Wir waren Helden
- Regie:
- Randall Wallace
- Jahr:
- 2001
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- We were Soldiers (once ... and young)
1 Review(s)
13.03.2005 | 10:12Um die heutige Weltsituation einigermaßen zu verstehen muss man in die Vergangenheit zurückkehren und eins der dunkelsten Kapitel des amerikanischen Militärs, ja der gesamten Aussenpolitik, zeigt sich nirgendwo deutlicher, als in Vietnam. Dort fingen sich die bis dato mit dem Ruf der Unbesiegbarkeit gesegneten amerikanischen Truppen eine schwere Schlappe ein. Kein anderer Krieg hat das Volk derart traumatisiert und war in der Heimat so umstritten, wie dieser jahrelange Konflikt bei dem unzählige Vietnamesen und fast 60.000 amerikanische Soldaten ihr Leben ließen. Für nix. Filme darüber gibt es massig, die Doppel-DVD wirbt jedoch mit "Der beste Anti-Kriegsfilm seit 20 Jahren" neben dem verkaufsträchtigen FSK18-Label. Bei so groß ausgespuckten Tönen sieht man dann gern schon einmal genauer hin.
Die Story & historischer Kontext
Ende 1954 holten sich die Franzosen in ihrer Kolonie Indochina eine blutige Nase und wurden von den dortigen Vietcong-Soldaten unter General Li Ngyen An vernichtend geschlagen, teils wegen grober Selbstüberschätzung und frevelhafter Unkenntnis des Geländes und der Mentalität ihres Gegners. Der finale Todesstoß für das französische Korps fand im La-Drang-Tal nahe der kambodschanischen Grenze statt – weswegen es später auch den Beinamen "Todes-Tal" bekam. Ein Jahrzehnt später ist das ehemalige Indochina nach dem Sieg der nordvietnamesischen Truppen in zwei Staaten aufgeteilt: Das kommunistisch regierte Nord-Vietnam und dem eher pro-westlichen eingestellten Süd-Vietnam. Da die Amerikaner zu dieser Epoche das Gespenst des globalen Kommunismus zurückdrängen wollen, haben sie Interventionstruppen in diesem Gebiet stationiert.
Zu größeren Gefechten ist es bis dato noch nie gekommen, man laboriert auf der US Seite immer noch am Korea-Krieg. Zu dieser Zeit existiert in den USA immer noch die Wehrpflicht, was sich in schlecht ausgebildeten Truppen und Kommandostrukturen widerspiegelt. Ein glänzender Stratege dieser Ära, ist jedoch Ex-Fallschirmspringer Lt.Col. Harold "Hal" Moore, der zudem Militärgeschichte studiert hat. Ihn sieht man im dazu aus eine neue Art der Kriegsführung zu testen und dementsprechende Kader auszubilden. Diese neue Form der Kavallerie wird mit Hubschraubern eingeflogen und versorgt. Er legte damit den Grundstein für das, was man heute gemeinhin unter dem Begriff "Luftlandetruppen" versteht. Moore muss für diese Taktik erst einmal Männer und Equipment zusammenstellen, er braucht sowohl fähige Piloten, sowie Offiziere des Heeres, die in der Lage sind selbstständig zu handeln und zu denken.
Dabei unternimmt er in der Hierarchie zunächst eine Änderung der alten, dogmatischen Befehls-Kette: Jeder Soldat muss den Job seines Vorgesetzten tun können und gleichzeitig seinen angestammten Job den niederen Rängen beibringen, damit bei den zu erwartenden Verlusten keine Lücken in der Kommandostruktur entstehen. Ein klarer Bruch mit traditionellen Vorgehensweisen, der sich seither aber als äußerst praktikabel und effektiv erwiesen hat. Es kommt natürlich, wie es kommen muss – nachdem man sich ein wenig mit den Personen und Familien der Figuren angefreundet hat, ergeht der Einsatzbefehl an das neu gegründete 7. Kavallerie-Regiment, jedoch nicht ohne Einschnitte, denn ein Drittel der erfahrenen Offiziere fallen aus, da deren Dienstzeit abgelaufen ist und eine Verlängerung nur dann möglich ist, wenn der Präsident den nationalen Notstand ausruft.
