King of California
- Regie:
- Michael Cahill
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
1 Review(s)
06.06.2008 | 13:21Schatzsucher unter sich: Nicht gerade Indiana Jones!
Miranda (Evan Rachel Wood) hat es nicht einfach. Die Mutter der 17-Jährigen ist längst abgehauen; ihr Vater Charlie (Michael Douglas) hat gerade zwei Jahre in der Klapsmühle verbracht. Um sich über Wasser halten zu können, hat Miranda die Schule geschmissen und einen Job bei McDonald's angenommen. Jetzt ist Charlie wieder da. Und er ist wunderlicher und verrückter denn je, und auch völlig mittellos. Noch dazu ist er besessen von der fixen Idee, den verborgenen Schatz eines spanischen Eroberers des 17. Jahrhunderts zu heben: Charlie wird nicht müde, in ganz Südkalifornien danach zu suchen - und fündig zu werden. Der Haken an der Sache: Da, wo der Schatz vergraben liegen soll, steht jetzt ein riesiger Supermarkt. Ausgerechnet Miranda soll Charlie helfen, doch noch an die spanischen Golddublonen zu kommen ...
Filminfos
O-Titel: King of California (USA 2006)
Dt. Vertrieb: e-m-s
Veröffentlichung: 7. April 2008 (Leih-DVD), 19. Juni 2008 (Kauf-DVD)
FSK: ab 12
Länge: ca. 90 Minuten
Regisseur: Michael Cahill
Drehbuch: Michael Cahill
Musik: David Robbins
Darsteller: Michael Douglas, Evan Rachel Wood, Allisyn Ashley Arm, Angel Oquendo, David J. O'Donnell, Gerald Emerick, Greg Davis Jr., Jeanie Hackett, Laura Kachergus, Mousa Kraish, Paul Lieber, Wes Sabo, Will Rothhaar u. a.
Handlung
Miranda, Charlie und Pepper brechen in den Supermarkt ein. Der Alarm geht los. Mist! Miranda erinnert sich, wie alles fünf Monate vorher begann ...
Die fast 17 Jahre alte Miranda holt ihren Vater Charlie aus der "Santa Clara Abteilung für Verhaltensauffälligkeit" ab. Zwei Jahre war er fort. In ihrem alten, bei eBay ersteigerten Volvo fährt sie ihn zu ihrem Zuhause, nach dem schon die Geier von der Bank gieren. Aber sie hat noch nicht seinen geliebten Kontrabass versetzt, den er in einer Jazzband gespielt hat. Stattdessen hält sie sich tapfer mit einem Job bei McDonald's über Wasser, nachdem sie die Schule schmeißen musste. In einer Rückblende erfahren wir später, was zu diesem abrupten Wechsel im Leben von Charlie und Miranda geführt hat. Charlie konnte nicht verwinden, dass seine Frau, ein schönes Hand-Model, ihn verlassen hatte. Da muss Miranda acht oder zehn gewesen sein.
Nun sperrt Charlie seinen Kontrabass in den Schrank und beginnt Spanisch zu lernen. Vielversprechend ist auch, dass er sich zu einem Vorstellungsgespräch bringen lässt, denn selbstredend verfügt Charlie über keinen einzigen Cent. Das "Vorstellungsgespräch" stellt sich schnell als Lüge heraus. Stattdessen hantiert Charlie mit Landkarten, Handspaten und sogar einem Metalldetektor. Erst findet er einen Vierteldollar, dann eine spanische Golddublone aus dem 17. Jahrhundert. "Heureka!"
Endlich rückt er mit der Wahrheit hinter seinem rätselhaften Treiben heraus. Er ist unter die Schatzsucher gegangen und jagt die "Portokasse" eines spanischen Eroberers aus dem Jahr 1651. Dessen Taten hat ein Padre Torres festgehalten. Wie einem Krümelpfad folgt Charlie dieser Vorgabe - bis er auf ein unüberwindbares Hindernis stößt. Am letzten Verteidigungsort der Eroberer gegen die Eingeborenen erhebt sich nun statt eines Höhlenlabyrinths ein gewaltiger Baumarkt.
Doch statt der richtigen Stelle des vergrabenen Goldes interessiert sich Miranda mehr für die Wunder moderner Küchentechnik, die ihr das Spülen von Charlies schmutzigem Geschirr ersparen würden. Dennoch, durch einen bewegenden Austausch von Liebesbekundungen lässt sich Miranda auf den verrückten Plan ihres Vaters ein. Der Besuch einer Swingerparty ist erst der Anfang, doch dann kommt es zu dem eingangs erwähnten Einbruch in den Baumarkt.
Der Alarm geht los, schon bald rücken Feuerwehr und Polizeikräfte an. Seltsamerweise wurde ihnen ein Gasleck angezeigt ...
