S. Darko – Eine Donnie Darko Saga
- Regie:
- Fisher, Chris
- Jahr:
- 2009
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- S. Darko – A Donnie Darko Tale
1 Review(s)
17.04.2010 | 23:15Das geschieht:
Sieben Jahre nach dem bizarren Tod ihres Bruders Donnie, der in seinem Schlafzimmer von einer Flugzeugturbine erschlagen wurde, verlässt Samantha Darko das heimatliche Virginia. Sie leidet unter Visionen und schlafwandelt, fühlt sich von den Eltern vernachlässigt und will neu anfangen. Mit ihrer besten Freundin Corey fährt Sam nach Kalifornien, wo sich die beiden jungen Frauen als Tänzerinnen versuchen wollen.
Die Reise ist lang, das Auto alt, und irgendwo in der Wüste des US-Staates Utah gibt es seinen Geist auf. Dorfrebell Randy nimmt Sam und Corey mit in die Kleinstadt Conejo Springs. Die Reparatur des Wagens wird dauern, sodass die Frauen sich ein Motelzimmer nehmen. In den nächsten heißen Juli-Tagen lernen sie die kleine Stadt und ihre Einwohner kennen, zu denen der nur angeblich fromm gewordene Pastor Wayne, die fanatisch bigotte Trudy und der überforderte Officer O’Dell gehören. Der Polizist jagt einen Kidnapper, der zwei Kinder aus Conejo Springs entführt hat; O‘Dell hält den im Irak geisteskrank gewordenen Ex-Soldaten „Iraq Jack“ für den Täter.
In den Nächten wird Sam erneut von Albträumen geplagt. Ein spukhaftes Alter Ego fordert sie auf, das in vier Tagen zu erwartende Ende der Welt zu verhindern. Ihm schließt sich der Geist eines der verschwundenen Kinder an. Am Ortsrand schlägt ein seltsamer Meteorit auf. Die Kirche wird niedergebrannt. Iraq Jack empfängt Signale aus einer anderen Welt und schweißt eine stählerne Hasenmaske zusammen. Sam wird von Corey im Stich gelassen und stirbt bei einem grotesken Unfall. Corey will sühnen und findet einen Weg, die tote Freundin auferstehen zu lassen. Die ‚neue‘ Sam entdeckt, dass die angekündigte Apokalypse durch den allzu engen Kontakt mit einem parallelen Universum verursacht wird. Auf der Suche nach Rettung stirbt sie erneut, und das Schicksal dieser Welt liegt nun in den Händen von Iraq Jack, der keine Ahnung hat, was von ihm erwartet wird …
Am Anfang war …
… „Donnie Darko“, originäres Meisterwerk des Regisseurs und Drehbuchautors Richard Kelly; ein ebenso vielschichtiger wie faszinierend rätselhafter Film, der wie alle ‚echten‘ Kultstreifen seinen Klassikerstatus nicht der Werbung, sondern der tiefen Zuneigung eines in den Bann geschlagenen und interpretationswütiges Publikums verdankt. Solche Erfolge sind selten und meist singulär, was u. a. dadurch belegt wird, dass Richard Kelly als Filmemacher seit 2001 nichts auch nur annähernd Vergleichbares mehr gelang.
So verzweifelt (oder dumm) war er jedoch nicht, dass er den Sirenengesängen Hollywoods erlegen wäre. „Donnie Darko“ war zwar anfänglich kein großer finanzieller Erfolg beschieden. Gutes Geld brachten die erst DVD- und Blu-ray-Verkäufe, zumal Kelly 2005 einen um 20 rätselreiche Minuten verlängerten „Director’s Cut“ realisieren konnte. Gold wert war vor allem der Donnie-Darko-Mythos, den Hollywood auf Dauer nicht brach liegen lassen KONNTE, obwohl die Frage nach dem Inhalt (nicht dem Sinn) einer Fortsetzung sogar hartgesottene Filmprofis ins Schwitzen brachte, wie wir im „Making of“ zu „S. Darko“ erfahren.
