Hexe des Grafen Dracula, Die
- Regie:
- Vernon Sewell
- Jahr:
- 1968
- Genre:
- Horror
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- Curse of the crimson altar
1 Review(s)
04.08.2008 | 16:08Bizarr-morbid: Träume im Hexenhaus
Auf der Suche nach seinem verschollenen Bruder verschlägt es Robert Manning in den Ort Greymarsh, wo er in einem alten Schloss von Mr. Morley und seiner Nichte Eve empfangen wird. In den folgenden Nächten plagen ihn düstere Albträume und er wird Zeuge dekadenter Riten, die zum Gedenken an die Hexe Lavinia vollzogen werden, welche im Jahre 1652 lebendig verbrannt wurde. Mit Hilfe von Prof. Marsh, einem Experten des Okkulten, findet Robert heraus, dass einer seiner Vorfahren der Inquisitor bei der Hinrichtung Lavinias war. Schlimmer noch, er muss feststellen, dass ihr rachebeseelter Geist aus dem Reich der Toten zurückgekehrt ist ...
Horrorfilm nach der Vorlage "Träume im Hexenhaus" (1932) von H. P. Lovecraft. Siehe dazu meine Rezension zum Hörbuch "Jäger der Finsternis".
Filminfos
O-Titel: Curse of the crimson altar (GB 1968)
Dt. Vertrieb: e-m-s (8. Mai 2008)
FSK: ab 16
Länge: ca. 84 Minuten
Regisseur: Vernon Sewell
Drehbuch: Mervyn Haisman und Henry Lincoln
Musik: Peter Knight
Kamera und visuelle Effekte: John Coquillon
Darsteller: Christopher Lee ("Herr der Ringe", "Dracula"), Boris Karloff ("Frankenstein"), Barbara Steele ("Die Stunde wenn Dracula kommt", "Das Pendel des Todes"), Michael Gough ("Sleepy Hollow", "Dracula"), Mark Eden ("Bob Manning"), Weatherell ("Eve Morley") u. a.
Handlung
PROLOG. Peter Manning schaut zu, wie die Hexe Lavinia, "Mutter der Mysterien" (Steele), ein Ritual ausführen lässt, in dessen Verlauf eine Blondine gequält und von ihr getötet wird. Lavinia befiehlt ihm, seinen Namen in das Buch des Todes einzutragen, was er auch tut. Ein Mann mit Hirschgeweih setzt ihm daraufhin ein glühendes Brandeisen auf die Brust. Manning schreit auf.
Haupthandlung.
Robert Manning (Eden), Mitinhaber des Antiquitätenladens Manning Bros. in London, erhält von seinem schon Tage überfälligen Bruder eine Kiste mit Antiquitäten und einen Brief. Auf dem Brief stehen eine Telefonnummer und eine Adresse: Es ist Greymarsh, das Heimatdorf der Familie Manning. Als ihm dort Mr. Morley sagt, man kenne keinen Peter Manning, beschließt er hinzufahren. An einer Tankstelle erfährt er, dass zurzeit Gedenkfeiern anlässlich einer Hexenverbrennung im Jahr 1652 stattfänden. Er solle sich in Acht nehmen.
Am Tor des Herrenhauses Craxted Lodge, wo Mr. Morley wohnt, hält er an. Erstaunt bemerkt er, wie ein halbnacktes Mädchen auf ihn zugerannt kommt, verfolgt von Männern. Falscher Alarm, sie spielen nur und kommen von der wilden Party, die gerade im Haus stattfindet. Dort lernt er Eve Morley kennen, die Nichte des Hausbesitzers. Die hübsche Blondine (Weatherell) bringt Bob zu ihm.
Morley (Chr. Lee mit Oberlippenbart) kann den Brief Peter Mannings nicht erklären. Erst später wird Bob klar, dass sich sein Bruder, um günstige Preise zu erzielen, unter falschem Namen vorgestellt haben und hier gewesen sein muss. Ein Diener namens Elder (Gough) bringt ihn auf sein Zimmer, das ihm Morley freundlicherweise zur Verfügung stellt. Wegen der Hexenfeiern seien alle Gasthauszimmer ausgebucht. Bob unternimmt einen ersten, vergeblichen Versuch, Eve zu verführen. Wann wird er es schaffen?
Bei einem Kamingespräch mit Morley und dessen Nichte erfährt er, dass sie mit der Hexe Lavinia, derer man gedenkt, verwandt ist. Er ahnt aber nicht, was das mit ihm zu tun hat. Ein eindrucksvoller Professor John Marsh (Karloff) stellt sich als Historiker vor, ist aber in Wahrheit ein Experte für Hexenkulte. Marsh lobt Lavinia und behauptet, sie sei, als man sie lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannte, der Verbrechen nicht schuldig gewesen, derer der Hexenjäger sie anklagte. Sie haben deshalb alle ihre Verfolger verflucht, wovon denn auch viele gestorben seien.
