, können es nicht die Freier gewesen sein.
Ein Lockvogel, den Paula von der Kripo freiwillig spielt, ist dennoch der nächste Schachzug der Ermittler. Eine ganz schlechte Idee: Paula wird ihres Sendegeräts beraubt und verschwindet vor den Augen der Beobachter spurlos! Aber woher konnte der Angreifer überhaupt wissen, dass Paula verkabelt war?
Unterdessen versucht Dr. Hill, die Hintergründe aus dem angeblich paranoid schizophrenen Derek Tyler herauszuholen. In äußerst bizarren Sitzungen, die fast völlig ohne Dialog auskommen, sehen wie Robson Green, wie er mit dem "Patienten" das Spiel mit den russischen Puppen spielt: In jeder verbirgt sich noch eine kleinere. Am Schluss erkennt die geradezu phantastische Wahrheit: Tyler wurde ebenso wie jetzt der aktuelle Täter von einem weiteren Täter, der "Stimme", dirigiert. Doch mit dieser Erkenntnis ist Hill für den Geschmack des Inhabers der "Stimme" einen Schritt zu weit gegangen…
Ein fabelhafter Showdown, in dem Robson Green alias Dr. Hill wieder mal seine Silberzunge einsetzen kann, bringt eine der furchterregendsten Episoden zu einem befriedigenden Abschluss. Die Moral von der Geschicht': Polizist, traue deinem Kollegen nicht!
DVD 3: "Verlorene Seelen" (Skript: Niall Leonard; Regie: A.J. Quinn)
Bei einem furchtbaren Brand kommen ein Geschäftsmann und sein Buchhalter um. Anscheinend wurden sie Opfer einer Brandstiftung. Ihr Tod scheint keinen besonderen Hintergrund zu haben. Aber es sind nicht die letzten Doppelopfer, die in Bradfield gefunden werden. DI Alex Fielding, die leitende Kriminalbeamtin, bittet Tony Hill nun um Hilfe. (Verleihinfo)
Mein Eindruck
Schon gleich im Prolog wird der Zuschauer mit der Nase darauf gestoßen, dass hier ein geheimnisvoller Orden à la Freimaurer eine Hauptrolle spielt. Den gewieften Krimikenner sollte dieser "red herring" sofort misstrauisch machen! Die Geschichte illustriert, dass "verlorene Seelen" keine geistig-emotionale Heimat und Geborgenheit finden können. Deshalb wenden sie sich allen möglichen Scharlatanen zu und werden deren Jünger.
Schon die zweite Szene holt den Zuschauer von den Füßen: Dr. Hill sitzt neben einem Selbstmordkandidaten seelenruhig auf der Außenmauer des Daches eines Hochhauses. Und er weigert sich, ihm den Todessprung auszureden. Darf er das überhaupt? In seinen Albträumen nähert sich Hill selbst immer wieder einer solchen Sprungkante. Aber wieso? Aber wir wissen ja, dass er ein Empath ist und sich häufig die Seelenlage seiner Klienten zu Herzen nimmt. (In einer früheren Episode wird ihm auch das Asperger-Syndrom zugeschrieben.)
Als die Angehörigen des Freimaurer-Ordens ebenso sterben wie andere, ist klar, dass es einen anderen Sektenführer geben muss. Dr. Hill wartet darauf, dass dieser sich verrät. Doch er hat ihn bereits kennengelernt, ohne es zu ahnen. Am Schluss bekommen wir eine beklemmende Vorahnung von der Apokalypse, wie sie im Johannes-Evangelium beschrieben wird.
Mich erinnerte dieser Schluss stark an Alice Sheldons SF-Story "Dr. Ains letzter Flug". Darin füttert ein apokalyptisch veranlagter Wissenschaftler auf jedem Flughafen, wo er zwischenlandet, die Vögel - mit mutierten Viren, die sich rasend verbreiten, um die Menschheit auszulöschen. Diese tabula-rasa-Vision für einen Neuanfang des Planeten steht auch hinter den Geschehnissen dieser TV-Folge. Für meinen Geschmack ist diese Vision sehr amerikanisch und passt überhaupt nicht zu einer britischen Thrillerserie.
DVD 4: "Das schwarze Loch" (Skript: Harbinson; Regie: Peter Hoar)
Dr. Tony Hill wird mit seiner ersten Zusammenarbeit mit der Polizei konfrontiert, dem Fall Jason Eglee: Eglee war durch Tonys Analyse wegen Mordes verurteilt worden und wird nun vorzeitig auf Bewährung entlassen. Als eine junge Frau unter den gleichen Umständen wie Eglees früheres Opfer umgebracht wird, besteht für Tony Hill kein Zweifel, dass dieser rückfällig geworden ist. Aber durch seinen Psychologen hat Eglee ein wasserdichtes Alibi. (Verleihinfo)
Mein Eindruck
Ja, ja, die Sache mit dem getürkten Alibi. Wieso gibt Dr. Ozick, der Psychologe, dem Kriminaler die Tonbandaufnahme als Basis des Alibis, wenn sie doch getürkt ist? Erstens wird durch die Entlastung seines Klienten sein Buch über Eglee ermöglicht statt verhindert. Soweit so schön.