Mein Eindruck
Der Film ist ein Familiendrama zwischen Vater und Tochter, mit der Mutter ganz im Hintergrund. Es ist sehr feinfühlig, ironisch und durchaus spannend erzählt, denn das Drama Mirandas und Charlies offenbart sich erst in einer Folge von mehreren Rückblenden. So erfahren wir dann auch vom Grund für Charlies Einweisung in die Anstalt, in der er auf die Idee mit der Schatzsuche kam.
Wie dies geschah, ist ebenso witzig umgesetzt: die Holzschnittillustration von Pater Torres' Tagebuch wird plötzlich lebendig. In einer Art Mittelalter-Anime stiefelt Charlie, deutlich erkennbar an Bart und Buch, durch die Szenerie, bis er schnurstracks aus dem Mittelalter in das TV-Zimmer der Anstalt gelangt. So etwas habe ich noch nie gesehen, aber es ist sehr gelungen realisiert, inklusive Folterszenen. Zartbesaitete seien gewarnt.
Aber das Thema ist auch der Traum (oder das Trauma), der Kalifornien ist: das Gelobte Land für Einwanderer aller Art. Die Eingeborenen kamen selbst aus Asien, dann folgten im 17. Jahrhundert die spanischen Eroberer, schließlich die Weißen mit ihrer Gier nach Gold. Heutzutage werden die Orangenhaine zunehmend von Häusern für weitere Einwanderer verdrängt: Mexikaner aus dem Süden und Chinesen, die, wie Charlie es im Traum vorhersah, nackt an den Strand gespült werden.
Alle suchen irgendeine Art von Schatz. Alle außer Miranda, die doch eigentlich ihrem Shakespeare-Namen alle Ehre machen und rufen sollte: "Welch eine schöne neue Welt, die solche Männer hat!" Ironischerweise ist Miranda schon am Ende eines solchen Traumes angelangt. Sie hält ihn für ebenso ein Hirngespinst, wie es der ursprünglich von einem spanischen Dichter des 16. Jahrhunderts erfundene Name "Californien" ist.
Deshalb kritisiert sie auch immer wieder den Schatzsuchertraum Charlies. Er nehme das Leben nicht ernst, sie aber müsse sich darin zurechtfinden. Er sieht es ein - und findet unerwartete Auswege, so etwa eine Kreditkarte (das ganze Land lebt auf Pump) und das Versetzen seines geliebten Kontrabasses. Alle Opfer sind nicht nur für Miranda, sondern auch für seinen Traum vom Gold der Spanier.
Ob er das Gold nun findet oder nicht, soll hier nicht verraten werden. letzten Endes ist es auch nicht so wichtig, sondern nur der Traum und der Glaube daran ist von Bedeutung. Sie sind die Essenz der Träumer Amerikas - und sie werden meistens für verrückt erklärt. Ironischerweise sind es die angespülten Mexikaner und Chinesen, die diesen Traum immer wieder von Neuem bestätigen.
~ Die Darsteller ~
Michael Douglas hat man sicher noch nie als einen alten Zausel gesehen. Der ganze Film hängt von der Glaubwürdigkeit seiner Darstellung ab. Allerdings ist Charlies Logik nicht die der weltweisen Miranda, sondern die des Träumers. Deshalb wird man immer wieder überrascht, welche neuen Geschütze Charlie auffährt. Sogar in der Liebe hat er unerwarteten Erfolg.
Evan Rachel Wood ist sein genaues Gegenteil: keine Träume mehr. Sie kosten nicht nur Geld, sondern auch Menschenleben. Dass sie sich trotzdem auf Charlies Spiel einlässt, ist eine Gratwanderung der Plausibilität. Der Zuschauer möchte sich von Woods / Mirandas Schönheit rühren lassen und wünscht ihr das traumhafte Puppenhaus-Leben, welches sie in ihrer Kindheit bis zum Verschwinden ihrer Mutter und der Einweisung ihres Vaters führte. Ganz am Schluss sehen wir jedoch einen hellen Schein in ihrem Gesicht - und ein Leuchten tritt in ihre Augen. Vielleicht kann sie den Traum retten.
Mehr Interpretation gibt es in meinen Ausführungen zum Making-of. Sehr hilfreich!
~ Die Musik ~
... spielt eine wesentliche Rolle in diesem Film. Charlie ist ja ein Jazzmusiker. An einer Stelle spielt er wirklich den Kontrabass wunderschön (natürlich Playback). Langsame, bewegende Jazzmusik begleitet viele Szenen. Den Abschlusssong bildet passenderweise "California Stars", wobei "stars" doppeldeutig gemeint ist. An einer Stelle wird mal wieder Jimi Hendrix' phänomenales Gitarrenstück "Voodoo Chile, Slight Reprise" angestimmt, wenn auch in einer modernisierten Fassung.