Das geschieht aus politischen Gründen jedoch nicht. Moore und seine vorwiegend "grünen" 400 Leute werden fast schon heimlich nach Vietnam verlegt. Dort kommt er zur historisch berühmten ersten Schlacht zwischen der 2000 Mann starken regulären NVA ( North Vietnamese Army, besser bekannt als "Vietcong"), die aus ortskundigen, kriegserfahrenen Veteranen unter General An bestanden, und Moores Haufen von 385 Luftlandetruppen, die noch weitgehend unerfahren sind. Dieser Kampf begann am 14.November 1965, dauerte volle 3 Tage & Nächte und endete trotz der NVA-Übermacht mit einem sehr teuer erkauften "Sieg" für die 7th Cavalry.
Eindrücke
Klar, dass erstmal die Figuren vorgestellt werden müssen. Daher plätschern die ersten 40 Minuten des Streifens seicht vor sich hin und zeigen uns, wie gottesfürchtig und tüchtig Hal Moore als Offizier und Familienvater ist. Beten & Ballern ist angesagt, logischerweise ist er auch gleichzeitig ein guter Kommandeur und ein Menschenfreund. Natürlich. Jeder Amerikaner ist das, besonders die Militärs. Gewürzt wird der Auftakt zudem mit ein paar wohldosierten patriotisch einwandfreien Statements. Der Charakter scheint nur oberflächlich tiefsinnig, kratzt man an der Pathos-Patina bleibt ein fader Beigeschmack platter Rekrutierungsstreifen der US-Army bzw. der Marines. Sieht man sich die Danksagungen im Abspann an, so hat man schließlich die Gewissheit, wer sich als Geldgeber hier ein Stück gefälschter Geschichtsschreibung und Meinungsmache gekauft hat.
Als archetypischer Vertreter des Schleifers, wird der ultra-harte Plumley, gespielt von Sam Elliot, dem Gutmenschen Moore zur Seite gestellt. Immerhin ist er einer der wenigen glaubwürdigeren Charaktere des Werkes. Beide Hauptfiguren (Schema F:"Guter Bulle - Böser Bulle") haben den Bonus des Unzerstörbaren augenscheinlich auf Lebenszeit gepachtet. So wie sie aufrecht übers Schlachtfeld spazieren und massenhaft Vietcongs metzeln, grenzt es an ein verdammtes Wunder, dass die beiden keine einzige Kugel oder Granate vor den tarnbefleckten Latz geballert bekommen. Dabei sondern beide zu allem Überfluss auch gleichzeitig noch absolut coole und/oder zutiefst philosophische Dampfblasen ab, dass es eine Pracht ist und einem die Ohren bluten. Das heißt Gibson salbadert und Elliot knallt die zackig-coolen Statements eines amerikanischen Hartarschs rein. So heroisch und offensichtlich kugelsicher kann kein Mensch sein. Da hat Randall Wallace zwei Larger-than-Life-Figuren bar jeglicher Glaubwürdigkeit herangezüchtet.
Schauspielerisch ist das Gesamtbild sehr durchwachsen. Man nimmt Mel Gibson den Oberst nicht im entferntesten ab, doch dafür springen Sam Elliot und Barry Pepper gut in die Bresche. Madeleine Stowe als Moores Frau darf an der Heimatfront "Gutes" tun und die Todes-Telegramme, die tatsächlich anfangs verstohlen per Taxi zugestellt wurden, verteilen. Brave, amerikanische Offiziersfrau eben. Solche Filme sind für einen gewissen Personenkreis gefährlich, denn hier wird mit technischer Perfektion eine Historie vorgegaukelt, welche aber mit der geschichtlichen Realität nicht viel gemein hat. Durch Einstreuen von Teil- und Halbwahrheiten gibt sich das Produktionsteam einen historischen Anstrich, doch blickt man ein wenig hinter die Kulissen ist das Gezeigte einfach nur verdammt einseitig und illustriert deutlich, wie sehr die amerikanische Volks-Seele nach dem verpatzten Feldzug in Vietnam nach Heldentum und Absolution lechzt. Noch heute.
