Ritt nach Alamo, Der
- Regie:
- Mario Bava alias John Old
- Jahr:
- 1964
- Genre:
- Western
- Land:
- Frankreich / Italien
- Originaltitel:
- La Strada per Fort Alamo
1 Review(s)
14.01.2009 | 15:35Spannung, Action & reizvolle Optik im Bava-Stil
Ein sterbender Soldat der Nordstaaten überreicht einem enteigneten Farmer oder Ex-Soldaten der Südstaaten eine Auszahlungsgenehmigung über den Betrag von 150.000 US-Dollar. Er schließt sich mit dem Spieler Slim Carsons Bande an. Gemeinsam mit seinen Bandenmitgliedern verkleidet er sich als Soldat, um das Geld in der Bank abzuheben. Doch beim Verlassen der Bank geraten die Männer in eine Schießerei und müssen sich trennen. Bud und Slim werden von der U.S.-Kavallerie vor einem grausamen Tod gerettet und schließen sich dem Trupp auf dem Weg nach Fort Alamo durch das gefährliche Indianergebiet der Osagen an. Da taucht Carson wieder auf ...
Die Nr. 8 der Western-Collection von Koch Media bietet eine digital überarbeitete und um geschnittene Szenen ergänzte Fassung (OmU).
Filminfos
O-Titel: La Strada per Fort Alamo (Frankreich / Italien 1964)
Vertrieb: Koch Media Home Entertainment
Veröffentlichung: 11.07.2008 [Kauf-DVD]
FSK: ab 12
Länge: ca. 76 Minuten
Regisseur: Mario Bava alias John Old
Drehbuch: Franco Prosperi (alias Charles Price), Livia Contardi (alias Jane Brisbane) nach einer Story von Lorenzo Gicca Palli (alias Vincent Thomas)
Musik: Piero Umiliani
Kamera: Ubaldo Terzano (alias Bud Third)
Darsteller: Ken Clark (Bud), Alberto Cevenini (alias Kirk Bert), Michel Lemoine, Jany Clair, Gustavo De Nardo, Adreina Paul, Antonio Gradoli u. a.
Handlung
Um das Jahr 1865. Der von Nordstaatlern enteignete Südstaatenfarmer und Ex-Soldat Bud Massari (Ken Clark) stößt auf von den Osage-Indianern getötete Unionssoldaten. Der letzte Lebende übergibt ihm eine Auszahlungsanweisung über 150.000 Dollar - Lohngelder, die an die Unions-Armee auszuzahlen sind. Nachdem der Soldat gestorben ist, reitet Bud weiter.
In Stone City will er zum Sheriff, doch der ist unterwegs. Im Saloon schaut er einem Pokerspiel zu. Als er merkt, dass der Bürger Silver ein Ass aus dem Ärmel zaubert, mischt er sich ein. Es gibt Ärger, und als der Sheriff eintritt, um alle zu entwaffnen, kommt es zu einer Schießerei, bei der sich Silvers Opfer, der Messerwerfer Slim, mit Bud aus dem Staub macht. Was jetzt? Slim schlägt Bud vor, sich Carsons Bande anzuschließen, und Bud unterbreitet Carson den Vorschlag, die Auszahlungsanweisung zu kassieren.
Sie verkleiden sich als Unionssoldaten (die Uniformen haben sie ja von den Gefallenen, auf die Bud stieß) und kleben sich falsche Bärte an, so dass der Bankdirektor ihnen zunächst glaubt. Doch weil er zögert, wird einer der Banditen nervös und sackt alles Geld gleich ein. Da funkt schon wieder der Sheriff dazwischen. In der Schießerei wird neben dem Sheriff auch eine alte Frau erschossen, doch weil Bud und Slim deswegen einen Aufstand machen, lässt Carson sie niederschlagen und in einer Höhle fesseln. Nachdem er sich mit dem Geld aus dem Staub gemacht hat, nehmen sich die Osage-Krieger der beiden Gefesselten an und pflocken sie in der Sonne an, damit sie verdursten.
