Lords of the Street - Gerechtigkeit hat ihren Preis
- Regie:
- Amir Valinia alias Mr. V
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Lords of the Street
1 Review(s)
12.09.2008 | 12:21Schöne Grüße an Mr. Tarantino!
Der mexikanische Drogenboss Santiago Rodriguez kann mit Hilfe seines Onkels, dem Kopf des Catalina-Kartells, aus dem Gefängnis fliehen. Aber der Preis für seine Freiheit ist hoch: 15 Millionen Dollar soll Rodriguez seinem Helfer zahlen! Um die Schuld zu begleichen, muss er zunächst seine Exfreundin Maria auftreiben. Sie ist die Einzige, die weiß, wo das Geld versteckt ist. Doch Maria will es um keinen Preis herausrücken. Außerdem wird Rodriguez von dem brutalen Schläger Thorn verfolgt, der hinter ihm her ist, um den Tod seiner Nichte zu rächen ... (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Lords of the Street (USA 2007)
Dt. Vertrieb: e-m-s (25. April 2008)
FSK: ab 18
Länge: ca. 90 Minuten
Regisseur: Amir Valinia alias Mr. V
Drehbuch: Dan Garcia & Anthony Faia III
Musik: Kane and Abel
Darsteller: Gangster-Rapper DMX (Thorn), Kris Kristofferson (Ray Sebastian), Ameer Baraka (Travis Roundtree), Kane, Abel u. a.
Handlung
New Orleans nach der Katrina-Katastrophe. Die Polizeibeamten Raymond Sebastian (Kristofferson) und Travis Roundtree (Ameer Baraka) sind mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs zum Einsatzort. Doch sie können nur noch feststellen, dass der Fahrer des umstellten Wagens einen Sprengstoffgürtel trägt. Sekunden später fliegt die Karre in die Luft!
Wenig später wird der Drogenbaron Santiago Rodriguez aus einem Gefängnishospital befreit, wo die Häftlinge alle 180 Tage routinemäßig untersucht werden. Das Vorgehen seiner Befreier ist äußerst brutal, sie kennen keine Gnade. Später erfahren Travis und Ray, dass der Mann, der sich in die Luft sprengte, der Oberpfleger des Hospitals war. Er wurde erpresst und durfte die Polizei nicht warnen.
Travis hat Rodriguez schon 2001 festgenommen. Als er herausbekommt, dass Rodriguez immer noch in der Stadt ist, weiß er, dass Maria Riana in Gefahr schwebt. Sie ist Rodriguez' Ex-Verlobte und sagte vor Gericht gegen ihn aus. Klar, dass ihr Ex sie finden will, um sich zu rächen. Travis soll sie vor ihm finden. Daher geht er zu Baby June, einem blinden Dealer, der die besten Verbindungen hat - auch zum FBI.
Von ihm erfährt Travis, dass Rodriguez 25 Mio. Dollar vom Catalina-Kartell, das sein Onkel leitet, bekommen hatte. Doch als er aufflog, beschlagnahmte das FBI nur 10 Millionen - wo ist der Rest? Nur zwei Personen wissen, wo die 15 Mios sind, und Maria Riana ist eine davon. Noch ein guter Grund für Rodriguez, sie sich zu besorgen. Travis gewährt ihr Schutz, doch wie lange hält ihr Vertrauen zu ihm?
Unterdessen leitet Baby June an einen gottesfürchtigen Killer namens Thorn (DMX) eine wichtige Nachricht des FBI weiter: Das Kartell soll binnen 24 Stunden eine Waffenlieferung erhalten. Aber dafür ist Geld nötig, nämlich genau die 15 Mio. Dollar, die Rodriguez noch besitzen müsste. Allmählich wird es ziemlich eng für Rodriguez, den man "die Katze" nennt.
Als sich Maria Riana entschließt, Travis' Schutz zu verlassen und Rodriguez' Leute zu kontaktieren, setzt sie eine verhängnisvolle Entwicklung in Gang. Zu Rodriguez' Verfolgern zählen sowohl Thorn, der den Tod seiner Nichte rächen will, als auch Travis und Ray, die Rodriguez endlich ausschalten wollen. Unversehens gerät Maria Riana in die Schusslinie.
