Spiel mit dem Tode (Film Noir Collection #3)
- Regie:
- John Farrow
- Jahr:
- 1948
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The Big Clock
1 Review(s)
05.07.2009 | 09:07Story
Earl Janoth gehört in der Medienbranche zu den gewieftesten aber auch skrupellosesten Geschäftsmännern. Darunter leidet auch sein vielleicht bester Mann, der unkonventionell recherchierende George Stroud, der bereits verschiedene Male seine Flitterwochen verschieben musste, weil die Arbeiten im Verlag ihn forderten. Nun jedoch steht seine Ferienreise unmittelbar bevor, als Stroud und Janoth sich zerstreiten und George die Konsequenzen zieht. Euphorisch und bedrückt zugleich zieht er im Anschluss mit Pauline, der Freundin seines nunmehr ehemaligen Chefs um die Straßen und verpasst im Trubel die Abreise in den Urlaub.
Am nächsten Morgen erwischt Jonath einen Unbekannten in flagranti in Paulines Wohnung und ermordet seine Freundin in einem Wutanfall. Um seine Tat zu verschleiern bittet er ausgerechnet Stroud darum, der Sache nachzugehen und ihm seine Skrupellosigkeiten zu verzeihen. Er ahnt natürlich nicht, dass es George war, der als einziger bezeugen kann, dass Janoth die letzte Person war, die Pauline in ihrer Wohnung besucht hat. Für den frisch Verheirateten Wiedereinsteiger beginnt die schwierigste Mission in seiner Laufbahn, denn er jagt niemand geringeren als sich selbst…
Persönlicher Eindruck
“Spiel mit dem Tode“ gehört zu den Klassikern des frühen Film Noir und wartet folgerichtig auch mit einer absoluten Starbesetzung auf, zu der sich mit Ray Milland und Charles Lauglan (“Meuterei auf der Bounty“) auch zwei renommierte Oscar-Preisträger gesellen. Zudem basiert der Streifen auf einer berüchtigten Buchvorlage, die kurz zuvor unter dem eigentlichen Titel “The Big Clock“ von Samuel Fuller aufgelegt wurde und seinerzeit zum Bestseller avancierte. Unter diesen Voraussetzungen entstand im Jahr 1948 ein ungewöhnlicher Vertreter dieser ganz speziellen s/w-Gattung, der sich vor allem dadurch von den meisten Film Noir-Beiträgen distanziert, dass die Motive der Hauptdarsteller viel zu leicht zu durchleuchten sind und die Genre-übliche Kompromisslosigkeit in Darstellung und Charakterzeichnungen sich hier kaum manifestiert – doch bedeutet dies natürlich beileibe nicht, das “Spiel mit dem Tode“, ein ziemlich bescheuert übersetzter Filmtitel im Übrigen, die Betrachtung nicht lohnen würde.
Dabei ist der Streifen an manchen Ecken fast schon zu simpel und vorhersehbar aufgebaut. Der Zuschauer erhält eine Menge Hintergrundwissen, welches den einzelnen Protagonisten bis zum Schluss vorenthalten bleibt, was die Geschichte bisweilen sehr eigenwillig erscheinen lässt. Zudem sind die Charaktere in vielerlei Hinsicht fast schon zu besonnen für einen typischen Noir-Streifen, was in bedingtem Maße daran festzumachen ist, dass Regisseur John Farrow großen Wert auf einen verbissenen ironischen Humor gelegt hat, der sich hier an den ungewöhnlichsten Stellen festbeißt. Da wäre zum Beispiel die verpasste Hochzeitsreise, die sich zu Beginn erst zum Aufhänger für viele Ärgernisse entwickelt und nachher auch indirekt zum Mordattentat mit all seinen Konsequenzen führt. Gleichermaßen sind dort natürlich der Mord selber und die manipulierte Fahndung, die ausgerechnet zu derjenigen Person führen muss, die auf die vertriebsinternen Ermittlungen angesetzt wird. Ein gewisser Zynismus ist hier nicht selten die Triebfeder der Plot-Entwicklung, gerade aber wichtig, da sich die Story auf dessen Ausdrucksstärke gründet.
Denn, und da wäre man auch schon beim einzigen nennenswerten Schwachpunkt angelangt, problematisch gestaltet sich in den ersten beiden Dritteln des Films der Spannungsaufbau, weil die Hintergründe der Story schon sehr früh offen auf den Tisch gelegt werden. In diesen Momenten stützt sich das Geschehen einzig und allein auf den fabelhaften Schauspielern, deren Reputation auch in dieser 48er Produktion greift, und die ihre Rollen allesamt fantastisch interpretieren. Generell ist es eher der zwischenmenschliche Aspekt und viel weniger das kriminelle, Genre-spezifische Element, dass den Ton in “Spiel mit dem Tode“ vorgibt und die Akzente setzt. Und insbesondere weil “The Big Clock“ sich über die Grenzen des urtümlichen Film Noir hinwegsetzt und speziell inhaltlich eigene Wege beschreitet, ohne dabei aber eine zu große Distanz zu den bekannten Beiträgen dieser Materie herzustellen – eine Qualität, die diesen Streifen ungeheuer wertvoll macht, und das nicht bloß wegen der Ausdruckskraft der beteiligten Akteure. Letzten Endes wird der Zuseher auch noch mit einem recht spektakulär eingefädelten Finale belohnt, welches einem Krimi aus dieser Zeit kaum würdiger sein könnte und sogar Verfechter des Reinheitsgebots in der von fiesen Inhalten gezeichneten Noir-Gattung Gefallen bereiten sollte. Ein versöhnlicher Abschluss eines auch sonst sehr guten Films sozusagen!
Die Aufarbeitung der nun erstmals aufgelegten DVD zum Film kann sich derweil sehen lassen. Das Digibook erscheint in Form eines Buches mit einem 12-seitigen Begleitheft, welches die Hintergründe zur Produktion noch einmal intensiver beleuchtet und auch noch mal einige Details zu den Darstellern liefert. Wie immer ist hier der Inhalt ebenso wie die Aufmachung top. Audiovisuell gibt es ebenfalls nix zu bemängeln. Die Restauration hat prima Ergebnisse zutage gebracht und ein sehr schmutzfreies, für einen schwarz-weiß Streifen gar nahezu makelloses Bild gewährleistet. Dazu kommt ein sehr gut verständlicher Ton, der mit den üblichen Problemen wie verrauschten Sequenzen oder mangelnde Dynamik zu keiner Zeit zu kämpfen hat. Als Bonus gibt es noch den Originaltrailer.
Fazit
“Spiel mit dem Tode“ ist ein richtig starker Beitrag zum Insider-Liebling namens ’Film Noir’, ohne sich diesem Genre in irgendeiner Form anzubiedern. Doch die Story und vor allem die Schauspieler überzeugen auf ganzer Linie und machen den ursprünglich unter “The Big Clock“ firmierenden Titel zu einer durch und durch sehenswerten Angelegenheit, dessen ironische Seitenhiebe schließlich den Funken endgültig zum Überspringen bringen.
- Redakteur:
- Björn Backes