The Hunter (Blu-Ray)
- Regie:
- Dan Nettheim
- Jahr:
- 2011
- Genre:
- Abenteuer
- Land:
- Australien
- Originaltitel:
- The Hunter
1 Review(s)
27.07.2012 | 09:53Alles andere als ein Actionthriller: viel besser!
Martin David ist ein hoch bezahlter Industrie-Söldner für besondere Aufgaben. Eine skrupellose Biotech-Firma schickt ihn nach Tasmanien, um eine mystische und wahrscheinlich äußerst profitable Kreatur zu finden: den letzten Tasmanischen Tiger. Martin soll ihn erlegen und sein Gen-Material sicherstellen. In der undurchdringlichen Wildnis der tasmanischen Berge, wo jeder Fehltritt, jede Unachtsamkeit oder kleinere Verletzung einen einsamen Tod bedeuten kann, legt sich Martin auf die Lauer. Er weiß, dass seine Zeit knapp ist. Schon bald findet er Zeichen, dass er da draußen nicht mehr allein ist ... |(Verleihinfo)|
Handlung
Die deutsche Genetechnikfirma Redleaf erteilt Martin David, einem Söldner aus Europa, den Auftrag, den seit 1936 ausgestorben geglaubten Beuteltiger zu jagen und eine genetische Probe zurückzubringen. Denn das legendäre Tier betäubte seine Beute mit Gift, und das wollen die Deutschen haben. Danach sind sämtliche Beweise und Unterlagen zu vernichten, was selbstverständlich das fragliche Tier einschließt. Schließlich darf keinesfalls die Konkurrenz etwas mitbekommen. Und der Zeitvorsprung, den Martin habe, sei denkbar knapp.
Den Beuteltiger, das weiß jedes Kind, gab es nur in Tasmanien. Es ist wirklich das Ende der Welt, ahnt Martin, als er sich das zugeteilte Hotelzimmer anschaut. Nach seiner Beschwerde bekommt er ein Zimmerchen bei der Familie Armstrong. Während die Mutter betäubt im Bett liegt, zeigen ihre Kinder Sass und Bike dem Gast sein neues Domizil.
Hier liegt einiges im Argen, und der Grund ist schnell gefunden: Mister Jarrah Armstrong wird seit etwa einem Jahr im Dschungel vermisst. Und nach ein paar Wochen findet Martin auch den möglichen Grund heraus: Jarrah war erstens ein Waldschützer und somit den militanten Holzfällern ein Dorn im Auge, die um die letzte Verdienstmöglichkeit in der Gegend fürchteten. Aber es gab noch einen zweiten Grund: Jarrah war Martins direkter Vorgänger. Auf der Jagd nach dem Beuteltiger verschwand er im Dschungel.
Jack Mindy (Sam Neill), ein väterlicher Freund der entkernten Armstrong-Familie, schleust Martin durch die geschlossenen Fronten der Holzfäller und der Waldschützer hindurch, indem er ihn als Mitarbeiter der Universität Hobart ausgibt. Er führt ihn weiter in den letzten Urwald, den Tasmanien noch besitzt. Die Aussicht auf den Klippen ist atemberaubend: Man fühlt sich wie am Amazonas. Auch Jacks Vater will den Tiger mal gesehen haben, doch ob es das Tier wirklich noch gibt? Wer weiß. Und nein, er weiß nicht, was aus Jarrah Armstrong geworden ist.
Nach einer ersten Runde des Spurensuchens und Fallenstellens hört Martin einen Schuss - sein Mietwagen ist komplett demoliert. Die Holzfäller wollen ihn hier nicht haben. Fortan hält sich Martin sehr bedeckt, was seine wahre Arbeit anbelangt. Aber er verhilft seinen Gastgeberin wieder zu einem funktionierenden Familienleben und Hausinventar. Der Junge, Bike, schließt sich ihm an und gibt ihm Zeichnungen, die seinen Dad Jarrah zeigen - und den Beuteltiger. Sie liefern Martin entscheidenden Hinweis, wo er den Tiger finden kann.
Doch Jack Mindy ist schon lange in Lucy Armstrong verliebt und will den neuen Nebenbuhler loswerden. Als sich Martin gegen Holzfäller mit Gewalt zur Wehr setzen muss, findet jack den passenden Vorwand, um die "Universität" anzurufen. Redleaf verspricht, das "Problem" zu beseitigen. Schon bald merkt Martin, dass er auf den nebligen Plateaus der Berge nicht mehr allein ist. Er wird nun selbst gejagt...
