Sherlock Holmes: Das Zeichen 4
- Regie:
- Hammond, Peter
- Jahr:
- 1987
- Genre:
- Thriller
- Land:
- GB
- Originaltitel:
- The sign of four
1 Review(s)
28.06.2010 | 10:29Spannende Verfolgungsjagd auf der Themse
"Sündhaft teure Perlen von einem Unbekannten? Die junge und hübsche Lady Miss Morstan erfreut sich eines aufmerksamen aber anonymen Verehrers, der ihr regelmässig Geschenke macht. Erst nach vier Jahren will der Unbekannte der Schleier lüften und lädt zum Treffen ein. In begleitung von Sherlock Holmes (Jeremy Brett) machen sie die Bekanntschaft von Mr. Sholto (Ronald Lacey), der ihnen die sagenhafte Geschichte von einem märchenhaften Schatz erzählt, den sein und Miss Morstans Vater in Indien gefunden hätten und der ihr nun zur Hälfte zustände. Doch der Verwahrer des Schatzes, Sholto's Bruder, wird kurze Zeit später mit einem Giftdorn im Kopf tot aufgefunden. Von dem Schatz fehlt jede Spur. Können Superdetektiv Sherlock Holmes und Dr. Watson (Edward Hardwicke) die Mörder finden und den Schatz retten...?" (Verlagsinfo)
Filminfos
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O-Titel: The Sign of Four (GB 1987)
Dt. Vertrieb: Polyband & Toppic Video/WVG
Erscheinungstermin: 1. April 2004
FSK: ab 12
Länge: ca. 103 Minuten
Regisseur: Peter Hammond
Musik: Patrick Gowers
Darsteller: Jeremy Brett, Edward Hardwicke, Ronald Lacey u.a.
Handlung
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(Die Chronologie der Ereignisse wird in der berühmten Erzählung bzw. im Film ziemlich verschachtelt und häppchenweise vorgelegt. Daher versuche ich, ein wenig Licht in diesen Dschungel zu bringen, ohne das Meiste zu verraten.)
Es waren einmal zwei dicke Freunde, die als britische Gefängnisaufseher auf den anglo-indischen Andamanen-Inseln schuften mussten: Major Sholto und Captain Morstan. Durch glückliche Umstände gelangten sie in den Besitz eines großen Schatzes, den sie sich brüderlich teilen wollten. Doch es kam alles ganz anders...
Am 18. April 1882 kehrt Bartholomew Sholto vom Studium in sein Elternhaus Pondycherry Lodge in der Nähe von London zurück. Sein Zwillingsbruder Thaddeus ist froh, ihn wiederzusehen, denn in letzter Zeit leidet ihr Vater, Major Sholto, an einem beunruhigenden Verfolgungswahn. Er hat zwei Preisboxer als Leibwächter eingestellt, nachdem er Eindringlinge am Fenster gesehen hat. Insbesondere Einbeinige lässt er verfolgen. Da bringt der Butler einen Brief aus Indien, der den Major in Angst und Schrecken versetzt: Eine Gruppe, die sich "Das Zeichen Vier" nennt, hat darin gedroht, sich das, was er geraubt habe, zurückzuholen und ihn für seinen Verrat zu bestrafen. Er erleidet einen Schwächeanfall, flüstert noch ein paar letzte Worte von einem "Schatz" und einer Mary Morstan - und gibt den Löffel ab.
1888, sechs Jahre später.
Eben jene Mary Morstan, Tochter von Captain Morstan, besucht Sherlock Holmes und Dr. John Watson in Holmes' Büro in London, Baker Street 221B. Holmes hat sich mal wieder eine seiner, wie Watson sagen würde, "entsetzlichen" Kokainspritzen gesetzt und ist folglich bester Laune. Diese hebt sich noch viel mehr angesichts des wunderschönen Geschöpfes, das durch seine Tür tritt. Denn im Gegensatz zu manchen Darstellungen in gewissen Filmen ist Holmes kein Griesgram, sondern ein weltzugewandter Genießer, dem nichts lieber ist als eine Herausforderung seiner formidablen geistigen Fähigkeiten. Nach Zeiten mentalen Hungers bietet Mary Morstan ihm nun eine leckere Geistes-Mahlzeit: ein Rätsel!
Die Ärmste schlägt sich seit dem Verschwinden ihres Vaters im Jahre 1878 als Gesellschafterin bei Mrs. Cecil Forrester durch, doch seit 1882 erhält sie von einem unbekannten Gönner alljährlich eine wunderschöne Perle geschickt, so dass sich ihr Lebensstandard ein wenig gehoben hat.
Watson und Holmes, die ihre daraus gefertigte Halskette in Augenschein nehmen dürfen, sind völlig von den Socken: edelste Ware, beim Jupiter! Aber deswegen ist Miss Mary nicht hier. Sie hat eine Einladung zu einem geheimen Treffen erhalten. Sie dürfe zwei Freunde, aber keinerlei Polizeibeamte mitbringen. Ob die beiden Herren wohl so nett wären?
