Killer Kid
- Regie:
- Leopoldo Savona
- Jahr:
- 1967
- Genre:
- Western
- Land:
- Italien
1 Review(s)
06.10.2008 | 14:04Revolutionswestern mit einem Helden unter Valium
Der US-Offizier Morrison (Anthony Steffen) soll den Waffenschmuggel zwischen Mexiko und den USA unterbinden, in den der Revolutionsgeneral Vilar (Sancho) verstrickt zu sein scheint. In Mexiko findet gerade mal wieder ein Bauernaufstand statt. Dazu gibt sich Morrison als der gefürchtete Westernheld Chamaco alias Killer Kid aus. Doch Chamaco ist ein Idol der Rebellen, und die Nichte von deren Anführer El Santo, Mercedes, verliebt sich auch prompt in ihr Idol. Aber kann Morrison die Wahrheit lange verbergen? El Santos General (Sancho) misstraut dem Gringo. (Verleihinfo)
Die DVD ist eine weltweite Erstveröffentlichung, wie der Verleih angibt. Das Material wurde digital überarbeitet, so dass das Bild sehr gut aussieht. Mehr dazu weiter unten. Diese DVD ist Nr. 5 in der Italo-Western-Collection von Koch Media.
Filminfos
O-Titel: Killer Kid (Italien 1967)
Dt. Vertrieb: Koch Media (4. April 2008)
FSK: ab 16
Länge: ca. 97 min
Regisseur: Leopoldo Savona
Drehbuch: Leopoldo Savona, Sergio Garrone
Musik: Berto Pisano
Darsteller:
Antonio De Teffe als Captain Morrison
Consalvo Dell'Arti als Commander Valentino Macchi
Fedele Gentile als Captain Garrison
Domenico Cianfriglia als Ortiz
Adriano Vitale
Howard Nelson Rubien als El Santo
Ugo Adinolfi
Fernando Sancho als Vilar
Bruno Arie als Chico
Luisa Baratto als Mercedes Hernandez
Fortunato Arena
Yorgo Voyagis als Pablo
Giovanni Cianfriglia als Ramirez
Tom Felleghy als Burnes
Virginia Darval als Dolores
Handlung
"Feuer!" Wieder lässt Capitano Ramirez Angehörige der Zivilbevölkerung exekutieren, um die Bauern, die er der Rebellion verdächtigt, dazu zu zwingen, ihren Anführer El Santo, den Heiligen, zu verraten.
Unterdessen verhelfen Unbekannte Captain Morrison (A. Steffen) zur Flucht aus dem Gefängnis von Fort Henry. Sein Auftrag lautet, den Waffenschmuggel von Texas nach Mexiko zu unterbinden. Mit den Rebellen hat das nur indirekt etwas zu tun. Der politische Grund ist nur der, dass die US-Regierung nicht den Eindruck erwecken will, als würde sie die Rebellen jenseits der Grenze unterstützen. Ein Texaner namens Burnes kümmert sich aber nicht darum. Ihm soll Morrison das Handwerk legen. Um dies in aller Stille tun zu können, soll er jedoch nur von Mexiko aus gegen ihn vorgehen.
Morrison beobachtet von seinem Posten aus. Wieder mal trifft eine Lieferung an der Grenze ein. Der Revolutionsgeneral Vilar (F. Sancho) will Sam jedoch austricksen, schießt dessen Männer nieder und raubt die Waffen. Doch er kommt nicht weit, denn Sam, Burnes' Stellvertreter, überrascht und entwaffnet ihn. Sam übergibt ihm einen Brief von Burnes an El Santo.
Als alle abgezogen sind, kommt Morrison aus seinem Versteck und kümmert sich um die Verletzten, wird aber sogleich von den Soldaten unter Ramirez gestoppt. Sie halten ihn für den Pistolero Chamaco, auf dessen Kopf eine Belohnung ausgesetzt ist. Doch kaum ist Ramirez den Amis hinterher, kann sich Morrison befreien und mit dem Verletzten, einem gewissen Pablo, entkommen. Dieser hält ihn natürlich für Chamaco, und der ist in Mexiko ein Volksheld. Pablo will ihn zu El Santo bringen, dem Organisator des Aufstands.
