Starbuck (Blu-Ray)
- Regie:
- Ken Scott
- Jahr:
- 2011
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Kanada
- Originaltitel:
- Starbuck
1 Review(s)
31.01.2013 | 14:35Der 'neue Vater' als Sommerkomödie
David (Patrick Huard) ist ein 42-jähriger Taugenichts. Er treibt mit minimalstem Aufwand durch das Leben und scheut sich vor jeder Verantwortung, obwohl er 80.000 Dollar Schulden hat. Mit der Polizistin Valerie (Julie LeBreton) hat er eine Beziehung. Als sie ihm erzählt, dass sie schwanger ist, kommt Davids Vergangenheit an die Oberfläche. Vor zwanzig Jahren hat er einer Befruchtungsklinik sein Sperma für Geld zur Verfügung gestellt. Nun muss er erfahren, dass er 533 Kinder hat. 142 davon haben eine Sammelklage gegen die Firma erhoben, um herauszufinden, wer ihr Vater ist - der Mann, den sie nur unter dem Pseudonym 'Starbuck' kennen. (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Starbuck (Kanada 2011)
Dt. Vertrieb: Ascot Elite
VÖ: 15.1.2013
EAN: 7613059402324
FSK: ab 12
Länge: ca. 109 Min.
Regisseur: Ken Scott
Drehbuch: Ken Scott, Martin Petit
Musik: David Laflèche
Darsteller: Patrick Huard, Julie Le Breton, Antoine Bertrand u.a.
Handlung
"Yo no soy David Wozniak!", ruft David Wozniak entrüstet, als ihm ein Anwalt mitteilt, dass er 533 per Samenspende gezeugte Kinder habe und 142 davon ihn, ihren Erzeuger, kennenlernen wollen. Und Nr. 534 ist unterwegs, allerdings nicht auf dem Umweg über die Samenbank. Was wird bloß Valerie, die Polizistin und werdende Mutter sagen, wenn herauskommt, dass ein gewisser "Starbuck" nicht nur der Vater von 142 Kinder ist, die ihnen sehen wollen, sondern dass es sich dabei um ihn, David Wozniak, handelt?
Die Antwort auf diese doch recht spannende Frage wird über die gesamte Handlung hinweg hinausgezögert. Denn zuvor müssen wir noch so einiges über diesen David Wozniak, den Vater von Hunderten, erfahren. Der Ausfahrer von Fleischerzeugnissen, die seine Brüder und sein Vater herstellen, ist ein lediger Tunichtgut. In seiner Wohnung zieht er Cannabispflanzen, und die Schuldeneintreiber seines Dealers (oder wer auch immer) sind hinter ihm her. Zunächst tauchen sie bloß David unter, doch später vergreifen sie sich auch an Daddy, um an ihr Geld zu kommen.
So langsam sind wir uns gar nicht sicher, dass David Wozniak ein toller Vater für 534 Kinder wäre. Es passt ins Bild, dass er sich sofort an seinen Freund Etienne wendet, Vater von drei ungehorsamen Kindern und Rechtsanwalt ohne Zulassung (allerdings nur vorübergehend, beteuert Etienne). Immerhin verteidigt Etienne seinen Mandanten gegen die Sammelklage der 142 Kinder: Diese hätten eigentlich gar nicht von "Starbuck" erfahren dürfen, denn die Samenbankklinik verletzte ihre Sorgfaltspflicht und das Recht des Samenspenders auf Anonymität.
Doch Etienne händigt Dave auch eine dicke Akte mit den Dossiers dieser 142 Kinder aus. Boah ey! Ricardo Donatelli, der Fußballstar, ist Daves Sohn! Dave, der Amateur-Fußballer, rastet vor Begeisterung fast aus. Doch als er sich mit den Schicksalen der anderen, inzwischen meist volljährigen Sprösslinge befasst, verändert er sich. Er will ihnen helfen. Denn sie brauchen die helfende Hand eines Vaters. Und die Hilfe erfordert bestimmte Voraussetzungen - in Dave selbst. Er muss sich der menschlichen Seite der Wirklichkeit stellen. Und die kann manchmal ganz schön kompliziert und herausfordernd sein.
Eines Tages, kurz vor der Geburt von Nr. 534, fasst Dave einen folgenreichen Entschluss...
