Hongkong Crime Scene
- Regie:
- Benny Chan
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Hong Kong
- Originaltitel:
- San cha kou
1 Review(s)
20.06.2006 | 19:16Hintergrund
Der Name Benny Chan sollte Hongkong-Action-Fans ein Begriff sein, drehte er doch 2004 "New Police Story" mit Jackie Chan in der Hauptrolle. Mit "Divergence" (internationaler Titel) versucht (Benny) Chan sich nun an einem intelligenten Cop-Thriller, ganz im Zeichen von "Infernal Affairs".
Handlung
Detective Suen (Aaron Kwok) sieht sich einer schwierigen Aufgabe gegenüber: Er soll einen Kronzeugen aus Kanada nach Hongkong bringen. Der Flug verläuft ohne Komplikationen, doch in Hongkong angekommen, beginnen die Probleme für Suen. Trotz größter Sicherheitsvorkehrungen gelingt es einem Auftragskiller den Kronzeugen aus dem Weg zu räumen. Der geschockte Suen macht sich nun auf, den Killer zu finden, ohne zu wissen, dass er dabei auf seine eigene Vergangenheit trifft. Denn Coke (Daniel Wu) - so der Name des Killers - scheint etwas mit dem Verschwinden von Suens Freundin vor zehn Jahren zu tun zu haben. Suen steht auf dem Scheideweg zwischen seiner Vergangenheit und dem aktuellen Mordfall. Unterdessen begibt sich der Millionär Yiu Ting-chung (Gallen Law) auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Anfangs noch erfreut über den Tod des Kronzeugen (Yiu war in einen Geldwäscheskandal verwickelt, den der Kronzeuge aufzudecken drohte), wird kurze Zeit später sein Sohn unter mysteriösen Umständen entführt. Yiu vermutet, dass sein eigener Boss etwas mit dem Verschwinden zu tun hat - wie agiert er nun? Das dürfte auch für To Hou-sung ((Ekin Cheng) von größtem Interesse sein. Als Yius Anwalt musste er sich um den Geldwäscheskandal kümmern, trotz der Gewissheit, dass er so der Hongkonger Unterwelt hilft. Und auch Tos Frau Amy spielt eine wichtige Rolle in diesem komplizierten Beziehungsdreieck.
Kritik
"Hongkong Crime Scene" weiß durchaus zu gefallen. Das komplizierte Beziehungskonstrukt der drei Protagonisten wurde von Benny Chan wunderbar eingefangen und bietet mit seiner Visualisierung sehr viel fürs Auge. Sicherlich muss sich jeder Hongkong-Cop-Thriller mit "Infernal Affairs" messen, welcher mit seiner meisterhaften Geschichte, der tollen Regie und den sehr guten Darstellern die Messlatte für solche Filme enorm hoch gesetzt hat. Der Vergleich hinkt hier aber ein wenig, da "HCS" ganz anders angelegt ist. Statt sich auf ein klassisches Protagonist/Antagonist-Verhältnis zu beschränken (und sei es noch so komplex aufgebaut), agiert dieser Film auf drei Ebenen, die sich immer wieder überschneiden und wechselseitig beeinflussen. Zudem bemühte sich Regisseur Chan dem Film einen Einschlag ins Drama-Genre zu geben. So erlebt der Zuschauer die Handlung aus Sicht des depressiven Cops Suen, der nicht über das Verschwinden seiner Freundin vor zehn Jahren hinwegkommt, aus der des Auftragkillers Coke und aus der Perspektive des Rechtsanwalts To Hou-sung.
Selbstverständlich liefert der Film jegliche Hintergründe zu allen drei Protagonisten und wartet dabei mit vielen, vielen Nebencharakteren auf, welche ebenfalls eigene Handlungsstränge verfolgen. Leider schadet diese Überladung an Handlung und Charakteren dem Filmgenuss sehr, da es stets vollste Aufmerksamkeit bedarf, um dem Film zu folgen. Durch die wechselseitige Beeinflussung der Charaktere und einige Rückblenden ergibt sich ein komplexes Konstrukt aus Beziehungen, Aktionen und Reaktionen, denen man stellenweise nur schwer folgen kann. Zudem wirken einige Passagen wenig glaubwürdig, was einen weiteren Malus bildet.
Betrachtet man die Visualisierung des Films, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Hier dreht der Film völlig auf, umgarnt das Auge mit einer wunderbaren Kameraarbeit, die von schönen Totalen, zu Tele- und Weitwinkelaufnahmen reicht und häufig kunstvolle Blickwinkel sucht. Allgemein benutzt Regisseur Benny Chan einen sterilen, klinischen und sehr sauberen Stil, der häufig einen leichten Grünfilter nutzt. Vereinzelt spielt Chan auch mit Licht und Schatten, was eine weitere schöne visuelle Nuance darstellt.
