Riverman, The – Auf der Jagd nach dem Green River Killer
- Regie:
- Bill Eagles
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Thriller
- Land:
- USA
1 Review(s)
14.07.2006 | 08:39Wer sich mit dem Bösen einlässt …
Ein brutaler Killer terrorisiert die Westküstenmetropole Seattle. Eine Frau nach der anderen fällt ihm zum Opfer: Um den Unbekannten zu fassen, nimmt Kriminalprofessor Keppel die Hilfe des inhaftierten Serienmörders Ted Bundy an. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn der "Green River Killer" kann jede Sekunde erneut zuschlagen. – Dieser Fall lieferte die Vorlage zu "Das Schweigen der Lämmer". (Verlagsinfo)
Filminfos
O-Titel: The Riverman (USA 2004)
Dt. Vertrieb: e-m-s (Verleih: 15.06.06; Verkauf: 17.08.06)
FSK: ab 16
Länge: ca. 87 Min.
Regisseur: Bill Eagles
Drehbuch: Peter Lance und Tom Towler
Musik: Jeff Rona
Darsteller: Bruce Greenwood ("Thirteen Days"), Sam Jaeger ("CSI: Den Tätern auf der Spur”), Cary Elwes ("Bram Stoker’s Dracula"), Kathleen Quinlan ("The hills have eyes") u.a.
Handlung
Nahe der Westküstenmetropole Seattle, wo der Starbucks-Kaffee herkommt, fließt der Green River durch dunkle Wälder. Am Ufer inspiziert die Polizei wieder einmal Leichen, die am Ufer und im Wasser gefunden wurden. Es handelt sich, wie man später herausfindet, um Prostituierte. Der junge Polizeibeamte Dave Reichert bekommt von seinem Boss die Aufgabe, mit einer Sonderkommission den Riverman, der die Frauen auf dem Gewissen hat, zu fassen. Doch Reichert, ein Grünschnabel, fühlt sich dieser Aufgabe nicht gewachsen und fragt den Chefermittler Bob Keppel (Greenwood) um Rat.
Bob Keppel, auf dessen Buch das Drehbuch basiert, ist berühmt unter seinen Kollegen, denn er hat in den siebziger Jahren Ted Bundy gejagt und überführt. Bundy hat in elf Bundesstaaten nicht weniger als 36 Frauen umgebracht und von einigen die Köpfe als Souvenir behalten. Nun sitzt Bundy im Todestrakt des Staatsgefängnisses von Florida und hat nur noch wenige Tage zu leben.
Reicherts Hinweise bringen ihn nicht weiter, und Keppel kann mit diesem Material auch nichts anfangen. Selbst das Erkunden des Rotlichtbezirks von Seattle bringt nichts – er wird vielmehr selbst von der Polizei fast verhaftet. Man ist ziemlich nervös. Da bekommt Keppel von Bundy einen Brief, in dem ihm der Serienkiller seine Hilfe anbietet. Keppel ahnt bereits, dass sich Bundy nur an den Fotos der Opfer aufgeilen will.
Dennoch nimmt er das Angebot an, weil er den Verdacht hat, dass Bundy noch acht weitere Frauen umgebracht hat. Er will deren Familienangehörigen endlich Gewissheit verschaffen. Keppels Frau macht sich Sorgen, ihr Mann könnte Unheil über ihre Familie heraufbeschwören. Die Tochter übt Ballett, der Sohn spielt in einer Rockband Gitarre. Keppel hat Zweifel.
Mit Reichert besucht er Bundy und versucht etwas über den Riverman herauszubringen. Doch Reichert wird von den Medien aufgespürt und ist einfach zu ahnungslos, um die Sache durchziehen zu können – er würde den fiesen Bundy am liebsten selbst ins Jenseits befördern. Nach Reicherts Abreise geht es zwischen Keppel und Bundy ans Eingemachte. Endlich zeigt der Serienkiller sein wahres Gesicht. Und Keppel muss der Versuchung widerstehen, sich zu tief in dessen Psyche einzufühlen und so selbst zu einem Ungeheuer zu werden.
Mein Eindruck
Wie gesagt, basiert das Skript auf Robert Keppels Buch "The Riverman: Ted Bundy and I hunt for the green River Killer", welches auch den Roman "Das Schweigen der Lämmer" inspirierte. Daher hat der Film sehr viel Ähnlichkeit mit all den Ablegern der TV-Serie "CSI: Miami / New York". Nicht nur die altbekannte Arbeit mit Akten und Fotos taucht auf, sondern auch das Einfühlen in die Psyche des Täters, die David Caruso in "CSI: Miami" auf so fotogene Weise darstellt. Tatsächlich erweist sich dieser Aspekt als weitaus wichtiger als sämtliche Fitzelarbeit an Leichen.
Denn nur auf diesem Weg verspricht die Suche nach dem Riverman ein Erfolg zu werden. Das ist der Grund, warum Keppel Bundys Angebot annimmt, ihm zu helfen. Die Verhöre Keppels vor Bundys Zelle haben nicht nur konzeptionell, sondern auch optisch viel Ähnlichkeit mit den Szenen, in denen Agent Starling (Jodie Foster) dem Serienmörder Lecter (Anthony Hopkins) hilfreiche Hinweise auf "Buffalo Bill" zu entlocken versucht.
