Trollhunter (DVD)
- Regie:
- Øvredal, André
- Jahr:
- 2010
- Genre:
- Horror
- Land:
- Norwegen
- Originaltitel:
- Trolljegeren
2 Review(s)
03.09.2011 | 13:56Das geschieht:
Eigentlich glauben die Studenten Thomas, Johanna und Kalle, die für ein Universitäts-Projekt einen Film drehen, sich auf den Spuren eines Wilderers, als sie den mürrischen Hans und seinen Wohnwagen stets dort im norwegischen Vestlandet sichten, wo wenig später tote Bären gefunden werden. Auf Anfragen bezüglich eines Interviews reagiert Hans ablehnend, weshalb das Trio sich heimlich an seine Fersen heftet.
Endlich gelingt es ihnen, Hans auf einem seiner mysteriösen nächtlichen Waldgänge zu folgen. Sie finden mehr heraus, als sie wissen wollten, als sie dabei auf eine riesige, bizarre und sehr aggressive Kreatur stoßen: einen Troll, den es nur im Märchen geben sollte. Wenig mythisch versucht das Wesen, die Studenten zu fangen, doch sie können entkommen; Thomas allerdings mit einem Biss in der Schulter.
Da nun die Katze aus dem Sack bzw. der Troll aus dem Wald ist, beginnt Hans, der sich offensichtlich einsam fühlt, mit den geschockten Studenten zu sprechen. Sie erfahren, dass Trolle in regelrechten Schutzgebieten leben. Die Regierung unterdrückt das Wissen um ihre Existenz, um weder Bürger noch Auslandsurlauber zu erschrecken. Eine eigene Behörde achtet darauf, dass die Trolle bleiben, wo sie sind. Brechen sie aus, tritt Hans auf den Plan, der sie mit einer Art Laserlichtwaffe jagt, deren Schein die Kreaturen versteinern oder explodieren lässt.
Die Studenten schließen sich Hans mit der Kamera auf einer Kontrollfahrt an, obwohl Finn Haugen, sein Chef, mit Sanktionen droht, sollten sie an die Öffentlichkeit gehen. Hans ist beunruhigt, weil mehr Trolle als sonst aus dem Norden kommen, die zu allem Überfluss krank und unberechenbar geworden sind. Sie richten Zerstörungen an und töten Menschen. Dass die Trolljagd kein Job für Amateure ist, erfahren unsere Nachwuchs-Filmer, als ihre Neugier sie unvorsichtig werden lässt. Den Kameramann erwischt es zuerst, aber er wird nicht das einzige Opfer bleiben ...
Manche Märchen sind womöglich wahr
Kein Vampir, kein Werwolf, kein Zombie: Bereits die Abwesenheit abgegriffener Horror-Gestalten nimmt für diesen Film ein. Die glücklichen Skandinavier können auf einen reichen Schatz eigener Sagen & Mythen und damit verbundener Schrecken zurückgreifen. Der Troll ist ein wunderbarer Kandidat als Grusel-Unhold. Auch unterhalb des nördlichen Polarkreises hat er einen guten i. S. von unheimlichen Klang: Trolle sind grobschlächtige, riesengroße und mehr als bärenstarke Wesen, denen weder Umgangsformen noch Sanftmut in die Wiege gelegt wurden.
Für seinen Film holte Regisseur und Drehbuchautor André Øvredal sie aus dem Märchenbuch und verankerte sie in der Realität des 21. Jahrhunderts. Damit sie dort Fuß fassen konnten, erfand er ihnen einen biologischen und ökologischen Background, der die Existenz von Trollen immerhin ansatzweise logisch wirken lässt. Dabei berücksichtigt Øvredal das zentrale Credo von "Trollhunter": Spinne dein Garn völlig ernsthaft, aber nimm es bloß nicht ernst! Das Ergebnis ist ein Film, der ebenso spannend wie witzig ist und beides auch gleichzeitig sein kann.
