Themba
- Regie:
- Sycholt, Stefanie
- Jahr:
- 2009
- Genre:
- Drama
- Land:
- Südafrika
- Originaltitel:
- Themba
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23.03.2011 | 17:21THEMBA - Das Spiel seines Lebens
Fußball ist für Themba und seinen Freund Sipho das Größte. Wie viele südafrikanische Jungen träumen die 12jährigen Ballakrobaten davon, bei der Junior-Meisterschaft mitzuspielen und eines Tages in die Jugendnationalmannschaft ihres Landes aufgenommen zu werden.
Themba lebt mit Schwester Nomtha und Mutter Mandisa in einem traumhaft schönen, aber bitter armen Landstrich an der spektakulären grünen Steilküste der Eastern Cape Region. Mandisa ist Teepflückerin auf einer Plantage. Der Vater war vor Jahren zum Arbeiten in die Goldminen ins ferne Johannesburg gegangen. Seit einem Jahr hat die Familie nun nichts mehr von ihm gehört. Ein plötzlich im Ort angereister, mysteriöser Verwandter findet Aufnahme ihm Haus. Themba ist sofort misstrauisch gegenüber dem Fremden. Der junge Familienvorstand nimmt klar Position ein, dass niemand seinen Vater ersetzen könne.
Der Junge weist diesen zwielichtigen Onkel Luthando scharf ab. Dieser nistet sich jedoch in Haus und Bett von Mandisa ein. Als Mandisa ihre Arbeit verliert, beschließt sie schweren Herzens, nach Kapstadt zu gehen und dort Arbeit zu suchen. Die Kinder überlässt sie gutgläubig in der Obhut von Luthando. Damit ist Themba ganz und gar nicht einverstanden. Verhindern kann er es nicht. Luthando lungert herum und versäuft das Geld, das die Mutter schickt. Themba bleibt nur, damit sich der Kerl nicht das Haus einverleibt.
Nur das Fußballspielen ist für die Jungs ein Lichtblick. Themba und Sipho schaffen es tatsächlich, mit ihren Freunden ein Team für den regionalen Junior Cup aufzustellen. Der aus Deutschland stammende Jugendtrainer John Jacobs aus Kapstadt wird auf die jungen Talente aufmerksam. Themba und Sipho werden in ein Nachwuchsteam eingeladen. Drei Jahre vergehen, aus den Kindern werden Teenager. Als sich eines Nachts Luthando an Nomtha vergehen will, verteidigt Themba seine Schwester mutig. Sie kann fliehen, dafür wird der Junge von Luthando vergewaltigt. Themba beschließt, mit Nomtha nach Kapstadt zu gehen und die Mutter zu suchen...
THEMBA - Afrika, AIDS und Aberglaube
In einem endlosen Elendsviertel von Kapstadt finden die Kinder ihre Mutter in einer verwahrlosten Baracke. Sie ist todkrank. Themba und Nomtha nehmen alle ihre Kräfte zusammen, um die geliebte Mutter zu retten. Sie hat AIDS. Luthando hatte sie infiziert. In Themba kriecht eine schreckliche Angst auf. Jetzt, wo er mit der Berufung in die Nationalmannschaft am Ziel seiner Träume steht, muss der Junge sich mit dem Gedanken auseinandersetzen, nach dem Missbrauch durch Luthando ebenfalls das HIV-Virus im Blut zu haben.
In Südafrika kursiert der Aberglaube, man könne von AIDS geheilt werden, wenn man eine Jungfrau vergewaltigt. Solcher Irrsinn garantiert der Seuche die Verbreitung. AIDS wird in weiten Teilen der Bevölkerung tabuisiert. Die Menschen verschweigen ihre Erkrankung, lassen sich nicht behandeln, übertragen die Infektion - und sterben. Siphos Mutter verstirbt an AIDS, und die Kinder halten ihren Tod geheim. Es bleibt eine ganze Generation von infizierten Waisenkindern zurück. Die demographische Auswirkung der Immunschwäche in der Republik Südafrika ist ähnlich, wie die der Pest im Mittelalter.
Der Film spricht das Problem offensiv an. Themba ist ein intelligenter Junge. Nach allem, was er durchgemacht hat, findet er den Mut, als der neue Jungstar des Nationalteams öffentlich zu erklären, daß er durch eine Vergewaltigung mit HIV infiziert wurde, und daß er damit leben und weiter für sein Land Fußball spielen wird! Der Titelheld des Films bricht das Schweigen und die Scham. Im Fahrwasser der Fußball-WM wollte das Jugenddrama in Südafrika ein Zeichen setzen für einen offeneren Umgang mit AIDS.
Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, wie eigentlich im Profisport weltweit damit verfahren wird. HIV-Tests sind für Sportler nicht an der Tagesordnung und in den Regularien der Sportverbände nicht vorgeschrieben, weil man die Konsequenzen im Falle von positiven Ergebnissen scheut, wie die Pest selbst. Zumindest bei Kontaktsportarten ist es nicht von der Hand zu weisen, daß ein HIV-positiver Sportler im Verletzungsfall eine Gefahr für seine Mitstreiter darstellt, die nicht jeder akzeptieren möchte.
