Shining
- Regie:
- Kubrick, Stanley
- Jahr:
- 1980
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
1 Review(s)
11.04.2010 | 18:30Wie ein Blick auf die Filmografie von Stanley Kubrick beweist, legte sich der legendäre Regisseur nie auf ein spezielles Genre fest, wenn auch alle seine Filme - seien es nun die faszinierende Space-Opera „2001 – Odysee im Weltraum“ (1968), sein Gesellschaftsdrama „Lolita“ (1962) oder auch seine Antikriegsfilme „Wege zum Ruhm“ (1957) „Dr. Seltsam...“ (1963) und „Full Metal Jacket“ (1987) – stets ähnlichen Motiven folgten. So wirklich änderte sich dies auch dann nicht, als der nach England emigrierte Amerikaner 1980 Stephen Kings „The Shining“ verfilmte und somit das Horrorgenre betrat. Der Autor des Bestsellers selbst zeigte sich nie wirklich begeistert von Kubricks stellenweise recht freier Interpretation seines Werkes, und auch die Fangemeinde der literarischen Vorlage war schon immer in zwei Lager geteilt. Dabei hat Kubrick, Fangschrei hin oder her, objektiv betrachtet ein an den Nerven zerrendes Meisterwerk des Gruselkinos geschaffen, das zurecht als gestandener Klassiker des Genres gilt.
„All work and no play makes Jack a dull boy.“
- Jack Torrance -
Der Autor Jack Torrance (Jack Nicholson) steckt in einer schweren, künstlerischen Krise, denn schon seit Monaten will ihm einfach kein vernünftiges Wort mehr auf´s Papier kommen. Um ein bisschen Abstand zu gewinnen, und auch um seine Frau Wendy (Shelley Duvall) und seinen Sohn Danny (Danny Lloyd) weiter ernähren zu können, bewirbt sich Jack daher um einen Posten als Hausmeister für das in den Bergen von Colorado liegende Overlook-Hotel, welches jährlich zur Wintersaison für mehrere Monate geschlossen wird und lediglich vom Hausmeister in Schuss gehalten werden muss. Jack bekommt den Job von Hotelmanager Ullman (Barry Nelson), welcher ihn jedoch davor warnt das die Monatelange Abgeschiedenheit in den zugeschneiten Bergen nicht einfach sei. Doch Jack kommt gerade diese Tatsache wie gerufen. Auch berichtet ihn Ullman von einem mehrere Jahre zurück liegenden Zwischenfall, bei welchem der damalige Hausmeister die Einsamkeit wohl nicht mehr ertragen hat und seine gesamte Familie ermordete. Doch von den Warnungen lässt sich Jack, ganz im Sinne von Ullman, nicht beeindrucken.
Nachdem Jack und seine Familie wenig später im Hotel angekommen sind, werden sie noch kurz mit den Räumlichkeiten und wichtigsten Fakten vertraut gemacht, ehe das große Gebäude für ein halbes Jahr seine Pforten schließt. Die ersten Wochen in der abgeschiedenen Einsamkeit verlaufen vorerst ganz normal. Doch während Jack die Ruhe genießt, und tatsächlich wieder mit dem schreiben beginnt, fühlen sich seine Frau und Sohn zunehmendst unwohl. Zurecht, denn langsam scheint Jack die Nerven zu verlieren. Von Halluzinationen angetrieben, verfällt er langsam aber sicher dem Wahnsinn...
Der Horror hat in Kubricks Werken, selbst wenn sie diesem nicht als Genreüberbegriff zuzuteilen sind, immer eine große Bedeutung gehabt. Der Horror im Sinne einer sich selbst zerstörenden Gesellschaft, in Form von Krieg und Gewalt, Ignoranz und Intoleranz. Mit seinem drittletzten Film „The Shining“ widmete sich der Regisseur erstmals vordergründig dem Genre des Horrorfilmes und schuf dabei ein über alle Maßen komplexes, wenn auch, im Gegensatz zu vielen seiner anderen Filme leichter zu verstehendes, Meisterwerk, welches nicht nur Artverwandte Streifen, sondern auch die Popkultur in vielerlei Hinsicht geprägt hat. Ein alter indianischer Friedhof (heute mehr ein unfreiwillig komisches Klischee, als ein wirklich ernst zunehmender Ursprungsort des Bösen), jene faszinierend grausige Sequenz, in der hunderte Liter Blut durch die Flure des Hotels gespült werden, sowie Jack Nicholsons jederzeit am Overacting kratzende Performance – noch Heute ist vieles was „The Shining“ausmachte präsent.
Bei all der Kritik, die Kubrick 1980 von vielen Kritikern und Stephen King bekommen hat, muss man ihm dabei schon fast Dankbar sein, dass er sich nicht dazu entschieden hat die Vorlage möglichst genau wiederzugeben, denn durch seine eigene Interpretation des Stoffes und dem einbringen eigener Ideen, hat er der gesamten Geschichte, um einen langsam wahnsinnig werdenden Schriftsteller und dessen, mit der „Shining“ genannten Gabe der Hellsehung, gesegneten Sohn, einen neuen, und für den Film hervorragend funktionierenden, Aspekt gegeben.