Bud erwacht in einem Planwagen wieder, wo ihn die schöne Rothaarige Janet (Jany Clair) gesundpflegt. Sie ist die Gefangene eines Trupps Unionssoldaten, der unter dem Kommando des bornierten Captain Hull mit Versorgungsgütern Richtung Fort Alama unterwegs ist. Dort soll Janet der Prozess wegen versuchten Mordes an einem Soldaten gemacht werden. Doch sie erklärt, der Soldat habe ihre Tochter angegriffen, also war es Nothilfe. Das bringt ihr Sympathiepunkte bei Bud ein.
Weil er eine Leutnantsuniform trägt, erhält Bud den zweithöchsten Rang nach dem Captain. Aber ein gewiefter alter Sergeant durchschaut Buds Lügen, ohne ihn jedoch zu verpfeifen. Deshalb zieht Bud ihn ins Vertrauen, was er vorhat. Der Sergeant merkt, dass Bud sich mit den Indianern, die auf dem Kriegspfad sind, auskennt, und rechnet sich höhere Überlebenschancen aus, wenn es nun durchs Indianergebiet geht, als wenn er sich an die Befehle des bornierten Captains hielte, der alle Warnungen Buds in den Wind schlägt. Bud gibt Slim als den einfachen Soldaten Kincaid aus. Zusammen mit Slim, Janet und dem Sergeant hat Bud nun eine Menge Freunde auf seiner Seite.
Die braucht er auch, als plötzlich Carson wieder auftaucht, verfolgt von Osage-Indianern. Carson wird gerettet, aber die Hälfte seines geraubten Geldes hat er an die Rothäute verloren. Natürlich macht Carson sofort Ärger, doch Bud deckt ihn erst einmal. Allerdings kommt es zu einem heftigen Kampf, als Carson über Janet herfällt.
Mit Carson in Ketten wagt sich der Captain nun ins Indianergebiet und durchquert allen Warnungen zum Trotz den heiligen Friedhof und die Opferstätten der Osagen. Bud und der Sergeant ahnen, dass sie deshalb gleich alle mächtigen Ärger kriegen werden ...
Mein Eindruck
Nachdem Sergio Leones Italo-Western "Für eine Handvoll Dollar" international großen Erfolg hatte, stiegen auch andere Produzenten ein, denn das Genre der Sandalenfilme (die "pepla") hatte sich totgelaufen. Mario Bava, der Regisseur, hatte sich bereits 1960 als Meister des B-Movie-Horrors einen guten Namen gemacht und wurde gefragt, ob er bei "Ritt nach Alamo" die Regie übernähme. Er sagte zu, doch sein Vorbild war nicht Kurosawa wie für Leone, sondern die alten klassischen Western John Fords, insbesondere "Höllenfahrt nach Santa Fé" ("Stagecoach", 1939). Deshalb kommen in "Ritt nach Alamo" ausnahmsweise Indianer in einem Italo-Western vor.
Doch Bava wäre nicht Bava, wenn er nicht seinen eigenen, unverwechselbaren Stil angewandt hätte. Und so kann sich der heutige Westernfreund an einem ziemlich ungewöhnlich aussehenden Streifen erfreuen. Die Story basiert zwar komplett auf John-Ford-Klischees, doch der Stil verwendet die "Farben der Angst". Bava bevorzugte, wie Hitchcock, die kontrollierte Studioumgebung, um das Licht optimal einzusetzen. Als studierter Maler kannte er das Prinzip von Vorder- und Hintergrund und wie man beides mit gezieltem Farb- und Lichteinsatz zu einer dreidimensionalen Vertiefung des zweidimensionalen Raumes nutzen kann.
