Weg zur Erleuchtung, Der
- Regie:
- Kaushik Ray Gupta
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- Tibet
- Originaltitel:
- On Life & Enlightenment
1 Review(s)
17.09.2008 | 19:55"Der Weg zur Erleuchtung"
Diese Dokumentation erklärt in fünf Kapiteln vieles über die Praxis und Prinzipien des tibetischen Vajrayana Buddhismus, zeigt aber auch einiges zu den althergebrachten Bräuchen der tibetischen Medizin und gewährt einige Einblicke in die politische Geschichte dieses Landes.
1. Mudra - Das Leben ist ein Ritual
"Arbeite an deiner eigenen Erlösung" lehrte Siddharta Gautama der Begründer des Buddhismus. "Welcher Weg dich dorthin führt ist unerheblich."
Mudras sind symbolische Handgesten, welche in der asiatischen Kultur in verschiedenen Bereichen benutzt werden, hier im Speziellen im Buddhismus.
Jeder Tag, alles was ein buddhistischer Mönch tut ist ein Ritual, das den Geist weckt und inspiriert.
Der Zweck der Mudras ist es mit den Händen zu kommunizieren. Diverse heilige Tänze, die in diesem ersten Teil gezeigt werden, verkörpern Symbole aus dem Buddhismus. Dabei werden Hände und Füsse in ganz bestimmten Abfolgen gezeigt. Diese Tänze sind ebenfalls eine Art von Meditation, welche helfen soll, den Weg zur geistigen Vollkommenheit zu finden.
Während die Zuschauer sie durch das Zusehen miterleben, führen und erleben sie die Tänzer/Mönche aktiv. Im Kloster entwickeln sie ihren individuellen Geist. Dem Buddhismus nach sind alle Menschen Buddhas, alle können potentiell den Buddhazustand erreichen. Wenn dieser erreicht ist, so kann man wirklich erkennen, was man in sich trägt und daran arbeiten. Denn nebst den Stärken werden auch die Unzulänglichkeiten sichtbar, welche man durch Übungen, welche der Meister dem Schüler gibt, zu verändern, bzw. die Stärken zu stärken versucht.
Dies alles wird in diesem ersten Kapitel von verschiedenen Personen und der Sprecherin erklärt und anhand von Aufnahmen rund um und in den Klöstern gezeigt. Gezeigt werden aber auch die magischen Hochlandschaften des Tibets und Filmausschnitte der Invasion der Chinesen im Jahre 1951. Der Schauspieler Richard Gere setzt sich in einer Rede für die Befreiung des Tibets, des Nachfolgers des Dalai Lamas und die Rückkehr der vielen Flüchtlinge, welche heutzutage in Indien leben, ein.
Die Tibeter sehen ihr Land als dasjenige, welches von den Buddhas gesegnet wurde und sie hoffen, dass irgendwann das Oberhaupt ihrer Religion, der 14. Dalai Lama, welcher die lebendige Gottheit repräsentiert, wieder seinen Sitz in Lhassa einnehmen kann.
2. Mandala - Verstehe deine Rolle im Universum
"Die Essenz des tibetischen Buddhismus ist die Bewegung von Außen nach Innen ins Zentrum um das Manifeste von der ewigen Wahrheit unterscheiden zu lernen."
Das Mandala ist eine Landkarte der Innenwelt. Jedes Mandala und jedes Detail hat eine konkrete Bedeutung, welches das Resultat aus jahrhundertelanger meditativer Praxis und Erfahrung ist. Diese symbolische Sprache ist so präzise wie die Mathematik. Ein Mandala ist die bildhafte Darstellung des Mantras (heilige Sätze, welche zur Meditation dienen). Mandalas können aber auch mit dem Körper und den Füßen dargestellt werden. Sie gehen von innen nach außen und kommen am Ende zum Anfang nach innen zurück.
Das Ziel der Menschen (hier im Speziellen auch der Mönche) ist es, die Erkenntnis zu erlangen die Buddha erlangt hat, da dieser gesagt hat, dass jeder diese Fähigkeit in sich trägt. Dazu muss man seinen Geist ausbilden. Dies wird mit Meditation und Yoga, sowie verschiedenen Ritualen gemacht.
In diesem Kapitel wird gezeigt, wie die Mönche daran arbeiten und viele Aspekte oder Rituale erklärt.
"Ein Menschenalter ist wie ein Blitz am Himmel. Es rauscht vorbei wie ein Sturzbach an einem Steilhang."
