Raja Hindustani - Taxi ins Glück
- Regie:
- Dharmesh Darshan
- Jahr:
- 1996
- Genre:
- Drama
- Land:
- Indien
- Originaltitel:
- Raja Hindustani
1 Review(s)
29.05.2008 | 16:13Einführung:
"Raja Hindustani" war der einer der erfolgreichsten indischen Filme der 1990er Jahre – so steht es auf der DVD-Hülle geschrieben. Ich mag indische Filme aus dieser Zeit, weil diese noch keinen "Reformbestrebungen" der letzten Jahre zu Opfer gefallen sind und somit eher dem traditionellen Bollywood-Kino angehören. Man könnte auch sagen, Filme aus dieser Zeit sind klassisches Kino aus Indien, als es noch keine Bestrebungen der Filmindustrie gab, den westlichen Markt für indische Filme zu gewinnen.
Daten:
Regie: Dharmesh Darshan
Buch:
Robin Bhatt (Drehbuch)
Dharmesh Darshan (Dialoge, Story)
Javed Siddiqui (Dialoge)
Darsteller:
Aamir Khan als Raja Hindustani
Karisma Kapoo als Aarti Sehgal
Suresh Oberoi als Mr. Sehgal (Aarti's Vater)
Johnny Lever als Balvant Singh
Navneet Nisha als Kamal Singh / Kammo
Veeru Krishnan als Gulab Singh
Kunal Khemu als Rajnikant
Pramod Muthu als Swaraj (Shalu's Bruder)
Mohnish Bahl als Jai
Tiku Talsania als Chacha (Raja's Onkel)
Farida Jalal als Chachi (Raja's Tante)
Archana Puran Singh als Shalini Sehgal / Shalu
Kalpana Iyer als Gaststar in "Pardesi Pardesi"
Pratibha Sinha als Gaststar in "Pardesi Pardesi"
Musik: Shravan Rathod, Nadeem Saifi, Surendra Singh Sodhi
Kamera: W.B. Rao
Schnitt: Bharat Singh
Die Handlung:
Aarti (Karishma Kapoor) möchte zum Leidwesen ihres Vaters (Suresh Oberoi) gerne Urlaub in Palankhel, einer Stadt in Indien machen, anstatt wie von ihrem Vater geplant nach Europa zu verreisen. Sie möchte deshalb in die Provinzstadt Palankhel fahren, weil sich dort ihre Eltern kennen gelernt haben. Ihre Mutter ist inzwischen aber schon gestorben und ihr Vater hat eine neue Frau geheiratet. Um ihren Wunsch in die Tat umzusetzen mietet sie für sich und ihre Begleitung Raja Hindustani's Taxi um damit die ca. 250 km von Bombay nach Palankhel gefahren zu werden. Der arme Taxifahrer Raja Hindustani (Aamir Khan) verliebt sich sofort in die schöne reiche Frau und da Aarti keine Vorurteile gegen sozial tiefer stehende Menschen hat, beruht diese Liebe nach kurzer Zeit auch auf Gegenseitigkeit.
Diese gesellschaftliche Katastrophe stößt bei ihrem konservativen Vater und ihrer missgünstigen Stiefmutter nicht gerade auf Begeisterung, doch Rja und Aarti werden trotz dieses Widerstandes ein Paar. Ihre Stiefmutter (Archana Puran) will die beiden aber weiterhin unbedingt auseinander bringen – hat sie doch Pläne, welche durch diese Heirat ins Wanken gekommen sind. Durchschaut Aarti die hinterhältigen Pläne der Stiefmutter, und wird Rajas und Aartis Liebe stark genug für diese Prüfung sein?
Kritik:
So so, einer der beliebtesten Filme in den 90er Jahren - in Indien natürlich. Ist "Raja Hindustani" deswegen auch heute noch so gut zu konsumieren? Wird er bei unseren deutschen Bollywood-Fans ebenfalls so gut ankommen, wie damals bei den indischen Zuschauern?
Um die Kritik von "Raja Hindustani" besser einordnen zu können, muss man im Grunde zwei Dinge wissen. Erstens ist der Geschmack der indischen Kinogänger von den westlichen Geschmäckern prinzipiell grundverschieden und zweitens finde ich persönlich die typischen 90er-Jahre Bollywood-Filme besonders schön, weil sie noch typisch indisch waren – eben noch ohne die westlichen Anpassungen, die in der letzten Zeit üblich sind um einen breiteren internationalen Publikumsgeschmack zu treffen. Ich fand den Film aus diesem Grund auch wirklich gut gelungen, selbst wenn er – oder gerade weil er – so typisch für die 90er Jahre ist. Zwei Menschen verlieben sich und die liebe Verwandtschaft hat etwas dagegen, da der Mann nicht dem sozialen Umfeld entspricht. Ich gebe zu, dass dieses Thema schon 100-fach thematisiert wurde und nicht wirklich überraschen kann.