Das gelingt Morrison auch ohne weiteres, denn mit Pablos Hilfe hat er einen Vertrauensvorschuss. Alle betrachten ihn als Chamaco, außer Vilar, der einen Rivalen wittert. So lernt Morrison die schöne Mercedes Hernandez (Luisa Baratto) kennen. Sie verliebt sich noch mehr in den feschen Burschen, als er die Bürger der Stadt, in der El Santo lebt, gegen die Exekutionen, die Ramirez wieder mal veranstaltet, verteidigt. Ramirez kommt mit dem nackten Leben davon, doch jeder weiß, dass er sich rächen will. Deshalb verlassen die Bürger ihre Stadt.
Der Treck rastet bei der ausgebrannten Ruine einer Hacienda. Hier wird Vilars Misstrauen gegen Morrison/Chamaco erneut geweckt, als sich in der Nacht der Munitionswagen wie von Geisterhand selbständig macht und in einer Schlucht explodiert. Als Beweis seiner Identität soll Morrison eine Prüfung absolvieren, wie sie nur der echte Chamaco bestehen könnte: Er soll Mercedes, der Morrison inzwischen seine Zuneigung gestanden hat, eine Silbermünze aus den emporgehaltenen Fingern schießen.
Nach bestandener Prüfung und dem Abschied des beleidigten Vilar darf sich Morrison am Kampf der Rebellen gegen die Soldaten beteiligen, doch das bringt ihn nicht weiter. Er will ja den Waffenschmuggel unterbinden. Doch nun vertraut ihm El Santo, offenbar ein Richter, so weit, dass er ihm den Treffpunkt mit Burnes' Waffenschmugglern verrät: den Alegre-Pass.
Das Treffen gelingt, doch Burnes kennt leider auch Morrison und verrät Mercedes dessen wahre Identität: Er sei ein amerikanischer Geheimagent. Die Bestrafung überlässt er der hintergangenen Frau. Wird Morrison nun von ihr getötet?
Mein Eindruck
Dieser sogenannte "Revolutionswestern" (siehe EXTRAS) hat mich völlig kaltgelassen, ganz anders als etwa "Töte Amigo". Das liegt zum einen daran, dass Killer Kid alias Chamaco gar kein Mexikaner ist, sondern ein amerikanischer Spion namens Captain Morrison. Das finde ich schon mal nicht so sympathisch in diesem Kontext. Wenn man nämlich mit der Revolution des mexikanischen Volkes sympathisieren soll, dem dieser Film laut Starttext gewidmet ist, dann kann man sich nicht auf die Seite dieses Spions stellen, obwohl er eigentlich die Hauptfigur ist. Unsere Sympathien sind daher im ganzen Film zweigeteilt und im Zweifel.
Verstärkt wird die Unsicherheit durch den Umstand, dass der Spion Chamaco spielt, einen Helden der Revolution. Und in dieses Zerrbild verliebt sich die schöne Mercedes, die die Zukunft des Landes und Volkes verkörpert. Unsere Hoffnung gilt ihr, doch nach den Gesetzen der Tragödie muss eine schöne Frau immer sterben, denn es gibt nichts Tragischeres. Gleich mehr dazu.
~ Wilhelm Tell ~
Mercedes erklärt sich bereit, den Chamaco-Darsteller Morrison auf die Probe zu stellen. Die Identitätsprüfung ist natürlich zugleich eine Liebesprobe. Das hat mit dem berühmten Apfelschuss von Wilhelm Tell recht wenig zu tun, obwohl die Ähnlichkeit mit dieser Szene aus dem Schweizer Freiheitskampf gegen die Habsburger sicher beabsichtigt und auch passend ist. Luisa Baratto (ein Pseudonym für Louise Barrett?) ist sehr ansehnlich und auf jeden Fall ein Gewinn für den Film.