Mein Eindruck
Samenspenden als Thema eines Sommerkomödie? Ich hab erst einmal gestutzt. Und tatsächlich stellt sich der franko-kanadische Film, der wohl in Montreal gedreht wurde, als ein Märchen heraus. Es ist das Märchen von der Verwandlung eines Tunichtguts - nicht gerade Rumpelstilzchen, aber nicht weit davon entfernt - in einen Vorbildvater. Wie das in Märchen oft so ist, wird ein Teil der bekannten Wirklichkeit ausgeblendet; in diesem Fall sind es all jene Mütter, die Starbucks Samenspende nutzten, um schwanger zu werden.
Folglich kommt nichts und niemand zwischen David Wozniak und seine zahlreiche Nachkommenschaft. Er kann sich den jungen Frauen und Männern ungehindert nähern und sich als anonymer Nobody und Wohltäter ausgeben: ein Schutzengel. Bei Raphael, einem schwer geistig und körperlich behinderten Jungen, muss er sich allerdings fragen, ob sein eigenes Recht auf Anonymität nicht hinter dem Recht der Kinder, einen Vater zu haben, zurückstehen sollte. Dass er sie daran erinnert, dass sie 142 Brüder und Schwestern sind, ist ja gut und schön - blöd, wer sich nicht darüber freuen würde. Aber das ist doch nur die halbe Miete, oder?
Genau, und deshalb taucht ein Sohn auf, der David Wozniak die Pistole auf die Brust setzt und ihn zwingt, sich mit ihm zu befassen. Leider ist Antoine in Fußball eine absolute Niete. Er bringt Dave jedoch zu einem Fest, das die 142 Kinder feiern, um sich kennenzulernen. Antoine veröffentlicht die Story groß in den Zeitungen und Fernsehsendern, ohne jedoch Daves Namen zu erwähnen. So sieht also die Treue von Söhnen aus?
David tritt die Flucht nach vorn an, denn er weiß: Wenn er den Prozess gewinnt und von der Fruchtbarkeitsklinik Entschädigung bekommt, ist er all seine Schulden los und seine Familie in Sicherheit. Aber verfällt die Entschädigung nicht, wenn er sich selbst zu erkennen gibt? Da gibt ihm Etienne recht. Es ist eine teuflische Zwickmühle. Erst als ihm sein eigener Vater heraus hilft, erkennt David, wozu Vatersein wirklich gut ist...
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformate: 2,35:1 (anamorph)
Tonformate: D in DTS 5.1, Französisch in DTS 5.1
Sprachen: D, Französisch
Untertitel: D
Extras:
- Trailer
- Teaser
- Making-of
- Musikvideo
- Deleted Scenes
- Outtakes
- Trailershow
Mein Eindruck: die Blu-ray
Wie bei einer Blu-ray zu erwarten, sind Bild und Ton von bester Qualität. DTS wird indes nicht unbedingt benötigt, denn die Dialoge brauchen keine Monsterbässe und Action gibt es praktisch auch keine. Der Film wirkt eher wie eine auf die Straße verlegte Theateraufführung.
EXTRAS
1) Deutscher Trailer (1:55 min.)
Der Trailer erzählt die Story anhand ihrer entscheidenden Szenen, die durchaus komisch wirken können.
2) Teaser (0:52 min.)
Dieser Appetithappen ist sogar noch kürzer als der Trailer.
3) Making-of (10:10 min.)
Der Regisseur, der Drehbuchautor, die zwei Hauptdarsteller (von Dave und Valerie) erklären uns, was der Film wohl zu bedeuten hat. Ein Typ will ein guter Vater werden, aber die Bedeutung von "Vaterschaft" hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich gewandelt. Deshalb kommt es a) darauf, eine neue Definition zu finden und b) die passende dramaturgische Form dafür zu finden. Ken Scott hat die Form der Tragikomödie gewählt. Diese Gratwanderung habe er allerdings gemeistert, urteilt Julie leBreton, die "Valerie" darstellt. Valerie ist eine "schlechte" Mutter, weil ihr der "Mutterinstinkt" fehlt, der sie zwänge, jedes Kind zu lieben. In dieser Hinsicht ist sie Davids Gegenteil.
Auch Patrick Huard, der David spielt, findet den Film gelungen (was auch sonst?). Er sieht das Thema "Recht der Kinder, ihren Vater zu kennen versus Recht des Vaters auf Anonymität" im Vordergrund. Der Film sei eine Hommage an Väter. Über Mütter sagt er nichts.
4) Musikvideo (3:14 min.)
Ein Song in Französisch - ohne Untertitel. Dies ist also nur etwas für Französischkenner. Ansonsten ist der Song recht anhörbar. Junge Menschen werden in leeren Zimmern von Musik in Bewegung versetzt, etwa in Tanz oder Balgerei. Regisseur: Iouri Philippe Paillé.