Aber Hollywood – hier repräsentiert durch die kleine Firma Silver Nitrate Productions – kennt keine Scham und findet stets eine Lösung. „S. Darko“ ist keine ‚richtige‘ Fortsetzung, sondern eine „Donnie Darko Saga“. Was zunächst merkwürdig klingt, da Donnie definitiv mausetot ist und auch nicht aus der x-ten Dimension zurückkehrt, wird verständlicher, sobald der neue Film angelaufen ist: „S. Darko“ erzählt einfach noch einmal dieselbe Geschichte mit anderen Figuren und an einem anderen Ort. Als verbindendes Element dient Donnies jüngere Schwester Samantha, die im Originalfilm überhaupt nicht in die Zeit- und Dimensionsreisen ihres Bruders involviert war; die Affinität zum Mythischen ist bei den Darkos offenbar genetisch bedingt.
Alles anders und doch wie bisher
4 Mio. Dollar betrug das Budget für „S. Darko“ – ein Taschengeld im Vergleich zu den Summen, für die im 21. Jahrhundert Kinofilme gedreht werden. Allerdings hatte „Donnie Darko“ 2001 nur eine halbe Million mehr gekostet. Zudem war „S. Darko“ von Anfang an als „Direct-to-DVD“-Produktion geplant. So konnte an teuren Stars gespart werden, und auch Kulissen und Spezialeffekte mussten nicht auf der großen Leinwand, sondern nur auf dem ungleich kleineren Bildschirm überzeugen.
Zumindest in diesem Punkt müssen sich die Männer und Frauen von Silver Nitrate Productions keine Vorwürfe machen lassen: „S. Darko“ ist ein Film auf handwerklich hohem Niveau. Chris Fisher und seine Crew holen heraus, was finanziell und technisch möglich war. Da „S. Darko“ für DVD und Blu-ray konzipiert wurde, spiegelt sich diese Qualität auf beiden Medien wider. Die Bilder sind scharf, die Farben satt, die Spezialeffekte sind durchweg überzeugend geraten, der Ton kann Schauer über den Rücken jagen.
Was für die Story leider nur im negativen Sinn zutrifft. Atkins und Fisher haben sich an Richard Kellys generelle Deutung. Der Donnie-Darko-Kosmos lässt sich durchaus erklären; wir erleben einerseits, wie die irdische Realität durch spontan auftretende und kurzlebige „Tangenten-Universen“ bedroht wird, während andererseits Teenager mit dem Alltagsleben und dem Erwachsenwerden ringen. Einst war es Donnie, nun ist es Samantha, die Probleme damit hat. Ihr Schlafwandeln und ihre Visionen können auch als Reaktionen eines überforderten Geistes interpretiert werden. Sam lebt, macht Fehler und muss die Folgen tragen. Das Science-Fiction-Element der Geschichte ermöglicht ihr Neustarts, die wiederum andere Entscheidungen und entsprechende Auswirkungen zeitigen.
Wer zuerst kommt …
Nüchtern betrachtet war schon „Donnie Darko“ kein Geniestreich. Doch Richard Kelly war zuerst da mit seiner Story, die er nach Kräften verrätselte sowie mit Andeutungen und Zitaten auflud, die das Publikum zum Nachdenken anregten. Jeder Zuschauer konnte „Donnie Darko“ in seinem Sinn deuten und Recht dabei behalten, denn Kelly hielt das Geschehen absichtlich vage.
Chris Fisher entwickelt das Konzept nicht weiter, sondern kopiert es – ansehnlich zwar, aber nicht so clever, wie er dachte. Vorgeblicher Tiefsinn, vom Himmel regnende Tesserakte und der Verzicht auf ein vollständiges Happy-End ändern daran nichts. Von der Kritik und empörten Gralshütern des Originals wurde „S. Darko“ ohnehin zerrissen. Falls der Film ein neues Franchise einleiten sollte, ist dieser Plan inzwischen wahrscheinlich abgehakt, denn das Publikum schluckte den Köder nicht. Geht man indes ohne jede (übersteigerte) Erwartung an diesen Film, kann er trotz der elegant aber offensichtlich vom Original übernommenen Struktur unterhalten.