Mein Eindruck
Das klingt doch verdächtig nach dem Auftakt zu einem Actionthriller à la "Man Hunt", in dem sich zwei alte Profis gegenseitig das Lebenslicht auszublasen versuchen. Doch das ist nur die Masche, die das Marketing verhökern möchte, um den Verlauf anzukurbeln. Bis es zum Showdown zwischen den beiden Jägern bereits vier Fünftel des Filmes vorüber. Doch es sind noch etliche Fragen offen, wie etwa die, ob der Beuteltiger überhaupt existiert - es gibt eine Fährte - und ob Martin ihn stellen und töten kann.
Doch vier Fünftel des Films gehören der Vorgeschichte dieser Showdowns, so dass der Eindruck berechtigt ist, dass sich hier die eigentliche Botschaft des Films verbirgt, die der Film vermitteln möchte. Nicht zuletzt beruht die Handlung auf einem australischen Roman namens "The Hunter", in dem der Jäger lediglich die Chiffre M trägt - den mittleren Buchstaben im Alphabet.
Doch wo liegt dann die Aussage des Films verborgen? Es sind die Armstrongs, als Nukleus einer beschädigten Familie, und es sind die Waldschützer versus Holzfäller, als Vertreter einer beschädigten Gesellschaft. Die Holzfäller werden von internationalen Holzkonzernen bezahlt, die in Tasmanien die letzten Urwälder abholzen wollen.
Die Genjäger aus Deutschland sind nur eine weitere Variante der gleichen Ausbeuter-Spezies. Schon Jarrah Armstrong ist ihnen auf den Leim gegangen und zum Opfer gefallen. Nun ist Martin David an der Reihe. Wird er ebenso dumm sein - oder ebenso schwach wie Jarrah? Schon lässt er sich auf die kleinen Armstrongs und ihre attraktive Mutter ein. Wie lange noch, bis er sich auf die falsche Seite schlägt, womöglich auf die der Waldschützer?
Egal ob es die Gesellschaft oder die Familie ist, ja sogar ob man als einzelgängerischer Söldner keine Seite zu haben meint - man muss sich früher oder später entscheiden, ob man den Ausbeutern dient, die das Geld haben, oder ob man sich ihren Gegnern anschließt und dafür eine Kugel durch den Kopf riskiert. Jack Mindy ist ein Opportunist und hat seine Seite gewählt, ohne dies allerdings öffentlich zu zeigen.
Ganz am Schluss durchschaut auch Martin dieses Scheißspiel und beschließt, den Grund für die Gier der Ausbeuter zu beseitigen. Aber auch er wird den Urwald nicht vor der Vernichtung bewahren können, denn solange noch irgendjemand auf der Welt Tinte auf tote Bäume druckt oder Palm-Öl aus gerodetem Urwald pressen kann, solange wird es kein Ende geben. Das Spiel endet erst, wenn es nichts mehr zu gewinnen gibt, und bis dahin kann es noch eine Weile dauern. Dumm nur, dass es dann auch für den Menschen schon fünf NACH zwölf geworden ist.
Die Blu-ray
|Technische Infos|
Bildformate: Widescreen (2,35:1 - anamorph in 1080p)
Tonformate: DTS Digital-HD 5.1 in Englisch, DTS Digital-HD 5.1 in Deutsch
Untertitel: D
Extras:
- Making-of
- Originaltrailer
- Trailershow
Mein Eindruck: die Blu-ray
Wie von einer Blu-ray zu erwarten, liegt die Qualität hinsichtlich Bild und Ton auf dem höchsten Niveau. Die Untertitel sollte man zuschalten, denn sie liefern eine korrektere Übersetzung als die der Synchronisation. Schade nur, dass es keine englische Untertitel gibt. Die englische Tonspur verlangt also beste Englischkenntnisse.
Die Qualität von Bild und Ton ist top, und man sollte sich unbedingt das aufschlussreiche Making-of anschauen. Es bietet einige geschnittene Szenen, erteilt Auskunft über die ungewöhnlichen Darsteller und beschäftigt sich mit der Frage, worin die Aussage des Films bestehen könnte oder sollte. Keine Spur also von Marketing-Gesülze à la Hollywood. Sehr wohltuend, diese Aussies.
|EXTRAS|
1) Making-of (31:11 min.)