Mein Eindruck
Von der inhaltlichen Aussage her hebt sich der Cop-Thriller in keiner Weise von Streifen wie "Miami Vice" ab. Das Ende ist schon meilenweit vorhersehbar. Immerhin ist mit Thorn ein gewisser Joker-Faktor eingebaut, der auf eine Überraschung hoffen lässt. Das Spiel von Kristofferson und Baraka als ständig sich kabbelndes Cop-Paar aus Schwarz (Baraka) und Weiß (Kristofferson) lockert die Stimmung zwar anfangs ein wenig auf, doch das hält nicht lange vor. Vielleicht halten es schwarze Zuschauer für lustig, wenn Ray Sebastian sich abmüht, mit seiner Frau ein Kind zu zeugen, als kämpfe er gegen die Uhr. Ich fand das nur lächerlich. Spätestens nach der Hälfte des Films spielen die Weißen überhaupt keine Rolle mehr: eine Randgruppe in New Orleans. Vielleicht funktioniert die weiße Zeit(be)rechnung nicht mehr.
~ Realismus ~
Diese Entwicklung entspricht vollkommen der Absicht des Regisseurs Amir Valinia, auf möglichst realistische Weise die tatsächlichen Verhältnisse im Delta von Louisiana widerspiegeln zu wollen. Nicht schicke Wagen und flotte Klamotten wie in "Miami Vice" bestimmen den Look des Streifens, sondern die schmutzig-banale Unterseite des so hochgelobten Polizei-Jobs und -Alltags. Dazu gehört auch und vor allem, dass laut Amir Valinia die verschiedenen Völkergruppen miteinander im Konflikt liegen.
Einer der Kriegsschauplätze ist offenbar das Drogengeschäft, in dem die Latinos mit den Schwarzen im Clinch liegen. Die Figuren spiegeln dies wider. Der Drogenbaron Rodriguez ist ein Latino und gehört zu einem kolumbianischen oder bolivianischen Kartell. Doch seine Exverlobte ist eine Schwarze, die er aus irgendeinem Grund als rassisch minderwertig betrachtet. Blöd für ihn, dass sie das Geld hat und er die Sorgen. Doch seiner Schwäche in dieser Beziehung wirkt er entgegen, indem er sich als besonders und bösartig erweist. Der Darsteller wirkt in dieser Rolle durchaus glaubwürdig.
~ FSK 18 ~
An dieser Stelle begann für die deutsche Zensurbehörde wohl die Schwierigkeiten. Die Folterszenen, die Rodriguez befiehlt, sind nichts für schwache Mägen. Doch halt: Es wird beileibe nicht alles gezeigt, sondern oft nur angedeutet. Die wirklich harten Szenen sind woanders zu finden. Eine davon ist wahrscheinliche der brennende Mann am Schluss des Films, ein Stunt zwar, aber von grauenvollen Schreien begleitet.
Was die Prüfer wohl endgültig die rote Karte heben ließ, war wohl die nur eine Mikrosekunde währende Aufnahme, in der wir den Flug einer Pistolenkugel in den Leib eines Mannes verfolgen dürfen - mit anschließendem Zusammenbruch des Opfers. Die Point-of-view-Aufnahme ist zwar ein Spezialeffekt, und sie passt in die Absicht des Regisseurs, den Film möglichst realistisch zu inszenieren. Bei Tarantino sieht man die Kugel immer nur von vorn, wenn sie den Lauf der Waffe verlässt. Diesmal sehen wir jedoch den Blickwinkel des Schützen, als schössen wir selbst. Da kann es einem schon mal flau im Magen werden.