„Heeere's Johnny!“
- Jack Torrance -
Im Mittelpunkt steht dabei, anders wie im Buch, wo der Sohn der Familie Torrance, Danny, die eigentliche Hauptperson ist, der von Jack Nicholson (fabelhaft) gespielte Schriftsteller Jack. Kubrick nutzt diesen Charakter, und die mystische Handlung um das abgelegene Berghotel, um an ihm Beispielhaft vorzuführen, wie weit ein Mensch durch Einsamkeit und Isolation in den Wahnsinn getrieben werden kann. Er nimmt sich viel Zeit, um die Veränderung des Charakters, seinen Wandel vom augenscheinlich friedfertigen und liebenden Familienvater, der zwar mit Alkoholproblemen und Frustationsbedingten Wutausbrüchen zu kämpfen hat, zum psychopathischen Jäger seiner eigenen Frau und Sohnes zu verdeutlichen. Die Wahl des Regisseurs ausgerechnet Jack Nicholson („Einer Flog über das Kuckucksnest“, „Chinatown“) für die Hauptrolle zu besetzen, erweist sich dabei als absolut genialer Coup. Die Rolle lebt gerade von Nicholsons immer wieder auftretendem, eigentlich viel zu übertriebenen Spiel, seinen ausschweifenden Gestiken und wirren Mimiken, die sich so perfekt für die Figur des Film Jacks hergeben, das man meinen könnte King hätte bei seinem Schaffen an der Vorlage, immer Nicholson im Sinne gehabt.
Auch die Rolle von Danny wurde mit dem später nie wieder in einem Film auftretenden Danny Lloyd exzellent besetzt, schafft es der Junge doch ein beinahe ebenbürtiges Spiel (gemessen an seinen jungen Jahren) zu Nicholson aufzubauen und nicht einfach, wie in vielen anderen Horrorfilmen so häufig der Fall, als nerviges Kind ohne wirklichen Zweck zu verkommen. Ganz im Gegenteil, denn auch wenn Kubrick Danny etwas Zugkraft genommen hat, so bleibt er für die Handlung doch weiterhin unersetzlich, ist er es doch schließlich der zur einzigen Hoffnung auf das Fortbestehen seines eigenen Lebens und das seiner Mutter Wendy wird. Letztere spielt in „The Shining“ eine sehr untergeordnete Rolle und dient mehr dafür den immer weiteren Verfall ihres Mannes anschaulicher zu machen, indem die Konflikte zwischen beiden von mal zu mal immer schlimmer werden. Shelley Duvall („Der Stadtneurotiker“, „Time Bandits“) fügt sich mit ihrer Vorstellung nichts desto trotz natürlich in das Gesamtbild ein.
„I can remember when I was a little boy. My grandmother and I could hold conversations entirely without ever opening our mouths. She called it "shining." And for a long time, I thought it was just the two of us that had the shine to us. Just like you probably thought you was the only one. But there are other folks, though mostly they don't know it, or don't believe it.“
- Dick Hallorann -
Aber nicht nur das Zusammenspiel, zwischen den Darstellern funktioniert hervorragend. Auch die Handlung als solches, Kubrick typisch gespickt mit allerhand sozialkritischer Statements und Interpretationsmöglichkeiten, erweist sich als sicherer Garant für einen cineastischen Genuss, ist sie, trotz ihrer auf dem Papier auftretenden Einfachheit, im Kern doch recht komplex angelegt. Kubrick versteht es perfekt, die Meinungsbildung des Zuschauers immer wieder umzuwerfen, ihn von mit Wendungen und zuvor nur kleinen Details zu überraschen. Vor allem das Spiel zwischen verschiedenen Zeitebenen benutzt der Regisseur famos um mit dem Zuschauer zu spielen, wird aus dem lange geglaubten Wahnsinn von Jack plötzlich doch eine Geistergeschichte, der man diese nie so richtig abnimmt, nur um später eines besseren belehrt zu werden.
Eine weitere Stärke von „The Shining“ ist die überaus mächtige Bildersprache. Schon die Eingangssequenz, eine minutenlange Kamerafahrt durch die Berge Colorados, die einen trügerisch friedlichen Eindruck vermittelt, zeugt von den genialen Bildern, die Kubrick den ganzen Film über bietet. So schafft er mit einer weiteren, langen, aber gleichzeitig unglaublich faszinierende Fahrt, die Danny auf seinem Dreirad begleitet, und uns durch die ellenlangen Korridore des Hotels führt, die bereits zuvor erwähnte Sequenz, in der Blut eben jene unheimlichen Korridore überschwemmt oder auch den erdrückenden Fotografien des Hotel eigenen Labyrinths, Bilder, die nachträglich unvergesslich bleiben. Gleichzeitig entsteht durch die imposanten Aufnahmen, eine Atmosphäre, welche die Nerven schlichtweg in Dauerregung hält.
Original Filmtitel:
The Shining (1980)
Länge des Filmes:
Ca. 115 Minuten
Darsteller:
Jack Nicholson...Jack Torrance
Shelley Duvall...Wendy Torrance
Danny Lloyd...Danny Torrance
Scatman Crothers...Dick Hallorann
Barry Nelson...Stuart Ullman
Philip Stone...Delbert Grady
Joe Turkel...Lloyd the Bartender
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Regisseur:
Stanley Kubrick
FSK:
Ab 16 Jahren
Fazit
Buch ist Buch, Film ist Film. Und das ist auch gut so, denn Kubrick gelang es aus einem, zweifelsohne guten, Horrorroman, einen unterschwellig Gesellschaftskritischen Horrorfilm zu konstruieren, der in allen Belangen fantastisch funktioniert. Seien es der großartige Jack Nicholson, die packende Grundstimmung oder die faszinierenden Bilder, die Kubrick auf Zelluloid gebannt hat. Beide Daumen hoch.
- Redakteur:
- Adrian Trachte