Out Of The Blue - 22 Stunden Angst
- Regie:
- Robert Sarkies
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Neuseeland
- Originaltitel:
- Out Of The Blue
1 Review(s)
30.05.2008 | 14:25Filminfos
Label: Capelight Pictures
Dt. Vertrieb: AL!VE AG
Erscheinungsdatum: 14.03.2008
Länge: 99 Minuten
FSK: 16
Drehbuch: Graeme Tetley und Robert Sarkies
Kamera: Greig Fraser
Schnitt: Annie Collins
Musik: Viktoria Kelly
Darsteller: Matthew Sunderland, Karl Urban, Lois Lawn, Simon Ferry, Tandi Wright, Paul Glover, William Kircher, Georgina Fabish, Fayth Rasmussen
Handlung
Mit "Out Of The Blue - 22 Stunden Angst" wird eines der schrecklichsten Ereignisse in der jüngsten Geschichte Neuseelands verfilmt: der Amoklauf von David Gray am 13.11.1990 in Aramoana, bei dem vierzehn Menschen ihr Leben verloren und drei schwer verletzt wurden. Die Verfilmung basiert auf dem Buch "Aramoana" von Bill O'Brien.
In dem kleinen, idyllisch gelegenen Küstenort Aramoana lebt die Hauptperson des Filmes, der 37 Jahre alte David Gray (Matthew Sunderland). Gray ist ein in sich gekehrter, sehr zurückgezogen lebender Mensch. Obgleich er als Außenseiter gilt, lebt er recht unauffällig in Aramoana. Dennoch wird David von der lokalen Polizei des Öfteren aufgesucht und verdächtigt, bestimmte Kleindelikte - wie Diebstähle oder ähnliches - begangen zu haben. David Gray leidet unter Wahnvorstellungen. Situativ bedingt verfällt er in regelrechte Angstzustände, wenn jemand an der Tür seines Hauses klopft - und sei es nur die Briefträgerin. Er scheint ein gewisses Faible für Schusswaffen zu besitzen und kauft immer wieder Waffen in entsprechenden Geschäften.
Als eines Tages die Kinder des Nachbarn über die Wiese vor seinem Hause laufen, reagiert David Gray hysterisch und brüllt die Mädchen an. Als der Vater der Mädchen seinen Nachbarn zur Räson auffordern will, zückt Gray impulsiv und völlig unerwartet sein Gewehr und drückt ab. Der außer sich geratene Gray schießt fortan wahllos auf alle Menschen, die ihm über den Weg laufen. Die Einwohner des beschaulichen Ortes begreifen erst nach und nach den Ernst der Lage. Als schließlich die Polizei eintrifft, finden die Polizisten ein bedrohliches, nur schwer einschätzendes Szenario vor. Der Amokläufer hat ein Wohnhaus in Brand gesteckt und einige der Opfer, die David Gray angeschossen hat, wurden schwer verwundet. Darunter sind auch drei Kinder. Die Anwohner harren in Todesangst in ihren Häusern aus und hoffen, dass sie der Wahnsinnige nicht entdecken wird. Da sich der Amokläufer irgendwo verschanzt hat, ist es für die Polizei und die Rettungskräfte nahezu unmöglich, die Verwundeten in Sicherheit zu bringen. Zudem setzt Dunkelheit ein. David Gray könnte überall darauf lauern, um weitere Menschen zu töten.
~ Art der Inszenierung ~
Regisseur Robert Sarkies hat sich mit "Out Of The Blue" inhaltlich harten Tobak vorgeknöpft, der auf einer wahren Gegebenheit basiert. Die Art der Inszenierung dieses Thrillers unterscheidet sich erheblich von der, die sehr wahrscheinlich eine Hollywood-Produktion hervorbringen würde. "Out Of The Blue" ist ein Film, der Wert auf Authentizität und Spannung legt, ohne dabei in eine visuell übertrieben wirkende Darstellung wie in genretypischen Hollywood-Thrillern zu verfallen.
Die Landschaft, die den Küstenort Aramoana umrahmt, wird am Anfang des Filmes in geradezu malerisch schönen Bildern gezeigt. Später sieht man im Film immer wieder nächtliche Luftaufnahmen des Küstenorts, in dem ein brennendes Wohnhaus die schreckliche Szenerie nach dem Amoklauf prägt. Auffallend oft bedient sich der Regisseur in den einzelnen Szenen dem Weichzeichnen beziehungsweise der Unschärfe von Personen und Objekten, die sich im Vordergrund des Bildes befinden. Diese Nuance lässt "Out Of The Blue" ein wenig avantgardistischer wirken, als übliche Thriller.
Auf hektische Schnitte und Szenenwechsel wird im Film weitgehend verzichtet. Die Kameraführung wirkt zumeist ruhig mit Ausnahme von Situationen, in denen Menschen vor den Schüssen des Amokläufers fliehen.
~ Darstellerische Leistung ~
Unangefochtenes Highlight im Hinblick auf die schauspielerische Leistung ist Hauptdarsteller Matthew Sunderland, der den Amokläufer David Gray verkörpert. Allein durch seine Mimik und Gestik zeigt er alle emotionalen Phasen, welche der Amokläufer durchlebt: Entschlossenheit, Zorn und vermeintliche "Coolness" bei seinen schrecklichen Taten. Gerade in den Momenten, in denen David Gray mit sich hadert und an seinem Tun zweifelt, verleiht Matthew Sunderland dem Amokläufer ein Gesicht, aus dem Angst, Apathie und Desillusioniertheit abzulesen sind. Dies tritt ganz deutlich kurz vor der Erschießung von David Gray zu Tage, wo er in einem Haus umzingelt wird. Auch wenn das Gesicht des Amokläufers nur recht selten im Film gezeigt wird: Matthew Sunderland glänzt in dieser Rolle - allein durch sein Charisma.