Wie aus Hongkong gewohnt, kommt auch die Action nicht zu kurz. Immer wieder lockern sehr schöne Actionsequenzen die komplexe Handlung auf, die nicht nur hübsch anzuschauen, sondern auch noch einfallsreich sind. Neben einer Verfolgungsjagd zwischen Cop Suen und Auftragskiller Coke, die in einer Wohnung beginnt und mit einer Schlägerei auf einem Fischmarkt endet, glänzt der Film mit vielen weiteren Actionsequenzen, deren Highlight ein herrlicher Shootout bei strömendem Regen zum Ende des Films bildet. Diese Szenen sind wirklich gelungen und trösten über das wirre und deutlich überladene Beziehungskonstrukt der Protagonisten hinweg. Gerade die zentrale Figur des Suen ist hier zu nennen, da seine Flashbacks, die sich immer um seine vermisste Freundin drehen, die Handlung unnötig aufblähen. Zudem agiert Darsteller Aaron Kwok mehr als unglücklich, da sein Spiel Emotionen nicht wirklich glaubhaft rüberbringt. Die Zerrissenheit und Trauer, die in seinem Charakter steckt, bringt er nicht rüber, die Wut und den Wahnsinn hingegen schon. Und auch seine Actioneinlagen sind sehr gelungen und hübsch anzuschauen. Die anderen beiden Stars des Films, Daniel Wu (Coke) und Ekin Cheng (To Hou-sung) überzeugen hingegen vollstens. Wu ist der Inbegriff des Antagonisten, des schmierigen und unsympathischen Gegners, der es aber doch schafft, Mitleid zu erwecken. Cheng brilliert hingegen in der Rolle des verruchten Anwalts, der ein dunkles Geheimnis verbirgt. An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass kein Charakter so angelegt ist, wie er anfangs erscheint, vielmehr entwickelt sich jeder einzelne in eine bestimmte Richtung, von gut zu böse und zurück. Schaut man auf die Nebendarsteller, fällt vor allem der sehr gelungene Auftritt von Eric Tsang ("Infernal Affairs") auf, der für einige Schmunzler sorgt und mit seiner unnachahmlichen Art einen besonderen Gewinn für den Film darstellt. Auch die weiteren Darsteller überzeugen - sei es Gallen Law (Yiu Ting-chung) oder die bezaubernde Angelica Lee (in einer Doppelrolle als Fong und Amy). Betrachtet man also zusammenfassend die Pros und Cons, bleibt ein guter Hongkong-Cop-Film, der optisch sehr gut gefällt, jedoch an seiner schwer nachvollziehbaren und überladenen Handlung kränkelt.
Die DVD
Das Bild (16:9 (2.35:1) anamorph) zeigt sich sehr gut, überzeugt mit kräftigen Farben, einem satten Schwarzwert und einer tollen Schärfe. Der Kontrast ist ebenso wie die Kompression gut und leistet sich kaum Schwächen. Einzig in Nahaufnahmen verschwimmen Hintergrunddetails leicht. Hintergrund- oder Blockrauschen ist zudem nicht vorzufinden. Leichte Nachzieheffekte trüben den ansonsten sehr guten Gesamteindruck nur minimal.
Der Ton (Deutsch, Kantonesisch DD5.1, Deutsch DTS 5.1) beeindruckt. Beide Dolby Spuren ertönen sehr räumlich, mit vielen Details im Rearbereich, einem sich im Raum ausbreitenden Score und einem satten Bass. Der aufgesetzten deutschen Synchro steht eine Frontlastigkeit des kantonesischen Originals gegenüber. Die DTS-Spur leistet sich hingegen keine Schwächen, kommt mit einer wunderbaren Dynamik daher und klingt deutlich homogener als die Dolby-Spuren. Der erhöhte Lautstärkepegel ist zudem nahezu obligatorisch.
Die Extras können da leider nicht mithalten. Einem kurzen und interessantem Making Of (ca. 15 Minuten) stehen noch rund zwei Minuten von der Filmpremiere gegenüber. Abgerundet wird das Ganze vom Filmtrailer und der Standart Trailershow.
Fazit
"Hongkong Crime Scene", oder um den deutlich treffenderen internationalen Titel "Divergence" zu bemühen, ist ein guter Cop-Thriller geworden, der aber deutlich Potential verschenkt. Einer tollen Visualisierung steht eine wirre und überladene Handlung gegenüber, der es schwer zu folgen ist. Bleibt man konzentriert und fokussiert, wird man mit einem wirklich schönen Film belohnt, der zwar nicht mit "Infernal Affairs" mithalten kann, den direkten Vergleich aber nicht zu scheuen braucht. Die tollen Actionsequenzen liefern zudem einen weiteren Anreiz für Fans, diesen Film auf ihre Liste zu setzen. Eingeschränkte Empfehlung.
- Redakteur:
- Martin Przegendza