Sky Crawlers, The
- Regie:
- Mamoru Oshii
- Jahr:
- 2008
- Genre:
- Trickfilm
- Land:
- Japan
1 Review(s)
11.01.2011 | 16:24Mamoru Oshii ist ein vorbelasteter Name in der internationalen Anime-Szene, vor allem dank seiner großartigen Arbeit in "Ghost In The Shell" und allen erdenklichen, damit verknüpften Nebenspielwiesen. Doch dieser Umstand ist bei einer neuen Produktion ein gefährliches Gut, denn mit Oshii sind nicht nur Erwartungen und Hoffnungen verbunden, sondern vor allem auch Inhalte, deren Mix aus philosophischem Tiefgang und intelligenter Action ein bestimmtes Spartenpublikum exzellent bedient hat. Und genau Letztgenanntes sollte daher auch vorsichtig sein, Oshiis aktuellstes Projekt "The Sky Crawlers" vorab mit zu großer Euphorie zu empfangen. Denn dort, wo Nebengestalten wie der "Stand Alone Complex" Berge und ganze Welten versetzen konnten, agiert dieser Streifen eher wie ein bedrücktes, sehr emotionales Stillleben.
Story:
Der Frieden auf der Welt erscheint lediglich als Trugbild für die Menschen, die sich bereits damit arrangiert haben, den eigenartigen Ereignissen in den heimischen Lufträumen keine weitere Bedeutung mehr zukommen zu lassen. Während nämlich auf der Erde Melancholie und Introvertiertheit das Geschehen bestimmt, tobt in den oberen Regionen ein brutaler Luftkampf, den die beiden Rüstungskonzerne 'Lautern' und 'Rostock' anscheinend nur zur perfiden Unterhaltung inszeniert haben. Niemand scheint angesichts der friedlichen Zustände in der durchschnittlichen Gesellschaft davon abgeschreckt, dass tausende Menschen in den Luftschlachten ihr Leben lassen, denn schließlich wiegen die Alltagsprobleme zu sehr, um sich damit umfassender auseinaanderzusetzen.
Yuichi, einer der betroffenen Piloten, gehört zu den Leidtragenden dieser erschreckenden Entwicklung. Er ist Teil der 'Kildren', junger ausgebildeter Kriegspiloten, die zum Spielball der Konzerne geworden sind und in ihrer Anatomie gar nicht altern können. Seine Vergangenheit scheint ausradiert, und er erhofft sich Befriedigung von der Besetzung zur einsamen Kommandeurin Rin Suito. Doch Yuichi braucht nicht lange, um den Wink des Schicksals als weitere Bedrohung wahrzunehmen. Rin Suito verbirgt ein düsteres Geheimnis - und es ist unmittelbar mit den Piloten ihrer Einheit verknüpft...
Persönlicher Eindruck:
"The Sky Crawlers" gehört sicherlich zu denjenigen Anime-Streifen, deren subtile Schönheit man sich in einer undefinierbaren Form erarbeiten muss bzw. die, kurz formuliert, im ersten Anlauf längst nicht alles preisgeben, was sich tatsächlich hinter und vor allem in ihnen verbirgt. Die Story ist schwer, manchmal fast sogar träge, und hat mit dem wahnwitzigen Action-Spektakel, welches Mamoru Oshii in seiner wohl bekanntesten bisherigen Produktion entfacht hat, nicht einmal am Rande etwas zu tun. Sieht man mal von dden zweckmäßigen Sequenzen der Luftkämpfe ab, ist der Film sehr still und dialoglastig, hier aber wiederum nicht so verquer und kopflastig, dass man inhaltlich Schwierigkeiten bekommt, der Sache in all ihren (sicherlich versteckten) Details zu folgen. Und dennoch, das wird schon bei der primären Betrachtung sehr deutlich, hat der renommierte Regisseur wieder ein poetisches Stück animierter Filmkunst geschaffen.