Die Prozession zum Gedenken an Lavinia findet Bob sehr eindrucksvoll. Schön, dass sich Eve so furchtsam an ihn schmiegt, denn der Scheiterhaufen und das Feuerwerk machen einen Höllenlärm. Prof. Marsh, für den Eve ein Manuskript tippt, muss sich in Acht nehmen, nicht auf seinem Rollstuhl in Brand zu geraten. Dass Marsh Folterinstrumente sammelt, findet Bob eher unappetitlich.
In der folgenden Nacht hat Bob den ersten Albtraum von Lavinia. Sie befiehlt ihm (wie seinem Bruder), sich in das Buch des Todes einzutragen, doch standhaft weigert er sich und erwacht schweißgebadet. Als er sich Eve und Morley anvertraut, reagieren sie nicht wie erwartet. Keiner erklärt ihn für verrückt. Die Suche nach Peter bleibt erfolglos, doch er erkennt, dass Peter sich als Dennis Fosber ausgegeben hat. Eve kannte diesen Mann, er war vor zwei Tagen noch da. Und sie lässt sich küssen. Mit Morley trinkt Bob wieder mal den verhängnisvollen Brandy.
Der zweite Albtraum mit Lavinia ist nicht mehr so harmlos wie der erste. Bob wird formell der Prozess gemacht, und Lavinia sticht ihn mit einem Ritualdolch. Seltsamerweise trägt Bob wirklich eine blutende Wunde davon und eilt in Eves Zimmer, um sich verarzten zu lassen - in mehr als einer Hinsicht ...
Mein Eindruck
Von der Lovecraft-Vorlage ist kaum noch etwas übrig geblieben. Jerry Sohls entsprechendes Drehbuch wurde komplett überarbeitet. Man verlegte den Schauplatz in die Gegenwart der Swinging Sixties, der Drogen, der Beat-Musik, der Liebes-Experimente. Und statt zweier dröger Mathestudenten hat der Plot nun ein fesches Liebespaar vorzuweisen. Dagegen wirken die dem Namen nach Großen des Films wie Relikte aus einer anderen Zeit, aus der Vorkriegszeit.
Boris Karloff hat eigentlich gar keine richtige Funktion im Plot außer als eine Art wandelnder Google-Suchmaschine. Und Christopher Lee, der damals an einer Rückenverletzung litt und sie mit Schmerztabletten überspielte, sieht etwas entrückt und melancholisch drein. Von seiner üblichen dramatischen Energie ist nichts zu sehen. Am Schluss ist er nicht Agierender, sondern Opfer seiner eigenen Obsession mit Lavinia und kommt folgerichtig darin um.
Nun muss aber noch die Frage beantwortet werden, was Morley, Lavinia und Bob Manning miteinander verbindet. Ganz einfach: Oben war von einem Hexenjäger die Rede, und der war im Jahr 1652 kein anderer als der Urahn der beiden Manning-Brüder. Sobald es dem Geist Lavinias, herbeibeschworen durch Drogen und Hypnose, gelungen war, Peter Manning dazu zu bringen, seinen Namen in das Buch des Todfes einzutragen, verfiel er ihrem Fluch. Diesen hatte sie ja, wie Marsh sagt, auf dem Scheiterhaufen über ihre Ankläger ausgesprochen. Ironisch ist natürlich, dass sie als Hexe gezeigt wird, die Menschenopfer darbrachte. Ihre Verbrennung war also offenbar völlig gerechtfertigt. Hier liegt Prof. Marsh falsch.
Barbara Steele hätte die Blue Girl Group gründen sollen. Jedenfalls sah sie als Lavinia mit ihrer blaugrünen Haut und dem hohen Federschmuck nie besser aus. Die Kamera verwöhnt und umschmeichelt sie geradezu. Der Kameramann John Coquillon, der später für Sam Peckinpah "Wer Gewalt sät" drehte, war auch für die visuellen Spezialeffekte verantwortlich, die ausnehmend gut gelungen sind. Der Trick mit dem sich drehenden Kaleidoskop ist zwar uralt und der Einsatz von Farbfiltern ebenfalls, aber die suggestive Wirkung bleibt dennoch nicht aus. Die bekifften Jugendlichen, die sich den Film ansehen sollten, fuhren wahrscheinlich ebenso auf die Drogeneffekte, die Bob erleidet, ab wie auf die zahlreichen Nuditäten.
Leider hat die britische Zensurbehörde einige Nacktdarstellungen streichen lassen - siehe EXTRAS - so etwa den Anfang. Immerhin bleiben noch einige wilde Szenen in den Lavinia-Träumen und auf der Drogenparty in Morleys Haus übrig. Die Party hat durchaus eine symbolisch-inhaltliche Aussage. Sie deutet an, dass in diesem Haus lockere Sitten herrschen, die von den Sittenwächtern, wüssten sie davon, garantiert verteufelt würden. Lavinia hätte sich ins Fäustchen gelacht. Die Ironie dabei: Es stellt sich heraus, dass es tatsächlich ein Hexenhaus ist. Wenn die Sixties also eine Party waren, dann muss es wohl einen Zeremonienmeister gegeben haben - vielleicht Andy Warhol oder Mick Jagger?
