Red Dust - Die Wahrheit führt in die Freiheit
- Regie:
- Tom Hopper
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Drama
- Land:
- Großbritannien/Südafrika
- Originaltitel:
- Red Dust
1 Review(s)
05.07.2006 | 10:21Hintergrund
1973 von der UN als Verbrechen gegen die Menschlichkeit erklärt, gilt die Apartheid heute sinnbildlich für die systematische Rassendiskriminierung durch einen Regierungsapparat. Der Rassenkonflikt geht bis zur Eroberung durch die Briten im Jahr 1806 zurück und verschärfte sich (nachdem die Segregationspolitik schon von den Briten eingeführt wurde) 1948 durch die Machtübernahme der Buren. Diese Machübernahme markiert den eigentlichen Beginn der Apartheid, mit all seinen grausamen Konsequenzen. Farbige wurden komplett von der Politik ausgeschlossen, öffentliche Orte wurden in „weiße Zonen“ und „schwarze Zonen“ eingeteilt und die schwarze Bevölkerung wurde in sog. Townships am Stadtrand umgesiedelt.
Widerstand leistete vor allem der ANC (African National Congress), lange Zeit friedlich durch Boykotte und Streiks. Später unter der Führung Nelson Mandelas auch durch einen bewaffneten Flügel. 1964 wurde Mandela zu lebenslanger Haft verurteilt, aus der er erst am Ende der Apartheid entlassen wurde. Erst 1990 gelang es der schwarzen Mehrheit (unter massivem Druck der Weltöffentlichkeit und unter diversen wirtschaftlichen Problemen) die Tyrannei der weißen Minderheit zu beenden. Neben Mandela gilt der 1989 ins Amt getretene Frederik Willem de Klerk als Schlüsselfigur des Apartheid-Endes. In den folgenden Jahren sollten Gerichtsprozesse, die der Exekutive Amnestie bescheren sollten, in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Ein „Täter-Opfer-Ausgleich“ sollte den Peinigern so die Begnadigung bringen - die sogenannte „Truth and Reconciliation Commission“. Einen dieser Prozesse behandelt Regisseur Tom Hopper in seinen Film "Red Dust".
Handlung
Alex Mpondo (Chiwetel Ejiofor, "Amistad"), ein Mitglied des African National Congress (ANC), steht seinem früheren Peiniger, dem (Ex-)Polizisten Dirk Henricks (Jamie Bartlett), gegenüber. Im Zuge der Amnestie-Prozesse willigte Mpondo ein, vor einer Kommission einen Versöhnungsdialog mit Henricks zu führen. Dabei geht es um eine 31-tägige Folter, die das ANC-Mitglied über sich ergehen lassen musste. Viele schreckliche Erinnerungen hatte Mpondo bereits verdängt, die er nun qualvoll wieder aufrufen muss. Unterstützung erhält er von seiner afrikanisch stämmigen und nach Amerika ausgewanderten weißen Anwältin Sarah Barcant (Hilary Swank). Mit ihrer Hilfe ruft er die Vergangenheit in Erinnerung und versucht gleichermaßen den Verbleib seines besten Freundes Steve Sizela, der mit ihm gefangen wurde und seitdem verschwunden ist, aufzudecken. Unterdessen versucht die Gegenseite ein schreckliches Geheimnis zu vertuschen, das niemals ans Tageslicht treten soll. Ein enthüllungsreicher Prozess beginnt…
Kritik
Vor dem schrecklichen Hintergrund der Apartheid inszeniert Regisseur Tom Hopper einen bewegenden Film nach einer Novelle von Gillian Slovo. In fantastischen Bildern zeigt der Regisseur sowohl die Schönheit Südafrikas als auch die Grausamkeit, die die Apartheid mit sich brachte. Dabei geht Hopper sehr feinfühlig mit dem komplexen Thema der "Truth and Reconciliation Commission" um und bringt dem Zuschauer den Ablauf und die Emotionen dieser Prozesse sehr gut näher. So spielt der Film ungefähr zu 50 Prozent im Gerichtssaal und zu 50 Prozent auf den Straßen Südafrikas. Während man dort das Leben der schwarzen Bevölkerung mitbekommt und ihre Verbundenheit untereinander förmlich spürt, sieht man im Kontrast dazu die hinter Stacheldraht abgeschotteten Weißen - man bekommt ein Gefühl für die damalige Situation in diesem Land. Und genau das transportieren dann die Gerichtsszenen vor der "T&R Commission" auf eine weitere Ebene. Auf der einen Seite Alex Mpondo, das misshandelte ANC-Mitglied, auf der anderen Seite der ehemalige Polizist Dirk Henricks. Die gezeigte Polarität, die Intensivität des Konflikts und die nahezu pervers anmutende Konsequenz dieser Prozesse rütteln den Zuschauer auf und zwingen ihn, sich mit diesem Thema, den Gefühlen und der Gesamtsituation Südafrikas zum Ende der Apartheid auseinanderzusetzen. Kochen im Gerichtssaal die Emotionen über, ergreift einen im heimischen Wohnzimmer ein ähnlicher Groll gegen die Tyrannen dieser Zeit, die unvorstellbares Leid über das Land gebracht haben. Es gelingt Hopper überaus gut, die damalige Situation auf den Schirm zu bringen und gleichzeitig ein Verständnis für diese Zeit aufzubauen. Sicherlich unterhält der Film, er ist dabei aber kein Unterhaltungsfilm. Vielmehr versetzt "Red Dust" den Zuschauer in die Zeit um 1990 und zeigt ihm fast schon lehrhaft das Leben der schwarzen Bevölkerung Südafrikas auf.