Auf Nummer sicher gehen
Seine Geschichte kleidet Øvredal in die Form einer "Mockumentary": Er greift auf einen alten aber bewährten Trick zurück und präsentiert uns das Geschehen als grobe Zusammenfassung unbearbeitet gebliebenen Filmmaterials, das angeblich drei Studenten als Grundlage für eine spätere Dokumentation dienen sollte. "Trollhunter" wirkt deshalb künstlich roh, die Kameraführung ist meist fahrig, weil entweder heimlich gedreht wird oder ein Troll den Filmern im Nacken sitzt, worunter die handwerkliche Sorgfalt beim Dreh verständlicherweise leidet.
Die Szenen schließen nicht sauber an, sondern setzen an und enden, wo die Kamera ein- oder abgeschaltet wurde. Der Ton schwankt beinahe so stark wie die Belichtung, eingeschnitten sind Aufnahmen durch das Nachtsichtgerät. Zwischendurch gibt es ganz 'zufällig' längere und deutlich ruhiger laufende Passagen, die dem zuschauerlichen Hirn eine Pause bei seiner mühseligen Aufgabe gönnen, den fragmentarischen Bildern und Tönen einen Sinn zu entlocken.
Unklar bleibt, wieso Øvredal "Trollhunter" als Mockumentary inszeniert hat. Das Konzept ist nach "Blair Witch Project" (1999) und zu vielen halbgaren Nachfolgern verbraucht. Øvredal kann ihm auch keine neuen Aspekte abgewinnen. "Trollhunter" ist deshalb zu Recht kritisiert worden; aus der Intensität dieser Kritik lässt sich schließen, wie hoch die Erwartungen waren, die an diesen Film geknüpft wurden, dem ein wenig Originalität nicht nur Aufmerksamkeit, sondern echten Kultstatus beschert hätte.
T(r)olle Idee, die in der Umsetzung schwächelt
Freilich bietet die ungefüge Struktur einer Mockumentary dem Filmemacher die Möglichkeit, ein schwaches Drehbuch zu kaschieren - und "Trollhunter" erzählt alles andere als eine geniale Geschichte, was die Umsetzung als 'normaler' Spielfilm deutlicher offenbart hätte. Die Trolljagd ist ein Job, der wie jede Behördenarbeit vor allem aus Routine und Leerlauf besteht. Meist sieht man Hans und seine Begleiter über nebelverhangene Bergstraßen fahren, durch feuchte Wälder stolpern und damit den Geduldsfaden des Zuschauers strapazieren.
Dabei wird bald offensichtlich, dass der Versuch, der Menschheit die Existenz von Trollen zu verheimlichen, nicht einmal im hohen Norden funktionieren würde. Genau daraus schlägt Øvredal die hellsten komödiantischen Funken. Die garstigen Fabelwesen schlagen alles kurz und klein, während ihre menschlichen Nachbarn notorisch trollblind in die andere Richtung schauen. Die Troll-Behörde ist chronisch unterbesetzt und in ihren Handlungen alles andere als zielorientiert. Wirklich komisch sind Szenen wie diese, in der Finn Haugen den Medien buchstäblich einen Bären aufbindet, den er für trollbedingte Verheerungen verantwortlich macht; um glaubhaft zu sein, lässt er leutselige polnische Schmuggler heimlich einen im Ausland beschafften toten Bären anliefern, der in den Wald gelegt und 'gefunden' wird.
Trolle im Godzilla-Look
Angesichts eines Budgets, das in Hollywood vermutlich gerade ausreichen würde, das Catering für die Hauptdarsteller zu bezahlen, musste Øvredal genau über den Einsatz von Spezialeffekten nachdenken. Sein Film ist erstaunlich trolllastig, und nicht selten sieht man die Kreaturen trotz Wackelkamera in voller Größe wüten. Allerdings wirken sie dabei oft weniger bedrohlich als komisch.