3. Bardo - Der kosmische Raum oder Zwischenzustand - der Kreislauf der Wiedergeburt
In dieser Folge taucht die Frage nach dem Nirvana, nach Leben und Tod, aber vor allem nach dem Bardo auf, der Zeit zwischen dem Tod und der Wiedergeburt auf. Da der Tod im Buddhismus nicht das Ende ist, sondern der Anfang eines neuen Lebenskapitels, bekommt der Zwischenraum eine große Bedeutung. Bardo Thodol(fälschlicherweise auch als tibetisches Totenbuch bekannt) ist das berühmteste aller philosophischer Schriften des Tibets, denn darin erklärt Padmasambhava, auch Guru Rinpoche, oder auch Guru Padma genannt, der Begründer des Buddhismus im Tibet, ganz genau, was nach dem Tode geschieht und wie die verschiedenen Stadien aussehen, bis ein Mensch wiedergeboren wird.
Das Thema der Wiedergeburt ist stark mit dem Begriff Karma verbunden und wird hier erklärt.
Einer der Merksätze ist: Du bist was du warst. Du wirst sein, was du jetzt bist.
Eines der Hauptthemen des tibetischen Buddhismus, welches Lamas (spirituellen Lehrer im tibetischen Buddhismus) zur Wiedergeburt veranlassen ist, das Mitgefühl. Diese bedingungslose Liebe ist der wahre Weg zu Bodhicitta, dem Weg zur Erleuchtung.
Anhand eines Beispiels wird auch über die Kinder gesprochen, welche als Wiedergeburt gesucht und erkannt werden. Der heutige Dalai Lama ist auch so eine Wiedergeburt und hat für verschiedene Menschen, verschiedene Bedeutungen. Er selber betrachtet sich als Menschen und einfachen Mönch.
Als Laie bekommt man einen Einblick in diese uns fremde Welt mit ihrer Haltung zum Tod und zum Leben.
"Es geht darum, ob wir in diesem Leben die Dinge richtig gemacht haben. Richtig heißt nützlich, heißt bedeutsames Leben; bedeutsam für mich, bedeutsam für andere. Dann wird unsere Zukunft gut sein."
Nach den Gesetzen des Karmas gehen keine Handlung und kein Gedanke verloren, sondern sie hinterlassen Spuren in unserem Bewusstsein. Am Ende unseres Lebens bilden sie die Grundlage für das nächste Leben. Wenn wir uns dieser Kontinuität nicht bewusst sind, werden wir nur im Zusammenhang mit unserem jetzigen Leben handeln und denken und so von einer Existenz zur nächsten stolpern.
4. LHA - Der Geist oder die Seele des Lebens
Die Tibeter glauben, dass sie ein Teil der Natur sind und dass sie somit ein untrennbarer Teil des Ganzen sind. Die Natur ist durchdrungen von Geistern, welche in diesen Regionen ab und zu von bestimmten Menschen Besitz ergreifen.
Wenn eine Frau diese "Fähigkeit" hat (auch wenn sie es nicht einmal möchte), so ist sie eine "Lhamu". Diese Frauen besitzen die Fähigkeit, während sie in Trance und von den LHA besetzt sind, zu heilen. Im Moment der Trance, verliert sie ihre menschlichen Sinne, kann dabei aber den Kranken ihre Krankheit "heraussaugen". Dieses Heraussaugen hat eine uralte Tradition und geht zurück zu den Altaischen Schamanen. Es werden zwei Frauen gezeigt, welche diese Fähigkeit haben und diese zum Wohle der Menschheit benützen. Sie arbeiten unterschiedlich, aber beide saugen den Kranken die Krankheit aus ohne ihre Haut zu verletzen. Am Ende haben sie teilweise teerartige Substanzen oder Wollknäuel im Mund. In der Trance sind sie je nachdem auch fähig Weissagungen zu machen, da sie direkt mit der geistigen Welt verbunden sind.
Indem sie mit dem LHA in ihrem Körper einen Kranken berührt, berührt dieser die Energie der Geister und sein Körper kann wieder ins Gleichgewicht kommen.
LHAs sind personifizierte Kräfte der Vergangenheit. Sie schaffen die Verbindung zur geistigen Welt und haben oft Schreine in der Nähe der Kloster.
Es gibt auch spezielle Kloster, in welchen Mönche auf ihre ganz eigene Art die Verbindung zur geistigen Welt aufnehmen. Es werden einmalige Aufnahmen eines ganz speziellen und ansonsten nicht für Fremde zulässige Ritual von Mönchen in Trance gezeigt.
Die tibetische Regierung und somit auch der Dalai Lama haben ihr ganz eigenes Medium, das staatliche Nechung Orakel, welches bei politischen Entscheidungen eine wichtige Rolle spielt. Der Dalai Lama hat großes Vertrauen in dieses Orakel, da es sich bislang noch nie getäuscht hat. Für die Tibeter ist es klar, dass ein Orakel immer die Verbindung zur geistigen Welt schafft.
Die Geister sind der Ursprung von Krankheiten, aber auch der Ursprung der Heilung.
"Dieser enge und physische Kontakt zwischen den Heilern und den Geheilten umfasst das Physische, Geistige und Spirituelle. Der reine Atem der Geisterwelt der berührt und heilt."