Wo wir gerade bei platter Darstellung sind: Die Vietcong werden nicht ganz so als tumbe und grausame Schlächter dargestellt, wie in anderen Machwerken über den Vietnamkrieg, doch ist diese Darstellung auch hier allenfalls als Alibi zu betrachten. Weder bedauert Moore im Film die gefallenen Gegner noch ist es den Filmemachern im Abspann eine gesonderte Erwähnung wert, dass auch Vietnamesen, die tapfer IHR Land gegen Invasoren verteidigt haben den Tod fanden. Den Soldaten der NVA Respekt zu zollen fällt ihnen nicht im Traum ein. Natürlich werden die gefallenen Amerikaner namentlich erwähnt und dafür dem Umstand umso mehr Wichtigkeit beigemessen und betont, dass die Kräfteverhältnisse 2000 : 385 waren. Toll. Nun verlangt niemand, dass auch die Namen von 2000 gefallenen Vietnamesen gelistet werden, doch wenigstens ein sensiblerer Umgang mit dem Komplex wäre sicher drin gewesen.
Übrigens, noch eins fällt in diesem Zusammenhang auf: Die Vietcong sterben zum größtenteils "sauber", das heißt im Klartext, dass sie zwar von Kugeln durchsiebt, zerfetzt und blutüberströmt zusammenbrechen "dürfen" (was én detail auch gezeigt wird), doch das Leid der amerikanischen Phosphor- und Napalmbomben und das Jammern übernehmen fast ausschließlich die Darsteller der AMERIKANISCHEN Seite. Es werden nur stöhnende und schreiende GIs verwundet/verstümmelt gezeigt, doch keine NVAs. Bei den gemetzelten Vietcong hat man dagegen den Eindruck, als liefe es nach dem Motto: "Ey, der hat's doch nicht anders verdient, die Sau!". Und wenn dann doch mal ein Vietnamese etwas mehr Leinwandzeit bekommt, dann nur um tricktechnisch spektakulär ins Gras zu beißen.
Das bringt uns nun zur FSK 18, diese ist absolut gerechtfertigt, denn übermäßige Gewalt als Stilmittel wird hier groß geschrieben und auch die einseitige Darstellung, dass nur die Amis grausamste Verwundungen (noch dazu oftmals aufgrund von "Friendly Fire") eingefahren haben, mag Jugendlichen ein verzerrtes geschichtliches Bild indoktrinieren, welches so nicht stimmt, aber aufgrund der glaubhaften Machart durchaus für bare Münze genommen werden könnte. Nach dem Motto: Hurra! Gods Own Country won the war. Irgendwie haben die Amis da wohl was falsch verstanden. Der Krieg war ein Fehlschlag auf der ganzen Linie. Wie immer entscheidet der Blickwinkel über die Realität und die "Sieger" sind meist in der Lage den Blickwinkel (respektive die Kameraführung) festzulegen und die Geschichte zu ihren Zwecken umzuschreiben.
Militärisch gesehen sind auch filmisch einige Patzer zu verzeichnen. Jedem Wehrpflichtigen stechen sofort einige Ungereimtheiten und taktische Fehler ins Auge, die Zivilisten eventuell nicht auffallen So sind neben dem aufrechten und demonstrativen Umherlatschen auf dem Feld der Ehre – das würde nicht mal der dümmste Soldat machen - andere Sachen zu bekriteln. Ersteres sieht zwar cool aus und unterstreicht den heroischen Status und die Unbesiegbarkeit, doch wenn die ersten Kugeln heulen ist garantiert "der Arsch unten!", wie mein Ausbilder immer gesagt hat. Recht hatte er. Somit ist das Gehabe schon mal reine Show und vollkommen unrealistisch, selbst wenn man argumentiert, dass ein Kommandeure ja ein leuchtendes Beispiel an Tapferkeit für seine Truppe sein sollen. Das ist hier aber keine Tapferkeit, sondern pure selbstmörderische, plakativ-filmische Idiotie und dermaßen übertrieben, dass man nur den Kopf schütteln kann.