Dieser Werkstattbericht (OmU) lohnt sich wirklich. Denn bei den Machern hat man sich wirklich mit der Aussage des Romans auseinandergesetzt und sich gefragt, was sagt der ROMAN aus und was soll unser FILM aussagen? Das eine muss ja, wie man so häufig feststellt, nicht unbedingt etwas mit dem anderen zu tun haben.
Die Aussage des Buches, die es umzusetzen galt, ist also folgende: "Ist es möglich, Erlösung nach jenem amoralischen Leben zu finden, das M alias Martin David geführt hat, d.h. kann er eine zweite Chance erhalten?" Im Film erscheint Martin jedoch nicht gebrochen, sondern als in sich ruhend, so dass dem Zuschauer diese Frage nicht unbedingt in den Sinn kommt. Aber immerhin: Der Jäger, der als Söldner handelt, hinterfragt die Ethik seiner Auftraggeber, dann seine eigene. Erst dadurch zerbricht er. Und die Armstrong-Familie bzw. deren letzter Überlebender bietet ihm durch Liebe noch Erlösung an.
Auf einer höheren Ebene betrifft Martins Schicksal das der Menschheit: Können wir überhaupt noch Wiedergutmachung für das leisten, was wir als Spezies angerichtet haben? Schon allein die Jagd auf den Beutelwolf war ein Fehler, erst recht dessen Tötung und endgültige Ausrottung. Das Tier, das sich dem Auge des Jägers darbietet, ist das letzte seiner Art, einsam, ohne Zukunft oder Hoffnung. Es spiegelt das Schicksal des Jägers: Sobald es nichts mehr zu jagen gibt, gibt es nichts mehr zu verkaufen, und das Spiel ist zu Ende. Was dann, Jäger?
|Die Rollen|
Das Skript wurde für Hauptdarsteller Dafoe ausgebaut und er selbst von einem richtigen Profi für das Überleben in der Wildnis ausgebildet. Deshalb sind seine Fallenstellerei, die wir ins Großaufnahme präsentiert bekommen, so echt aus.
Sam Neill sieht die Handlung ganz anders: "Dies ist die Tragödie des Jack Mindy", findet er lapidar. In mehreren geschnittenen Szenen wird klarer, worin diesen Tragödie besteht: Er liebt Lucy, kann sie aber nicht bekommen - erst wegen Jarrah, dann weil sich Jack auf die Seite der Holzfäller schlägt, die falsche Seite. So kann er niemals glücklich werden - und er führt sogar ungewollt Lucys Tod herbei. Als Martin ihn zur Rede stellt, muss Jack der finsteren Wahrheit ins Auge blicken. Er hat, das was er am meisten auf der Welt liebte, selbst zerstört.
Ganz wunderbar sind die beiden Darsteller der Kinder. "Sass" wird von Morgana Davies altklug und selbstbewusst gespielt, wohingegen ihr jüngerer "Bruder Bike", der nie ein Wort sagt, von Finn Woodlock gespielt wird, der gerne viel und laut singt. Dafoe trieb mit den beiden Kindern gerne Spiele.
Jarrah Armstrong ist eine Leerstelle, die Gefahr signalisiert: "Hier stimmt etwas nicht." Und zwar sowohl in der Wildnis als auch als Martins Vorgänger. Auf einem Foto, das Jarrah nebst Familie zeigt, ist als Darsteller Marc Watson-Paul zu sehen, und der ist überhaupt kein Schauspieler! Man holte ihn einfach von der Straße, weil er genau richtig für diesen Part aussah.
|Tasmanien|
Ohne jeden Zweifel ist auch das Land einer der Hauptdarsteller. Das Klima im Hochland ist alpin, d.h. das Wetter kann binnen einer halben Stunde komplett umschlagen. Wir sehen Tropensonne, dann Nebel, schließlich Schneetreiben. Dies alles ist echt, und das Drehteam musste einiges an Minusgraden überstehen, um Tasmanien auf die Leinwand zu zaubern. Ein Trick wurde dennoch gewagt: Die Felswand, die hinter dem Armstrong-Haus zu sehen ist, gehört zu einem anderen Haus.
|Das Fabeltier|
Belegt ist, dass der letzte Beutelwolf anno 1936 im Zoo verendete. Jäger hatten die Spezies komplett ausgerottet. Doch noch heute sind sich die Einheimischen nicht ganz sicher, ob nicht doch noch das eine oder andere Tier überlebt hat. Verwackelte Handyvideos sind nicht gerade der kräftigste Beweis.