Insbesondere in den zahlreichen Nachtszenen ist diese ausgeklügelte Technik Bavas zu bewundern. Der Hintergrund ist grundsätzlich dunkelblau, der Vordergrund meist gelb und rot angeleuchtet, vermutlich durch Lagerfeuer, die aber offscreen sind. Selbst die Kostüme spielen bei dieser Farbregie eine wichtige Rolle und setzen farbkodierte Akzente. Männer sind dunkel, Frauen hell gekleidet. Es ist klar, worauf das Auge seine Aufmerksamkeit richtet. Die rothaarige Schönheit Janet mit der milchweißen Haut und der schulterfreien weißen Bluse ist ein Augenmagnet, wenn es je einen gegeben hat. Es dauert auch nicht lange, bis sich Bud und Carson um sie prügeln.
Durch den ganzen Film hindurch ist Bud Massari die Hauptfigur, und Ken Clark versucht diese Figur mit Autorität auszustatten, ohne jedoch den Übermenschen zu markieren. Rein körperlich hat er eine Tarzan-taugliche Statur, doch physiognomisch passt er eher in die Western- und Agentenfilme, in denen er auftrat. Der 1927 geborene Amerikaner schwimmt, reitet, boxt und schießt entsprechend actionreich und glaubhaft. Alle anderen Figuren verblassen neben ihm. Zu erwähnen ist lediglich Gérard Herter, der zwei Jahre später in Sollimas "Der Gehetzte der Sierra Madre" den Österreicher Baron Schulenburg spielte.
~ Musik ~
Immer wenn die Magdalena-Figur Janet und der Ex-Bandit Bud zusammen sind, erklingt die romantische Melodie, die man aus vielen John-Ford-Western kennt, vermutlich "Home on the Range". Diese markiert stets die Erinnerung an oder Sehnsucht nach einem privaten trauten Zusammenleben in einer lebenswerten Zukunft. Am Schluss ist es dann soweit: Mit tatkräftiger Hilfe seiner Freunde ist es Bud gelungen, Verstärkung aus Fort Alamo zu holen und die Indianer zu besiegen, den Treck zu retten und Carson zu töten. Die neue Farm liegt zum Greifen nahe, und der Himmel hängt voller Geigen.
~ Nebenfiguren und Drehort ~
In den Kämpfen darf Janet selbst ein Wagengespann lenken und einen Revolver abfeuern, was in einem John-Ford-Western ziemlich ungewöhnlich gewesen wäre. Die Indianer hatte Bava aus Statisten zusammengestellt, und so verwundert es nicht, dass wir keinen einzigen davon von Angesicht zu Angesicht kennenlernen. Ja, viele der "Indianer" waren lediglich Dummies, die über den Seitenwänden einer Schlucht ("die hohle Gasse") postiert wurden. Auch mit dem historischen Alamo von 1836 ist es nicht weit her: Das Fort ist nie zu sehen.
Gedreht wurde nur 40 Kilometer außerhalb von Rom in der Gegend von Maziani oder Magliani, wo viele weitere Western entstanden, wenn der Produzent nicht mit Spaniern zusammenarbeitete und nicht im spanischen Almeria drehen ließ, was natürlich teurer war. Die Außenaufnahmen sehen deshalb billig aus, während die Innen- und Nachtszenen teurer wirken. Dennoch musste Bava mit einem Minimalbudget arbeiten.
Angesichts dieser Umstände ist der Western zwar sehr ansehnlich geraten, wird aber innerhalb des Genres nicht als Glanzstück gewertet. Es sei jedoch laut Filmessay (siehe "Extras") der beste von Bavas drei Western "Ritt nach Alamo", "Nebraska Jim" und "Drei Halunken und ein Halleluja", eine Parodie.
Die DVD
Technische Infos:
Bildformate: Widescreen (2.35:1 - anamorph)
Tonformate:
Dolby Digital 2.0 (Stereo) in Deutsch
Dolby Digital 2.0 (Stereo) in Italienisch
Sprachen: Deutsch, Italienisch
Untertitel: Deutsch
Extras:
1. Featurette mit dem Sohn von Mario Bava und Filmhistoriker Antonio Tentori (ca. 13 Minuten)
2. Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
3. In der Verpackung abgedruckter Filmessay
Mein Eindruck: die DVD
~ Bild und Ton ~
Das digital überarbeitete Bild dieses Films weist hauptsächlich am Anfang noch etliche Artefakte auf, welche die Bearbeiter nicht zu beseitigen vermochten, besonders kleine weiße Punkte. Etwa in der Mitte des Films taucht das Phänomen nochmals kurz auf. Möglicherweise fing an dieser Stelle eine neue Filmrolle an.
