Messengers, The
- Regie:
- Pang, Oxide / Pang, Danny
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
1 Review(s)
08.07.2008 | 15:25Das geschieht:
Die Solomons haben harte Zeiten hinter sich. Vater Roy fand in der Stadt keinen Job, die halbwüchsige Tochter Jess geriet auf die schiefe Bahn, Söhnchen Ben verweigert noch im Alter von drei Jahren das Sprechen. Der Umzug aufs Land, wo Roy sich als Sonnenblumen-Farmer versuchen will, soll die Rettung bringen. Die Nerven liegen bloß, die Stimmung ist gereizt; vor allem Jess verkraftet die Trennung von ihren Freunden schlecht.
Sie gerät deshalb als Verursacherin in Verdacht, als seltsame Dinge in dem einsam gelegenen Haus geschehen. Geräusche ertönen, Schatten huschen, und die Krähen sind nicht nur lästig, sondern definitiv angriffslustig. Der sprachlose Ben weiß mehr, denn er vermag zu sehen, was daheim umgeht: Grässlich verunstaltete Leichen geistern durch die Flure. Auf die Neuankömmlinge reagieren sie zunehmend dreister, denn sie scheinen etwas zu wollen und sind wütend, weil man sie nicht versteht.
Als die Eltern eines Abends in der Stadt zu tun haben, eskaliert die Situation. Eine unsichtbare Macht wirbelt die Möbel wie Spielzeug durch die Luft, Jess wird körperlich angegriffen. Doch als sie die Polizei ruft, sind keine Schäden festzustellen. Jess gilt deshalb als Hysterikerin, die der Familie den Neuanfang nicht gönnt. Vor allem Roy ist erbost, denn die erste Ernte sieht vielversprechend aus, und durch einen glücklichen Zufall fand er im einheimischen Burwell einen willkommenen Helfer.
Jess steht allein, während die Attacken gegen sie und den kleinen Bruder immer heimtückischer werden. Sie begreift, dass sie herausfinden muss, was die Geister wollen. Als sie es eher durch Zufall endlich entdeckt, ist es fast zu spät. Der Wahnsinn regiert im Solomon-Haus, und er kann es mit dem Zorn der Geister problemlos aufnehmen ...
Sparsamer aber effektvoller Spuk
North Dakota liegt hier eigentlich in Kanada, aber der Zug dorthin, wo aus dem Dollar mehr Dienstleistungen herauszuquetschen sind, ist in Hollywood nicht ungewöhnlich. Dass es nicht ins noch kostengünstigere Ostdeutschland ging, verrät indes, dass "The Messengers" keine Billig-Produktion ist, obwohl das Budget von 16 Millionen Dollar im Entstehungsjahr 2007 so niedrig liegt, dass man es schwer glauben kann: Die Kulissen sind aufwändig, die Filmtricks fabelhaft.
"The Messengers" profitiert hier von seinem Regisseur bzw. seinen beiden Regisseuren, denn die Zwillingsbrüder Oxide und Danny Pang leisten diesen Job stets gemeinsam. Sie gelten als visuell ungemein begabte Filmemacher, was "The Messengers" eindrucksvoll unterstreicht. Einer wenig originellen Story hauchen sie Leben ein, indem sie die Kamera fliegen lassen, Licht und Schatten als 'Darsteller' nutzen oder die Kulissen 'sprechen' lassen. Verarbeiten die Brüder auf diese Weise die Schwierigkeiten, die sie vor allem mit der Sprache ihres neuen Heimat- und Arbeitslandes hatten und noch haben, wie aus den Interviews deutlich wird?
Diese Geister verhandeln nicht
Aus dem Asiatischen übernehmen die Pangs das Konzept des rächenden Geistes, der nicht zwischen seinem Mörder und unschuldigen Zeitgenossen unterscheidet. Die Spukgestalten der Solomon-Farm kommunizieren nicht; sie spüren offensichtlich keinen Drang, ihre 'Gastgeber' wissen zu lassen, wer sie in ihre frühen Gräber befördert hat. Der 'westliche' Geist sucht dagegen nach Erlösung, ist für Unterstützung durchaus dankbar oder lässt wenigstens mit sich reden.
Der Unfreundlichkeit 'unserer' Gespenster entspricht ihre furchterregende Gestalt. Sie treten als verrottete Leichname auf und sind dabei an die physikalischen Gesetze der diesseitigen Welt nicht gebunden. Eindrucksvolle Bilder zeigen Geister, die sich ihren Opfern an der Decke kriechend nähern (was von einem scheußlichen, staubig-knöchernen Schaben begleitet wird). Die Pangs arbeiten mit klassischen Spezialeffekten, die mit CGI-Tricks so 'aufgerüstet' werden, dass sie an Schrecken gewinnen und dennoch realistisch wirken, was dem Grauen eine zusätzliche Ebene verschafft.