Øvredals Trolle sind in vielen Szenen definitiv digitaler Herkunft. Dann wieder sehen sie verdächtig wie Stuntleute in Kostümen aus, die wie der japanische Godzilla in Miniatur-Landschaften gestellt wurden, was sich auf den Faktor Überzeugung kontraproduktiv auswirkt. Freilich musste Øvredal mit einem Troll-Design arbeiten, das von den nordischen Märchen weitgehend vorgegeben ist. Trotz aller Fremdartigkeit weisen die zotteligen Trolle mit ihren langen Nasen große Menschenähnlichkeit auf. Sie würden deshalb wohl auch in einem richtig teuren Film an Muppets oder die "Wilden Kerle" aus Maurice Sendaks Kinderbuch-Klassiker erinnern.
Negativ stechen zusätzlich jene nicht gerade seltenen Momente ins Auge, in denen die Tricktechniker mit ihrem Latein am Ende waren und die Trolle plötzlich als Bits & Bytes erkennbar werden. Oder sparte Øvredal für das große Finale? Das ist jedenfalls als Duell mit einem 100-Meter-Troll außerordentlich eindrucksvoll geraten.
Jäger, Gejagte & Bauernfänger
Man darf davon ausgehen, dass auch der norwegische Film prominente Darsteller kennt. Außerhalb Skandinaviens sind sie allerdings unbekannt. Über den Star-Status derjenigen Schauspieler, die für Øvredal auf Trolljagd gehen, kann deshalb nur spekuliert werden. Wahrscheinlich wird es aber wie in jedem Filmland dieser Erde zugehen: Für "Trollhunter" wurden vor allem junge, spielfreudige aber honorargünstige Darsteller engagiert. Sie meistern die Herausforderung und mimen, während sie sich gleichzeitig 'dokumentarisch', d. h. möglichst 'natürlich' geben. Nichtsdestotrotz weisen die Rollen der Studenten wenig Profil auf, das sie für die Zuschauer unverwechselbar machen würde. Letztlich sind sie austauschbar.
Für Otto Jespersen als Trolljäger Hans trifft dies nicht zu. Er hat sich seine Rolle angeeignet und verinnerlicht. Hans spricht viel aber sagt wenig; er ist so lange allein, dass seine sozialen Kompetenzen arg gelitten haben. In seinem Job ist er freilich ein Profi, der endlich die Anerkennung finden möchte, die ihm Finn Haugen, ein Bürokrat trübsten Wassers, ständig vorenthält. Jespersen ist fabelhaft und wirkt völlig glaubhaft, selbst oder gerade wenn er mit völlig unbewegter Miene den größten Blödsinn über Trolle erzählt.
Insgesamt bietet "Trolljäger" keine geschlossene und abgerundete Handlung, sondern zerfällt in viele große und kleine Episoden, die immerhin oft so wunderbar geraten sind, dass sie einen Eindruck von dem Film vermitteln, den André Øvredal im Sinn gehabt haben mag. Was er tatsächlich realisieren konnte, ist aber den Unkereien der Kritik zum Trotz ebenso spannend wie selbstironisch und deutlich unterhaltsamer als das Gros der oft aufwändig produzierten und vermarkteten Filme, die uns als angeblich 'phantastisch' zugemutet werden.
DVD-Features
Der Hauptfilm wird durch nicht viele aber durch gut ausgesuchte Extras informativ begleitet. Da gibt es unveröffentlichte bzw. erweiterte Szenen, bei denen man sich fragt, wieso der Regisseur sie aus dem fertigen Film getilgt hat, während weniger Gelungenes verblieb. Hinzu kommen Improvisationen und daraus resultierende "Bloopers", die einen Eindruck von der guten Stimmung am Set vermitteln, obwohl die Dreharbeiten in kalter und nasser Umgebung vor und hinter der Kamera anstrengend waren, wie einige Blicke hinter die Kulissen belegen.
Eine leider nur kurze Featurette gibt Auskunft über die Spezialeffekte, die sowohl in ihrer Quantität als auch in ihrer Qualität für das europäische Kino (noch) keineswegs an der Tagesordnung sind. Abgeschlossen werden die Extras durch eine Bildergalerie.
