Lost
- Regie:
- Darren Lemke
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
1 Review(s)
23.03.2006 | 18:59Jeder Autofahrer kennt das Problem: Man hat die Ausfahrt verpasst und sucht nach dem richtigen Weg. Meist entsteht außer einem kleinen Zeitverlust kein weiterer Schaden.
Verfährt man sich aber in der Wüste Nevadas, sieht die Sache schon anders aus…
Handlung
Jeremy Stanton (Dean Cain, "Superman: Die Abenteuer von Lois & Clark") hat sich hoffnungslos in der Wüste Nevadas verfahren. Der Pächter der einzigen Tankstelle im Umkreis von 100 Meilen spricht nur spanisch und seine veraltete Straßenkarte führt Jeremy ins Nichts. Auch die Telefonhotline des Automobilclubs kann ihm nicht weiterhelfen. Er verliert mehr und mehr die Orientierung.
Sein für 21 Uhr angesetzter Termin scheint kaum mehr einzuhalten zu sein, was jedoch sein geringstes Problem darstellt. Denn ein wahnsinniger Bankräuber (Danny Trejo, "From Dusk Till Dawn") sitzt ihm im Nacken, der nichts unversucht lässt, um Jeremy zu finden. Sein Handy ist die einzige Verbindung zur Außenwelt, das Autoradio die einzige Möglichkeit etwas über seinen mysteriösen Verfolger zu erfahren.
Es entsteht ein Katz- und Maus-Spiel in den unendlichen Weiten der Wüste Nevadas, das mit einigen interessanten Überraschungen aufwartet.
Wer ist der Bankräuber? Was will Jeremy in der Wüste? Warum wird er verfolgt? In den folgenden 82 Minuten werden all diese Fragen beantwortet.
Kritik
"Lost" ist die erste Regiearbeit von Darren Lemke, auch das Drehbuch stammt von ihm. Es handelt sich bei diesem Film um einen klassischen low-Budget-Thriller, der sich deutlich vom Hollywood Einheitsbrei unterscheidet.
Zunächst ist hier die Inszenierung zu nennen: Regisseur Lemke konfrontiert den Zuschauer direkt mit der Haupthandlung, verrät erst nach und nach in Flashbacks die Hintergründe des Protagonisten und setzt mit der Einblendungen von Ratschlägen des Automobilclubs 'Road Aid’ zynische Akzente. Einen Großteil seines Reizes bezieht der Film aus seiner clever erzählten Geschichte. Bereits nach 15 Minuten macht der Film eine erste Kehrtwende, viele weitere folgen. Dabei muss der Zuschauer zu jedem Zeitpunkt wachsam sein, um die klugen Wendungen nicht zu verpassen, da sich die Geschichte wie ein Puzzle zusammenfügt.
Die weitere Besonderheit dieses Films besteht in der Monotonie des Handlungsortes. Ähnlich wie in "Nicht Auflegen" spielt fast der komplette Film an einem Ort, in diesem Falle im Auto von Jeremy Stanton. Die Wüste Nevadas dient ständig als Hintergrundkulisse. Die oben genannten Flashbacks bilden hierbei nicht nur den einzigen Kulissenwechsel, sie stellen auch die einzige Situation dar, in der andere Charaktere vorkommen. So kommt es, dass Jeremy während der Fahrt lediglich durch sein Handy mit den anderen Charakteren interagiert, man diese jedoch bis zum Ende nicht zu Gesicht bekommt.
Dieses Konzept steht und fällt natürlich mit seinem Hauptdarsteller. Dean Cain ist zu 95% der Zeit alleine im Fokus, muss die komplette Handlung stemmen und ein nötiges Maß an Emotionen in die Rolle einbringen. Da er jede Wendung trägt, muss sein Spiel überzeugend und glaubwürdig sein. Zudem muss er dem Zuschauer die Ausweglosigkeit, in der sein Charakter steckt, näher bringen. All das schafft Cain überraschend gut!
Den meisten dürfte er als 'Clark Kent’ aus der TV Serie "Superman: Die Abenteuer von Lois & Clark" bekannt sein - eine Rolle, die ihn bis heute verfolgt. So wird er auch heute noch von vielen als 'Superman’ angesehen und von den Filmstudios dementsprechend typisiert.Nach vielen direct-to-DVD Produktionen könnte "Lost" sein Durchbruch als ernsthafter Schauspieler sein. Er beweist in diesem Film eindrucksvoll, dass er sein Handwerk versteht und vor allem, dass er alleine einen ganzen Film tragen kann!
Der restliche Cast ist eigentlich nicht weiter erwähnenswert, da alle weiteren Schauspieler auf eine unglaublich kurze Leinwandzeit kommen und sich vielmehr durch ihre Stimmen während der Telefonate mit Jeremy profilieren müssen.
Dies gelingt Ashley Scott ("Birds of Prey") am besten - sie spricht die Telefonistin des Automobilclubs. Einzig ihr Charakter bekommt die Möglichkeit, ein wenig Tiefe aufzubauen. Ein Umstand, der allen anderen Nebencharakteren auf Grund von Zeitmangel verwehrt bleibt. Nicht einmal Danny Trejo (den meisten aus der "From Dusk Till Dawn"-Trilogie bekannt) bekommt man zu Gesicht - der mysteriöse Bankräuber und Psychopath bleibt während des gesamten Films nicht mehr, als eine Angst einflößende Stimme.