Dann schickt ein ach so väterlicher Moore seine Soldaten (mehrfach!) ohne Deckung über eine durch Feindfeuer exellent abgedeckte Ebene, um einen Zug zu verstärken, der wegen Dilettantismus seines Gruppenführers abgeschnitten ist. Schwachsinn. Bei diesen Truppenverhältnissen jage ich nicht einfach meine ohnehin wenigen Soldaten in ein todsicheres Sperrfeuer auf dem Präsentierteller. Da igel ich mich mit der gesamten Mannschaft ein und versuch die Stellung zu halten. Wenn der Zug bzw. die Gruppe wirklich so bescheuert war sich von einem einzelnen (!) gegnerischen Scout versprengen zu lassen, dann ist das alleine ein Problem des unfähigen Zugführers. Jedenfalls opfer ich doch als leitender Offizier nicht sehenden Auges noch meinen kümmerlichen Rest an Soldaten um diese Schwachköpfe (ganze 2 GIs haben diese Torheit überlebt) da raus zu boxen, wo sie sich selbst hinein manövriert haben.
DVD und Bonusmaterial
Die Bildqualität erreicht nicht ganz den gewohnten Standard des Mediums, was verwunderlich ist, denn angeblich ist "Wir waren Helden" komplett nach dem Dreh digitalisiert worden. Davon merkt man aber nicht viel. Anders verhält es sich beim Ton, der ist nun wirklich erstklassig, solcherlei donnernden Explosionen und akustisch ortbaren Effekte – beispielsweise vorbei sirrende Projektile oder rasselnde Patronenhülsen - sind auch heute noch selten. Das Bonusmaterial ist reichhaltig aber nur zum Teil genießbar. Es beschleicht einen ein gewisses Gefühl, dass man hier ein krampfhaft eine Erklärung zu bieten versucht, warum man diesen Film so und überhaupt gedreht hat. Eine berechtigte Frage. Was soll das?
Das ewige Herunterleiern von wegen "wir wollten die unglaubliche Kameradschaft darstellen" ist genauso nervtötend, wie die Beteuerungen von Hal Moore (Dem geht's wie dem Holzmichl - Ja, er lebt noch), dass dieser Film sowas von toll, realistisch und innovativ ist. Wer bitteschön, der noch einigermaßen seine Sinne beisammen hat, soll den Unsinn glauben? Die Interviews sind auch wieder mal der übliche WischiWaschi-Einheitsbrei, wie supi man das doch alles fand und wie sehr man sich nun in die Rolle der Soldaten einfühlen konnte, nachdem man eine abgespeckte Grundausbildung gemacht hat. Gerade Mel Gibson ist im Interview super-peinlich. Traurig, dass er sich dermaßen vor den Propaganda-Karren spannen ließ.
Fazit
Für Kriegsfilm- und Actionfans bestimmt lohnenswert. Obwohl die Macher es sicher anders sehen wollen, so handelt es sich nicht um einen wirklichen Antikriegsfilm, sondern um ein handwerklich sauber inszeniertes und produziertes Apologetik-Machwerk. Der Film geht sehr einseitig mit der Vietnam-Thematik um und suggeriert ein verzerrtes Geschichtsbild. Wichtige Fakten werden einfach ignoriert, Figuren über die Schmerzgrenze überhöht und heroisiert dargestellt. Anspruch - besonders historischen - darf man hier nicht erwarten. Das Bonusmaterial ist zwar umfangreich aber nur mäßig interessant und kann unter der Rubrik "stupides Gefasel" abgehakt werden.
SoLong
Der Helden-Pharao
Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT: "We were Soldiers (once.. and young)"
USA 2001
Genre: (Vietnam-)Kriegsfilm
Paramount / Concorde 2003,
Lauflänge: ca. 133 Min. + ca. 90 Min. Bonus
2-DVD Uncut Version, FSK 18
EAN: 4010324020970
Bildformat:16:9 (2,35 : 1)
Tonformat: DTS und DD 2.0 (nur D), DD 5.1 (D und E)
Produktion: Bruce Davey, Stephen McEveety, Randall Wallace
Regie & Drehbuch: Randall Wallace
Musik: Nick Glennie-Smith
Darsteller u.a.: Mel Gibson, Sam Elliot, Madeleine Stowe, Greg Kinnear, Chris Klein, Keri Russel, Barry Pepper
Bonusmaterial
Audiokommentar (Disc 1)
Cast und Crew Biographien (Disc 2)
Interview mit Mel Gibson (Disc 2)
Making Of und Produktionsnotizen (Disc 2)
9 entfallene Szenen (Disc 2)
Behind-the-Scenes, Fotogalerie, diverse Trailer & Spots (Disc2)
PC-ROM-Teil (Disc2)
- Redakteur:
- Jürgen Pern