Im Internet gibt es eine Website zum Film: www.trollhunterfilm.com
Originaltitel: Trolljegeren (Norwegen 2010)
Regie: André Øvredal
Drehbuch: André Øvredal u. Håvard S. Johansen
Kamera: Hallvard Bræin
Schnitt: Per-Erik Eriksen
Darsteller: Otto Jespersen (Hans) Glenn Erland Tosterud (Thomas), Johanna Mørck (Johanna), Tomas Alf Larsen (Kalle), Urmila Berg-Domaas (Malica), Hans Morten Hansen (Finn Haugen), Robert Stoltenberg (Bärenjäger), Knut Nærum (Werksleiter), Eirik Bech (Campingplatzbesitzer) u. a.
Label/Vertrieb: Universal Pictures Germany (www.universal-pictures.de)
Erscheinungsdatum: 01.09.2011 (DVD/Blu-ray)
EAN: 5050582845747 (DVD) bzw. 5050582846447 (Blu-ray)
Bildformat: 16 : 9 (1,85 : 1, anamorph)
Audio: Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Französisch, Norwegisch)
Untertitel: Deutsch, Französisch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 99 Min. (Blu-ray: 104 Min.)
FSK: 12
- Redakteur:
- Michael Drewniok
Wildes Norwegen: Mit Studenten auf die Trollpirsch
Im Dokumentarstil gedreht, begleitet TROLLHUNTER eine Gruppe norwegischer Filmstudenten, die lebende Trolle vor die Linse bekommen wollen, nachdem sie herausgefunden haben, dass ihre Existenz seit Jahren von der Regierung verheimlicht wird. (Verleihinfo)
Handlung
Drei Filmstudenten von der norwegische Universität Volda wollen herausfinden, ob es wirklich Trolle gibt - nicht die drolligen Märchenfiguren, sondern echte, freilebende. Das Material, das sie auf ihren Exkursionen mit dem Trolljäger Hans aufgenommen haben, wird einem Sender zugespielt, der es auf Echtheit prüft und nichts daran auszusetzen hat. Doch von den Studenten fehlt bis heute jede Spur ...
Sie fragen zuerst lizenzierte Bärenjäger, doch die erzählen von einem Wilderer. Den wollen sie auf einem Campingplatz interviewen, doch er lehnt ab. Bemerkenswert finden sie, dass sein Jeep von oben bis unten zerkratzt ist - Bärenspuren? Sie folgen ihm in die Nacht. Gut, dass sie eine Kamera mit Restlichtverstärker haben. Sie ergibt eine grünliche Aufnahme.
Als sie am Tag einen toten Bären besichtigen, finden die Jäger dessen Spuren merkwürdig. Aber der Jagdaufseher Finn besteht darauf, dass dies der richtige Bär sei. Sie werden Finn noch häufig begegnen. Denn er hat eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Aber worin besteht sie eigentlich?
Hartnäckig bleiben sie an dem Wilderer Hans dran und folgen ihm nordwärts ins Gebirge. Ein Schild am Weg warnt vor Sprengungen, doch sie lassen sich nicht abschrecken. Da ist auch schon Hans' Jeep. Sie dringen vor, bis auf einmal Blitze den Wald erhellen. Gebrüll erdröhnt, und plötzlich hastet Hans an ihnen vorbei und ruft: "Troll!" Sie flüchten, doch Thomas, der Sprecher der Gruppe, ist an der Schulter verletzt. Johanna, die Tonfrau, bittet Hans erfolgreich, Thomas' Wunde zu desinfizieren. Thomas bekommt sogar eine Tetanusspritze.
Als sie wieder zu ihrem Auto gelangen, erwartet sie ein Schock: Es liegt auf der Seite und ist ein Totalschaden. Das kann doch unmöglich ein Bär getan haben, oder? Der viele Schleim spricht nicht gerade dafür. Vielleicht gibt es Trolle ja doch. Endlich findet sich Hans dazu bereit, dass sie ihn bei der Arbeit filmen. Aber sie müssen auf ihn hören. Und es darf kein Christ dabei sein. Thomas und Johanna beteuern, nicht an Gott zu glauben, aber Kalle, der Kameramann, schweigt. Hätte er bloß den Mund aufgemacht! Dann würde er heute vielleicht noch leben ...