5) Deleted Scenes (9:03 min.)
Geschnittene Szenen, auf die man gern verzichtet, denn sie hätten den eh schon langen Streifen noch länger gemacht. Außerdem liegen sie in einem anderen Bildformat vor, was sehr gewöhnungsbedürftig ist.
6) Outtakes (6:30 min.)
Pleiten, Pech und Pannen? Muss man auch nicht gesehen haben.
7) Trailershow
a) The Guard (siehe meinen Bericht)
b) Take shelter (siehe meinen Bericht)
c) Kriegerin
d) Der Verdingbub
e) The Other Woman (mit Natalie Portman)
f) Hasta la vista (siehe meinen Bericht)
g) Meine Woche mit Marilyn (siehe meinen Bericht)
h) Chinese zum Mitnehmen (siehe meinen Bericht)
Unterm Strich
Unter Ausblendung der von Starbuck - ein blödes Wort, das man hierzulande nicht versteht - beglückten Mütter versucht die tragikomische Handlung eine Neudefinition der Rolle(n), die heutzutage ein Vater noch einnehmen kann. Mit der Samenspende hat das moderne Vatersein jedenfalls keineswegs etwas zu tun. Der "neue Vater" ist vielmehr der Stifter einer Social Community von Brüdern und Schwestern. Alle strahlen ganz happy, als sie ein neues Brüderchen bekommen - und gucken erst einmal, als er ihnen sagt, das die "Bande des Blutes" doch viel stärker sind als alle anderen Bindungen.
Wir sollten also alle Brüder und Schwestern werden - wenn das bloß nicht so schwierig wäre. Wie ist das denn mit gleichgeschlechtlichen Paaren? Dürfen die auch Brüderchen und Schwesterchen in die Welt setzen und aufziehen? "Wenn alle Menschen Brüder wären, würdest du einen deine Schwester heiraten lassen?" schrieb einmal ein bekannter Science-Fiction-Autor (in seinem etwas sperrigen Storytitel) und bringt ein amüsantes Problem zur Sprache: Wenn alle modernen Vater Samenspenden-Starbucks wären, dann hätte die von ihnen gezeugten Kinder Mühe, einen Inzest zu vermeiden. Das ist dann das andere Extrem.
Der Film wendet sich also eher an Erwachsene, die noch ans Kinderkriegen und Vatersein denken. (Das Muttersein wird hier eher satirisch behandelt, denn Valerie ist eine Anti-Mutter.) Zwar leisten die Schauspieler ausgezeichnete Arbeit, aber ihre Szenen erinnern eher an eine Theateraufführung, in denen geschliffene Dialoge zählen. Szenen draußen im Grünen und auf der Straße sind selten - und meist ohne Dialog gedreht, also eher illustrativ gedacht.
Mich selbst hat der Streifen nicht so dolle amüsiert, wahrscheinlich deshalb, weil ich das Vatersein nicht so attraktiv finde. Die tragische Seite hat mich indes mehr berührt, denn hier zeigt sich, David Wozniak, der Möchtegernvater und Schutzengel, wirklich als verantwortlich handelnder Mensch taugt oder nicht. Ich kann getrost konstatieren: Er bewährt sich.
Das ist ein sehr gut versteckter Aufruf an den Zuschauer: Auch du kannst ein guter Mensch sein. Wenn du nur willst. Das ist mehr Botschaft, als sich so mancher kitschige Ami-Film, der dieses Thema aufgreift, trauen würde. Und es ist keineswegs anbiedernd oder missionarisch gemeint. Die Wahl bleibt ganz dem erwachsenen Zuschauer überlassen.
Die Blu-ray
Über die Ausstattung der Blu-ray lässt sich wenig Schlechtes sagen. Ton und Bild sind bestens, zumindest im Hauptfilm. Es gibt ein ausreichendes Maß an Zusatzmaterial. Zum Making-of, den Deleted Scenes und den Outtakes will der Gelegenheitsgucker vielleicht nicht auch noch einen Regie- oder Schauspielerkommentar hören.
Aber genau daran besteht dringend Bedarf. Denn die Worthülsen, die im sogenannten "Making-of" abgesondert werden, sind die heiße Luft nicht wert, die sie produzieren. Vorerst muss sich der Zuschauer selbst einen Reim auf die Handlung und ihre Aussage machen. Ich habe das oben versucht.
Michael Matzer (c) 2013ff
- Redakteur:
- Michael Matzer