~ Botox oder Valium? ~
Ein wichtiger Grund, warum mich der Film kaltließ, ist das phlegmatische Spiel von Anthony Steffen. Als habe er sich Botox spritzen lassen oder stehe unter Valium, verzieht er nie auch nur die geringste Miene. Das soll wohl sein Pokerface darstellen, langweilt jedoch nur. Lediglich im Showdown soll Steffen die Schmerzen eines Verwundeten ahnen lassen, und der Zuschauer ist schon froh, wenn der Darsteller nicht mehr agiert wie ein Roboter.
~ VORSICHT, SPOILER! ~
Die Freude währt jedoch nicht lange. Im grande finale des Films wollen die Rebellen die Waffen, welche die Soldaten von den amerikanischen Schmugglern geraubt haben, zurückerobern. Es kommt zu einer regelrechten Schlacht in einem Canyon. Morrison gelingt es, eine Zündschnur an das Dynamit zu legen und anzuzünden, doch Lt. Ramirez kommt ihm dazwischen und verwundet ihn. Wer soll nun das Werk vollenden? Nicht mehr die Wiederbeschaffung, sondern die Vernichtung der Waffen ist nun das Ziel geworden. Das ist nicht gerade im Sinne der Revolution, oder?
~ Rätsel ~
Mercedes meldet sich freiwillig für den Job, doch warum nur? Ist es aus Liebe zu Morrison (dessen falsche Identität sie bereits kennt), zur Revolution oder aus Hass auf die Soldaten? Wir erfahren es nicht, sicher ist nur, dass es ihr gelingt, um den Preis ihres Lebens. Natürlich spricht sie, bevor sie den Löffel abgibt, unsterbliche Worte zu Morrison: "Deine Mission ist erfüllt. Ich habe dich geliebt." Sie bewirkt genau das, was sie bezweckt, nämlich Morrison mitten ins Herz zu treffen. Dieser stapft denn auch wieder wie ein Roboter von dannen. Wieder mal hat es nicht geklappt, Job und Liebe zu vereinen. Vielleicht sollte er mal die Branche wechseln.
~ Widersinnig ~
Der ganze Ablauf, wiewohl dramaturgisch zwingend, ist widersinnig. Die Rebellen haben bereits gewonnen, doch Morrison hat den Auftrag, die Waffen, die für sie bestimmt sind, zu zerstören, und schafft dies zur Hälfte. Die zweite Hälfte soll Mercedes erledigen. Ihre Gründe bleiben rätselhaft. Vielleicht will sie die Waffen auch nicht dem General Villa in die Hände fallen lassen, der damit nur Geld verdienen will. Jedenfalls legt sich Morrison/Steffen extra für ihren Einsatz wie verletzt hin, steht aber nach vollbrachter Tat wieder auf, als wäre nichts gewesen. Hier wird das Schau-Spiel denn doch entschieden zu weit getrieben. Es desavouiert sich selbst als inszeniertes Spektakel.
(SPOILER ENDE)
~ Kostengünstig ~
Wie billig der Film gemacht ist, sieht man an zwei Szenen. Die eine ist ein Nachdreh, der in einer völlig anderen Landschaft als Südspanien erfolgte. Plötzlich ist alles grün, und es gibt eine grüne, stämmige Eiche. Offensichtlich befinden wir uns in Italien. Eine weitere verräterische Szene ist die "Nacht"-Szene in der Stadt der Rebellen. Deutlich sind starke Schatten an Bauten und Darstellern zu erkennen. Hier wurde ein Filter verwendet, um "night for day" zu drehen.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: D in DD 2.0, Italienisch in DD 2.0
Sprachen: D, Italienisch
Untertitel: D
Extras:
- Italienischer Originaltrailer
- Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
- Featurette "A conversation with Anthony Steffen" (ca. 10 min)
- Essay zur DVD
Mein Eindruck: die DVD
Aufgrund der digitalen Überarbeitung ist die Qualität des Bildes hervorragend. Leider kommt die neue Farbenpracht nur selten zur Geltung, weil die Kostüme und die Landschaft recht wenig Farben aufweisen. Am prächtigsten sieht noch Mercedes aus. Der Tonstandard wurde von Mono- auf Stereoniveau angehoben, aber in der deutschen Synchronisation merkt man davon wenig. Diese weicht viele Male erheblich von den Untertiteln ab.