Hans lässt nicht locker und zieht erneut in den Wald, den schließlich ist die Trolljagd seine von den Behörden übertragene Aufgabe. Als Hans mit einer Tierärztin telefoniert, bekommt er den Auftrag, eine Blutprobe zu besorgen. Auf einer Lichtung bleiben sie zurück, während Hans den Troll sucht. Auf einmal wieder Blitze und ein Gebrüll - das kennen sie schon. Ihnen zittern die Knie.
Endlich erscheint tatsächlich ein Troll. Er ist so hoch wie ein Baum und scheint drei Köpfe und einen Schwanz zu haben. Er schnüffelt die Luft und starrt sie an. Bloß weg hier! Doch da stürzt Kalle ...
Mein Eindruck
Dies ist nur der Auftakt zu einer wilden Trollpirsch und -jagd. Sie führt die Gruppe zu einer Begegnung mit einem ganzen Rudel Trolle in einer Höhle (wo Kalle endgültig sein Schicksal ereilt). Es stellt sich heraus, dass die Trolle mit Tollwut infiziert sind und generell in Aufruhr sind - einige auf der Flucht vor einem Jotne, einem hundert Meter hohen Riesentroll. Dieses Riesenvieh ist der Star des Finales, als sich Hans, der Trolljäger, ihm entgegenstellt.
Es gibt keine Trolle:
Doch welche Rolle spielt der aalglatte Jagdaufseher Finn? Er hat definitiv etwas dagegen, gefilmt zu werden. Hans sagt, Finn arbeite für den Trollsicherheitsdienst, würde dies aber nie öffentlich zugeben. Denn offiziell gibt es keine Trolle in Norwegen. Wenn daher Unfälle passieren und Urlauber verschwinden, muss es immer ein Bär gewesen sein. Einmal wird sogar ein toter kroatischer Bär frisch aus dem Zoo angeliefert. Kostenpunkt: 35.000 norwegische Kronen. All diese Heimlichtuerei könnte auch für das Verschwinden der Studenten verantwortlich sein. Nur die Aufnahmen auf zwei Festplatten haben überlebt.
Über Trolle:
Trolle, so doziert Hans im Restaurant, lassen sich grob in Wald- und Bergtrolle einteilen, diese wiederum in Unterarten mit speziellen Namen, die besonders auf ihr Revier hinweisen, etwa Dovre oder Jotunheimen. Trolle können 1000 bis 1500 Jahre alt werden und bekommen nur ein einziges Junges, weshalb ihre Zahl so klein ist. Das Junge erfordert mindestens zehn Jahre Schwangerschaft.
Leider sind Trolle generell strohdumm; einer habe sogar mal versucht, seinen Schweif zu fressen. Ha! Und sie sind leicht zu erlegen. Die Tierärztin Hilde erklärt es: Die Trolle können kein Vitamin D in Kalzium umwandeln, sie haben ein Handicap. Die einen erstarren zu Stein, wenn man sie mit UV-B-Licht anstrahlt, wie Hans es tut (daher die Blitze), die anderen explodieren einfach. Und nun auch noch die Tollwut. Sieht ganz so aus, meint Hans, als hätte sie auch Thomas erwischt ...
Showdown:
Nach einer Weile der dokumentarischen Aufnahmen glaubt der Zuschauer wirklich, an einer Trolljagd teilzunehmen. Alle Indizien weisen oben auf dem Fjell darauf hin, dass ein riesiger Troll in der Nähe sein muss: Ein ganzer Wald ist plattgewalzt worden, im E-Werk erklärt der Verantwortliche, dass eine Starkstromleitung in einem Ring führt - wozu das denn? Weiß er nicht, aber sonderbar ist das schon, oder? Hans hat zuvor erklärt, dass die Starkstromleitungen die Trolle in einem Revier halten sollen. Moschusochsen sind hier oben im Norden Lebendfutter. Und es dauert auch nicht lange, bis sie den riesigen Jotne erblicken. Und Hans lockt ihn auch noch mit Gesang an! Der Showdown lässt nicht lange auf sich warten ...