Es ist ein vielschichtiger Kampf, denn die Aufklärung über die Krankheit greift in Südafrika tief in die gesellschaftlichen Strukturen und Normen ein. Prostitution und Kindesmissbrauch gehören ebenso wie die beständige Armut und die Gewaltkriminalität bei der schwarzen Bevölkerung zur Landeskultur. Man kann gegen AIDS in Afrika deshalb nicht separat vorgehen. Zu einer nachhaltigen Veränderung ihrer kulturellen Gepflogenheiten ist das Volk augenscheinlich nicht bereit, denn in Südafrika hat sich nach zwei Jahrzehnten schwarzer Regierung an den sozioökonomischen Verhältnissen nichts verbessert. Die endlosen Townships existieren immer noch. Nur wenige brechen nach oben aus. Themba kann für seine Familie am Ende bessere Lebensverhältnisse schaffen, weil er als junger Profifußballer in eine privilegiertere Bevölkerungsschicht aufsteigt. Ein Märchen wird wahr.
THEMBA - Jungs und Barfussball
Seinen Anfang nimmt Thembas Karriere in der hügeligen Graslandschaft des Heimatdorfs, wo er mit aus Plastiktüten zusammengeknoteten Bällen barfuß kickt. Schuhe gibt es bei den Jungs nicht. Gemeinsam vor der Kamera stehen im zweiten Abschnitt des Films die beiden südafrikanischen Jungstars Junior Singo, der schon als Knabe im Aids-Drama "Beat The Drum" verzauberte, als Themba und Kagiso Mtetwa, der kleine Straßenjunge Wonderboy aus "Malunde", als Sipho. Seit ihren beeindruckenden Filmdebuts sind die Jungen zu Teenagern herangewachsen. Ihre Figuren im Alter von 12 Jahren spielt schon die nächste Generation von Nachwuchsdarstellern. Emmanuel Soquinase und Melabantu Maxhama fegen mit Vitalität und voller sprühender Hoffnung als Ballkünstler über das Grün. Die Fußballszenen, sowohl im Dorf der Rundhäuser beim ausgelassenen Barfußspiel der Jungen, als auch auf den Rasenplätzen bei den Mannschaftsturnieren, sind mit der Kamera aus der Mitte der Spieler heraus gefilmt. Das Auge des Zuschauers befindet sich direkt im Spielgeschehen und spürt so die Begeisterung an der Bewegung.
THEMBA - Lernen von klugen südafrikanischen Müttern
Gedreht wurde der Film in Xhosa, der afrikanischen Sprache der Eastern Cape Region, sowie einige Szenen in Englisch. Gaststar Jens Lehmann, der den deutschen Fußballtrainer John Jacobs spielt, welcher Themba auf seinem Weg in die Nationalmannschaft maßgeblich protegiert, spricht mit den Jungs Englisch. Die Originalsprachfassung soll dem Film zusammen mit den kontrastreichen Bildmotiven zwischen der malerischen Landschaft an der Küste und dem beklemmenden Elend der Townships eine hohe Authentizität geben. Das erklärt jedenfalls die aus Südafrika stammende Regisseurin Stefanie Sycholt, die im Interview ausführlich über das originalsprachliche Konzept berichtet.
Weshalb dann dem Publikum in Deutschland auf DVD ausschließlich die deutsche Vollsynchronisation vorgesetzt wird, bleibt schleierhaft. Zum besseren Verständnis sind Synchronfassungen ja nützlich, aber sie ersetzen niemals den Originalton. Es verschwinden sogar manche Inhalte gänzlich, so wie hier durch die Vollsynchro unterschlagen wird, dass die Mutter Mandisa ihren Kindern abends englische Bücher vorliest, weil sie großen Wert auf eine gute Bildung legt. Neben der afrikanischen Muttersprache auch Englisch zu beherrschen, ist von hoher Bedeutung für die Zukunftschancen der Kinder. Von klugen südafrikanischen Müttern kann der deutsche Filmverwerter vielleicht noch dazulernen.
Daten
Originaltitel: Themba
Land: Südafrika 2010
Länge: ca. 90 Min.
Regie: Stefanie Sycholt
Musik: Annette Focks
Darsteller: Junior Singo, Kagiso Mtetwa, Anisa Mhlungula, Emmanuel Soquinase, Melabantu Maxhama, Mihile Mtakati, Patrick Mofokeng, Simphiwe Dana, Nomhlé Nkyonyeni, Jens Lehmann, Sean Cameron Michael
Die DVD
Die deutsche DVD von Lighthouse Entertainment liefert nur die deutsche Synchronfassung mit optionalen, deutschen Untertiteln. Die Originalsprachfassung in Xhosa/Englisch fehlt entgegen der Angabe auf der Coverrückseite. Als Bonus gibt es informative Interviews mit der Regisseurin (in Deutsch), mit Jens Lehmann, Crewmitgliedern und erwachsenen Darstellern. Außerdem unkommentierte Aufnahmen vom Fußballtraining mit den jungen Darstellern. Das Cover ist mit dem FSK-Zensurlogo überdruckt, ein Wendecover gibt es nicht.
- Redakteur:
- Pino DiNocchio