Durch die oben beschriebene Inszenierung und Erzählweise baut der Film einen sehr guten Spannungsbogen auf, der zu einem überraschenden Ende führt. Leider wird die Spannung stellenweise vom Übereifer des Regisseurs gestört, der ständig durch zynische Einblendungen aus dem 'Road Aid’-Ratgeber und mehr oder weniger passende Radiokommentare die aktuelle Situation des Protagonisten zu visualisieren versucht. Leider gerät der Handlungsfluss dabei ins Stocken, da die recht häufigen Einblendungen unnötige Kapitellinien innerhalb des Films ziehen, die bei der ohnehin schon sehr kurzen Spieldauer von 82 Minuten nicht nötig gewesen wären. Außerdem sind einige Stellen der Handlung arg vorhersehbar.
Dafür entschädigt Regisseur Darren Lemke mit schönen Aufnahmen der Wüste und stellenweise sehr gelungenen Kameraeinstellungen.
Wirklich ärgerlich sind teilweise doch recht happigen Logiklücken. So fragt man sich, wie Jeremy irgendwo in der Pampa Nevadas orientierungslos rumfahren kann, dabei jedoch überall vollen Handyempfang hat? Und ferner: Wieso ist der Akku selbst nach stundenlangem Telefonieren ohne jegliches Nachladen voll???
Wer diese Aspekte außen vor lässt, wird dennoch seinen Spaß mit dem Film haben.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der sehr schwache Score von Russ Landau. Nicht eine einzige Melodie bleibt im Kopf hängen, ein Thema klingt wie das vorherige. Wenigstens die lizenzierte Musik weiß zu gefallen und bietet einen guten Querschnitt durch das amerikanische Radioprogramm, inklusive atmosphärischer und passender Countrymusic.
Die DVD
Weniger Anlass zur Kritik liefert die DVD von Koch Media! Das anamorphe Bild (1:1,78) in 16:9 überrascht mit kräftigen Farben und einem satten Kontrast, der mit einem guten Schwarzwert daherkommt. Außerdem weist der Transfer eine gute Bildschärfe auf. Leider haben sich trotz des eingesetzten Rauschfilters leichte, stehende Rauschmuster ergeben, die jedoch nicht so stark ins Gewicht fallen. Zudem gibt es vereinzelte Dropouts. Dennoch ein erstaunlich gutes Bild für einen low-Budget Film!
Der Ton kann leider nicht ganz mit dem guten Bild Schritt halten. Es finden sich insgesamt drei Tonspuren auf der DVD, jeweils eine DD5.1 Spur in deutsch und englisch und eine deutsche DTS 6.1 ES Tonspur. Diese drei Tonspuren unterscheiden sich recht deutlich voneinander:
Die englische DD5.1 Spur ist vergleichsweise leise und lässt zu einem Großteil jegliche Dynamik vermissen. Die beiden deutschen Tonspuren sind deutlich lauter abgemischt, die Dialoge sind zudem sehr gut verständlich und wirken recht gut in die Umgebung integriert. Direktionale Effekte oder viele Umgebungsgeräusche sucht man vergeblich, nur ganz selten hört man etwas von den Rears. Der Großteil spielt sich auf den vorderen Lautsprechern ab. Die DTS Tonspur ist in diesem Vergleich die beste Wahl, da sie den dynamischsten, homogensten und differenziertesten Klang bietet. Der Subwoofer bekommt reichlich Gelegenheit zur klanglichen Entfaltung und untermalt das Gesehene überaus gut.
Die Extras sind leider ein Totalausfall.
Hinter dem sehr hübschen Hauptmenü versteckt sich lediglich ein Originaltrailer zum Film und die übliche Trailer-Werbeshow des Labels.
Ein kurzes Making Of, Interviews, oder simple Infotafeln zu Cast & Crew sucht man vergebens.
Auch wenn es sich bei "Lost" um einen low-Budget Thriller handelt, wäre hier deutlich mehr drin gewesen (ein Audiokommentar von Darren Lemke wäre überaus wünschenswert).
Alles in allem ist Koch Media jedoch eine erstaunlich gute Veröffentlichung gelungen, die sich weder beim Bild noch beim Ton grobe Patzer leistet. Lediglich die Extras sind mehr als spärlich und liefern Anlass zur Kritik.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass Darren Lemkes Regiedebüt überaus gelungen ist. Der junge Regisseur zeigt in diesem Film gute Ansätze, die er hoffentlich (mit ein wenig mehr Budget) in seinen nächsten Filmen ausbauen wird.
Dean Cain gelingt die One-Man-Show überraschend gut, weshalb zu hoffen bleibt, dass er bald die Möglichkeit bekommt, sich in einem großen Hollywoodfilm auszuzeichnen.
Wer über die Logiklücken und die kleineren, dramaturgischen Patzer hinwegsehen kann, bekommt mit "Lost" einen sehenswerten und spannenden Thriller geboten, der mit einer guten Story und einer klugen Erzählweise daherkommt. Fans von Filmen wie "Nicht Auflegen", Spielbergs "Duel" und Jonathan Mostows "Breakdown" sollten einen Blick riskieren.
- Redakteur:
- Martin Przegendza