Komik:
Die Trolle, die wir zu sehen bekommen, sind allesamt äußerst glaubwürdig animiert. (Die Liste der Animateure und VFX-Künstler ist echt lang.) Sie sind frei stehend gut zu sehen und reagieren auf die Blitze, die ihnen Hans verpasst. Sie versteinern oder explodieren. Auch die Größendimensionen sind eindeutig: Es gibt riesige Trolle wie den Jotne oder kleine wie den Ziegendieb, den Hans unter einer Brücke erwischt - eine blutige Schweinerei!
Das entbehrt häufig nicht einer gewissen Komik, besonders wenn man bedenkt, dass Trolle angeblich bloß in Märchen vorkommen. Aber wenn man erfährt, dass Hans auch mal ein ganzes Revier von Trollen befreien musste, indem er sie ausrottete, dann vergeht einem das Lachen.
Die Sache mit der Religion:
Hans vergewissert sich bereits beim ersten Interview, ob seine neuen Begleiter Christen oder Heiden sind. Der Grund kann nur der sein, dass Trolle etwas gegen Christen haben. Tatsächlich erweist sich diese Annahme als richtig. Als sie nämlich alle gefangen in einer Nische der Trollhöhle hocken und sich vor dem Trollrudel verstecken, ist es Kalle, der völlig ausrastet und den die Trolle riechen. Die Trolle erwischen ihn als Einzigen.
Damit sie nicht schon wieder mit einem Christen einen solchen Reinfall erleben, fragen Thomas und Johanna die Ersatzfrau Malinka, ob sie eine Christin. Ihre dunkle Hautfarbe signalisiert etwas anderes: Sie ist Muslima, hat gerade Löwen in Tansania gefilmt. Klingt gut. Tatsächlich sind die Nerven von Malinka wesentlich besser als die des bedauernswerten Kalle.
Diese Sache mit der Religion weist darauf hin, dass es nicht bloß um Trolle oder anderes Großwild geht; es geht auch um die Begegnung mit dem Fremden, mit einer anderen Religion. Die Informationen, die Hans liefert, sind lediglich abstrakt. Auch dass er mal eine ganze Gruppe ausrotten musste, wirkt nur in der Theorie. Etwas ganz anderes ist es hingegen, in einer Höhle mit Trolle = Aliens eingesperrt zu sein. Hier sind die Menschlein nicht die Sieger, sondern die Beute. So relativiert die Begegnung das Verhältnis und das Eigenverständnis.
Der Verdacht liegt nahe, dass die Regierung genau deshalb die Existenz von Trollen verschleiert. Alles soll unter Kontrolle bleiben, und ein toter Bär ist ein sichtbares Signal von Kontrolle. Doch wer mit Trollen zusammenleben möchte, der sollte auf der Hut sein - nicht zuletzt vor der eigenen Regierung.
Mein Eindruck: die DVD
Das Bild ist nicht von optimaler Qualität, sondern wartet mit authentisch wirkender Videoqualität auf. Vorsicht vor verwackelter, zu Boden gefallener und sogar kaputter Kamera! Ungewöhnlich sind die mit Restlichtverstärker aufgenommenen, grünlichen Bilder. Hier muss der Zuschauer seine Sehgewohnheiten drastisch umstellen. Aber das gehört alles zur Ästhetik der Mockumentary.
Der Ton ist für eine Doku mit Videoästhetik ungewöhnlich gut; er liegt nämlich in DTS vor. Auf diese Weise wird jedes Grollen eines Trolls zum wohnzimmerfüllenden Rumpeln, wenn man die Anlage entsprechend aufdreht. Auch der Surroundsound kommt in mehreren Szenen voll zur Geltung. Feine Sache.