Doch wo "Das Schweigen der Lämmer" Halt machte, lässt sich Keppel anscheinend auf das Spiel Bundys ein. Er will Bundy aus der Reserve locken, muss aber selbst auch etwas geben: seine Aufmerksamkeit. Der Serienkiller hält sich für den Größten, ein gottähnliches Wesen. Am besten schmeichelt man seinem Ego, wenn man etwas von ihm will. Bundy rät Keppel, geistig selbst zu einem Fluss zu werden, einem Riverman, um sich in den Gesuchten einzufühlen. Es sei ein Fehler, die "Beute", also die Prostituierten, als Menschen zu betrachten. (In der Tat tut dies der schließlich gefasste Riverman nicht. Er glaubt sogar, der Gesellschaft mit der Beseitigung von 59 Nutten einen guten Dienst erwiesen zu haben.)
Ab dieser Stellen entwickelt der Film ein Ungleichgewicht, das den Zuschauer zur Frage veranlasst, ob der Titel gerechtfertigt ist. Wenn während fast des halben Films nur Ted Bundy zu sehen ist, wieso wurde der Film dann nach dem Serienkiller von Seattle benannt? Die Antwort ist ein wenig schwierig: Der Begriff "Riverman" ist nämlich auch auf Bob Keppel anzuwenden, ganz so, wie Bundy ihm dies vorschlug. Trotzdem bleibt das Ungleichgewicht bestehen. Das wird auch nicht durch das kurze Intermezzo ausgeglichen, während dessen Reichert seinem Ermittler Keppel einen Tatverdächtigen präsentiert.
~ Die Schauwerte ~
Erst nach diesem Intermezzo entwickelt der Film einen psychologischen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Es geht nämlich Keppel darum, Bundy erzählen zu lassen, wie er eine bestimmte Studentin auf dem Campus von Washington, D.C., zur Strecke gebracht, getötet und dann missbraucht hat. Keppel entlarvt Bundys Lügen, und es gibt eine Neuinszenierung des Falles, die noch brutaler ist als die erste. Erst nachdem Bundy sein noch lebendes Opfer in den Wald gefahren hat, kommt die ganze inhumane Brutalität der Bestie in Bundy zum Vorschein. Der Schauspieler Cary Elwes sieht nun auch ziemlich furchterregend aus. Dass sich Keppels alias Greenwoods Gesicht allerdings kaum verzieht, wirkte auf mich etwas frustrierend.
Anders als auf der Rückseite der DVD-Box angedeutet, sind keine nackten Frauen im Film zu sehen. Aber eine Menge Knochen, Schädel und aufgeblähte Wasserleichen. Nicht jedermanns Geschmack.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,78:1 (anamorph)
Tonformate: D in DD 5.1, Englisch in DD 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
keine
Mein Eindruck: die DVD
Der DD-5.1-Sound ist ebenso einwandfrei wie das Bild. Obwohl es "nur" ein Fernsehfilm ist, ist das Bild gestochen scharf. Das einzige, was fehlt, ist das breite Cinemascope-Format.
Wenn man Werbung zu den "Extras" zählt, so findet man diese in Form einer Trailershow. Hier werden auch die Filme "Bundy" und "Gacy" auf sensationsheischende Weise beworben, die mich abstößt: Geschäfte mit der Faszination des Bösen. Das Fehlen jeglichen Bonusmaterials führt zu einem Punktabzug.
Unterm Strich
"The Riverman" ist eine an CSI-Serien angelehnte ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Serienkillers. Hier wird nicht wie in den Filmen "Bundy" und "Gacy" versucht, mit der Faszination des Bösen ein Geschäft zu machen, sondern die mühevolle und risikoreiche Arbeit der Ermittler realistisch darzustellen. Der Realismus beruht, so ist anzunehmen, auf dem Buch, das Bob Keppel über seine Zusammenarbeit mit Bundy geschrieben hat und das laut Klappentext zu einem "Bestseller" wurde.
Wer sich also ein zweites "Schweigen der Lämmer" – und damit wird ja geworben – erhofft, wird wohl enttäuscht sein, was er in "Riverman" vorfindet. Hier geht die Handlung nicht wie in jenen Starporträts auf die Untaten der Killer ein, sondern auch auf die familiären Zusammenhänge der Ermittler und wie die interne Polizeipolitik mit Reichert umspringt. Keppel ist nicht bei der Polizei, sondern verdient sein Geld als Dozent an einer Hochschule.
Wo Reichert hilf- und ahnungslos wirkt, da erscheint Keppel umso souveräner. Doch Keppels Darsteller Greenwood hat den Nachteil, dass ihm praktisch nur ein einziger Gesichtsausdruck zur Verfügung steht: ein Pokerface. Nur in den Rückblenden ins Jahr 1974 zeigt er ein wenig Gefühl, aber da darf er ja auch jung sein – fast so jung wie Reichert in der Gegenwart des Jahres 2002.
Zusammen mit dem erwähnten Ungleichgewicht wirkt der Fernsehfilm keineswegs perfekt, ist aber immer noch eine respektable Aufarbeitung der Fälle Riverman und Bundy. Kenner der Materie dürften das Ergebnis interessant finden. Das Fehlen von Hintergrundmaterial auf der DVD dürfte aber auch sie enttäuschen.
- Redakteur:
- Michael Matzer