Andere Szenen, die lustiger sind, werden von einer Mandoline begleitet, die eher zu Skiffle-Musik passt - so auch zum lustig animierten Menü. Die Metapher des Goldsucherpfades wurde hier verwendet, um den Zuschauer neckisch durchs Menü zu führen.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: D in DD 5.1, Englisch in DD 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D
Extras:
1. Making-of
2. Originaltrailer
3. Bildergalerie
4. Trailershow
Mein Eindruck: die DVD
Die Qualität von Bild und Ton ist einwandfrei. Die Silberscheibe bietet zwar keinen DTS-Standard an, aber DD 5.1 ist für diese Art von Handlung - weder Action noch Horror - gut geeignet und völlig ausreichend. Beim Vergleich der Synchronisation mit den Untertitel bemerkte ich erhebliche Abweichungen. Es erscheint mir sinnvoll, die Untertitel auch bei der deutschen Tonspur zuzuschalten. Die Synchronisation weist übrigens die gewohnte Synchronstimme Volker Brandts für Michael Douglas auf. Das macht den Film noch einmal so sympathisch.
~ Extras ~
Zwei Trailer in Deutsch und Englisch machen neugierig auf die Story des Films. Eine selbst ablaufende Bildergalerie (2:35 Minuten) zeigt nicht nur die üblichen Standbilder vom Film, sondern auch Aufnahmen vom Dreh - inklusive des Luchses, der eines Nachts in das Heim von Charlie und Miranda eindringt. Im Hintergrund erklingt einer der stimmungsvollen Songs des Films.
~ Das Making-of (9:55 Minuten) ~
Michael Douglas, Regisseur Cahill und die Produzenten erklären uns einiges über die Besonderheiten des Films und was sie daran gereizt hat, ihn zu machen. Außerdem erfahren wir mehr über die Charaktere von Charlie und Miranda, warum sie so sind, wie sie sind und wohin sie sich verändern. Das ist besonders im Fall von Miranda ein wichtiger Aspekt. Was hat denn sie von all dem? Sie hat hoffentlich mehr Liebe und Vertrauen gewonnen, denn vorher hatte sie ja keinen Freund, und das mit 16 Jahren. Charlie ist hingegen eine Art Don Quixote, der sich stets unerreichbare Ziele steckt. Aber Miranda kann ihm seinen Traum nicht wegnehmen, ohne Charlie zugleich zu zerstören. Er sagt es ihr eines Abends: Er braucht die Suche, um zu spüren, dass er existiert.
~Trailershow ~
Die Trailershow hält Kurzbeschreibungen und Appetizer zu folgenden DVDs bereit: "The Chumscrubber"; "Der Erde so nah"; "Eulogy"; "Die Aufschneider"; "Ein perfektes Verbrechen"; "The Oh in Ohio"; "A Weekend in Paris"; "The Big White".
Unterm Strich
Was auf den ersten Blick wie ein amüsantes, wenn auch verschrobenes Familiendrama mit Abenteuerbonus aussieht, ist aber auch eine Geschichte übers Altwerden. Charlie hat niemanden mehr außer Miranda und einem krebskranken Freund, Pepper. Aber er hat einen Traum, der ihm bestätigt, dass er noch existiert. Ohne diesen Strohhalm, den die nüchterne Miranda natürlich für Verrücktheit hält, wäre Charlie viel zu einsam und würde garantiert krank werden.
Glücklicherweise weiß Miranda das und hilft ihrem Dad - der Beginn einer Vater-Tochter-Beziehung, die wirklich anrührend ist. Sie führt zu einem Tauziehen, nicht nur in der Beziehung, sondern ganz konkret. Erst als Charlie sie gefesselt hat, kann er ihr seine Liebe und Dankbarkeit gestehen. Von solchen Momenten lebt großes Kino - und doch ist die Welt dieser beiden ganz klein. Diese Welt steht allerdings auch für viele beschädigte Familien, die einen Ausweg suchen. Letztlich ist es ein Film über den Sinn von Träumen und Sehnsucht, über Don Quixote und andere Schatzsucher.
Die Silberscheibe der Leihversion ist lediglich mit Making-of und Bildergalerie ausgestattet. Vielleicht wird die Kaufversion mehr Extras bieten. Mir reicht dies aber im Grunde, um mir ein Bild von den Hintergründen und den Machern zu formen. Besser wäre allenfalls noch eine Bonus-Disc mit der schönen Musik des Films.
Fazit: Ein Volltreffer.
- Redakteur:
- Michael Matzer