Ich habe die deutschen Untertitel eingeschaltet, was mir half, die zahlreichen ungewohnt auf Norwegisch ausgesprochenen Namen zu verstehen. Alle Dokumentationen im Bonusmaterial sind mit deutschen Untertiteln versehen.
EXTRAS:
1) Unveröffentlichte Szenen (3:26 min)
Banale Szenen wie "Hans beim Sammeln von Beweisen", "Gewölle (Auswurf) eines Trolls", "Daheim bei Finn".
2) Improvisationen & Outtakes (2:01)
Auch nichts Weltbewegendes, so etwa die Sache mit der Landmine.
3) Erweiterte Szenen (7:43 min)
Jetzt wird's schon besser. Dies sind die Langfassungen von drei skurrilen Szenen. Die Erste findet im E-Werk von Nord-Norwegen statt, wo der Strom im Kreis läuft. Die zweite, richtig lustige, ist die mit dem polnischen "Piotrs Maler-Service", der einen kranken Bär aus dem Zoo besorgt und an Finn geliefert hat. Er habe Finn über Google gefunden. Alles stilecht und sehr witzig auf Englisch!
Die dritte Szene findet im Restaurant statt. Hans erklärt hier die Sache mit dem Trollsicherheitsdienst TSD, den Meldeformularen für eine Trolltötung und überhaupt. Schade, dass die Tischnachbarn - ältere Damen und Herren - nicht auf seine sonderbaren Erfindungen reagieren. Sie glauben wohl nicht an Trolle - ein schlimmer Fehler!
4) Visual Effects (5:50 min)
Hinter diesem unscheinbaren Titel verbergen sich vier eindrucksvolle Kurzfilme der an den VFX beteiligten Studios Superrune, Gimpville und Storm Studios. Hier sehen wir, wie die einzelnen Trolle im Rechner zum Leben erweckt wurden. Der eindrucksvollste Troll ist sicherlich der Jotnar, mit dem der Showdown stattfindet. Natürlich können sich die Designer auch hier nicht eines Witzes enthalten: ein tanzbegabtes Schaf, das auf zwei Beinen steht ...
5) Behind the Scenes (23:08 min)
Der längste Beitrag besteht aus sieben Kapiteln mit folgenden Titeln:
a) "Der Troll-Fuß" kommt in vorgefertigten und nummerierten Einzelteilen. Die fertige Szene zeigt Hans, wie er diesen "versteinerten Trollfuß" mit dem Vorschlaghammer zerdeppert.
b) "Gute Stimmung beim Dreh": Nur drei Schauspieler, aber jede Menge Crewmitglieder. Die fertige Szene zeigt die "Sprengung" eines versteinerten Trolls unter einer Abdeckung.
c) "Während wir warten": 99% der Schauspieleraktivität scheint aus Warten zu bestehen. Höchste Zeit für ein fröhliches Tänzchen. Und jetzt alle: "Warten auf Godot, warten auf Godot ..." (Boogie-Rhythmus)
d) "Streunender russischer Bär": Der Bär, dessen Spuren Finn den Touristen erklärt, ging mit überkreuzten Beinen.
e) "Rüstung": Die Rüstung, die man Hans als Trollschutz anlegt, scheint einen roten Selbstzerstörungsknopf aufzuweisen.
f) "Der Bart" von Hans muss jeden Morgen in der Maske angeklebt und gestutzt werden.
g) "Filmstars": Die drei Schauspieler von "Thomas", "Johanna" und "Kalle" zeigen sich in ihrem beegten Wohnmobil und schreiben eine Postkarte an den Regisseur, um sich für den [bitte hier Adjektive einsetzen] Dreh zu bedanken.