Ebenfalls an Tarantino geschult ist der Auftritt Thorns, der sich für die Selbstjustiz entschieden hat. Dabei zitiert er wie Samuel L. Jackson Bibelverse, wenn er die Waffe gegen den Abschaum der Stadt erhebt - und davon scheint es jede Menge zu geben. Der Regisseur gibt offen zu, dass dies eine Figur aus "Pulp Fiction" ist, aber er lobt DMX trotzdem. Von mir aus hätte er gut auf Thorn verzichten können.
Die DVD
Technische Infos:
Bildformate: 1.78:1 (16:9)
Tonformate: D in DTS und DD 5.1, Englisch in DD 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D
Extras:
- Originaltrailer
- Slideshow: Production-Standfotos (2:47 min)
- Backstage: Erklärung des Regisseurs (6:58 min)
- Filmografien: Kristofferson, DMX
- Trailershow
Mein Eindruck: die DVD
Die Qualität des Bildes ist auch in dunklen Szenen in Ordnung, es gibt aber ein paar Rückprojektionen, die als solche zu erkennen sind. Und auch der fulminante Stunt mit dem brennenden Mann brachte das Filmmaterial offensichtlich an die Grenzen seiner Belastbarkeit.
Der Ton ist besonders im DTS-Standard gut ausgereizt, so dass die Bässe recht gut hörbar sind. Leider besteht nur bei den Verfolgungsjagden Gelegenheit, dieses Klangbild zu genießen. Der Rest des Films ist quasi ein Kammerspiel (aus Kostengründen).
1.) Originaltrailer
Der Trailer zeigt natürlich nur die attraktivsten Szenen, die so zusammengestellt sind, dass sie Spannung erzeugen. Man sollte allen Trailern nicht trauen.
2.) Slideshow: Production-Standfotos (2:47 min)
Die selbstablaufende Diaschau zeigt Fotos von den Dreharbeiten und hin und wieder ein Standfoto aus dem Film.
3.) Backstage: Erklärung des Regisseurs (6:58 min)
Dies ist der längste und wichtigste Beitrag zum Bonusmaterial. Der Autor und Regisseur hat sich einfach sieben Minuten vor die laufenden Kamera gesetzt und drauflosgeredet. Allerdings hat die begrüßenswerte Sache für den Zuschauer ohne Englischkenntnisse einen entscheidenden Haken: Es gibt keine Untertitel!
(Was der Regisseur sagt, habe ich unter "Mein Eindruck" berücksichtigt.)
4.) Filmografien: Kristofferson, DMX
Der abrollende Text zeigt nur eine Liste der Werke der beiden Schauspieler. Das ist ganz schön mager, denn wem die Titel nichts sagen, der steht ganz schön im Wald.
5.) Die Trailershow zeigt Trailer zu folgenden DVDs: The Fifth Patient; Sex and Death; Animal 2; Never Forget; Solstice; Baadass!.
Unterm Strich
Dafür, dass der Film in nur 15 Tagen gedreht wurde, sieht er doch recht passabel aus. Zwar kommt Kris Kristofferson viel zu kurz (vielleicht ging dem Produzenten das Geld für ihn aus), aber die Handlung kann auf seine Rolle des Ray Sebastian durchaus verzichten, denn alles konzentriert sich auf die Ermittlung, die Travis Roundtree (eine Hommage an den "Shaft"-Darsteller Richard Roundtree?) durchführt, um Rodriguez zu schnappen. Die Ermittlung ist halbwegs spannend, doch etwas mehr Pfiff in den Dialogen hätte nicht schaden können. Manchmal sieht Travis / Amir Baraka richtig schwach aus.
Der Film legt angeblich Wert auf Realismus, bis hin zu echten Patronen und Schüsse aus der Sicht des Schützen, aber auf der anderen Seite zitiert der Film Vorbilder wie "Shaft" und Tarantinos "Pulp Fiction". Wie realistisch kann der Film also sein, fragt sich der Kenner. Jedenfalls so authentisch, dass die Zensur sich nicht in der Lage sah, den Film ab 16 Jahren freizugeben.
Das Bonusmaterial ist passabel, doch das wichtigste Stück, das lange Statement des Regisseurs, ist leider nicht untertitelt.
- Redakteur:
- Michael Matzer