Glücklicherweise beschränkt sich der Film nicht ausschließlich auf seinen Lehrcharakter, sondern zeigt vielmehr durch seine grandiosen Bilder das Herz Südafrikas, ja er bringt dem Zuschauer das Land näher. Hopper bedient sich vieler sehr hübscher Kameraeinstellungen, die gepaart mit den vortrefflich ausgesuchten Drehorten ein wunderschönes Bild ergeben. Leider nahm der Regisseur den Filmtitel ein wenig zu deutlich und verpasste "Red Dust" einen stellenweise aufdringlichen Rot-Farbfilter, der über die Filmdauer ein wenig zu dick aufträgt. Zu den gelungenen Bildkompositionen gesellt sich ein hervorragender Score, der mit afrikanischen Klängen immer wieder mit Emotionen spielt: Einerseits aufreibend und dynamisch, andererseits nachdenklich, stellenweise auch fröhlich, klingen die Trommelklänge und traditionellen Gesänge aus den Boxen. So ergibt sich filmisch ein sehr stimmungsvolles Bild Südafrikas, welches der Handlung sehr dienlich ist.
Auf der Darstellerseite sticht natürlich der Name der zweifachen Oscargewinnerin Hilary Swank ("Million Dollar Baby") ins Auge. Sie macht ihre Sache gut, drückt dem Film aber nicht in gewohnter Weise ihren Stempel auf. Sie dient vielmehr als Unterstützung für die brillant aufspielenden männlichen Hauptrollen. Chiwetel Ejiofor glänzt in der Rolle des Alex Mpondo. Er vermittelt die Emotionen seines Charakters erstklassig, die von wutentbrannt bis niedergeschlagen und traumatisiert reichen. Auch sein Gegenspieler Jamie Bartlett glänzt mit seiner Darstellung eines der Unmenschen jener Zeit. Sein Charakter macht einen schönen Wandel durch, dem Bartlett glaubhaft rüberbringt. Aber auch die Statisten tragen ihren Teil zum Gelingen des Films bei.
Die DVD
Das Bild (16:9 (2.40:1) anamorph) lässt sich nur schwer bewerten. Natürliche Farben bekommt man kaum zu Gesicht, da der oben beschriebene Farbfilter nahezu permanent im Einsatz ist. Zudem scheint der Kontrast als stilistisches Mittel stark angehoben worden zu sein, da helle Flächen arg zum Überstrahlen neigen. Dafür gefällt die Schärfe, die sich nur in der Tiefe leichte Schwächen leistet. Der Schwarzwert könnte stärker sein, dürfte aber auch im Zuge des Filtereinsatzes verändert worden sein. Ein leichtes Hintergrundrauschen und vereinzelte Verunreinigungen des Bildes sind hingegen weniger tragisch.
Der Ton kommt sehr reichhaltig daher. Neben je einer DD5.1 Spur in Deutsch und Englisch, gibt es noch eine deutsche DTS Spur und einen überflüssigen englischsprachigen DD2.0 Downmix. Die deutschen Tonspuren unterscheiden sich kaum voneinander, kommen im Vergleich zur englischen Tonspur (den Downmix außen vor gelassen) aber mit deutlich aufgesetzter wirkenden Dialogwiedergabe daher. Genreüblich wird kein Tonbombast geboten, der Subwoofer bleibt größtenteils beschäftigungslos. Dennoch bietet der Ton reichliche Raumklangeffekte. Gerade die Gerichtsszenen beeindrucken mit einem Mitten-drin-Gefühl.
Die Extras sind ok, nicht mehr, nicht weniger. Neben einem 30-minütigen Interviewzusammenschnitt, der viele Hintergrundinformationen liefert, gibt es noch zwei unkommentierte Featurettes über die Entstehung der Filmmusik („Behind the Music“) und „Behind the Scenes“. Ein Audiokommentar des Regisseurs ist ebenfalls auf der Disc vertreten. Weiterhin gibt es Texttafeln zu den beteiligten Personen und einen Originaltrailer in deutscher und englischer Sprache.
Fazit
"Red Dust" ist ein bewegender, lehrreicher und überaus ansehnlicher Film, den jeder Mensch gesehen haben sollte. Die Unmenschlichkeit des Apartheidregimes mit all seinen Konsequenzen wird hier wunderbar veranschaulicht, wie auch der Ablauf der „Truth and Reconciliation Commission“. Man erhält einen Einblick in die damalige Zeit, mit all ihren Problemen und Ungerechtigkeiten und wird animiert, sich damit auseinanderzusetzen. Aufrüttelnd, bewegend, sehenswert!
Zum Ende dieser Kritik möchte ich das filmabschließende Zitat von Erzbischof Tutu heranziehen: „Having looked the beast in the eye, having asked and received forgiveness let us shut the door on the past, not to forget it, but to allow it not to imprison us.“
- Redakteur:
- Martin Przegendza