EXTRAS
1.) Italienischer Originaltrailer
Der 2:45 Minuten lange Trailer kommt ohne Kommentar aus und ist ebenso remastered wie der Hauptfilm, allerdings mit einem kleinen Fehler: Man sieht ein paar helle Punkte im Bild, die den Zuschauer irritieren.
2.) Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Die Bildergalerie umfasst wie so oft Filmplakate, zum Teil kolorierte Aushangfotos sowie ein Filmheft mit Schwarzweißfotos.
3.) Featurette "A conversation with Anthony Steffen" (ca. 10 min)
Anthony Steffen alias Antonio de Teffe ist hier ca. zehn Minuten lang in einem Heimvideo zu sehen, das mit Musik untermalt wird und mit deutschen Untertiteln versehen ist. Er spricht nämlich Italienisch. Sein erster Western war ein deutscher: "La valle delle ombre rosse" aka "The last tomahawk" von 1966. Er führte nie Regie, produzierte nur einmal und zwar "Django il bastardo" von 1969.
Natürlich erzählt er ein paar Anekdoten. Dazu gehört, wie er den spanischen Starschurken Francesco Pancho k.o. schlug, möglicherweise in "Djano - Die Geier stehen Schlange", wo er einen sehr langen Faustkampf mit Sancho auszutragen hatte. Die restlichen Anekdoten betreffen seine zwei Auftritte in "Die letzten Tage von Pompeji" (1959) und dessen Vorgänger "Goddess of Love" (1958), beide von Mario Bonnard. Aufgrund dieser Erfahrung vor Ort konnte er noch Jahre später amerikanischen Touristen die phallischen Symbole in Pompejis Straßenplatten zeigen, die den Freiern der Antike den Weg zum Bordell der Stadt wiesen.
4.) Essay im DVD-Pack
Wolfgang Luleys Essay auf der Innenseite der Verpackung wirft zunächst einen kurzen Blick auf "Killer Kid" und wertet ihn knapp, stellt aber keine Darsteller vor. Der Regisseur Leopoldo Savona drehte fünf Italo-Western, darunter 1971 "Spiel dein Spiel und töte, Joe", ebenfalls mit A. Steffen in der Hauptrolle. Seltsam finde ich, dass Luley die Rolle A. Steffens als "Chamaco" bezeichnet, obwohl doch klar ist, dass es sich um Captain Morrison handelt, der die Rolle des Chamaco nur spielt.
Danach wird es interessant: Luley beschreibt die Forderungen und den Verlauf der Mexikanischen Revolution zwischen 1910 und 1920, die rund eine Million Todesopfer forderte. Hier fallen Namen wie Zapata, Pancho Villa und Madero. Als Letztes folgt ein Überblick über die Western, die dieses Ereignis mehr oder weniger gut verarbeiteten, darunter Sergio Leones "Todesmelodie" (1971), gedreht.
Unterm Strich
Die DVD ist eine weltweite Erstveröffentlichung, schön und gut, aber ob der Film wirklich diese Werbung wert ist, wage ich zu bezweifeln. Mich hat er jedenfalls ziemlich kaltgelassen. Nur die Wilhem-Tell-Szene fand ich kunstvoll inszeniert, und auch das großartig angelegte Finale gibt einiges an Spannung und Action her. Nachdem aber das Ende von Mercedes und der Abgang Morrisons einiges an Fragen offengelassen haben, bleiben Zweifel, ob der Streifen sein Ziel wirklich erreicht hat. Ich würde sagen: "eher nicht". Die Rebellen sind zwar die einzigen Helden, die diesen Namen verdienen, doch sie haben so viele Fehler, dass ihre Revolution zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. Ob das wohl im Sinne des Erfinders ist, bezweifle ich ebenfalls.
Das Bonusmaterial ist nicht gerade hilfreich dabei, die vielen offenen Fragen zu beantworten. Der Essay beschäftigt sich kaum mit dem Film, das Interview mit Anthony Steffen scheint sich um seine Sandalenfilme zu drehen und die Bildergalerie liefert bloß Werbung in Form von Fotos und Plakaten.
- Redakteur:
- Michael Matzer