6) Galerie (6:00 min)
Die selbstablaufende Bildergalerie zeigt die Trollhabitate der Bergtrolle (Gebirge, Fjell, Eis) und der Waldtrolle (Wald, See, Höhle). Die Bildgalerie weist ebenso wenig Untertitel wie Musik auf. Das macht sie ziemlich langweilig. Im letzten Teil der Galerie sind grobe Skizzenentwürfe für diverse Trolle zu sehen. Ob die Tassenabdrücke wohl auch digital hineinkopiert wurden?
7) Trailer: "Paul, der Alien" ist dem Menü vorgeschaltet und lässt sich nicht wegklicken.
Unterm Strich
Mit hat diese Trollpirsch viel Spaß gemacht: Er ist gruselig, stellenweise spannend und stets mit witzigen Beobachtungen gespickt. Der Streifen wäre aber nur halb so lustig, wenn es keine Mockumentary wäre. Erst durch diese Vermittlungsebene erhält das dokumentierte Geschehen seine Glaubwürdigkeit. Obwohl wir wissen, dass es keine Trolle gibt, vertrauen wir doch den Medienarbeitern derart, dass wir zumindest ihrem Dokument Glauben schenken - selbst wenn dieses von A bis Z eine Fläschung ist, eben ein Mockumentary. Aber es ist etwas schade, dass der Vertuschung durch die Regierung nicht hartnäckiger nachgegangen wird. Die Pointe wird dem Ministerpräsidenten Stoltenberg überlassen.
Der Horrorstreifen, der eine Ermittlung, Pirsch und schließlich einige Konfrontation mit scheuen Vertretern der Spezies Troll erzählt, stellt indirekt einige Fragen, die aktuell relevant sind: die Begegnung mit dem Fremdartigen, das Schrecken ebenso wie Neugier auslöst; die Verwicklung des angeblich distanzierten Beobachters ins Geschehen, etwa in der Höhlenszene; und dann natürlich die Frage, ob ein Beobachter überhaupt distanziert bleiben kann, so etwa Kriegsfotografen. Wenn sich ein Christ beispielsweise auf ein Gebiet vorwagt, wo er allein aufgrund seines Glaubens automatisch zum Feind wird.
Man sieht also, dieser Horrorstreifen ist nicht nur spannend, unterhaltsam und lustig, sondern weist auch noch Grips auf.
Die DVD:
Das Bonusmaterial ist recht umfangreich, doch davon sind eigentlich nur die Kapitel "Hinter den Kulissen" interessant. Die Schauspieler hatten offenbar viel Spaß an der Sache. Und wer sich für CGI-Infos interessiert, wird auch hier bedient. Alles in allem bietet der Streifen eine straffe Handlung, deren Höhepunkt sich allmählich steigert, bis sie im Showdown mit dem Riesentroll kulminieren.
Schon "Cloverfield" war als Video-Dokumentation eine deutliche Steigerung gegenüber dem Klassiker "Blair Witch Project". Doch "Trollhunter" ist weniger unheimlich, aber dafür actionreicher als "Cloverfield". Und alles in Norwegens rauher Natur statt in der Großstadt - man möchte gleich die Koffer packen und hinfahren. Aber Obacht vor Trollfürzen - die sollte man wirklich, wirklich vermeiden!
Technische Infos
O-Titel: Trolljegeren (NOR 2010)
Dt. Vertrieb: Universal
EAN-Nummer: 5050582845747
VÖ: 1.9.2011
Ländercode. 2
FSK: ab 16
Länge: ca. 99 Min.
Regisseur: André Øvredal
Drehbuch: Havard Johansen, André Øvredal
Musik: kein Originalscore
Darsteller: Otto Jespersen, Hans Morten Hansen, Tomas Alf Larsen, Johanna Morck, Glenn Erland Tosterud u. a.
Bildformat: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: Dolby Digital 5.1
Sprachen: D, F, NOR
Untertitel: Deutsch, Französisch
Extras:
1) Unveröffentlichte Szenen
2) Improvisationen & Outtakes
3) Erweiterte Szenen
4) Visual effects
5) Behind the scenes
6) Galerie
- Redakteur:
- Michael Matzer