Unsere Ozeane
- Regie:
- Jacques Perrin & Jacques Cluzaud
- Jahr:
- 2009
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- Frankreich
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11.01.2011 | 17:30Die Schönheit der Natur - Vielen ist sie erst mit der Leinwandveröffentlichung der BBC-Zusammenfassung "Unsere Erde" bewusst geworden. Und die komapkte Fassung der BBC-Serie hat definitiv aufgerüttelt, einerseits Interesse geweckt, andererseits aber auch dokumentiert, wie viele unerforschte Geheimnisse die Erde selbst an der offensichtlichen Oberfläche zu verbergen hat. Der Boom, der dadurch ausgelöst wurde, macht sich im Release-Kalender der Filmindustrie mittlerweile stark bemerkbar.
Dokumentationen, die das Wunder des Lebens und seine Abermillionen Nebeneffekte beleuchten, schießen seit einigen Jahren wie Pilze aus dem Boden. Denn anders als sonst, sind es nicht mehr nur themenspezifische Kanäle, die das bis dato nur auserlesene Publikum bedienen. Oder anders gesagt: Naturdokumentationen haben mit einem gewaltigen Ruck ein Publikum bekommen und sind derzeit nahezu ebenso intensiv gefragt wie bombastische Hollywood-Blockbuster. Der prägnante Unterschied: Was hier gezeigt wird, ist real!
Jacques Perrin gehört zu denjenigen Regisseuren, die von diesem anhaltenden Hype maßgeblich profitiert haben. Denn der französische Cineast hat mit seiner umfassenden Produktion "Unsere Ozeane" Qualität abgeliefert, sich bei der Erkundung und Erforschung der Weltmeere ein eigenes kleines Denkmal gesetzt und Bilder eingefangen, die in der spektakulären Inszenierung in dieser Art und Weise noch kein Auge sehen durfte - außer Perrin himself natürlich!
In einem bildgewaltigen Rausch lädt der Franzose seine Zuseher in die Welt der Meere ein, zeigt phantastisch anmutendes Leben, die illusorisch erscheinende Harmonie der unzähligen, miteinander verschwimmenden Lebewesen und fängt dabei alles andere als nur kleine Fische. An mehr als 50 Drehorten sind in mehr als vier Jahren außerordentlich faszinierende Choreografien mitgeschnitten, außergewöhnliche Abarten vor die Linse gebracht und ein Miteinander eingefangen worden, das auf hiesigen Landstriche einen regelrecht befremdlichen Einrduck macht.
Allerdings verfolgt Perrin sein Projekt aus einem durch und durch ökologischen Blickwinkel. Der Schönheit der bewegten Bilder werden immer wieder subtil-kritische Statements beigefügt, dargebracht in stiller Poesie, gewaltig jedoch in ihrer Aussagekraft. "Unsere Ozeane" ist insofern zwar kein echtes Politikum, aber der Film hat eine klare Botschaft, die er seinen Betrachtern gerade erst durch die Präsentation der biologischen Vielfalt näherzubringen gedenkt: Wir zerstören unentwegt, und in dder rasenden Entwicklung der heutigen Zeit bedarf es keiner großen Anstrengungen mehr, all das, was in "Unsere Ozeane" über den Bildschirm flimmert, schon sehr zeitnah zu einem historischen Dokument einer einstigen Zeit verkommen zu lassen. Die Warnung wird hintergründig ausgesprochen und frontal mit der soeben vermittelten Bildgewalt untermauert, die einen staunen, fürchten und insgeheim auch erschaudern lässt. Ja, all das gibt es wirklich, all das ist Part unseres globalen ökologischen Systems - und auch wenn viele Aufnahmen so fern erscheinen, so sind sie doch real und nicht nur indirekt mit der menschlichen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen verknüpft.
Insofern hatte Jacques Perrin bei der Aufarbeitung seiner Erlebnisse 'vor Ort' auch eine riesige Verantwortung auf seinen Schultern. Wie könnten die festgehaltenen Informationen und Fakten sensibel vermittelt werden? Wie weit darf man gehen, ohne dabei in irgendwelche provokanten Veerhaltensmuster zu verfallen? Schließlich beinhaltet "Unsere Ozeane" insgeheim mehr Kritik, als eigentlich an die Oberfläche dringt. Doch die liebevolle Inszenierung, die Symbiose aus dynamisch-verträumtem Soundtrack und der Sprache der Bilder hat Perrin zum Manifest erkoren und sich damit selbst übertroffen. Wenn die großen Meeressäuger auf einmal wieder in die Stille der Ozeane abtauchen und der spannungsgeladene Score mit einem Mal wieder auf den Boden der Tatsachen kommt, darf man von einer berauschenden Aufbereitung sprechen. Denn das ist wirklich cineastische Kunst!
Die Blu-ray-Disc entpuppt sich in der Performance dabei als ausladende Entdeckungsreise, gespickt mit vielen weiteren Details, die der Film in seiner Breitwand-Komposition nicht mehr aufnehmen konnte. Der zweistündige Bonusabschnitt beinhaltet somit ein umfassendes Making Of sowie einen Kurzfilm zur Idee und Entstehung des Konzepts. Perrin und sein Sidekick Jacques Cluzaud berichten mit Hingabe über den Verlauf der Aufnahmen und erwecken die Faszination ein weiteres Mal durch die Leidenschaft, die durch die entfallenen Szenebilder und die Schilderung des Aufnahmeprozesses entsteht. Dazu gibt es weitere kurze Kapitel zu spezifischen Themen, die im Film selber lediglich durch die Bilder selbst sprechen, hier aber noch einmal näher analysiert werden.
Die visuelle Aufbereitung ist derweil eine Pracht. Wenn die Kamera ganz nah an die kleinsten Lebewesen heranfährt und man glaubt, jede Zelle zu sehen und fühlen, kann man hiervon kaum genug bekommen. Ähnlich verhält es sich mit besagtem Soundtrack, der manchmal sogar den Herzschlag zu simulieren scheint und sich wirklich prächtig verkauft.
Bild, Ton und Inhalts sind schließlich eine stimmige, faszinierende Einheit, die "Unsere Ozeane" zu einem wahrhaftig genialen Epos machen, welches in knapp zwei Stunden so viel Leben zusammenfasst wie kaum ein anderen Streifen der hiesigen Kinogeschichte. Wer "Unsere Erde" mochte, wird auch diese Produktion lieben!
- Redakteur:
- Björn Backes