Außerhalb von Haus und Scheune sorgen Krähen für Unruhe. Sie gelten traditionell als "Boten (= messengers) des Todes". Deshalb 'wissen' sie sehr genau, dass bei den Solomons eine Tür ins Jenseits offensteht, und wollen die ahnungslosen Pächter deshalb von diesem verfluchten Ort vertreiben. Sie leisten gute Arbeit, was hinter der Kamera diverse Kniffe erforderlich machte, die in einer eigenen Featurette aufgedeckt werden. Die SF/X-Abteilung liefert hier ihr Meisterstück ab; die Unterscheidung zwischen echten Krähen, Krähenpuppen und CGI-Vögeln wird selbst das geschulte Auge auf eine harte Probe stellen.
Familienbande
Sprachlosigkeit ist ein Grundzug dieser Geschichte. Der kleine Ben verweigert das Sprechen, seine Eltern und Schwester Jess reden zwar, aber sie kommunizieren nicht. Die Solomons sind eine unglückliche Familie, die jenen inneren Zusammenhalt verloren hat, den das US-Kino gern mit Inbrunst beschwört, weil er als Fundament der Gesellschaft gilt bzw. verherrlicht wird. Die Pangs übertreiben es glücklicherweise nicht mit entsprechenden Eindeutigkeiten, obwohl der Sieg über das Grauen sich natürlich erst einstellt, als und weil die Familie in entscheidender Situation wieder zusammenfindet.
Bis es so weit ist, vermitteln die Schauspieler, wenigstens in diesem Punkt vom Drehbuch unterstützt, ein Bild der Uneinigkeit. Stress und Sorgen prägen den Solomonschen Haushalt. Die Freude ist darüber aus der Familie verschwunden, was sie angreifbar macht. Nicht nur die Geister nutzen dies; sehr reale Gefahren bleiben unbeachtet.
Ein Film mit echten Schauspielern
Die Ereignisse werden aus der Sicht der jungen Jess geschildert. Sie steht quasi zwischen den Welten; dies nicht nur deshalb, weil sie anders als ihr Bruder die Geister lange nur erahnt, statt sie zu sehen, während sie andererseits nie so blind ist wie ihre Eltern. Jess ist entwurzelt in einer ohnehin schwierigen Lebensphase - der Pubertät, die ihr zusätzlich ein schlechtes Gewissen macht, weil sie im Suff jenen Unfall verursachte, der Ben die Sprache verlieren ließ.
Mit Kristen Stewart haben die Pang-Brüder eine ausgezeichnete Schauspieler-Wahl getroffen; es ist nicht die einzige. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten erst 16 Jahre alt, wirkt sie in ihrer Rolle nicht nur optisch absolut überzeugend; ruppig und verletzlich zugleich, zunehmend in Angst, aber nie in Panik geratend, als die Geister sie in ihre Hatz einbeziehen. Stewart ist eine angenehme Abwechslung zu den üblichen Hollywood-'Jungschauspielern', die in der Regel schon deutlich älter als 20 Jahren sind und die man trotzdem in Teenie-Rollen zwingt, als ob die Zuschauer zu blöd wären, dies zu bemerken.
Stewart wird von einem routinierten Ensemble unterstützt. Dylan McDermott, Penelope Ann Miller und John Corbett gehören nicht zur A-Liga der Hollywood-Schauspielerschar, aber es sind Kino- und TV-Routiniers mit Filmografien, die sich sehen lassen können - damit ist nicht nur die Länge gemeint, sondern auch die Qualität. Diese drei Schauspieler verstehen ihren Job, und sie anzuheuern war eine gute Entscheidung. McDermott und Miller überzeugen als unter Druck stehende Eltern, die vor ihren Kindern Stärke demonstrieren wollen und doch mit kleinen Gesten und verräterischen Worten die Wahrheit durchsickern lassen. John Corbett gibt nur scheinbar einmal mehr den sanften Latin Lover, was ganz andere Triebe tarnt. ("Ich spiele dieses Mal keinen Griechen", merkt er im Interview und in Anspielung auf "My Big Fat Greek Wedding", seinen größten Erfolg, ironisch an.)