Bei der Analyse ist daher auch schwer greifbar, welche Elemente des Streifens nun durchweg elemantar sind oder ob die Gesamtheit der Ereignisse letzten Endes erst zu dem atmosphärischen Abenteuer führen, welches Oshii hier kreiert hat. Die Charaktere sind uneingeschränkt introvertiert und geben nicht viele Einzelheiten zu ihrem Profil preis. Sie sind in ihrem Zusammenspiel jedoch lebendiger, als dies auf den ersten Moment an die Oberfläche zu dringen vermag. Yuichi als Anti-Held an erster Stelle ist kaum durchschaubar, selbst wenn seine Motive genannt werden. Er steht ebenso wie Rin Suito für das Geheimnisvolle, was diesen Film von der ersten bis zur letzten Sekunde auszeichnet. Und ihm gelingt es immer wieder, den großen Kontrast aufrechtzuerhalten, der sich aus dem bedrückten Background und der von Dialogen gestalteten Interaktion an vorderster Stelle ergibt. Hinzu kommt schließlich der brisante Transfer auf die Entwicklungen in der Gesellschaft, die hier stets im Zentrum stehen, aber nicht penetrant an die Oberfläche geschafft werden.
Es ist eine erschreckende, sehr authentisch aufbereitete Zukunftsvision, der sich die Handlung unterwirft, gefüttert von allerhand Undenkbarkeiten, die jedoch in der ruhigen Dramaturgie so exakt auf den Punkt gebracht werden, dass ihr Eindruck seine Wirkung nicht verfehlt. Geopferte Kinder, ein stiller Krieg zum Zeitvertreib, die absolute Kontrolle der Rüstungsindustrie, der Machtmissbrauch, der den politischen Faktor von "The Sky Crawlers" als ein exemplarisches Beispiel dokumentiert. Dies alles will verarbeitet werden, selbst in dieser zurückgezogenen Darbietung, die der knapp zweistündige Streifen anbietet. Doch Oshii wählt den passenden Weg, scheut sich regelrecht davor, irgendeine Form der inhaltlichen Überfrachtung zuzulassen, und lässt schlichtweg Bilder und Worte sprechen.
Letzten Endes ist die Produktion daher auch auf eine viel tiefsinnigere Art und Weise aufregend; er präsentiert ein schwer verdauliches initiiertes Stillleben, bringt wahrhaftig mehr Content als Action und gefällt als Kunstwerk der leisen, dafür aber trotzdem sehr beeindruckenden Töne. Nichtsdestotrotz bedarf er Geduld und intensiver Zuwendung, um sein Selbstbild adäquat weiterzugeben und eine ganzheitliche Erfassung möglich zu machen. Anders gesprochen: Man muss investieren und arbeiten, findet dementsprechend alles andere als Entertainment für die entspannte Feierabend-Situation, entschädigt aber mit einer tollen Geschichte und einer fokussierten Ausrichtung für die aufgebrachten Mühen.
DVD-Aufarbeitung:
"The Sky Crawlers" schlägt auch in der visuellen Präsentation eine subtilere Richtung ein. Die Farbgebung ist schlicht und der Atmosphäre angepasst, so dass man auf Effekte wie Cel-Shading komplett verzichten konnte. Wer also die Analogien zum Videospiel sucht, wird zumindest in diesem Bereich nicht fündig. Davon abgesehen ist das Bild nicht immer optimal, gelegentlich ein bisschen körnig, aber schlussendlich in keinster Weise für das Filmerlebnis beeinträchtigend. Die Audio-Spur hingegen bestätigt das kontrastreiche Geschehen innerhalb des Plots. Die spärlichen Action-Szenen sind sehr aufwendig aufgefangen, die übrigen passagen bedürfen lediglich einer differenzierten Abmischung, die die 5.1-Fassung auch liefern kann.
Beim Bonusmaterial kommt der geneigte Interessent ebenfalls nicht zu kurz. Neben einem ausführlichen Interview mit dem Regisseur erfährt man einiges über die klangliche Aufbereitung des Streifens und erhält übeerdies einen Blick auf die Vorbereitungen des Produktionsprozesses. Zuletzt darf man noch die 3 japanischen Kino-Trailer bestaunen, zu denen sich jedoch sagen lässt, dass sie den eigentlichen Kern des Films nur marginal einfangen.
Fazit:
"The Sky Crawlers" ist kein Anime für jedermann und damit auch bei weitem nicht so konsensfähig wie etwa die "Ghost In The Shell"-Produktionen. Stattdessen zeigt der Streifen ein anderes Steckenpferd des erneut sehr kunstfertig agierenden Regisseurs, der in Sachen Content einmal mehr über sich hinauswächst, ohne dabei bekannte Effekte in Anspruch nehmen zu müssen. Das Resultat spricht für sich und ist eine Empfehlung für alle Anime-Liebhaber mit Hang zu philosophischen Themen wert!
- Redakteur:
- Björn Backes