Und ob sie wären! Vorsichtshalber nimmt Holmes aber seinen zuverlässigen Revolver mit. Ein Kutscher sammelt sie am Treffpunkt auf und fährt sie in die schlechteren Viertel Süd-Londons. Als ein Inder sie in das Haus einlässt, staunen alle Bauklötze: ein veritabler Palast wie aus dem Orient. Wem gehört die noble Hütte? Es ist Thaddeus Sholto (Ronald Lacey), und er hat eine lange Geschichte zu erzählen.
Doch als sie in Pondicherry Lodge, dem Haus seines verblichenen Vaters, eintreffen, um Mary den ihr rechtmäßig zustehenden Schatz zu zeigen, kommen sie zu spät. Jemand ist ihnen zuvorgekommen, was dem armen Bartholomew (ebenfalls Ronald Lacey) gar nicht gut bekommen ist: In seinem Hals steckt ein Dorn mit einem tödlichen Gift...
Doch wie konnte der Täter in einen komplett abgeschlossenen Raum eindringen und - vor allem - wieder entkommen? Holmes stellt sich endlich das ersehnte Rätsel: ein klassisches Locked room mystery!
Mein Eindruck
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Natürlich ist es von diesem bis zur Ergreifung der Täter noch ein weiter Weg. Endlich erfahren wir am Schluss auch, wie alles begann, irgendwo am anderen Ende des Empires, als ein unvorsichtiger Kaufmann seinem Kollegen etwas von einem Schatz zuflüsterte. Natürlich ist eine Schatzjagd immer ein netter Aufhänger für eine flotte Story, und umso mehr für das viktorianische Publikum, das das angesehene "Strand Magazine" las, in dem Doyle seine Stories veröffentlichen konnte. Abenteuer, Gefahr, ein waschechter Kannibale - beim Jupiter! Es gibt genügend Unterhaltsames in der Story, um einen abendfüllenden Film daraus zu spinnen.
Doch Doyle lässt auch eine gewisse Kritik an den erschreckenden Zuständen auf den Gefängnisinseln eben dieses British Empires einfließen. Die Schlussrede des Täters ist voller Anklagen, die offenbar allesamt gerechtfertigt sind. Er stellt sich natürlich selbst als Opfer hin, aber es war sicher nicht ungewöhnlich, dass britische Aufseher wie Sholto und Morstan den ihnen ausgelieferten Häftlingen sämtliche Habseligkeiten abnahmen, die sie besaßen. Und dazu gehörte eben auch die Information über den Schatz in der Stadt Agra, wo der Tadsch Mahal steht.
Die Gier nach dem Gold ist das ausschlaggebende Thema hinter der ganzen Schatzsuche. Und bevor die Truhe geöffnet wird, fragt sich vielleicht der eine oder andere Zuschauer, ob der Schatz nicht besser drin bleiben sollte als noch mehr Menschen ins Unglück zu stürzen, beispielsweise die liebliche Miss Morstan (Jenny Seagrove)...
Die filmische Umsetzung
Peter Hammond durfte bei diesem Auftakt zur Spielfilmreihe der Granada Television wirklich aus dem Vollen schöpfen. Man gönnte ihm sogar Filmmaterial von 35 mm statt der üblichen 16 mm, von Videomaterial ganz zu schweigen. (Das verrät Holmes-Film-Experte Michael Ross bei seinen zwei Audiokommentaren zu „Der Hund von Baskerville“ und „Der letzte Vampir.)
Nicht nur materialmäßig bewegte er sich daher auf Kino-Niveau, sondern auch hinsichtlich der Ausstattung, des Personals, der Kostüme und natürlich der abendfüllenden Länge – dieser Film ist doppelt so lange wie die 50-Minuten-Episoden der vier TV-Staffeln. Und Jeremy Brett war 1987 noch weder herzkrank noch depressiv, wie man leicht an seinem übermütigen Mienenspiel und seinem Herumkraxeln an der Fassade von Pondicherry Lodge ablesen kann.
Die DVD
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Technische Infos
Bildformate: 4:3 - 1.33:1
Tonformat: Dolby Digital 2.0
Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: keine
EXTRAS:
1) Biografie von Arthur Conan Doyle
2) Biografie von Jeremy Brett
3) Serien-Trailer
Mein Eindruck: die DVD
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Wie schon erwähnt, durfte der Regisseur ausnahmsweise 35-mm-Material verwenden, das eine viel höhere Auflösung erlaubt als 16-mm-Material oder gar Video. Daher ist das Bild durchweg von einer schönen Brillanz und einem Detailreichtum, an dem sich das Auge sattsehen kann. Allerdings gab es keine digitale Überarbeitung, und wegen der vielen Innenaufnahmen, die erst im Finale mit einer Verfolgungsjagd abgelöst werden, will auch keine rechte Abenteuerstimmung aufkommen.