Aber die Antwort auf die Frage, ob "es" überlebt hat, ist letzten Endes nicht ausschlaggebend. Die Produzenten und Regisseure sehen im Tasmanischen Tiger ein Symbol für die Vergangenheit und für Hoffnung sowie Glaube. Sie mögen recht haben, andererseits blenden sie durch ihre philosophische Haltung die realen wirtschaftlichen Bedingungen aus, die weiterhin auf dem ganzen Planeten dafür sorgen, dass Spezies ausgerottet werden und unschuldige Opfer wie die Armstrong-Familie einen ungerechtfertigten Preis zahlen.
2) Originaltrailer (1:34 min)
Der ursprüngliche Trailer legt viel mehr Wert auf das Geheimnis, das den ausgestorbenen Beuteltiger umgibt, kehrt aber auch die geradezu mystische Landschaft Tasmanien heraus, die der archaischen Handlung das rechte Ambiente liefert.
3) Deutscher Trailer (2:15 min)
Der deutsche Trailer ist ganz anders aufgezogen. Er erzählt die Story des Plots, indem er dem Roten Faden folgt, bis der Zuschauer neugierig genug geworden ist: Jäger unter sich, die auf ein legendäres Wild lauern. Hier spielen die Armstrongs auch eine größere Rolle.
4) Trailershow
a) Hasta la Vista (Norwegen)
b) Texas Killing Fields (siehe meinen Bericht)
c) Blackthorn (Butch Cassidy senior)
d) Take Shelter (Mystery)
e) Hara-Kiri (von Takashi Miike)
f) Chinese zum Mitnehmen (siehe meinen Bericht)
g) The Guard (siehe meinen Bericht)
i) Helden des Polarkreises (siehe meinen Bericht)
j) Rain Fall (John Woo)
k) Stolen Lives (siehe meinen Bericht)
Unterm Strich
Sobald man kapiert hat, dass dieser Film nicht die Handlung noch die Optik eines Actionthrillers bietet, sollte man darauf achten, worauf der Streifen Wert legt. Es sind gediegene, glaubwürdige Darsteller, die selbst bei einer so ungewöhnlichen Tätigkeit wie dem Fallenstellen nicht aussehen, als würden sie eine Expedition auf dem Mars unternehmen. Ganz im Gegenteil: Dafoes Jäger wirkt, als würde das Aufstellen von Bärenfallen und das Ausweiden von Känguruhs zu seinem Alltag gehören. (Wem sich jetzt der Magen umdreht, weiß schon, dass er diesen Film AUF KEINEN FALL sehen will.)
Zudem schneidet die Handlung zwei wichtige Themen an. Erstens fragt der Film, ob Firmen wie Redleaf - "Freiburg i.Br." steht auf jedem Schreiben - das Recht haben, selbst die letzten Exemplare einer Art zu töten, um an einen unbezahlbaren "Wettbewerbsvorteil" in Gestalt eines Gen-Patents für Gift heranzukommen. Natürlich nicht. Den Preis bezahlen nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen, mit denen die Jäger in Berührung kommen.
Die zweite Frage ist eher philosophisch: Können Menschen wie der Jäger, die sich keine Moral leisten können, trotz ihrer Verbrechen Erlösung finden? Der Film bejaht dies, und dem muss man nicht unbedingt zustimmen. Martin jedoch findet Liebe - nachdem er alles andere geopfert hat. Sein Fall steht symbolisch für die Menschheit, die sich fragen sollte, ob sie Wiedergutmachung leisten kann - oder ob es für sie nicht schon längst fünf NACH zwölf ist.
Filminfos
O-Titel: The Hunter (AUS 2011)
Dt. Vertrieb: Ascot Elite
VÖ: 24.07.2012 [Kauf-BD]
EAN: 7613059402348
FSK: ab 12
Länge: ca. 102 Min.
Regisseur: Daniel Nettheim
Drehbuch: Julia Leigh (Roman), Wain Fimeri, Alice Addison
Musik: Matteo Zingales, Michael Lira, Andrew Lancaster
Darsteller: Willem Dafoe als Martin David
Sam Neill als Jack Mindy
Frances OConnor als Lucy Armstrong
Finn Woodlock als Bike Armstrong
Morgana Davies als Sass Armstrong
Und andere.
Michael Matzer (c) 2012ff
- Redakteur:
- Michael Matzer