Fehlt nur noch der süße Lebkuchen, der unseren Hänsel mit seiner Gretel in die Folterkammer lockt. BoB Manning tut uns den Gefallen, treibt Unzucht mit der sehr ansehnlichen Eve Morley, einer Nachfahrin Lavinias, und wird dafür bestraft: Sie soll zusammen mit ihm sterben, wenn es nach Mr. Morley geht. Leider geht dieser feine Plan, wie so viele feinen Pläne, gründlich schief.
Der Schauplatz für die Handlung ist übrigens ein real existentes Gemäuer aus dem Jahr 1870, das Grim's Dyke House. Man kann dort laut Booklet heute ab 55 Pfund übernachten. Die Bühnenbildner brauchten nur noch wenig zu verändern (Geheimtüren und dergleichen), und das Haus lieferte die perfekte Location für die gruselige Handlung.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: Dolby Digital 1.0 (mono) deutsch, englisch
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D
Extras:
Originaltrailer
Bildergalerie
2 Super-8-Fassungen
Alternativer Anfang
Radio-Spots
Booklet (nur in limitierter Version mit Aufkleber auf Cover)
Mein Eindruck: die DVD
Das Bild sieht erstaunlich gut aus, obwohl es nicht digital überarbeitet wurde, doch der Ton lässt einiges zu wünschen übrig. Er entspricht zwar dem Niveau, das man von Filmen aus den sechziger und frühen siebziger Jahren gewohnt ist, aber das ist eben Mono-Ton ohne jeden Stereoeffekt. Manchmal scheint auch die Musik nicht ganz in Ordnung zu sein, besonders wenn die Streicher loslegen. Wie die Super-8-Versionen und Trailer belegen, kann die Tonqualität noch deutlich tiefergelegt werden.
BONUS:
1) Originaltrailer
Der britische Trailer (2:35 min) nennt den Film "The Curse of the Crimson Altar", doch der US-Trailer nennt den Titel als "The Crimson Cult" bzw. "Black Horror" (1:55 min). Will heißen, dass der Film zwei verschiedene Verleihtitel bekam. Darauf sollte man bei den folgenden Angaben achten. Die Bild- und Tonqualität des US-Trailers ist noch schlechter als die des britischen.
2) Zwei Super-8-Fassungen
Es ist folgerichtig, dass es auch zwei verschiedene Super-8-Fassungen gibt, je eine für die GB- und eine für die US-Version.
3) Bildergalerie (3:47 Minuten)
Die Bildergalerie bietet Plakate, Aushangfotos, Filmprogramme und Standfotos. Letztere sind deswegen interessant, weil auf ihnen Motive zu sehen sind, die nicht in der Endfassung auftauchen: insbesondere Nuditäten. Auf den deutschen Filmpostern des RCS-Filmverleihs taucht der Titel "Schwarze Messe auf blutrotem Altar" auf - auch kein schlechter Titel.
4) Alternativer Anfang
Zunächst erklingt eine andere Orgelmusik, doch das anfängliche Motiv ist der gleiche Hexenaltar, auf dem Lavinia Menschenopfer darbringt (und der in einer Kammer von Craxted Lodge auf Bob und Eve wartet). Der Schrein ist mit Fratzen von Pan und Geistern geschmückt. Danach folgt etwas ganz anderes: Eine Blondine wird von einer nackten Frau, deren Brustwarzen schwarz verdeckt sind, gepeitscht. In der Endfassung sieht man dieses Gothic Girl nur tatenlos herumstehen. Die Kürzung dieser Peitschszene wurde von der britischen Zensurbehörde verlangt.
5) Radio-Spots
Genau wie der Name sagt: Radiowerbung vom Grellsten und Schrillsten.
6) Booklet
Das Booklet ist durchweg mit informativem Text gefüllt, kommt also ohne die übliche Werbung der Serie aus. Den Artikel schrieb Marcus Pawelczyk. Zu den Informationen gibt es auch Filmfotos und auf der Rückseite ein Poster. Die Literaturangaben können die eigene Recherche des Sammlers weiterführen.
Alles in allem kann man für eine Sammleredition wohl kaum mehr an Material zusammentragen, zumal die meisten Mitwirkenden schon den Löffel abgegeben haben, so wie Boris Karloff, der gleich nach dem Film am 2.2.1969 an Lungenentzündung starb.
Unterm Strich
Wenn auch die Handlung zu langsam vorankommt und die Rolle Boris Karloff eigentlich unnötig ist, so liefert das B-Movie heute immer noch einige sehenswerte Schauwerte. Dazugehören natürlich die Partyszenen, die an jene in Antonionis "Blow up" erinnern, sowie die Traumsequenzen mit Lavinia/Barbara Steele. Die visuellen Effekte, die Nuditäten, die bizarren Rituale à la C. G. Jung auf Droge - offenbar werden diese Werte heute wiederentdeckt, wenn man dem Booklettext glauben will. Immerhin gönnt der Kritker Leo Maltin, dessen DVD-Katalog marktführend ist, dem Film zwei von vier Sternen, was nicht so übel ist. Für eine Sammleredition ist es allemal eine Empfehlung.
- Redakteur:
- Michael Matzer