5. Menlha - Der Medizin-Buddha - Einblicke in die Geheimnisse der Tibetischen Heilkunst
In diesem Kapitel geht es in erster Linie um die tibetische Medizin. Der aktuelle Dalai Lama erläutert seine Gedanken und Erfahrungen dazu.
Die tibetische Medizin hilft vor allem bei chronischen Leiden oder zur Vorbeugung. Bis 600 v. Ch. wurde sie mündlich überliefert. Erst dann schrieb sie ein großer Heiler auf. Der Arzt, bzw. Heiler muss zuerst die wahre Ursache der Krankheit verstehen. Die Hauptursache sagt Dr. Perma Darjee ist meistens Ignoranz. Die Ignoranz birgt drei Eigenschaften in sich: die Begierde, der Zorn und die Verblendung. Diese drei Eigenschaften besitzen eine Energie. Wenn diese nicht im Gleichgewicht sind, so kann ein Mensch krank werden. Der perfekte Zustand, d.h. die totale Ausgeglichenheit der Energien wäre die Harmonie.
Durch die Tastung des Pulses kann der Heiler heraus finden, wie der Zustand des Patienten ist. Er orientiert sich aber auch an der Urinanalyse und vor allem am Gespräch mit dem Patienten. Wie der Dalai Lama und die Ärzte sagen, ist das Mitgefühl mit dem Patienten, was echte Interesse von größter Bedeutung für den Heilungsprozess. Ein desinteressierter Heiler kann trotz seines Wissens und Könnens keinen maximalen Erfolg herbei bringen. Es ist das Herz des Arztes, welches zählt. Alles was ein tibetischer Arzt tut, tut er dem medizinischen Buddha zuliebe, dem perfekten Heiler, den es einst gab.
Im Tibet werden die für die Medizin erforderlichen Kräuter gesammelt und in großen Mengen zu den verschiedenen Medikamenten (Kräutermischungen) hergestellt. Alle 2300 verschiedenen Elemente werde dort gefunden und kombiniert.
Viele Ärzte, vor allem im Hochgebirge, sammeln die Pflanzen selber und stellen auch die Medizin selber her.
Aber wie der Dalai Lama sagt: beim Arzt, aber im Prinzip bei allen Menschen geht es nur um Eines: die Menschlichkeit und das Mitgefühl, eines der grössten Prinzipien des Buddhismus.
Persönliche Meinung:
Diese Doppeldvd enthält sehr viele Informationen über diese so vielfältige und vielschichtige Religion. Man bekommt einen sehr interessanten Einblick in diese tief verwurzelte und sehr spirituelle Lehre. Nach jeder Folge musste ich im Internet nach mehr Informationen suchen, um alle Begriffe richtig zu verstehen oder noch mehr darüber zu erfahren.
Die Dokumentation kombiniert Wissen mit eindrücklichen Bildern, guten Informationen, Interviews, Erklärungen und vor allem sehr realen Einblicken in eine Welt, welche mir persönlich doch ziemlich fern ist. Es ist dieses harte, karge Leben der Tibeter, das mich emotional immer wieder berührt. Wenn man sieht, wie friedlich die Haltung dieser Menschen ist, so ist es unverständlich, wieso so ein Land so lange unter einer Fremdherrschaft leiden muss. Durch diese Dokumentation ist mir alles noch näher gekommen, als bisher. Der Mensch neigt zu schnellem Vergessen, doch eine Dokumentation wie diese, welche die politischen Themen nur streift, ist wohltuend und dennoch wachrüttelnd.
Ich kann jedem diese DVD empfehlen, der auf der Suche nach dem Sinn des Lebens ist, der sich für den Buddhismus interessiert (wenn möglich ein Minimum an Vorwissen mitbringt), oder einfach ein Interesse an fremden Kulturen und vor allem seiner Religion und Medizin hat und hoffe, dass sie den Weg in viele Haushalte findet, damit das Prinzip der Menschlichkeit wieder vermehrt ins Bewusstsein der Menschen hier in Europa rückt.
Der Regisseur Kaushik Ray Gupta zeigt Bilder von den entlegensten Gegenden des Himalajas, von Klöstern mit seinen Mönchen, seinen Ritualen und Techniken, welche täglich auf dem Weg zur spirituellen Erleuchtung sind.
Es ist eine dieser Dokumentationen die neugierig und Lust auf mehr machen. Jetzt heißt es: weitersuchen und versuchen das Leben zu verstehen.
DVD:
Doppeldvd mit 5 Episoden
Sprachen: Deutsch, Französisch, Englisch
Untertitel: Holländisch
Format: 16:9
Dauer: 150 Minuten
"Die Liebe und das Mitgefühl sind die Grundlagen für den Weltfrieden - auf allen Ebenen..." (Dalai Lama)
- Redakteur:
- Doris Flückiger