Der Ton wurde von DD 1.0 auf DD-2.0-Standard angehoben, und das recht annehmbar, wie auf dem Niveau eines guten Fernsehers. An mehreren Stellen wurden gekürzte Szenen ergänzt und werden im Originalton mit Untertiteln gezeigt.
~ Extras ~
1. Filmessay
Der Filmessay von Wolfgang Luley ist ein Leckerbissen für Fans des Kultregisseurs Mario Bava. Luley verliert aber auch ein paar Worte über den Hauptdarsteller, die Handlung und vor allem den speziellen visuellen Stil Bavas. Ich hätte mir mehr Meinung über die Handlung gewünscht. Diese Lücke füllt jedoch die Featurette.
2. Featurette "The long road to the West" mit dem Sohn von Mario Bava und Filmhistoriker Antonio Tentori (ca. 13 Minuten, mit Untertiteln)
Der italienische Filmhistoriker Antonio Tentori ordnet den Film sowohl in die italienische Filmgeschichte wie auch in die des Westerns ein. Das ist höchst willkommen, denn so erfahren wir vom innigen Verhältnis Bavas zu John Fords klassischen Western, denen er mit "Ritt nach Alamo" nacheiferte (in bescheidenem finanziellem Rahmen). Aus dieser Nachfolge ergeben sich laut Tentori die Klischees für die Figurenkonstellation des Films. Und es sei so etwas wie ein Road Movie, bei dem sich die Teilnehmer des Trecks verändern.
Typisch für Bava sei das Erzeugen von Anspannung durch diverse Mittel: Vorzeichen wie etwa Schädel auf der Straße oder dumpf klingende Kriegstrommeln. Wir ahnen: Etwas Schreckliches wird geschehen. Das ist die typische Bava-Stimmung. Der Meister trickste mit den Farben, um den Eindruck von Tiefenschärfe zu erzeugen, mit dem Hell-Dunkel-Kontrast (chiaroscuro) und mit der "Amerikanischen Nacht", bei der bei Tage gedreht wird, aber durch einen Filter der Anschein erweckt wird, es sei Nacht.
Der Sohn von Mario Bava ist Lamberto Bava, der am bekanntesten ist für seine Fantasy-und Märchen-Filme wie etwa "Die falsche Prinzessin". Er berichtet uns von seiner Arbeit an "Ritt nach Alamo" als Assistenzregisseur und wo die Dreharbeiten stattfanden, nämlich in Manziana bei Rom. So ergänzen sich Meinung und Drehbericht ideal.
3. Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Die Diaschau umfasst internationale Filmplakate (wo der Film einmal als "Arizona Bill" angekündigt wird), zahlreiche deutsche Aushangfotos, ein deutsches Filmheft mit Werbemotiven sowie ein deutsches "Film-Bühne"-Heft. Das ist eine wirklich gute Ausstattung der Galerie.
Unterm Strich
Obwohl der Streifen wohl nicht der Knaller unter den (Italo-)Western ist, so sorgt doch die temporeiche Handlung für gehörige Spannung und mündet in einem doppelten Action-Finale. Die Spannung wird rhythmisch unterbrochen von Nachtszenen, in denen Romantik (Janet) und Humor (der alte Sergeant) zu ihrem Recht kommen.
Besonderen optischen Reiz verleiht Bavas meisterhafte Licht- und Farbregie dem Streifen, die selbst aus einfachen Mitteln eine besondere Stimmung und die Tiefenschärfe der Szenen zaubert. Sollte man selbst gesehen haben. Damit hat Bava bekanntlich Quentin Tarantino ebenso beeinflusst wie John Carpenter und viele andere. Schade nur, dass der Film so kurz ist.
- Redakteur:
- Michael Matzer