Dennoch hat mir der Film gefallen, weil er seine Sache, die er sich als Ziel setzte, sehr gut umgesetzt hat. "Raja Hindustani" will gut unterhalten und das hat der Film bei mir gut erreicht. Was mir bei diesen Film dauerhaft im Gedächtnis hängen bleiben wird, das sind zum Einen die traumhaften und wirklich verwendeten (indischen?) Landschaftsaufnahmen, zum Anderen sind das die atmosphärischen Kameraeinstellungen während der Songs. Diese sind ebenfalls typisch indische, eher klassische Songs, deren Qualität von gut bis sehr gut schwankt. Bemerkenswert ist ihre Länge, denn unter fünf Minuten ist kaum ein Lied dabei. Dazu tanzen die Darsteller in schönen Kulissen oder in den erwähnten Landschaften mit ihren bunten Kostümen. Eine wahre Augenfreude.
Falls ich trotz der Qualitäten ein paar Kritikpunkte zu "Raja Hindustani" nennen müsste, dann wäre das zum Einen die sehr langsame Erzählgeschwindigkeit, die sicher beim zweiten Ansehen des Films für etwas Langeweile sorgen dürfte, zum Anderen wäre das die schon oben erwähnte Ideenarmut der Geschichte. Zur Langsamkeit bzw. dem fehlenden Schwung der Geschichte lässt sich aber sagen, dass immer wenn gerade der Punkt für Langeweile gekommen wäre, ein schwungvoller Song wieder mehr Fahrt in den Film bringt. Zudem sorgen die tollen Schauspieler bei mir immer für ein kleines Lächeln. Aamir Khan hat mich in seiner Art zu spielen an den jungen Shahrukh Khan erinnert und Karisma Kapoor war ebenfalls in ihrer Rolle bezaubernd. Was will man als Bollywood-Fan eigentlich mehr?
Alles in allem also ein schöner typischer 90er Jahre Bollywood-Film, der durch seine tollen Schauspieler, die Landschaftsaufnahmen und die guten Songs zu begeistern weiß. Zum absoluten Top-Film fehlte mir es jedoch an Innovation und Schwung. Hier hätte eine halbe Stunde weniger Laufzeit vielleicht Wunder gewirkt. Trotzdem kann ich diesen Film jedem Bollywood-Fan ans Herz legen – Bollywood-Kritiker sehen allerdings wieder einmal alle Vorurteile, die es über diese Filme gibt, voll bestätigt. Daher muss ich zur Vorsicht raten – wer nur moderne Bollywood-Filme kennt und liebt, der könnte sich an der altmodischen Art von "Raja Hindustani" vielleicht stören.
Ach ja, etwas sehr Ungewöhnliches gibt es in diesem Film auch noch zu sehen: Ein langer Kuss direkt auf den Mund! Diese Szene hat damals in Indien für wahre Empörung gesorgt, denn direkte Küsse auf den Mund sind bis heute ein Tabu, das in fast keinem indischen Film gebrochen wird. Westlichen Zuschauern wird dieses kleine Detail aber sicher nicht auffallen.
Die DVD:
Die DVD von Eurovideo bietet leider nur ein leidlich gutes Bild. Die Farben sind blass und das Bild ist auch leicht unscharf. Zudem verschluckt der schlechte Schwarzwert in Zusammenspiel mit der niedrigen Bildschärfe auch einige Details. Trotzdem habe ich gerade bei indischen Filmen schon viel schlechtere Bildqualitäten gesehen. Das Bild scheint übrigens auch leicht "gecropped" worden zu sein – zumindest sind beim Filmtitel die Ränder links und rechts etwas abgeschnitten. Als weiteren Negativpunkt kann ich noch zahlreiche Bildfehler wie Laufstreifen, Dropouts und Verschmutzungen anführen, die auf ein schlechtes Master zurück zu führen sind. Diese Mängel hören sich jetzt sicher fürchterlich an, sie sind aber durchaus gut zu ertragen, wenn man weiß, wie manche anderen Veröffentlichungen aus Indien aussehen.
Beim Ton in Hindi (Dolby Digital) und Deutsch (Dolby Digital 2.0) herrscht ein ähnliches, nur mittelmäßiges Qualitätsniveau. Dankenswerterweise ist auf der DVD auch die O-Ton Spur in Hindi enthalten und auch die dazu gehörigen Untertitel sind gut gelungen.
Fazit:
"Raja Hindustani" ist zweifelsohne - wie von mir erhofft - ein schöner Bollywood-Film der 90er Jahre. Die Geschichte ist wie bei vielen Filmen dieser Art romantisch, dramatisch und zugleich witzig, aber sie bietet auch keine Innovationen. Mir haben besonders die stimmungsvollen Songs und die schönen Kameraeinstellungen gefallen. Technisch ist somit alles im grünen Bereich.
Als negativen Punkt kann ich lediglich den fehlenden Schwung in der Inszenierung nennen, der diesen Film von echten Top-Bollywood-Filmen leicht distanziert. So emotional berührend wie vergleichbare Top-Bollywood-Filme habe ich "Raja Hindustani" auch nicht empfunden – worin sich diese Tatsache begründet, kann ich aber nicht sagen.
- Redakteur:
- Detlev Ross