~ Bild- und Tonqualität ~
Die Farben des Films wirken dank der gut tarierten Sättigung natürlich. Die Bildschärfe ist auch bei Nahaufnahmen ausgezeichnet. Die ganz gezielt eingesetzten Unschärfen werden sehr effektvoll eingebaut.
Dank der guten Tonabmischung kommen Geräusche effektvoll zur Geltung. Die Dialoge der Darsteller sind sowohl in der englischen Originalfassung als auch der deutschen Synchronfassung sehr gut verständlich.
~ Wirkung des Films ~
Regisseur Robert Sarkies greift mit "Out Of The Blue" das schreckliche Ereignis eines Amoklaufs auf und befasst sich mit einer Thematik, die in jüngerer Zeit leider immer aktueller geworden ist. Er unternimmt mit diesem Film nicht den Versuch, die Gründe für den Amoklauf von David Gray zu eruieren, sondern er richtet den Fokus des Films vielmehr auf die Opfer des Amokläufers, die entweder von ihm verwundet wurden oder aber verstört und verängstigt auf Hilfe hoffend ausharren müssen. Das Leid, das ihnen der Amokläufer zufügt, wird nicht beschönigt, sondern ist Teil dieses erschütternden Films. Beim Sehen von "Out Of The Blue" stellt sich eine gewisse Beklemmung angesichts der realistischen anmutenden Inszenierung dieses Amoklaufs ein.
Der Amoklauf selbst setzt völlig unerwartet und damit genau wie es der Filmtitel andeutet "Out Of The Blue" ein. Ab dem Zeitpunkt, an dem David Gray durchdreht und die ersten Schüsse fallen (nach etwa einer halben Stunde Spielzeit des Films), erzeugt dieser Streifen eine außerordentliche Spannung, der zum Einen eine gespenstische Atmosphäre beim Zuschauer entstehen lässt, und zum Anderen auch sehr erschütternd wirkt. Insbesondere die Kaltblütigkeit, die der Amokläufer an den Tag legt, aber auch die Unberechenbarkeit der Ereignisse in dem mittlerweile in Nacht getauchten Küstenort lassen dem Zuschauer regelrecht das Blut in den Adern gefrieren.
Das Ende des Amokläufers Gray ist ebenso erschreckend wie die Taten, die er verübt hat. In Verzweiflung stürmt der in einem Haus umzingelte Amokläufer aus dem Gebäude und er wird von Spezialeinheiten mit etlichen Schüssen regelrecht hingerichtet. Er krampft sich schwer verletzt am Boden, er schreit und er wird von der Polizei überwältigt. Mit einem Gürtel wird er geknebelt und regelrecht verschnürt, während sich einige Polizisten genüsslich eine Zigarette anzünden. Sie sehen mehr oder weniger triumphierend zu, wie David Gray seinen letzten Atemzug nimmt. Regisseur Sarkies inszeniert den Tod von David Gray in entmenschlichender Art und Weise. Trotz der grausamen Taten, die der Amokläufer verübt hat, kommen Zweifel und Mitleid beim Zuschauer auf, wenn man sieht, wie die Polizei tatenlos und Zigaretten-rauchend zusieht, wie der Amokläufer nach seinem Todeskampf - und jetzt muss ich in meiner Formulierung etwas drastischer werden - regelrecht verreckt. Die Intention des Regisseurs, David Gray in dieser Art und Weise filmisch ableben zu lassen, könnte dergestalt interpretiert werden, dass auch dieser Amokläufer ein Mensch war, der im Prinzip ein solch menschenunwürdiges Ende ebensowenig verdient hat, wie die Menschen, die Opfer seines Amoklaufs wurden.
Einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Spannung des Films ergibt sich aus dem Umstand, dass ab dem Beginn des Amoklaufs bis zu dessen Ende keine musikalische Untermalung des Geschehens zu vernehmen ist. Die Spannung, die in der Luft liegt, ist regelrecht physisch spürbar. Durch das Nicht-Vorhandensein von Musik konzentriert sich der Zuschauer voll und ganz auf die visuelle Darstellung sowie auf Geräusche im Film.
Technische Daten
Bildformat: 1,85:1 anamorph (16:9)
Ländercode: 2
Audio: Deutsch und Englisch, Dolby Digital 5.1
Untertitel: Deutsch
Extras:
Die Standardfassung von "Out Of The Blue" enthält lediglich den Original-Filmtrailer als Extra, was als dürftig zu bewerten ist.
Allerdings gibt es auch eine 2-DVD Auflage (Special Edition), die mir jedoch leider nicht zur Rezension vorlag. Diese Special Edition hält laut Informationen der Verleihfirma auf der zweiten DVD folgende Extras bereit:
- Audiokommentar des Regisseurs
- Making-of
- Interviews
- Hinter den Kulissen
- Aramoana und der Film
- Aramoana 1990
- Erinnerungen der Darsteller
- Fotogalerie
- Kinotrailer
Die Extras liegen in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln vor.
Fazit:
"Out Of The Blue" ist unter dem Strich ein hervorragend inszenierter Thriller mit hohem Spannungsfaktor und einem nachdenklich stimmenden Nachhall. Dass die Geschichte des Films auf einem wahren Ereignis basiert, lässt dank der realistischen und beeindruckenden filmischen Inszenierung durch Regisseur Robert Sarkies diesen Film über den Amoklauf von David Gray umso intensiver und erschreckender wirken. Cineasten, die anspruchsvolle und ungemein spannende Thriller mit Elementen des Dramas mögen, kommen an "Out Of The Blue" nicht vorbei. Klare Kaufempfehlung für diesen beeindruckenden Film!
- Redakteur:
- Martin Loga