Ein Tritt in die Kniekehle
Die eindeutige Schwäche dieses Films ist sein konventionelles Drehbuch. "The Messengers" wandelt auf tief ausgefahrenen Pfaden. "The Birds" (1962, dt. "Die Vögel"), "The Amityville Horror" (1979/2005), "Signs" (2002): Dies sind nur drei Titel, die einem sogleich in den Sinn kommen, doch die Reflexionen auf andere Film sind wesentlich zahlreicher. Die Kunst der Pang-Brüder kaschiert die Ideenarmut und mogelt die Story außerdem über tiefe Logiklöcher, kann aber keine Wunder wirken. Wie Jess die eigentliche Ursache des Spuks entdeckt, ist ein Lehrstück unverfrorener Publikumsverdummung.
Offen bleibt die Frage, welche Funktion die Figur des Bänkers Colby Price hat. William B. Davis, der "Zigarettenraucher" aus der "Akte X"-Serie spielt ihn so, dass man ihn ebenfalls für ein Gespenst halten könnte. Leider interessiert sich das Drehbuch irgendwann nicht mehr für ihn. Aufschlussreich wäre es zu erfahren, wieso die Geister, die sich anfänglich nur den Kindern offenbaren, kurz vor dem Finale auch der Mutter erscheinen, was keinen echten Sinn ergibt.
Die Pangs sind übrigens nicht über faule Tricks erhaben: Jedes Mal, wenn etwas Gruseliges geschieht, wird dies von plötzlich einsetzender Dröhn-Musik begleitet, die ein Erschrecken herbeizwingt, das sich wahrscheinlich ohne Nachhilfe wesentlich nachdrücklicher einstellen würde.
So bleibt "The Messengers" ein zwiespältiges Vergnügen: einerseits ein richtig gut gemachter Horrorfilm, der andererseits sein Potenzial vorsätzlich verschenkt, bis nur mehr Durchschnitt (plus kitschiges Happy-End) bleibt. Den Zuschauern hat's gefallen. "The Messengers" spielte allein im Kino weltweit das Dreieinhalbfache der Herstellungskosten ein. Die Pang-Brüder erhielten für ihr nächstes Werk ein erheblich höheres Budget, was freilich eine fragwürdige 'Beförderung' darstellt, dürfen sie damit doch kein neues Drehbuch realisieren, sondern müssen ein Remake ihres thailändischen Erfolgsstreifens "Bangkok Dangerous" (1999) in Szene setzen.
Daten
Originaltitel: The Messengers (USA 2007)
Regie: Oxide Pang, Danny Pang
Drehbuch: Mark Wheaton (nach einer Story von Todd Farmer)
Kamera: David Geddes
Schnitt: John Axelrad, Armen Minasian, Tim Mirkovich
Musik: Joseph LoDuca
Darsteller: Kristen Stewart (Jess), Dylan McDermott (Roy), Penelope Ann Miller (Denise), Evan Turner/Theodore Turner (Ben), John Corbett (Burwell), Dustin Milligan (Bobby), William B. Davis (Colby Price), Brent Briscoe (Plume), Jodelle Ferland (Michael Rollins), Tatiana Maslany (Lindsay Rollins), Shirley McQueen (Mary Rollins), Anna Hagan (Doktor), Blaine Hart (Charlie), Graham Bell (Jim) uva.
Label: Falcom Media Group (www.falcom.ch), Vertrieb: Universum Film (www.universumfilm.de)
Erscheinungsdatum: 16.04.2008 (Verleih-DVD) bzw. 12.05.2008 (Kauf-DVD)
EAN: 4013575534494 (Leih-DVD) bzw. 886970519892 (Kauf-DVD)
Bildformat: 16 : 9 (1,85 : 1 anamorph)
Audio: Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 87 min
FSK: 16
DVD-Features
Die Ausstattung mit Extras ist bereits auf der Leih-DVD scheinbar üppig. Bei näherer Betrachtung relativiert sich dieser Eindruck. Da haben wir zum einen den üblichen Kinotrailer - in originaler und in deutscher Version - sowie das Making-of und diverse Interviews, die jedoch nicht unter diesen Obertiteln laufen, weil sie in minutenkurze Featurette-Häppchen demontiert und als so genannte "Webisodes" ins Internet gestellt wurden.
Gezeigt wird die Arbeit hinter der Kamera, berücksichtigt werden unbesungene Helden wie Filmmusiker und Drehbuchautoren; faktisch sind diese Featurettes - gegenseitiges Lobgehudel und inoffizielle Werbung abgezogen - informativ und summieren sich insgesamt auf ca. 44 Minuten, doch ist das Anschauen anstrengend, weil jedem Filmchen ein kompletter Vorspann vorgeklebt wurde, den man wieder und wieder ertragen muss.
Zu "The Messengers" gibt es eine separate Website:
http://www.sonypictures.com/homevideo/themessengers.
- Redakteur:
- Michael Drewniok