Profis im Ratespiel
Eine routinierte aber vor allem eindringlich aufspielende Darstellerriege trägt ihren großen Teil dazu bei. „S. Darko“ wurde mit TV-Veteranen besetzt, denen es gelang, die auf ihre Art durchaus komplexe Handlung im Rahmen eines Drehplans, der nur 25 Tage umfasste, in den Griff zu bekommen. Ein Großteil der schauspielerischen Verantwortung lastete auf den schmalen Schultern von Daveigh Chase, die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten erst 18 Jahre alt aber bereits in 40 Filmen und Fernseh-Folgen aufgetreten war. Schon 2001 hatte sie, noch ein Kind, die Samantha Darko in „Donnie Darko“ gespielt, was für eine gewisse Kontinuität zwischen den Filmen sorgt. In „S. Darko“ steht Chase zwischen noch unsicherem Mädchen und schon erfahrener Frau und wirkt jederzeit glaubhaft in dieser Hauptrolle, was gerade im US-Kino nicht selbstverständlich ist, werden hier doch seit jeher ‚Jugendliche‘ gern mit Mitt- und Endzwanzigern besetzt. (Vorsichtshalber lässt Regisseur Fisher die nymphenhafte Chase möglichst oft in knappen Shorts und im Tank Top schlafwandeln, und auch die hübsche Briana Evigan scheint Textilien zu hassen.)
Unter den Darstellern erkennt der fleißige Film- und Fernseh-Zuschauer manches bekannte Gesicht. Kabinettstückchen liefern Elizabeth Berkeley (deren Karriere sich nach dem Kino-Desaster „Showgirls“ von 1995 nie wirklich erholt hat) als nicht nur scheinheilige, sondern gefährliche Trudy, Matthew Davis als pädophiler Priester und Ed Westwick als aus der Bahn geworfener Kleinstadt-Rebell. James Lafferty soll als “Iraq Jack” tragisch wirken, ist aber nur verrückt, weshalb seine Aktionen und Äußerungen zur Rettung der Welt von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind. Nicht nur das Schicksal, sondern auch der Drehbuchautor muss manche Delle in Einsteins relatives Universum schlagen, damit Jack seine Funktion erfüllen kann. Der beste Rat an den Zuschauer ist abschließend wahrscheinlich, „Donnie Darko“ zu ignorieren und sich der schönen Bilder der ansonsten mit Knallgas gefüllten Seifenblase „S. Darko“ zu erfreuen.
Daten
Originaltitel: S. Darko – A Donnie Darko Tale (USA 2009)
Regie: Chris Fisher
Drehbuch: Nathan Atkins
Kamera: Marvin V. Rush
Schnitt: Kent Beyda
Musik: Ed Harcourt
Darsteller: Daveigh Chase (Samantha), Briana Evigan (Corey), James Lafferty (Iraq Jack), Ed Westwick (Randy), Walter Platz (Frank), John Hawkes (Phil), Bret Roberts (Officer O'Dell), Jackson Rathbone (Jeremy), Elizabeth Berkley (Trudy), Barbara Tarbuck (Agatha), Matthew Davis (Pastor John Wayne), Nathan Stevens (Jeff), Ryan Templeman (Mike), Zulay Henao (Baelyn) u. a.
Label/Vertrieb: Sunfilm Entertainment (www.sunfilm.de)
Erscheinungsdatum: 04.12.2009
EAN: 4041658223010 (DVD) bzw. 4041658293013 (Blu-ray)
Bildformat: 16 : 9 (1,85 : 1, anamorph)
Audio: DTS 5.1 (Deutsch), Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 99 min. (Blu-ray: 102 min.)
FSK: 16
DVD-Features
15 Minuten lang ist das „Making of“ zum Hauptfilm. Mehr muss auch nicht sein, da hier wieder einmal alle Befragten Phrasen dreschen, sich gegenseitig hochleben lassen und viel dummes Zeug über den angeblichen Kontext dieses Filmes faseln.
Obskur aber unterhaltsam ist die siebenminütige Featurette „Utah too Much“. John Hawkes, der den Motelier Phil mimt, ist nicht nur Schauspieler, sondern auch Sänger. Anscheinend litt er während der Dreharbeiten an einem Lagerkoller, den er mit einem selbst komponierten, geschriebenen und gesungenen Song zu verarbeiten suchte. Dieser erklingt nicht nur in voller Länge, sondern wird von Bildern vom Drehort und von diversen Drehpausen begleitet, die als zustimmender Kommentar zu diesem Klagesang verstanden werden können.
- Redakteur:
- Michael Drewniok