Zweitens spricht Eglee auf dem Band ganz anders als normal, nämlich wie ein Psychologe. Das soll laut Ozick eine "zweite Persönlichkeit" anzeigen. Wozu, fragt man sich. Wohl um sein Buch noch interessanter zu machen. Doch durch das Manipulieren der Aufnahme muss Ozick die Möglichkeit in kauf genommen haben, dass sein Klient doch nicht unschuldig an den neuen Morden sein könnte. Sonst wäre ja das Alibi gar nicht notwendig geworden. So ist Ozick zwar kein Mittäter, hat aber die Ermittlung behindert.
Erst durch die Entdeckung, dass das Band getürkt ist, kann sich Dr. Hill aus dem Sumpf der Verleumdungen befreien, in die ihn die Journalistin Jessica Piper gejagt hat. Die Szene, in der er diese Entdeckung macht, ist ohne Zweifel die beste in der ganzen Episode - und für DI Fielding ohne Zweifel die bizarrste. So kann man nicht anders als zu schmunzeln.
Das Finale besteht in einer dramatischen Verfolgungsjagd, die genügend Action und Spannung mitbringt, um für die quälend ruhigen 70 Minuten davor vollauf zu entschädigen.
Mein Eindruck: die DVD
Die Qualität des DVD-Bildes ist mittlerweile auf einem sehr guten Niveau. Fort mit dem Gegriesel von Staffel 2, fort mit den Unschärfen! Dies hat schon beinahe HD-Qualität. Die Qualität des Tons befindet sich nach wie vor auf dem Stand von DD 2.0 und somit auf gutem Fernseherniveau. Leider sind die fetten Bässe der früheren Staffeln völlig abgeschafft worden, was ich persönlich sehr schade finde. Lediglich die Titelmelodie erinnert noch an Drum & Bass-Zeiten. Akustisch wirkt die Staffel so recht blass und karg.
Extras
1) Trailershow auf DVD 4
In 12:48 min. bietet diese selbstablaufende Trailershow Filmschnipsel aus folgenden Edel-Motion-DVD-Paketen:
a) Kommissarin Lund, 1. Staffel
b) Lewis, der Oxford-Krimi, Staffeln 1 und 2
c) Inspector Barnaby Staffeln 1-7
d) George Gently
e) Der Kriminalist Staffeln 1+2
f) The Protectors 1. Staffel
Unterm Strich
Langsam wird es schon ziemlich auffällig: Hier geht es in drei von vier Episoden um gewalttätigen Sex. Kein Wunder also, wenn die DVD erst ab 16 Jahren freigegeben wurde. Andererseits fragt man sich, woher der Schwenk in der Themenwahl kommt. Früher ging es noch, wie in Episode drei, um religiöse Fanatiker, jetzt jedoch sehen wir ständig Sadisten am Werk. So kann man sein voyeuristisches Publikum natürlich auch erreichen und dessen Nerven kitzeln. Mir selbst gefällt dieser Schwenk nicht.
Einige der Plots und Plotelemente wie etwa Chatrooms hatten wir schon mal in der Serie. Ebenso tauchen ständig Ex-Patienten von Dr. Hill auf. Das spricht nicht gerade für den Einfallsreichtum der Drehbuchschreiber. Man hat den Eindruck, als drehe sich die Entwicklung der Serie im Kreis.
Und das alte Knistern, das zwischen Hermione Norris (Carol Jordan) und Robson Green (Hill) herrschte, ist völlig verflogen. DI Fielding ist Mutter eines jungen Sohnes, wäre also zu haben. Zudem weiß sie nach spätestens vier Folgen, dass sie auf Hill angewiesen ist. Doch Hill winkt ab: Er liebt die Keuschheit in seiner mönchischen, aber chaotischen "Klause". Der Nebeneffekt: Er wird nicht durch eine Beziehung angreifbar für die Täter.
Wenigstens haben ihm die Skriptautoren eine Nacht mit einer alten Schulkameradin, Karen Brennan, gegönnt. Doch wo erwacht er? Nicht etwa in ihrem Bett, sondern auf dem Sofa. Da lief also außer Küssen wohl nichts. Als er bei ihr ein Dossier über sich entdeckt, ahnt er, dass sie lediglich eine Art Groupie ist. Wird Fielding deshalb auf sie aufmerksam, weil sie eifersüchtig ist?
Die DVDs
Die Bildqualität hat sich immens gegenüber Staffel 3 gebessert. Ja, man hat wohl in der Produktionsfirma gemerkt, dass High Density der kommende Standard ist und man mit Videoqualität keinen Staat mehr machen kann. Der Ton bewegt sich weiterhin auf dem gleichen Niveau wie zuvor, dem eines guten Fernsehers.
Die anderen Mängel wie fehlende Untertitel und Extras kennen wir schon von allen anderen ZDF- & Edel-Motion-DVDs. Als Bonus bekommen wir eine Trailershow aus lauter Episodenschnipseln zugemutet.
Technische Infos:
O-Titel: Wire in the Blood - Season 4 (Großbritannien 2006)
Dt. Vertrieb: Edel Motion
VÖ: 02.04.2010
EAN: 4029759038580
FSK: ab 16
Länge: ca. 340 Min.
Regisseur: Andy Goddard, Declan O'Dwyer, A.J. Quinn, Peter Hoar u. a.
Drehbuch: Patrick Harbinson u.a.
Musik: The Insects, Dave Aston
Darsteller: Robson Green, Simone Lahbib, Jessica Harris u. a.
Bildformate: 1,78:1 (anamorph)
Tonformate: Deutsch in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Untertitel: keine
Extras:
- Trailershow auf DVD 4
- Redakteur:
- Michael Matzer