Der Ton liegt in Deutsch und Englisch im Standard Dolby Digital 2.0 vor, was einem guten Fernseher entspricht. Deshalb darf man hier keine Sensationen erwarten. Es gibt keine Untertitel, was das Verständnis der vielen Namen erschwert.
EXTRAS:
1) Biografie von Arthur Conan Doyle (Texttafeln)
Sir Arthur Conan Doyle lebte von 1859 bis 1930 und gelangte mit seinen Erzählungen um den Meisterdetektiv Sherlock Holmes zu Weltruhm. Dabei begann der von Jesuiten ausgebildete Mediziner, der eine eigene Praxis hatte, erst 1882 mit dem Schreiben, um seinen Einkommen aufzubessern. Neben historischen, mystischen und parapsychologischen Themen griff er 1912 auch die Idee einer verschollenen Region (mit Dinosauriern und Urzeitmenschen) auf, die von der modernen Welt abgeschnitten ist: "The Lost World" erwies sich enorm einflussreich und wurde schon 13 Jahre später von einem Trickspezialisten verfilmt. Ewigen Ruhm erwarb sich Doyle jedoch mit der rund 60 Werke umfassenden Sherlock-Holmes-Reihe. Granada verfilmte davon immerhin 41 Stories und Romane.
2) Biografie von Jeremy Brett (Texttafeln)
Geboren als Peter Jeremy William Huggins, verbot ihm sein militärischer Vater, den Familiennamen für seine Schauspielkarriere zu verwenden, so dass er sich fortan „Jeremy Brett“ nannte. Nach einem relativ erfolglosen Hollywood-Aufenthalt spielte er in zwei guten englischen Produktionen wie „The Good Soldier“, durch die der Granada-Produzent Michael Cox auf ihn aufmerksam wurde. Zwischen 1984 und 1994 spielte Brett in 36 kurzen à 50 min. und fünf langen Filmen à ca. 100 min. Sherlock Holmes und trat ein Jahr lang in dieser Rolle auf der Bühne auf, neben Edward Hardwick, seinem Watson in drei Staffeln. Manisch-depressive Anfälle und eine lange unerkannte und falsch medikamentierte Herzkrankheit hinderten ihn am Weitermachen – die Versicherungen wollten das Risiko seines Auftritts nicht mehr eingehen.
Es war wohl Jeremy Brett, der dafür eintratt, die Erzählungen so originalgetreu wie möglich umzusetzen, was der Intention Michael Cox’ entgegenkam. Allerdings mussten sich die Drehbuchautoren sowohl bei schwächeren Stories und den Langfilmen mit Zusatzelementen in der Handlung behelfen, um sowohl genügend Dramatik als auch Länge zu erzielen.
3) Serien-Trailer
Der Trailer schneidet einfach die spannendsten und unheimlichsten Momente aus den fünf Langfilmen zu einem Potpourri zusammen. Man merkt schnell, welchen unglaublichen Aufwand an Drehorten, Kostümen und Make-up die Produzenten trieben.
Unterm Strich
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"Das Zeichen der Vier" ist eine durchweg gelungene Umsetzung der klassischen Holmes-Erzählung. Die Story ist, wie nicht anders zu erwarten, durchweg spannend, witzig und bis zum Schluss tempo- und actionreich inszeniert. Hinzu kommen ein Schuss Romantik (Watson & Morstan - ob das klappt?) und erfrischende Ironie. Holmes' Auftritt in täuschender Verkleidung als alter Knacker ist sicher ein Highlight der verblüffenden Effekte, und humorvolle Szenen halten das Zwerchfell auf Trab. Das Finale wird von der Verfolgungsjagd auf der Themse bestimmt, worauf dann die längst fällige Erklärung des ganzen Hintergrunds folgt. Der Zuschauer dürfte vom Inhalt her rundum zufrieden sein.
Die DVD
Die zwei Sprachfassungen erlauben einen direkten Vergleich von Original und Synchronisation, was sich durchaus lohnt, um die Sprechweise von Jeremy Brett und seinen Kollegen genießen zu können. Keine Untertitel helfen beim Verständnis. Der Sound ist auf Fernseherniveau, die Bildqualität ist jedoch auf Kinoniveau anzusiedeln. Leider vermitteln die vielen Innenaufnahmen den Eindruck einer TV-Produktion. Nur die Verfolgungsjagd samt Finale bietet hier Abwechslung. Das Bonusmaterial enthält einen Trailer und viele Texttafeln, die Audiokommentare dieser DVD-Reihe von Polyband gibt es nur zu „Der Hund von Baskerville“ und „Der letzte Vampir“.
Michael Matzer (c) 2010ff
- Redakteur:
- Michael Matzer